People People Andreas Schnaas Andreas Schnaas – German Gore Godfather ANDREAS SCHNAAS Andreas Schnaas gehört zu den Pionieren des deutschen Underground-Films und machte mit seiner berüchtigten VIOLENT SHIT-Trilogie auch international von sich reden. Seit nunmehr vier Jahren hat er sein Hobby zum Beruf gemacht und präsentiert uns in regelmäßigen Abständen neue und immer aufwändigere Produktionen. In diesem Jahr erscheint sein neuer Film GOBLET OF GORE. VIRUS traf Andreas zum Interview. H allo Andreas, du machst bereits seit über 20 Jahren Filme. Wie ist es damals dazu gekommen? War dir bereits damals klar, dass du viele weitere Filme machen würdest? Ich war schon von klein auf ein großer Filmfan und habe mit meinem Opa heimlich Horror- und Monsterfilme geguckt. In Hamburg gab es damals das Spiegelkino, ein Programmkino, was den Jugendschutz nicht so ernst nahm. Meine Kumpels und ich sind dann in die neusten Vampir-, Monster- und Godzillafilme gegangen. Ich war fast jeden Tag im Kino und total fasziniert. Als dann jeder plötzlich eine Videokamera und einen Videorekorder hatte, dachte ich mir: „Ich probiere es selbst aus!“. Wir haben dann im Garten meiner Eltern gedreht und die Phantasie spielen lassen: Nudeln waren Gedärme, Ketchup war Blut. Opa wurde filmisch erschossen, er hat jeden Quatsch mitgemacht. So ging das ein paar Jahre und spätestens ab Violent Shit 1 war mir klar, dass ich weitermachen werde. Hast du dir deine Kenntnisse selbst beigebracht oder eine Ausbildung in dieser Richtung genossen? Ich bin ein großer Anhänger der Learning-by-Doing-Methode, denn vieles im Filmbereich kannst Du nicht auf einer Uni lernen. Ich hatte da eher Bedenken, dass mir mein Stil weggezüchtet wird. Diese Bedenken finde ich heute bei einigen Regisseuren bestätigt. Aber natürlich gibt es Abläufe, technische Details, Hilfen und theoretische Dinge zum Film, die notwendig sind und einen relativ geregelten Ablauf am Set garantieren. Das habe ich mir entweder in der Praxis oder über Seminare und Workshops angeeignet. Wenn ich bedenke, dass ich bis Anthropophagous 2000 keine Dispo geschrieben habe, das war immer ein Chaos ... Welche Filme/Regisseure haben dich zum damaligen Zeitpunkt beeindruckt, welche sind es heute? Ich habe immer die japanischen und italienischen Filme der 70er Jahre geliebt. Lucio Fulci war mein Hero. Ich liebe das Trash Kino der Zeit und habe alle Filme auf DVD. Ich schaue mir nach wie vor alle Horrorneuheiten an, das ist Ehrensache. Von Low Budget bis Mainstream. Ich gucke aber auch Comedy-Filme oder Blockbuster anderer Genres. Das hängt von meiner Stimmung ab. Deine Filme sind im Laufe der Jahre immer aufwändiger geworden. Aus kleinen, mit Freunden gedrehten Underground-Movies sind professionelle und internationale Produktionen geworden. Kannst du mittlerweile von deinem Filmen leben oder ist es immer noch „nur“ ein Hobby für dich? Seit 2000 ist das Filmbusiness mein Hauptberuf. Ein Hobby war es aber schon vorher nicht nur, aber man muss halt Geld verdienen. Es braucht schon Eier, um das durchzuhalten. In welchen Ländern sind deine Filme erhältlich und wo sind sie am Populärsten? In Deutschland und USA habe ich die meisten Fans, die Filme sind außerdem in Frankreich, UK, Benelux, Österreich, Schweiz, Spanien usw. erschienen. Und es gibt inzwischen s.g. World Editions wie letztens bei NIKOS THE IMPALER. Wie beurteilst du deine Entwicklung als Regisseur? Was machst du heute anders als noch vor zehn Jahren? In welchen Bereichen (Drehbuch, Kamera, Inszenierung, Sound, Licht) sind Fortschritte am deutlichsten zu spüren? 6666 VIRUS Ich habe mich total weiterentwickelt und heute auch in erster Linie mit Profis zu tun. Ich erzähle inzwischen ja sogar Geschichten in meinen Filmen und will das immer weiter ausbauen. Reines Massaker kann ich nach Violent Shit 3 eh’ nicht toppen und ich möchte halt mit größeren Budgets unterhaltsame Filme machen. Ich habe in punkto Drehbuch und Kamera meine Spezies, mit denen ich gern arbeite und wo die Chemie stimmt. Das ist z.B. Tim Tremper, der das Drehbuch für meine aktuellen Projekte geschrieben hat. Ein hochtalentierter Autor, der auch nicht die verstaubte Filmdenke hat. Es ist ein Vergnügen, mit ihm zu arbeiten, und ich habe dabei auch viel gelernt. So lernt man in der Zusammenarbeit auch immer wieder. Deine ersten Filme sind unter Mitwirkung von vielen Freunden entstanden, gibt es Leute deiner damaligen Crew, mit denen du noch immer zusammenarbeitest? Der Kontakt besteht teilweise immer noch, vor allem zu Marc Trinkhaus, der früher der Universalmann am Set war: Kamera, Licht, Bühne, Ton, Schnitt und Musik. Zu vielen besteht noch Kontakt, aber sie machen halt beruflich nichts mehr in der Branche. In deinem Film DEMONIUM verwendest du teilweise digitale Effekte. Eine logische Konsequenz oder ein Zähne knirschender Kompromiss? Beides. Sofern sich ein Effekt „in echt“ machen lässt, ziehe ich das immer vor. Da das aber nicht immer möglich oder umsetzbar ist, greife ich auf diese Technik gern zurück. Dein letzter Film NIKOS THE IMPALER überraschte mit einem Aufgebot an internationalen Darstellern, zudem war der Film in New York gedreht. Ist diese Entwicklung als Tendenz zu deuten? Hört man bald von dir aus Hollywood ;-) Wer weiss... Aber ich denke, man ist dort mit genug Talent bestückt. Wenn Deutschland mich lässt, arbeite ich auch gern hier. Frischer Wind schadet doch nicht und der europäische Film ist doch eh im Vormarsch. Hier und da verirren sich deutsche Stars und Sternchen in deinen Filmen (Charlotte Roche, Bela B.). Wie kam es zur Zusammenarbeit? Bela und ich laufen uns seit 15 Jahre immer mal wieder über den Weg und sagen, dass man was zusammen machen müsste. Er mag wohl meine Erstlingswerke. Bei Demonium klappte es zeitlich bei ihm nicht und da er sowieso in New York war, durften wir ihn in Nikos verarzten. Er ist ein cooler Typ. Charlotte fiel mir bei Viva seinerzeit durch ihre Poster im Studio auf, die auf eine Affinität zum Genre Horror schließen ließen. Ich habe sie dann einfach gefragt, ob sie mitmachen will und sie hat ja gesagt und – wie ich finde – ihre Sache gut gemacht. Sie will wohl gern Schauspielerin werden. Gibt es einen Schauspieler, mit dem du gerne einmal drehen würdest? Ich bin in dem Sinne kein „actor`s director“, bei mir müssen die Schauspieler immer sehr hart durch. Wahrscheinlich hassen mich die meisten heute. Aber ich sehe einen Film als Gesamtes: Buch, Technik und Effekte, Schauspieler, Postproduktion und schließlich das Ergebnis. Da fühlt sich mancher dann vielleicht vernachlässigt ... aber Robin Williams wäre schon nicht schlecht. Oder Steve Buscemi. Ich vermute mal, dass du deine Filme nicht der FSK vorlegst, welche Restriktionen ergeben sich dabei für dich? Wie stehst du dem Thema Jugendschutz (speziell Filme betreffend) gegenüber? Die Vorlage bei der FSK ist ja eher Sache der Vertriebsfirmen, somit hatte ich da bisher keine Berührungspunkte. Für mich steht nur fest, dass ein Schnitt eine Verstümmelung eines Kunstwerks ist, egal ob jeder das nun als Kunst ansieht oder nicht spielt dabei noch keine Rolle. Ich bin damit einverstanden, Filmen eine Freigabe ab 18 zu geben, denn sicherlich ist nicht alles für Kinder gedacht. Ob die Beschränkung funktioniert, liegt dann bei den Eltern, denn man macht die Filme somit ja auch sehr interessant für Jugendliche. War ein Film „ab 18“, wurde er für mich als 14jähriger erst immer interessant. Man will doch auch angeben. Würde ich glauben, dass so etwas wie in Erfurt letztes Jahr passieren würde, weil der Mörder meine Filme gesehen hat, würde ich nicht mehr drehen. Aber damit macht man es sich zu einfach. Das war ein zutiefst gestörter Mensch, bei dem viele andere Dinge falsch gelaufen sind. Klar sucht man dann einen Grund, aber den gibt es leider nicht immer. Verbote machen halt alles viel reizvoller und Fakt ist, dass in keinem Land das Interesse an Horror und ungeschnittenen Filmen so groß ist wie hier. Also hat es doch nicht so richtig etwas gebracht. Wie haben sich die Themen deiner Filme im Laufe der Zeit verändert? Vielen Underground-Filmern scheint es nur darum zu gehen, möglichst blutige und extreme Szenen aufzunehmen, ohne dabei eine echte Handlung zu haben. In welchem Kontext stehen bei dir Handlung, Effekte und Gore-Szenen? Ich denke da ganz pragmatisch: Die ganz harten Filme mit Dauermetzeleien habe ich 1. schon gemacht und kann mich da wohl kaum steigern und 2. gibt es dafür eine begrenzte Anzahl Zuschauer, die das sehen möchten. Ich kann also entweder für 5000 € einen Videofilm in meinem Garten drehen oder mich in eine andere Richtung entwikkeln. Das habe ich die letzten 5 Jahre angefangen und will das noch weiter ausbauen. Erläutere uns die einzelnen Schritte, wenn du ein neues Projekt beginnst. Idee, Sponsoren, Crew, Cast, was steht am Anfang? Am Anfang steht immer eine Idee, die oft in einer Laune entsteht. Das kann sein: „Man müsste mal wieder einen Zombiefilm drehen“ o.ä. Dann schwirren mir eigentlich sofort Bilder und Situationen durch den Kopf. Meist folgt dann das Gespräch mit dem Autor und der gemeinsame Erstentwurf eines Treatments. Während der Autor sich an das Script im Erstentwurf macht, schwirre ich meist schon durch die Gegend, schaue mir Locations an und spreche mit Schauspielern, und Produzenten. Meist bekomme ich da Anregungen, die wieder ins Projekt einfließen und so wächst das ganze langsam. Es gibt Menschen, die begleiten meine Projekt eine Weile, sind aber z. B. aus zeitlichen Gründen beim Dreh dann gar nicht mehr dabei. Es ist wirklich eine Entwicklung. Du agierst nicht nur hinter, sondern auch vor der Kamera, welche Rolle liegt dir mehr? Auf jeden Fall hinter der Kamera. Das Spielen hatte am Anfang finanzielle Gründe und inzwischen sind meine Zuschauer schon enttäuscht, wenn ich nicht mitspiele. Spaß macht es schon, aber die Doppelbelastung (gerade wenn man noch Stunden in die Maske vorher muss) darf nicht auf Kosten der Qualität gehen. Das ist dann oft auch ein logistisches Problem. Die Idee zu deinem neuesten Film GOBLET OF GORE entstand bereits in den Neunzigern. Wieso hat die Umsetzung so lange auf sich warten lassen? Die Umsetzung ging eigentlich sehr schnell, es ist ja bereits Jahre her, dass der Film gedreht wurde. Es gab dann nur zeitweilig zwischen mir und der Produktion Probleme, so dass ich aus dem Projekt ausstieg. Dann gab es wohl noch weitere zwischenmenschliche Probleme hinter den Kulissen und das Material lag brach für Jahre. Nun habe ich mitgeholfen, das Ganze wieder etwas anzuschieben, und habe die Postproduktion überwacht. Die Produzenten haben ein baldiges DVD-Release versprochen. Worum geht es in GOBLET OF GORE, wo wurde der Film gedreht und wer spielt die Hauptrollen? Der „Goblet“ ist eine Art Ritualkelch, der das Wesen des aus ihm trinkenden dramatisch verändert. Der Film begleitet den Kelch durch verschiedene Epochen und erzählt episodenhaft, was in den einzelnen Jahren passiert. Da es sich dabei um einzelne Geschichten handelt, gibt es nicht DIE Hauptrollen in dem Sinne. Christian Candini, Produzent und auch Darsteller in GOG, hat da eine Cast aus Hamburger Szenevolk zusammengestellt. Wir haben auch in Hamburg gedreht. Zum Film ist bereits vorab ein Soundtrack mit namhaften Hamburger Punkbands erschienen, auf dem sich auch ein von dir gesungener Song befindet. Wie ist es dazu gekommen? Scholle von der Plattenfirma Mata Hari hatte einen Gastauftritt mit seiner Band Bronx Boys. Er stellte den Kontakt zu den Punkbands her und arrangierte alles. Die CD ist wirklich super geworden! Für den Titelsong GOBLET OF GORE haben sich Musiker, Darsteller und Produzenten in einem Bunker Übungsraum getroffen. Wir haben da einen echt coolen Song eingespielt, bin da sehr stolz! Ich habe in meiner Jugendzeit in einer Metal Band gesungen und steuere immer mal wieder bei meinen Filmen einen Song bei (siehe auch Abspannsong von NIKOS THE IMPALER). Irgendwann wollen Marc Trinkhaus und ich mal eine Metal CD machen und eine kleine Clubtour starten. Welches Projekt wirst du als nächstes in Angriff nehmen? Das Projekt in 2005 heißt DON`T WAKE THE DEAD und ist mein nächstes Baby. Ein Zombie-Fantasy-Adventure-Streifen. Tim Tremper hat das Drehbuch geschrieben und wird auch als Produzent mitwirken und mir auch durch seine Erfahrung bei Filmen wie ANTMAN und FALLING ROCKS bei den Dreharbeiten zur Seite stehen. Der Film wird sehr „mainstream“, da ich ein größeres Publikum erreichen möchte. Neben Anouschka Renzi und Bela B. Felsenheimer werde eine Reihe bekannter Gesichter in dem Film vertreten sein. Die Story ist sehr mitreißend und zeitgemäß. Die kurze Inhaltsbeschreibung auf unserer Website www.anthroproject.de klingt vielleicht nach einem 08/15 Zombiefilm, aber ich kann versprechen, dass sich da neue Abgründe auftun werden und das Genre erfrischen werden. Der Film wird fürs Kino produziert und viele Hommagen an meine Lieblingsfilme enthalten. Einem deutschen Kinorelease sehe ich optimistisch entgegen. Gibt es einen (Horror-)Filmklassiker, von dem du gerne ein Remake drehen würdest? Da ich gern historische Filme sehe, würde ich mir THE VIKINGS vornehmen und mit Johnny Depp und Edward Norton verfilmen. Es ist schön zu träumen ;) 67 VIRUS 67
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