AUS DEM MINISTERIUM Modulare Truppausbildung Ist das dem Ehrenamt zumutbar? /von Carsten Lidl* Aufn.: FIRE Foto Th. Gaulke. *Der Autor ist Brandoberrat und Mitarbeiter im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr. 102 B ei Wikipedia kann man nachlesen, dass ein Hobby eine Tätigkeit ist, die der Ausübende freiwillig und regelmäßig betreibt. Ein Hobby ist kein Beruf und repräsentiert für den Ausübenden einen Teil seiner Identität. So gesehen ist das freiwillige Engagement bei einer Feuerwehr sicherlich ein Hobby. Und doch nicht irgendein Hobby. Denn in der Freiwilligen Feuerwehr besteht das Hobby darin, für andere bereit zu stehen. Feuerwehr verlangt Teamgeist, Einsatzbereitschaft, Verantwortungsgefühl, denn die meisten der Einsätze sind für die Feuerwehrfrauen und -männer mit Gefahren und leider manchmal auch mit seelischen Belastungen verbunden. Ob im abwehrenden Brandschutz, ob bei Verkehrsunfällen oder bei Hochwasserkatastrophen, bei Ölspurbeseitigungen, ABC-Unfällen oder bei der Beseitigung von Sturmschäden, die Freiwilligen von der Feuerwehr sind immer zur Stelle. Auch zum aktiven Dorfleben gehört die Feuerwehr einfach dazu. Von der Sicherheitswache beim Osterfeuer, über das Aufstellen (und Abbauen) des Maibaums, das Aufhängen von Fahnen bis zu den Laternenumzügen des Kindergartens oder beim Aufstellen und Schmücken des großen Weihnachtsbaums auf dem Dorfplatz: Die Feuerwehr ist unverzichtbar, als technische Hilfe, zur Verkehrssicherung oder um einfach in der Gemeinschaft mit anzupacken. Der Begriff „Feuerwehr“ ist in Deutschland eng verbunden mit den Werten „Sicherheit“ und „Vertrauen“. Die Bevölkerung vertraut darauf, dass die Feuerwehr hilft - unabhängig vom Ausmaß des Schadens. Hochwasser, Erdrutsche, Großfeuer oder Waldbrände: ein Szenario, bei dem die Bevölkerung sagt: „Hier brauchst du die Feuerwehr gar nicht mehr zu rufen“, ist nicht vorstellbar. Freunde und Angehörige vertrauen darauf, dass die Feuerwehrleute nach dem Einsatz gesund nach Hause kommen und die Kameraden selbst vertrauen darauf, dass diejenigen, die mit ihnen in den Einsatz gehen, zu 100 Prozent einsatzbereit sind, wenn es darauf ankommt. Mit der Einführung der Modularen Truppausbildung (MTA) wurde die Grundausbildung der freiwilligen Feuerwehrleute in Bayern aktualisiert und modernisiert. Das Feedback auf die Modulare Truppausbildung, das im Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr oder in den staatlichen Feuerwehrschulen ankommt, ist überaus positiv. Ein Teil der Rückmeldungen erschüttert aber das angesprochene Vertrauen. Einzelne Kommandanten, Feuerwehrangehörige und Eltern von angehenden Feuerwehrleuten beklagen sich über den Umfang der Modularen Truppausbildung. „Hundert Stunden Ausbildung sind nicht leistbar und völlig übertrieben“ oder: „Unsere Feuerwehr ist so klein, die braucht das nicht, bei großen Einsätzen kommt eh die Nachbarfeuerwehr“ sind nur zwei Beispiele für Argumente, die gegen eine umfassende Ausbildung angeführt werden. Verglichen wird die MTA dabei in der Regel nur mit einem Teil der Ausbildung nach altbekannter Form, nämlich dem „Truppmann Teil I“. In der Vergangenheit endete die Ausbildung zur Feuerwehrfrau/zum Feuerwehrmann leider häufig nach Abschluss dieser ersten 40 Unterrichtseinheiten. Die Modulare Truppausbildung vermittelt die spezifische Wissensgrundlage eines jeden Feuerwehrmitgliedes im aktiven Dienst, unabhängig von Größe und Ausstattung der Feuerwehr und endet mit der Qualifikation „Truppführer“. Sie beinhaltet dabei die alten Ausbildungsteile „Truppmann Teil I und Teil II“ sowie den Truppführerlehrgang. Der Umfang der Grundausbildung ist dabei nicht angewachsen. Im Gegenteil: Inhalte, die für den Trupp nicht zwingend notwendig sind, wurden aus der Ausbildung gestrichen. Durch die modulare Ausrichtung der Ausbildung ist die MTA sehr flexibel. Die Ausbildung sollte in einem Zeitraum von etwa zwei Jahren absolviert werden und gewährt den Feuerwehren bei der Planung und der Durchführung maximale Freiheiten. Fazit: Die durch die fortschreitende Technisierung zunehmenden Feuerwehraufgaben, ein immer größer werdendes Verkehrsaufkommen zu Land, zu Wasser und in der Luft, der Anstieg von Gefahrenpotentialen in den Produktionsstätten und Großlagern sowie eine zunehmende Anzahl von Naturkatastrophen erfordern eine professionelle Qualifikation der Einsatzkräfte. Die Modulare Truppausbildung, die den Feuerwehren von Seiten des Staates angeboten wird, stellt einen Standard dar, der sich an den handwerklichen Grundfähigkeiten und vor allem an der Sicherheit der Einsatzkräfte orientiert. Wo Feuerwehr drauf steht, sollte auch Feuerwehr drin sein! Eine rudimentäre Ausbildung nach dem Motto: „Bei uns brennt´s eh nicht“ rechtfertigt nicht das Vertrauen, das den Feuerwehren entgegen gebracht wird und widerspricht dem Selbstbild, das die Feuerwehren von sich haben. Kritischen Stimmen, die in der MTA eine Mehrbelastung sehen, muss man die Frage entgegenhalten, ob weniger Ausbildung den ehrenamtlichen Feuerwehrleuten tatsächlich zumutbar ist – im Interesse des Eigenschutzes, mit Blick auf das Vertrauen der Hilfesuchenden und im Interesse der Feuerwehrkameradinnen und -kameraden, die sich im Einsatz auf einander verlas¨ sen müssen. brandwacht 3/2015
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