Deutschland und Russland: Kulturdialog auf hohem Niveau

Deutschland und Russland: Kulturdialog auf hohem Niveau
Ende August wurde in Moskau das gemeinsame Programm der Robert Bosch
Stiftung und des Goethe-Instituts »Kulturmanager in der Russischen Föderation«
feierlich abgeschlossen. Ein flüchtiger Blick in die Zahlen genügt, um den großen
Beitrag einzuschätzen, den dieses Programm während seiner sechsjährigen
Laufzeit für die Entwicklung des deutsch-russischen Kulturaustausches geleistet
hat. Dies zeigt sehr gut, wie Kultur dazu beiträgt, Grenzen zu überwinden und einen
Dialog zwischen zwei Ländern aufzubauen.
Es ist schwer zu sagen, wie viele Einwohner russischer Regionen Deutsch sprechen oder lernen,
soviel steht aber fest: Die deutsche Kultur haben dank dem Kulturmanagerprogramm viele
kennengelernt. »6 Jahre, 6 Städte, 14 Kulturmanager, 100 Projekte.« Unter diesem Motto wurden
von 2009 bis 2015 vielfältige innovative Kulturprojekte in Archangelsk, Uljanowsk, Tscheljabinsk,
Kasan, Wolgograd und Astrachan realisiert. Alle Kulturmanager, die eine strenge Auswahl
durchlaufen waren, bekamen die Möglichkeit, zwei Jahre lang die deutsch-russische
Zusammenarbeit mitzugestalten.
Die Bandbreite der Projekte war sehr groß: ein Street-Art-Festival mit deutschen und russischen
Künstlern, internationale Musikkonzerte in Archangelsk, die Deutsch-russischen Kurzfilmtage
»Vkratze!« in Wolgograd, die Deutschen Filmtage in Tscheljabinsk oder ein Austauschprogramm
im Bereich Theaterpädagogik zwischen Nordrhein-Westfalen und Astrachan. Die Beispiele sind
damit natürlich bei Weitem nicht ausgeschöpft. Gleichzeitig konnten die Kulturmanager ihren
eigenen Interessen in der Kunst nachgehen, sei es Theater, Musik, Malerei oder Film.
Es gab auch Netzwerkprojekte, die in allen Einsatzorten der Stipendiaten umgesetzt wurden.
Beispiel hierfür ist das Projekt »Reinventing Public Places«, welches zahlreiche Maßnahmen im
Bereich Kunst im öffentlichen Raum (Public Art) und Bürgerinitiativen umfasste. Eines der Ziele
war hierbei die Erschließung bisher ungenutzter urbaner Flächen: des Freundschaftsparks in
Uljanowsk oder verlassener Fabriken und leerstehender Häuser in anderen Städten.
Selbstverständlich war es keine einfache Aufgabe, aber die Ergebnisse waren den Aufwand wert.
Während des Programms zeigten sich die Kulturmanager insgesamt sehr experimentierfreudig, sie
tauchten in eine völlig andere Sprach- und Kulturumgebung ein, erlebten aber, nach ihren eigenen
Worten, dass das russische Publikum stets interessiert war und nach Diskussionen und
Meinungsaustausch suchte. Die Kooperation mit regionalen Kultureinrichtungen half ebenfalls viele
Ideen und Projekte umsetzen. Die Teilnehmer des Programms wollen auch weiterhin im deutschrussischen Kulturaustausch aktiv bleiben, manche von ihnen haben sogar vor, auch russische
Kultur nach Deutschland zu bringen.
»Es ist noch früh, um den Erfolg des Kulturmanagerprogramms zu beurteilen,« meint Atje Drexler,
Leiterin des Programmbereichs »Völkerverständigung Europa und seine Nachbarn« der Robert
Bosch Stiftung. »Sein wichtigstes Ziel aber, nämlich die Entwicklung eines kulturellen
Partnernetzwerkes in russischen Regionen, ist erreicht.« Kultur, so Frau Drexler ferner, gebe den
Menschen zahlreiche Chancen, einander besser kennenzulernen und zu verstehen. Deswegen
waren die im Rahmen des Programms entstandenen Projekte so erfolgreich. Und noch wichtiger
ist, dass heute viele von ihnen bereits zu etablierten Veranstaltungen in den Kulturkalendern der
russischen Regionen geworden sind.
Von der Notwendigkeit eines russisch-deutschen Kulturdialogs sprach auch der Leiter des GoetheInstituts Moskau Dr. Rüdiger Bolz während der Abschlussveranstaltung: »Heute ist es wichtiger
denn je. Denn gerade wir, die wir uns mit der Kultur befassen, mit solchen Projekten und der
deutsch-russischen Kulturkooperation, müssen alles tun, damit die Mauern, die Grenzen in der
Politik nicht ewig in den Köpfen der Menschen bleiben. Am wichtigsten sind dafür persönliche
Kontakte und Beziehungen zwischen den Menschen. Gerade dadurch entstehen neue Ideen und
neues kreatives Potenzial. Und das wurde im Rahmen unseres gemeinsamen Programms mit der
Robert Bosch Stiftung sehr gut sichtbar.« Die Worte von Herrn Dr. Bolz bekräftigte auch Michail
Schwydkoi, der Sonderbeauftragte des russischen Präsidenten für internationale kulturelle
Zusammenarbeit. Er betonte, dass »solche praktischen Erfahrungen äußerst wichtig sind« und
dass »die kulturellen Beziehungen zwischen unseren Staaten bei jeder Großwetterlage
fortbestehen werden, wie windig, regnerisch oder sogar stürmisch sie auch sein mag.«
Das sechsjährige Programm ist nun zu Ende, aber die Zusammenarbeit der Robert Bosch Stiftung
mit russischen Partnern geht weiter. Laut Atje Drexler geht es dabei einerseits um eine ganze
Reihe von Vorhaben, die schon umgesetzt werden: die Stiftung Deutsch-Russischer
Jugendaustausch, das Lektorenprogramm (15 Experten aus Deutschland werden in diesem Herbst
wieder in ganz Russland Deutsch und verschiedene Fächer in deutscher Sprache unterrichten.)
sowie einige kleinere Projekte, die zusammen mit russischen Partnern unter anderem im musealen
Bereich realisiert werden. Andererseits lädt die Robert Bosch Stiftung russische Partner ein, an
multilateralen europäischen Projekten teilzunehmen. Eines davon ist das Programm »Actors of
Urban Change«, das eine nachhaltige Entwicklung von Städten durch Kultur fördert.
Die Robert Bosch Stiftung ist eine der großen unternehmensverbundenen Stiftungen in
Deutschland. Sie wurde 1964 gegründet und setzt die gemeinnützigen Bestrebungen des
Firmengründers und Stifters Robert Bosch (1861–1942) fort. Die Stiftung beschäftigt sich vorrangig
mit den Themenfeldern Völkerverständigung, Bildung und Gesundheit. Darüber hinaus befasst sie
sich mit Fragestellungen der Kultur.
Autor: Warwara Pawlowa
Quelle: http://www.germania-online.diplo.de/Vertretung/russland-dz/ru/03-kultur/kulturmanager-programmzu-ende.html (02.09.2015)
Übersetzung: Michael Peregudov