Buchhändlerin

«Nichts für Introvertierte»
Donna Sahiti, 22
Porträt
Lernende Buchhändlerin im 1. Lehrjahr
Donna Sahitis Lehrbetrieb ist eine
kleine Buchhandlung in der Altstadt von Bern mit einem ausgewählten Sortiment. Ein Sofa
lädt zum Schmökern in schönen
Büchern ein. Nach der gymnasialen Maturität hat sich die junge
Frau für die berufliche Grundbildung als Buchhändlerin entschieden. Sie befürchtete, sich mit einem
Studium in Germanistik zu weit
von den Büchern zu entfernen.
«Unser Kundenkreis besteht aus kulturell
interessierten und engagierten Leuten. Das
ist sehr spannend, aber auch anspruchsvoll»,
erklärt Donna Sahiti, die selber in ihrer Freizeit Rollen für das Theater schreibt. «Während der Schule hatte ich immer den Eindruck,
einiges über Bücher zu wissen, denn ich las
im Verhältnis zu meinen Altersgenossen sehr
viel. Hier im Laden merkte ich aber bald, dass
es wohl Jahre dauern wird, bis ich das Niveau
meiner Mitarbeitenden erreichen werde.»
Dazu kommt, dass sie jetzt weniger Zeit zum
Lesen hat als noch im Gymnasium. «Da helfen mir die Hörbücher, weil ich daneben noch
etwas anderes machen kann.»
In der Bestellabteilung
Die lernende Buchhändlerin berät bereits in
ihrem ersten Lehrjahr Kundschaft im Laden.
Dies ist aber nur ein Teil ihrer Arbeit. Täglich ist sie auch im Bestellbüro anzutreffen.
«Unsere Kundschaft bestellt auch online auf
unserer Homepage. Die Lieferungen kommen
per Camion oder per Post. Ich schaue im Computer nach, wer was bestellt hat, und entweder gebe ich das Buch zum Abholen in den
Laden oder ich stelle es für den Versand mit
Rechnung bereit. Diese Arbeit mache ich sehr
gerne. Und weil ich jedes Buch in die Hand
nehme und nachsehe, wer es bestellt hat,
lerne ich die Vorlieben unserer Kundinnen
und Kunden kennen und kann sie im Laden
gezielter beraten.»
Viel Zeit beansprucht die Recherche, das
Suchen eines Titels. Denn nicht jedes Buch
wird auf Anhieb gefunden. «Wir bieten auch
eine antiquarische Recherche an, d.h. wir
suchen vergriffene Bücher. Das braucht ziemlich viel Fachwissen, einerseits über Bücher
und andererseits über das Recherchieren in
den versachieden Datenbanken», betont Donna Sahiti. Als weitere Dienstleistung verwaltet
die Buchhandlung für Kunden und Kundinnen
die Abonnemente von Tages- und Wochenzeitungen sowie Fachzeitschriften. Donna Sahiti
ergänzt: «Gerade Firmen haben meist einige
Abos von Fachzeitschriften. Sie schätzen es
sehr, sich nicht um einzelne Abonnemente
kümmern zu müssen.»
Ein kleines erlesenes Sortiment
«Einerseits haben wir Klassiker und moderne
Literatur, anderseits Bücher zu Themen wie
Politik, Wissenschaft, Psychologie, Fotografie
– ‹Kulturwissenschaften›, wie wir es zusammenfassend nennen», sagt Donna Sahiti.
«Alle Mitarbeitenden dürfen jederzeit Bücher
für die Aufnahme ins Sortiment vorschlagen.
Und jedes Jahr verkaufen wir einen Gegenstand, der nichts mit Büchern zu tun hat. Dieses Jahr ist es ein Apfelschäler.»
Die junge Buchhändlerin hilft auch bei der
Gestaltung des Ladens und der kleinen Schaufenster mit. «Dafür bestelle ich immer eine
grössere Anzahl eines Buches. Die nicht verkauften Exemplare, die sogenannten ‹Remittenden›, kann ich nachher wieder an den Verlag retournieren.» Donna Sahiti ist rundum
glücklich mit ihrem Entscheid, Buchhändlerin
zu werden. Sie betont aber deutlich: «Buchhändlerin ist ein Verkaufsberuf und nichts für
introvertierte Leserinnen und Leser.»
Ein Beruf hoch im Kurs
Jedes Jahr übersteigt die Anzahl
der Bewerber/innen, die Zahl der
freien Lehrstellen im Buchhandel.
Das führt zu einer strengen Auswahl. Die berufliche Grundbildung
kann zwar direkt nach Schulabschluss angetreten werden, in der
Praxis liegt das Durchschnittsalter bei Lehrbeginn aber bei
17 bis 18 Jahren. Diese zusätzlichen Jahre sind oft entscheidend,
um eine gute Allgemeinbildung
und persönliche Reife zu erlangen. Wer selber noch nicht viel
gelesen hat, dem fällt es schwer,
Kundschaft gut zu beraten oder
ein Werk zu empfehlen. Mit der
gymnasialen Maturität ist es theoretisch möglich, direkt ins zweite
Lehrjahr einzusteigen. Fachpersonen raten aber eher davon ab,
denn es braucht mindestens die
drei Jahre Lehrzeit, um alle Facetten des Berufs zu erlernen.