HEIDELBERG Nr. 228 / Rhein-Neckar-Zeitung Freitag/Samstag/Sonntag, 2./3./4. Oktober 2015 Ost und West: Sie nehmen es mit Humor 25. „Schülerbegegnung Sachsen Baden-Württemberg“ zum ersten Mal in Heidelberg: Gemeinsam Musik und Party machen abends in der Halle 02 gefeiert. Die Stimmung jedenfalls „könnte nicht besser sein“, Die Heidelberger Mädchen berichtet auch der Leiter des findet Tobias bislang zu 80 Thadden-Orchesters Ulf EnProzent gut – wenigstens rein gel. Und auch die „Probenäußerlich. „Im Osten sind es disziplin“ sei herausragend. 95 Prozent“, lacht der Schüler Ein „musikalisch hohes Ni– und schiebt noch ein paar veau“ attestiert auch BigWitze über Bananen und BeBand-Musikerin Jara Nassar grüßungsgeld, das er sich hier dem gesamten Team. Die 18in Heidelberg abgeholt hat, Jährige hat zwar schon im hinterher. Denn Tobias letzten Jahr Abitur am Rakommt eigentlich aus der phael-Gymnasium gemacht, sächsischen Landeshauptdie Schülerbegegnung wollte stadt Dresden. Noch bis zum sie sich aber auf keinen Fall Sonntag ist er gemeinsam mit entgehen lassen – weshalb sie der Big Band des St. Bennoihren Freiwilligendienst in Gymnasiums Dresden in der Thüringen kurz unterbrach. Stadt – wie viele andere Schließlich bekäme man nicht Schüler aus ganz Sachsen. alle Tage die Chance, in einer Denn Heidelberg ist in so großen Big Band zu spielen. diesem Jahr zum ersten Mal Das Thema Ost und West Austragungsort der „Schünimmt man in dieser Runde lerbegegnung Musik und jedenfalls mit viel Humor, Kunst Sachsen Baden-Würt„man macht sich ein bisschen temberg“. Seit 25 Jahren bieten die beiden Kultusminis- Gute Stimmung bei der Big-Band-Probe: (v.l.) Lucas, Jara, Benedikt und Tobias harmonieren gut miteinander, während Lei- drüber lustig“, sagt Jara. Ansonsten seien „Schüler halt terien der Länder diesen ter Peer Hübel (Mitte) Tipps gibt. Aus Heidelberg sind 15 Schulen mit von der Partie. Foto: Friederike Hentschel Schüler“, egal ob aus dem OsAustausch an, bei dem die auswärtigen Schüler in Gastfamilien und West. „Es ist das erste Mal, dass wir in sammen Musik machen, ein Chor-Atelier ten oder Westen. Bratschistin Clara findet wohnen. Höhepunkt ist jedes Jahr ein gro- so einer Campus-Atmosphäre arbeiten oder eines, das sich der Begegnung der dagegen, „dass es noch viel zu viele Unterßes Festkonzert am Tag der Deutschen können“, berichtet Mayer. Die Pädagogi- Künste widmet, wo Tanz und Musik auf- schiede zwischen Ost und West gibt, etwa Einheit, dem 3. Oktober. 500 Schüler aus sche Hochschule (PH) hat dafür ihre einandertreffen. Zwei Ateliers widmen die höheren Löhne im Westen“. Dafür gebe Baden-Württemberg und aus Sachsen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. sich außerdem praktischen Dingen: Eines es im Osten mehr Kita-Plätze. Am Freundwerden dann auf die Bühne bringen, was „In den letzten Jahren waren wir auf die dokumentiert mit der Kamera das Ge- schaften knüpfen hindert das die Schüler schehen, in einem aber nicht. Musik ist eben, da ist sich auch sie innerhalb von drei Tagen gemeinsam teilnehmenden weiteren geht es ums Mayer sicher, „die Sprache, durch die man verteilt. einstudiert haben. Dann steht auch die Big Schulen Debattieren. Dazu am schnellsten zusammenkommt“. Tobias Band des St. Benno Gymnasiums mit der Jetzt sind alle auf eihaben sich die Kul- aus Dresden durchzechte die Nacht zum des Heidelberger St. Raphael Gymnasiums nem Haufen“, so der tusministerien die Donnerstag mit Lucas vom Raphaelunter Leitung von Musiklehrer Peer Hübel Projektleiter. In sieLandeszentrale für Gymnasium. Beim Feiern zählt nämlich ben „Ateliers“ arauf der Bühne. Politische Bildung nur eines: gemeinsam Spaß haben. „Für unser 25-jähriges Jubiläum woll- beiten die Schüler ins Boot geholt, Theten wir in eine besonders schöne Stadt“, so gemeinsam in den F Klaus-Dieter Mayer, Projektleiter beim Räumen der Alten und Neuen PH an einem ma ist der Umgang mit Minderheiten. i Info: Das Festkonzert der Schüler finVon 9 bis 17 Uhr arbeiten die 500 Schüdet am Samstag, 3. Oktober, 18 Uhr, in baden-württembergischen Kultusminis- Projekt: Es gibt ein sinfonisch-oratorider Stadthalle statt. Eintritt frei. Einterium. Und tatsächlich bietet Heidelberg sches Atelier, in dem vier Orchester aus ler an ihren Auftritten. Und damit der Belasskarten heute an der Rathauskasse. einige Vorteile für die 500 Schüler aus Ost Sachsen und Baden-Württemberg zu- gegnungsteil nicht zu kurz kommt, wird Von Anica Edinger Tagesthema 7 „Tag der Maus“ im Bosch-Museum vam. Die „Sendung mit der Maus“ hat zum fünften Mal zum bundesweiten „Türöffner-Tag der Maus“ aufgerufen. Am Samstag, 3. Oktober, können Kinder und Familien bei allen teilnehmenden Stellen Sachgeschichten live erleben. Auch das Carl-Bosch-Museum, Schloss-Wolfsbrunnenweg 46, nimmt teil. Zu diesem Anlass kommt ein Glasbläser ins Museum. Er zeigt seine Handwerkskunst und wird, passend zum Anlass, kleine orangefarbene Mäuse aus Glas fertigen. Außerdem können sich die Besucher bei einer Rallye auf die Spuren von Carl Bosch und der Maus durch das Museum begeben oder Chamäleonpapier selbst herstellen. Das Carl-Bosch-Museum mit der Dauerausstellung zum Namensgeber und der Sonderausstellung „Faszination Farbe“ ist von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Theatermachen kann man lernen RNZ. Vom 9. bis 11. Oktober veranstaltet der Verein „Theater- und Spielberatung Baden-Württemberg “ die in der Region einzigartige „23. Heidelberger Theaterwerkstatt“. Sieben Theaterworkshops werden von sieben Profis aus ganz Deutschland angeboten – ob „Theater mit Kindern“, „Performance“, „Tanztheater“ – in fast jedem Workshop gibt es noch Plätze. Angesprochen sind alle Theaterinteressierten wie Lehrer, Amateurspieler, Theaterpädagogen, Schauspieler. Manfred Kern, kulturpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, wird ebenso teilnehmen wie Constanze Fuhrmann aus der Abteilung „Schultheater“ des Kultusministeriums: „Ich möchte einmal vor Ort erleben, wie bei einem von uns geförderten Institut gearbeitet wird.“ Anmeldung: www.theaterberatung-bw.de. ANZEIGE Die fantastischen Bilder der Astronomen RNZ. Über „Die Jagd nach Licht – wie Astronomen ihre fantastischen Bilder machen“ spricht Dr. Klaus Jäger vom MaxPlanck-Institut für Astronomie am Sonntag, 4. Oktober, 11 Uhr, im Haus der Astronomie auf dem Königstuhl. Es ist der zweite Vortrag der vierteiligen Reihe „Astronomie am Sonntagvormittag“, die in diesem Jahr ganz im Zeichen des internationalen Jahres des Lichts stehen. Jäger wird den spannenden Weg vom einfachen Himmelsfoto bis hin zu Profi-Auf- nahmen der fernsten Galaxien am Rande des beobachtbaren Universums – und des technisch Machbaren – erläutern. Er hat selbst an den größten Teleskopen der Welt Beobachtungsprogramme durchgeführt. Als Produzent der Astro Views der Zeitschrift „Sterne und Weltraum“ vermittelt er auf Youtube regelmäßig einem breiten Publikum astronomische Themen. Karten zu fünf Euro gibt es online unter www.haus-der-astronomie.de und beispielsweise bei Zigarren-Grimm. Goethe, das stille Örtchen und die „Kiesel im Bache“ Vor 200 Jahren besuchte Goethe den Pfarrer von Kirchheim endet: „O ruf’ sie zurücke die vorigen Zeiten! Es küßt sich so süße die Lippe der Über Goethe und Heidelberg wurde schon Zweiten, Als kaum sich die Lippe der Ersviel geschrieben, aber nur wenige wis- ten geküßt“. „Immerhin“, so schreibt sen, dass Goethe auch einmal in Kirch- Pfarrer Maurers Enkelin in ihren Aufheim war. Vor 200 Jahren, als er in Hei- zeichnungen, „mag dem alten Herrn im delberg weilte, um die Gemäldesamm- Kirchheimer Pfarrhaus eine Erinnerung lung der Brüder Boisserée zu besichti- an längst vergangene Tage im Sessengen, luden diese ihn ein zu einem Besuch heimer Pfarrhaus aufgetaucht sein“ – wo sich Goethe 45 Jahre ihres Freundes, des Pfarzuvor in eine Pfarrers Johann Konrad rerstochter verliebt Maurer in Kirchheim. hatte. Auch Kirchenrat ProfesDie Gespräche sor Daub mit Gattin wadrehten sich an dieren mit von der Partie. sem Nachmittag um Es war am Nachmit„Land und Leute, Sittag des 2. Oktober 1815, ten und Gebräuche“. als der hohe Besuch sich Irgendwann musste im Kirchheimer PfarrGoethe „so seine Gänhaus einfand. Was dort ge“ erledigen, und die geschah, wissen wir aus versammelte Runde den Aufzeichnungen der wartete lange verEnkelin des Pfarrers, Jugeblich auf seine lie Mayer, geb. Gmelin. Rückkehr. Man wollte Der Pfarrer hatte zwei schon die Tür des liebenswürdige Töchter, „Häuschens“ sprenderen eine, Luise, so aufgen, als er endlich geregt war, dass sie beim wieder auftauchte. Tee-Eingießen eine kleiGoethe hatte sich in ne Überschwemmung verursachte, was Goethe Dieses Gemälde von Koopmann zeigt „alten Geschäftspafestgelesen, großmütig mit einem den Pfarrer Johann Konrad Maurer. pieren“ „heiteren Lächeln“ quit- Adolf Gmelin schenkte es dem Ort- die dort, zu welchem tierte. Danach durfte sie chronisten Dieter Neuer, der es der Zweck auch immer, herumlagen. Gegen ihm mehrere seiner Lie- Blumhardtgemeinde übergab. Abend fuhr er dann mit der in der vom Dichter so geliebten Reichardt’schen Vertonung der Gattin des Kirchenrats Daub nach vorsingen. War es ihr Gesang oder war Heidelberg zurück, während die anderen es die Sängerin selbst, was Goethe dabei Gäste noch im Kirchheimer Pfarrhaus in den Bann zog? Er soll sich ans Fußen- blieben. Als Goethe diesen Besuch in seinem de des Flügels gesetzt haben und sie mit „dunklen, durchbohrenden Augen“ be- Tagebuch unter dem 2. Oktober 1815 vertrachtet haben. Eines der Lieder, „Auf den zeichnete, hatte er den Namen des Ortes Kieseln am Bache“, musste sie auf seinen Kirchheim schon wieder vergessen. Nur Wunsch hin sogar wiederholen. Darin ist dass sein Weg dorthin über Rohrbach die Rede von den „Freuden der wech- führte, wusste er noch: „Mittag die Geselnden Lust“ und den „köstlichen Stun- sellen [Boisserée]. Nach Rohrbach. Beim den des eilenden Lebens“, und das Lied Pfarrer zu ... . Mit Mad. Daub zurück.“ Von Ludwig Schmidt-Herb
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