bericht race across germany 2015

BERICHT RACE ACROSS GERMANY 2015 Flensburg – Garmisch Partenkirchen 1100km/ 6000hm in 45:44h Man(n) sagt die besten Ideen beginnen mit dem Satz: „Halt mal mein Bier“… in diesem Fall war es allerdings Kaffee auf Arbeit, welcher gehalten wurde. Nach einem Gespräch mit meinem Sportsfreund Lars war eine Idee geboren und da ich wusste, dass mein Freund Jochen Interesse am Mitwirken einer Crew für ein Ultrarennen hat, teilte ich anschließend diese Idee auch mit ihm -­‐ der diese sofort positiv beantwortete. Allerdings konnte ich zu diesem Moment die Gesamtkosten noch nicht einschätzen. Also machten wir uns daran Informationen einzuholen um Kosten abschätzen zu können. Die Beträge waren leider ziemlich hoch und so machte ich mich auf die Suche nach Sponsoren die das Rennen vielleicht als Werbezweck nutzen konnten. Nach vielem Hin und Her, Zusagen und Absagen hatten wir zum Schluss dann doch alles zusammen. Dafür möchte ich hier auch nochmal den Sponsoren ICS-­‐CONTEC, Centrotherm clean solutions, Autohaus Schulze, Tretmühle, Sponser und dem Fitnesscenter Globalactive DANKEN! Das große Ziel 2015 war nun das Race across Germany Solo 1100 km unter 48h zu finishen. Das Highlight für uns war eine Qualifikation für das Race across Amerika zu bekommen. Auch wenn die Chance dieses jemals zu fahren aus Kostengründen eher gering ist. Die Vorbereitungen dafür liefen sehr gut und auch die neuen Radeinstellungen bekamen mir. Ich war somit vorbereitet und die letzten Planungen mit der Crew Annett, Astrid, Katrin, Jochen, Christian und Olaf liefen in meinen Augen ebenfalls perfekt. Es war alles vorhanden -­‐ Begleitfahrzeug, Wohnmobil und eine super Crew. Am Vormittag des 13.05.15 ging es, nachdem wir das Wohnmobil und das Begleitfahrzeug beladen hatten, nach Flensburg und waren gegen Nachmittag stressfrei oben angekommen. Nach einen kurzen Briefing mit dem Renndirektor Dieter Göpfert, der bereits in Flensburg auf uns wartete. Nach dem Vorbereiten der Autos ging es noch zum gemeinschaftlichen Abendbrot und anschließend beizeiten ins Bett. Ausgeschlafen an den Start gehen – lautete mein Plan für diese Nacht. Da ich Katrin, meine persönliche Masseurin, mit hatte, genoss ich natürlich noch eine professionelle Massage um vor allem den Nacken zu entspannen. Denn dort habe ich auf langen Strecken oft Probleme so dass es bei Kopfdrehungen häufig zu Schmerzen kommt. Nach einem erholsamen Schlaf stand ich dann gegen 6:30Uhr auf. Leider hatte ich ziemliche Kopfschmerzen und musste schon im Vorfeld 2 Aspirin nehmen. Katrin war bereits eine Stunde eher aufgestanden, um das Essen für die erste Etappe von 245km vorzubereiten. Nach dem Frühstück und dem Verladen der persönlichen Sachen fuhren wir zum Ortsausgangsschild Flensburg, um gegen 9Uhr mit unserem großen Abenteuer zu beginnen. Ich selber war eigentlich die ganze Zeit relativ entspannt ,da ich „nur“ gegen die Zeit fahren musste bei dem ich meine Geschwindigkeit komplett selbst regulieren konnte. Bei Gruppenfahrten ist die Geschwindigkeit meistens sehr unterschiedlich und man muss im Zweifelsfall auch Löcher zufahren, was immer viele Energien sinnlos verschwendet. Das Wetter war auf unserer Seite. Es war zwar kühl und bewölkt aber der Wind kam von hinten. Somit konnte ich mit einem sehr hohen Schnitt bis in die 1. Verpflegung nach 245 km ca. 16:30Uhr in Lauenburg einrollen. Leider hatte ich in der 1. Etappe etwas mit meinem Magen zu kämpfen und konnte nur wenig während der Fahrt essen. Ich vermute mal das Aspirin vorher keine gute Idee war oder vielleicht war ich doch nur aufgeregt. Ab der 2.Etappe sollte der Magen dann allerdings wieder mitspielen. Nach einer leckeren Bratwurst, Kuchen und Café ging es dann auf die 2. Etappe von 220km zum nächsten Stopp nach Seesen. Der Weg nach Seesen war hauptsächlich mit Böllerwagen und betrunkenen Jugendlichen bestückt, die meinen sich zum Männertag die Kante geben zu müssen. Einige Dörfer machten auch riesige Events aus dem Männertag. Wir sind zum Glück überall reibungslos durchgekommen ohne mit den Betrunkenen in Kontakt zu treten. In einem Dorf fiel mir ein lebloser Körper am Waldesrand auf. Ich machte das Begleitfahrzeug darauf aufmerksam, die sich dann auch um die Person kümmerten ich selber fuhr ein Stück alleine weiter. Es handelte sich bei der Person um einen Betrunkenen der von seinen Kumpels in stabiler Seitenlage alleine gelassen wurde. In der 2. Pause ca. 1:30Uhr wartete Katrin und Olaf mit der Pastaparty auf uns, die ich schon sehnsüchtig erwartete. Ich motivierte mich immer bis zur nächsten Station und dem leckeren Essen was dort auf mich wartete. Da ich aber während der Fahrt immer perfekt versorgt wurde hielt sich mein Hunger in der Pause meistens etwas in Grenzen. Die Verpflegung Unterwegs bestand hauptsächlich aus Nutella Toastbrot, Selbstgemachte Riegel von Katrin, Apfelspalten und Bannen. Als Belohnung gab es auch ab und zu mal ein Gummibärchen von Jochen. In der 1.Nacht war es ca. 3°C kalt und ich musste meine Winterjacke und die dicken Handschuhe anziehen um nicht zufrieren. Die Müdigkeit hielt sich bis dahin noch in Grenzen. Nach der 2. Pause ging es dann Richtung Berka/ Werra wir ließen die Alkoholleichen hinter uns und kämpften uns durch die kalte Nacht und den ersten Anstiegen. Wir hatten uns mittlerweile einen größeren Vorsprung rausgefahren der allerdings in der 1. Nacht wieder etwas schwand. Als wir in das Morgengrauen kamen habe ich zum erstem Mal die Landschaft richtig genießen können, auch wenn der Druck auf der Pedale mittlerweile etwas nachgelassen hatte und ich auch etwas müde war. Die Sonne ging auf, in den Tälern lag der Nebel und über diesen schauten die Spitzen der Hügel und Berge hervor. Die Bilder erinnerten mich an den Rhön-­‐Marathon. Bei diesem gab es die letzten Male ähnlich schöne Bilder. Wieder freute ich mich auf die Verpflegung und der Ort Berka kam näher. Als wir allerdings durch den Ort fuhren und mir der Funker mitteilte das es organisatorische Probleme gab und ich langsamer fahren sollte spielten meine mittlerweile doch leicht müden Gedanken Streiche und ich malte mir aus was jetzt alles passiert sein könnte. 20km weiter fuhren wir dann doch mal an einen Feldweg und warteten auf das Wohnmobil. Wir waren leider an der 3. Station vorbei gefahren und die Crew musste das ganze vorbereitete Essen zusammen packen und uns hinterher fahren, um alles erneut aufzubauen. Was ich schön fand, dass man niemandem den Stress ansah und so konnte ich mich gemütlich in den Sessel setzen essen, trinken und der Crew bei ihren Aufgaben zuschauen und kurz die Pause zum Entspannen nutzen. Mein Rad befand sich in der Werkstatt bei Jochen zum reinigen und Kette schmieren, die Flaschen wurden wieder aufgefüllt und das Auto mit Lebensmitteln bestückt. Ich bekam wieder eine Nackenmassage zog mich anschließend um und weiter ging es 170km bis Kitzingen. Mein Tempo und Druck auf die Pedale lies auf dieser Etappe wieder zum Schluss etwas nach. Ebenfalls war nach dem Feiertag auch der Verkehr etwas mehr geworden und erforderte höhere Aufmerksamkeit. Ab und zu sah ich sogar Leute die mit ihrem Auto vorbeifuhren und den Daumen nach oben zeigten. Achim Heukemes, Extremsportler und Lauflegende, hatte es bereits per Facebook angekündigt -­‐ ich hatte es aber mittlerweile schon vergessen, dass er uns ein Stück begleiten wollte. Als er uns in Werneck bei Kilometer 733 abfing war ich plötzlich wie ausgewechselt und konnte nach einer kurzen Fotosession und einem Interview für Dieters Facebook Seite wieder ordentlich Gas geben. Ich hatte kurze Zeit das Gefühl gerade erst auf das Rad gestiegen zu sein. Wir fuhren gemeinsam bis zu unserer nächsten Station -­‐ die uns noch nicht erwartete, da wir eher da waren als geplant. Dadurch hatte Katrin und Olaf ziemlich viel Stress aber wir konnten wenigstens mit unseren Wohnmobil, Stromgenerator und Waffeleisen den Profi ziemlich beeindrucken. Normalerweise sollte hier mein 1.Powernap anstehen da ich aber eine 2. Luft bekommen hatte verschoben wir diesen nach hinten. Und so fuhr ich mit Achim noch ein Stück gemeinsam bis sich unsere Wege trennten und ich alleine bis zum nächste Halt fuhr. Dieser sollte ursprünglich in Mauren stattfinden bei Kilometer 918 stattfinden. Die 5. Station wurde dann nähe Oettingen gemacht und ich habe sie gegen ca. 20uhr angesteuert. Nach der Reinigungsprozedur habe ich mich dann zu kurz Schlaf hingelegt und wurde 1h später von Katrin geweckt. Ich gehe mal davon aus das sie bei Schnick Schnack Schnuck verloren hatte. Denn sie wollte diesen Weckdienst auf keinen Fall übernehmen. Als ich munter wurde wusste ich eine Zeitlang nix mehr -­‐ weder warum ich aufstehen musste, noch wo ich war oder was ich vor hatte. Nach paar Minuten lief der Körper dann wieder einigermaßen Rund und so konnte ich noch schnell was essen warm anziehen und weiter ging es frisch und erholt. Die nächste Station war Moorenweis ca. 100km entfernt und insgesamt 200km noch bis Garmisch. Dies klingt erst mal nicht viel aber für mich waren die nächsten 100km echt eine Katastrophe. Der Anfang lief noch Verhältnismäßig gut und auch die Kälte hielt sich im Vergleich zur vorher gehenden Nacht in Grenzen. Aber nach zwei Tagen und einer Nacht mit insgesamt 1 Stunde Schlaf in die 2. Nacht fahren stellte mich nach einigen Kilometern ziemlich auf die Probe. Die Gedanken konnte ich kaum noch ins positive lenken da u.a. in der Bayrischen Provinz jedes Nest gleich aussah oder ich jedenfalls so wahrnahm und auch die Ortsnamen teilweise gleich oder ähnlich sind. Ich hatte das Gefühl im Kreise zu fahren und die Kilometer wurden und wurden nicht weniger -­‐ auch die Ansagen des Rennleiters waren nicht gerade eine Motivation für mich. Ich war innerlich kurz vorm verzweifeln. Aber es musste ja stimmen schließlich hatte ich die aktuelle Route auf meinem Navi und fuhr auch danach. Dann kam leider auch noch die Müdigkeit. Ich merkte wie ich öfters Richtung rechten Straßengraben fuhr. Ich hatte die Hoffnung das dies niemand mit bekam und mich für ein Kurzschlaf raus nimmt. Abfahrten musste ich ebenfalls sehr langsam fahren da ich Kurven durch die Müdigkeit nicht mehr richtig einschätzen konnte und auf jeden Fall einen Sturz vermeiden wollte. Irgendwann glaube gegen 2Uhr überholten wir bei starken Nebel und mitten in der Einöde Bayerns auch noch eine Prozession, die murmelnd mit Kreuzen in der Hand zum nächsten Dorf wanderten. Das war bei all den Begebenheiten irgendwie unheimlich. Viele Verzweiflungen und Sekundenschläfe später kamen wir dann tatsächlich in Moorenweis an und die Uhr zeigte 3:30Uhr. Ich rechnete und rechnete… theoretisch hatten wir noch ca. 100km auf dem Zähler bzw. wusste irgendwie keiner die genauen Kilometer und bei der aktuellen Geschwindigkeit und den brutalen, von Dieter angesagten, Anstiegen die da noch kommen sollten machte ich mir echt Gedanken das wir die 48h eventuell nicht schaffen konnten. So teilte ich allen mit trotz Müdigkeit die Pause kurz zu halten und ohne Powernap weiter fahren zu wollen. Leider war ich aber der Einzige der diese Idee toll fand und so kam der Team Kapitän Jochen ins Wohnmobil und erzählte mir was vom Finishen auch ohne RAAM Qualifikation und das dass nur ein Zettel ist der keine Bedeutung hat und verordnete mir 15min Schlaf und so musste ich mich fügen obwohl ich nicht seiner Meinung war. Auch wenn ich das RAAM höchstwahrscheinlich nie fahre so wollte ich die Qualifikation haben. Das war der Punkt auf dem I und der Grund warum ich mich so motivierten konnte. Nach den 15min. Schlaf stieg ich dann auf das Rad mit dem Bewusstsein jetzt so schnell fahren zu wollen wie ich konnte damit ich es auf jeden Fall noch knapp unter 48h schaffe. Die genaue Kilometer Zahl kannte ich leider nicht da mir alle was anderes sagten und ich mir damit nicht mehr Sicher war ob ich meinem Navi vertrauen konnte. So legte ich mich auf meinem Auflieger trotz leichter Schmerzen am Sitzfleisch und fuhr so schnell ich noch konnte. Jochen funkte mir kurz nach meinem Start noch zu „Ob ich noch weiss was wichtig ist“ Ich konnte mit diesem Satz allerdings nix anfangen bzw. glaubte ich das er wollte das ich langsamer fahre um sicher an Ziel zukommen. Also machte ich es wie immer wenn mir was nicht passt und überhörte es einfach. Als aber anschließend über Funk kam: Gut so und schön weiter drücken war ich irritiert. Aber jetzt passte wieder alles und so fuhr ich weiter zügig damit wir die verlorene Zeit einholten. Jetzt wurden über Funk auch noch die Kilometer runter gezählt… 85km, 75km 60km und dann stand ich an einer Kreuzung an einem Schild auf dem Stand Garmisch 49km. Im Gegensatz zu der vorhergehenden Etappe flogen die Kilometer jetzt im Flug an mir vorbei. Und es war gerade mal irgendwas gegen 5Uhr. Ich wusste in dieser Sekunde dass wir immer noch einen großen Vorsprung unserem Plan gegenüber hatten und die Qualifikation locker schaffen würden. Ich war erleichtert und konnte wieder einen Gang zurückschalten und entspannter nach Garmisch fahren. Ich war innerlich total glücklich. Kurz vorm Ziel fuhr ich noch an unserem Wohnmobil vorbei bei dem 2 Polizisten standen. Als Olaf aber aus dem Fenster rief und ein Lächeln im Gesicht hatte ging ich davon aus das die Wohnmobil Crew nur einer G7 Sicherheitskontrolle unterzogen wurden den der G7 Gipfel sollte mehrere Wochen später in Garmisch stattfinden. Dann kam es das „Ziel“ Schild. Wir hatten es geschafft ich war total happy über die Gesamtleistung der Crew und mir. In meinem Augen lief alles sehr harmonisch ab und es kam nie Stress auf bzw. lies es mich niemand merken. Nach anschließendem Umarmen, Drücken, Küssen und Teilen der Emotionen gab es endlich das verdiente Finisher Bier. Dies hatte ich mir von meinem letzten Marathon Event, der Elbspitze, abgeschaut und übernahm es ebenfalls zu Motivation. Wir genossen noch eine Weile den Augenblick bevor es nach paar Fotos ins Hotel zum Schlaf nachholen ging.