Welche Kosten können fiktiv geltend gemacht werden, wenn der Schaden nicht beseitigt wird? Anmerkung zum Urteil des OLG Düsseldorf vom 23.04.2015 - 5 U 97/14 Von Michael Schorn Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Bei der Frage der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im Hinblick auf die Kosten, die für eine Mängelbeseitigung erforderlich sind, tritt regelmäßig das Problem auf, festzustellen, welche der für eine tatsächliche Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten fiktiv geltend gemacht werden können, nämlich für den Fall, dass der Mangel überhaupt nicht beseitigt wird. Die Diskussion hierzu ist inzwischen ein bunter Blumenstrauß. Die vertretenen Auffassungen reichen von der Ersatzfähigkeit nur tatsächlich entstandener Kosten mit einem Verweis auf die Verkehrswertdifferenz bis hin zur vollen Erstattungsfähigkeit auch fiktiver Mangelfolgekosten. Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hierzu ist uneinheitlich. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte sich jetzt mit einem Sachverhalt zu beschäftigen, in dem es ebenfalls um sogenannte fiktive Mängelbeseitigungskosten ging. Es ging insbesondere um die Frage, ob bei Nichtdurchführung von entsprechenden Mängelbeseitigungsarbeiten für einen Parkettboden Kosten für die erforderlichen Abschleifarbeiten und Kosten für Maler- und Reinigungsarbeiten zu erstatten waren, obgleich der Bauherr diese Arbeiten zur Schadensbeseitigung nicht ausführen lassen wollte. Das Landgericht hatte noch beide Kostenansätze als Schadenersatz zugesprochen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat sich in beachtenswerter Weise mit der zwischenzeitlich umfangreichen Diskussion über die Ersatzfähigkeit fiktiver Mängelbeseitigungskosten auseinandergesetzt und hat letztlich einen wohl praxistauglichen Mittelweg aufgezeigt. Es folgt dabei der Auffassung, dass ohne tatsächliche Mängelbeseitigung allenfalls die zur reinen Beseitigung des Schadens erforderlichen Kosten fiktiv geltend gemacht werden können. Für alle darüber hinausgehenden Begleit- und Folgekosten kommt nach dieser Entscheidung nur ein konkreter Zahlungsanspruch in Betracht. Das Oberlandesgericht stellte darauf ab, dass bei den Kosten für Malerarbeiten nach Durchführung des Parkettabschliffs es sich nicht um zur Schadenbeseitigung selbst anfallende Kosten handelt. Die Voraussetzung, dass sie zwangsläufig dem Grunde und der Höhe nach aufgrund der 1 Schadenbeseitigung anfallen würden, waren nicht erfüllt. Solange z. B. der geschädigte Bauherr die Arbeiten am Parkett nicht durchführen lässt, stehe nicht fest, dass eine Staubentwicklung eintritt, die nicht anders beseitigt werden könne und die Durchführung eines Neuanstrichs als Schadensfolge erforderlich mache. Es sei keineswegs gewiss, dass z. B. die Sockelleisten des Parkettbodenbelages vor dem Abschleifen demontiert und nachfolgend wieder montiert werden müssten. Ebenso war weder das Ausmaß einer Staubentwicklung gewiss noch das Fehlen von Möglichkeiten gegen deren Ausbreitung, wenngleich bei objektiver Betrachtung dies zu erwarten ist und nicht völlig von der Hand gewiesen werden konnte. Hinsichtlich der weiteren Schadenersatzforderungen stellte das OLG Düsseldorf fest, dass zu den ersatzfähigen Schadenspositionen zwar nach der Differenzhypothese auch solche Kosten gehören, die unter Berücksichtigung der Schadensminderungspflicht des Geschädigten erforderlich sind, um die Schadensbeseitigungsmaßnahmen unmittelbar erst zu ermöglichen. Ebenso wie die bereits zuvor angesprochenen Kosten der Folge der Schadensbeseitigung (Maler- und Reinigungskosten), müssen aber auch diese Kosten zwangsläufig dem Grunde und der Höhe nach anfallen. Daran fehlte es auch nach Auffassung des Gerichts in dem entschiedenen Sachverhalt. Die Erforderlichkeit zur Schadensbeseitigung tritt nämlich bei diesen Positionen erst mit der tatsächlichen Durchführung der entsprechenden Arbeiten ein. Auch zum möglichen Minderwert hat sich das Oberlandesgericht in dieser Entscheidung geäußert. Hinsichtlich der Wertminderung in der Sache kommen einerseits ein technischer und andererseits ein merkantiler Minderwert in Betracht. Der merkantile Minderwert ist zu ersetzen, wenn eine vom Markt beachtete Differenz des Vermögensbestandes des Geschädigten nach Reparatur des Schadens zu jenem vor seinem Eintritt verbleibt. Der technische Minderwert ist zu ersetzen, wenn die sorgfältige und fachgerechte Reparatur nicht den gleichen technischen Zustand (Gebrauchsfähigkeit, Betriebssicherheit, Lebensdauer, äußeres Bild) wie vor der Beschädigung wiederherstellen kann. In dem hier entschiedenen Sachverhalt war ein technischer Minderwert nicht bereits dadurch eingetreten, dass ein vorzeitiges Abschleifen des Parkettbodenbelages erforderlich geworden war. Es kam darauf an, ob durch das Abschleifen die Lebensdauer des Parketts verkürzt wurde. Dies setzt aber die tatsächliche Durchführung der Abschleifarbeiten voraus. Dies war im entschiedenen Fall nicht geschehen. Insofern war die Wertminderung nach den Kosten der Schadensbeseitigung zu bemessen. Ein merkantiler Minderwert hätte vorausgesetzt, dass die tatsächliche Durchführung der Schadensbeseitigungsmaßnahme erfolgt ist. Da es sich bei dem 2 Parkett nicht um eine Sache mit selbständigem Marktwert handelt, sondern um einen wesentlichen Bestandteil eines Gebäudes, wäre für den merkantilen Minderwert auf den Wert des Grundstücks abzustellen. Ein solcher war nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Es war aber auch für das Oberlandesgericht ersichtlich, dass das Grundstück einen Wertverlust dadurch erhalten hätte, dass die Lebensdauer des Parketts verkürzt war. „Unterm Strich“ blieb damit als fiktiver Schadenersatz für den hier in Rede stehenden Sachverhalt, dass nämlich eine Schadensbeseitigung nicht erfolgt, nur der Zuspruch der Kosten für die erforderlichen Abschleifarbeiten und keine darüber hinausgehenden Kosten. Fazit: Die Entscheidung des 5. Zivilsenates des Oberlandgerichts Düsseldorf wird sicherlich auch in Zukunft bei Streitigkeiten um die Erstattungsfähigkeit von sogenannten fiktiven Schadensbeseitigungskosten Beachtung finden. Insofern wird man sich darauf einzustellen haben, dass es in ähnlich gelagerten Sachverhalten letztlich als sogenannten „fiktiven Schadenersatz“ lediglich die Kosten der erforderlichen unmittelbaren Schadensbeseitigung geben wird. 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