„Führen ohne Führungsmacht“? Das Thema „Lateral führen“ kommt zunehmend in die Diskussion. Führen ohne Weisungsbefugnis und ohne institutionelle Macht??? Als ich davon hörte, dachte ich zunächst mit einer gehörigen Portion Skepsis: „Führen ohne ein klares Mandat? Grober Unfug, es braucht eine klar definierte und allen Beteiligten gegenüber kommunizierte Rolle, um eine Führungsfunktion übernehmen zu können, oder?“ Und doch: Über die ‚Macht, etwas bewirken zu können’ neu nachzudenken, lohnt sich. Haben Vorgesetzte Aufgrund ihrer hierarchischen Position in Zeiten, in der die Expertise und das Commitment der Beschäftigten zählt, tatsächlich noch die Macht, etwas durchzusetzen? Tatsache ist: • Mehr als die Hälfte aller Führungskräfte, die vorübergehend oder fest Teams leiten, führen in Matrixorganisationen, ohne das sie formale Mitarbeiterverantwortung hätten. • Die Strukturen vieler Unternehmen sind längst ausgedünnt, was die Anzahl der Hierarchieebenen angeht. Wer wem etwas zu sagen hat, ist häufig nicht mehr so eindeutig auszumachen. • Die Vernetzung komplexer Ursachen-Wirkungszusammenhänge wächst weiter. In dem Dickicht von Sachzwängen, Unsicherheiten und gegenseitigen Abhängigkeiten und in der Zusammenarbeit mit Systempartnen und Lieferanten ist mit hierarchischem Druck oft kaum etwas zu bewegen. • Oben gedacht, unten gemacht – die Zeiten, in denen mit diesem ‚Führungsgrundsatz’ im Henry Ford’schen Sinne erstklassige Resultate erzielt werden konnten, sind vorbei. Das Selbstbewußtsein der Beschäftigten ist gewachsen. Der gesellschaftliche Wertewandel hat auch für die Art, in der Zusammenarbeit organisiert wird, Konsequenzen. Die Ergebnisse der Studien des Gallup-Instituts, was die milliardenteure innere Kündigung von Beschäftigten in deutschen Landen betrifft, spricht für sich selbst. • Stellenbeschreibungen („... dafür bin ich / bin ich nicht zuständig!) helfen in den komplexen Wertschöpfungssystemen oft nicht mehr wirklich weiter, die Orientierung zu behalten, wer was zu tun hat. Wer in diesem Umfeld seine Ziele durchsetzen will, muss also das Zusammenspiel von Verständigung, Macht und Vertrauen beherrschen. Oft eine schwierige Situation, weil er sich schnell aufreibt zwischen verschiedensten Ansprüchen und systemimmanenten Widersprüchen. Also - erstklassige Ergebnisse werden längs der Wertschöpfungsketten in intensiver Kommunikation der Beteiligten erzielt und nicht mehr durch das ‚Diktat von oben’. Das alte Abteilungsdenken wird zunehmend durch eine konsequente Prozeßorientierung abgelöst. Das bedeutet: Alte Denkmuster wollen verlernt und neue ausprobiert werden. Alte Denkmuster? Führung heißt doch: Rahmenbedingungen schaffen - Entscheidungen treffen Delegation – Kontrolle. Einer muss ‚das sagen haben‘, wo es längs geht! Oder? Wie wäre es, wenn man das Zusammenspiel aller Beteiligten stattdessen eher als einen Tanz auf manchmal glattem Parkett verstehen würde? Seite 1 Dann ginge es nicht mehr darum, Macht jemanden zu bekommen und ‚Punkte’ zu machen. Sondern es ginge darum, sich trotz knapper Ressourcen immer wieder etwas Zeit zu nehmen dafür, eine passende Choreografie zu entwickeln, in der vielleicht manchmal gar nicht mehr auszumachen ist, wer gerade führt und wer folgt. Man könnte sehen, wie die Tanzpartner einen gemeinsamen Tanz auf dem Parkett des Unternehmens hinlegen, ihre Figuren ausgezeichnet beherrschen, Fehler (des Tanzpartners) hinnehmen und auszugleichen suchen. Und nur wenn alle Tanzpartner Spaß an der Sache haben und keinem auf die Zehen getreten wird, wird es eine gelungene Veranstaltung werden. Das WIR hätte die Führung. Ein schönes Bild. Doch zahlreiche Fragen stellen sich, wenn ich dieser Idee folge: • Wie begeistere und überzeuge ich von ‚meinem’ Vorhaben, meinen ‚Tanzschritten’, meiner Choreografie? • Wie bekommen wir einen klaren Blick für das ‚Gesamtsystem’, in dem wir agieren und in dem wir etwas erreichen wollen? • • • • • Wie nehme ich ‚die Anderen’ mit Ihren Möglichkeiten und Interessen ‚mit auf’s Parkett’? • • • • Was tun, wenn ‚die aus der Nachbarabteilung’ anders denken über das, was zu tun ist? Was gibt mir die Autorität (das Recht), um Einfluß zu nehmen? Wodurch entsteht Energie in allen beteiligten, das Notwendige zu tun? Worauf basieren meine Möglichkeiten, das Verhalten Anderer zu verändern? Bitten, betteln, drohen, überzeugen ... - Wie (re)agiere ich persönlich, wenn ich ‚kein Machtwort sprechen kann’? Wie gehe ich mit Interessengegensätzen und ‚Revierdenken’ um? Wie gewinne ich Menschen, die ohnehin schon mehr als genug zu tun haben, für eine weitere Aufgabe? Wie sorge ich dafür, dass alle mitziehen, den ‚Tanz’ mitgestalten? Das Thema ‚Laterale Führung’ steckt noch ‚in den Kinderschuhen’. Und die negativen Auswir-kungen alter Überzeugungen in Bezug auf eine Art von Führung, in denen ein formales Führungsmandat einen (zu) hohen Stellenwert hat, sind auch in unserer ‚modernen’ Unternehmenswelt nach wie vor in vielen Situationen erlebbar. Die Lösungsansätze zum Thema – sie liegen genau in der Suche nach den Antworten auf die oben genannten Fragestellungen. Und diese Suche bedingt, sich mit den eigenen Verhaltens-mustern auseinanderzusetzen, um alternative Handlungsmöglichkeiten zu finden. Welches Verhaltensrepertoire steht Ihnen persönlich zur Verfügung, um mit den Menschen, mit denen Sie im Unternehmen zu tun haben, ein gemeinsames Verständnis von dem zu entwickeln, was zu tun ist? Wir werden das Thema ‚Laterales Führen’ weiter in Auge behalten und Ihnen Berichte aus der Praxis liefern, sobald es Neuigkeiten dazu gibt. Ihr Kontakt: [email protected] Seite 2
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