Werde ich nach meinem Lieblingsautor gefragt, so muss ich

Werde ich nach meinem Lieblingsautor gefragt, so muss ich naturgemäß antworten Thomas
Bernhard, zumindest im Moment, denn Lieblingsautoren können (und dürfen) im Laufe des
Lebens je nach Stimmung und Abschnitt wechseln. Gerade eben hätte er seinen achtzigsten
Geburtstag begangen und aus dem früher verpönten „Nestbeschmutzer“ und der Forderung
„Hinaus mit dem Schuft“ ist mittlerweile nicht nur mein Lieblingsautor geworden, sondern
ganz Österreich feiert ihn als wichtigen Beitrag zur Weltliteratur. Und obwohl Thomas Bernhard
oft und gerne komisch ist in seinen Texten und Stücken, so ist er doch etwas schwere Kost und
nicht so ganz leicht verdaulich, deshalb möchte ich einen weiteren Lieblingsautor anführen,
auch wenn dies vielleicht gegen eine strenge Einser-Regel verstößt. In anderer Stimmung lese
ich gerne Walter Moers, den einige vielleicht als Urheber des kleine A.. kennen, doch ich sehe
ihn als Vater des Kontinents Zamonien mit allen seinen witzigen,
extravaganten und außergewöhnlichen Bewohnern, allen voran der
Blaubär und der schreibende Drache Hildegund von Mythenmetz. Moers
versetzt uns in Zamonien nicht nur in eine etwas verschrobene
Fantasiewelt, sondern auch und vor allem in eine Welt des traditionellen
Fabulierens und Erzählens. So schildert Blaubär in „Die 13 ½ Leben des
Käpt’n Blaubär“ seine gesamte erste Lebenshälfte – jeder Abschnitt, jedes
Kapitel umfasst dabei ein Leben – angefangen von seiner eigentlich
Nicht-Geburt in Nussschalengröße bis zur Begegnung mit seiner großen
Liebe. Dazwischen liegen fantastische Geschichten in bester
Münchhausen- und Seemannsgarn-Tradition, in denen er mit
Zwergpiraten segelt, vor Klabautergeistern Weinkonzerte gibt, von Tratschwellen in Rhetorik
ausgebildet wird, einem Bolog begegnet, Pilot bei einem Rettungsflugsaurier wird, in die
Nachtschule geht und Lügengladiator-Champion ist, um nur einige Höhepunkte seiner
Lebensgeschichte zu nennen. Was Käpt’n Blaubär für das Erzählen, ist Hildegund von
Mythenmetz für die Literatur und Bücher. In dem Buch „Die Stadt der träumenden Bücher“, das
davon erzählt, wie Hildegund der berühmteste Schriftsteller Zamoniens wurde und einer
Abenteuergeschichte a la Indiana Jones sehr nahe kommt , wimmelt es nur so von Anspielungen
und Informationen zu Literatur überhaupt. In beiden Büchern beweist
Walter Moers seine unglaubliche reiche Erfindungsgabe, denn beide
Texte sprühen vor kreativen Einfällen in erzählerischer und
sprachlicher Hinsicht, dass nicht nur Kinder und Jugendliche ihre helle
Freude daran haben werden. Mehrere hundert Seiten vergehen wie im
Fluge und sind wirklich nie langweilig, weder für junge noch für ältere
Leser. Während bei den Kindern die vordergründige spritzige
Erzählung im Mittelpunkt stehen wird, können sich reifere Leser – ja,
ich beziehe mich hier auch auf Erwachsene – die sprachlichen Finessen
und literarischen Verweise genießen und werden während des
Spaziergangs durch die Stadt der träumenden Bücher vielleicht sogar so wie ich den Duft von
vergilbten alten Buchseiten in der Nase haben.
Fantasy-Liebhabern (die vielleicht auch gerne im englischen Original lesen) sei abschließend
noch Terry Pratchett empfohlen, der auf seiner Scheibenwelt/Discworld allerlei Zauberer,
Hexen, Stadtwächter und Kaufleute auftreten lässt, die uns manchmal fast schon zu ähnlich
sind, aber dann eben doch wieder anders. (Mittlerweile kein wirklicher Geheimtipp mehr, denn
Pratchett begeistert Millionen von Leser weltweit.)
© Mag. Alexandra Vrba