Regionale Arbeitsmarktstrategie im Rems-Murr

Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale Arbeitsmarktstrategie im
Rems-Murr-Kreis
für die Umsetzung des Europäischen Sozialfonds in
der Förderperiode 2014-2020
Programmjahr 2016
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
INHALT
1.
Vorbemerkung .................................................................................................... 3
2.
Die Ausgangssituation für die ESF-Ziele im Rems-Murr-Kreis ................................ 4
2.1.
Die regionale Ausgangslage für das spezifische Ziel B 1.1 .......................................... 4
2.1.1
Arbeitslose im Rechtskreis des SGB II ......................................................................... 4
2.1.2
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Rems-Murr-Kreis ......................................... 7
2.1.3
Personen mit Migrationshintergrund im Rems-Murr-Kreis ........................................ 8
2.2.
Die regionale Ausgangslage für das spezifische Ziel C 1.1 ........................................ 10
2.2.1
Statistische Daten ..................................................................................................... 10
2.2.2
Qualitative Ergänzungen ........................................................................................... 13
2.3.
Handlungsbedarf auf der Grundlage der Ausgangsbeschreibung ............................ 14
3.
Formulierung von Zielen; Definition der Zielgruppen.......................................... 16
4.
Umsetzung der Ziele ......................................................................................... 18
5.
Festlegung der Evaluationsschritte .................................................................... 19
Die Geschäftsführende des ESF-Arbeitskreises
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung, Tourismus und Europa
Ruth Deichmann
Alter Postplatz 10
71332 Waiblingen
E-Mail: [email protected]
2
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
1. Vorbemerkung
Mit dem am 1. September 2014 von der EU-Kommission genehmigten Operationellen Programm
(OP) des Landes Baden-Württemberg für den ESF startete die Umsetzung der neuen Förderperiode zum 1. Januar 2015. Die Umsetzung des ESF in Baden-Württemberg folgt der EU-weiten
Vorgabe sowohl einer stringenten Ergebnisorientierung als auch einer Konzentration der Mittel.
Diese beiden Prämissen erfordern eine abgestimmte Steuerung in der Planung und Umsetzung
von spezifischen Zielen und Interventionen. Ein wichtiges Strukturmerkmal des Europäischen
Sozialfonds in Baden-Württemberg ist und bleibt die regionale Umsetzung einzelner spezifischer
Ziele. Umsetzung meint in diesem Zusammenhang nicht nur, dass der ESF dort ankommt, wo er
am dringendsten benötigt wird; sie bedeutet vor allem, dass Interventionen in einzelnen Handlungsfeldern auf konkrete Regionalbedarfe ausgerichtet und von den regionalen Akteuren in den
ESF-Arbeitskreisen (AK) maßgeblich geplant werden.
In der neuen ESF-Förderperiode werden die zwei spezifischen Ziele „B.1.1 Verbesserung der
Beschäftigungsfähigkeit und der Teilhabechancen von Menschen, die besonders von Armut und
Ausgrenzung bedroht sind“ und „C.1.1 Vermeidung von Schulabbruch und Verbesserung der
Ausbildungsfähigkeit“ in der regionalen Umsetzung des ESF verfolgt. Die regionale ESFFörderung konzentriert sich demnach auf Zielgruppen mit besonderem Förderbedarf, so etwa
besonders benachteiligte Personengruppen im Rechtskreis SGB II, aber auch junge Menschen,
die vom Schulabbruch bedroht sind und durch andere schulische Regelsysteme nicht (mehr)
angesprochen werden können. Neben den beiden spezifischen Zielen erfolgt die Umsetzung des
ESF in Baden-Württemberg auch regional unter Beachtung der bereichsübergreifenden Grundsätze (Querschnittsziele) des ESF, nämlich der Gleichstellung von Frauen und Männern, der Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung, der nachhaltigen Entwicklung sowie der Förderung der
transnationalen Zusammenarbeit.
Gemäß der Reihenfolge der spezifischen Regionalziele werden zentrale Indikatoren zur Beschreibung der Ausgangslage kleinteilig dargestellt. Die der Analyse zugrundeliegenden Daten
für das Ziel B 1.1 erfolgt auf der Grundlage der im Auftrag der ESF-Verwaltungsbehörde zusammengestellten Eckdaten aus den Statistiken der Bundesagentur für Arbeit, im Ziel C 1.1 können
ebenfalls in diesem Datenset enthaltene Werte genutzt werden. Ergänzend hierzu wurde die
Schulstatistik des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg genutzt.
Die Auswahl der regionalen Strategieziele und Zielgruppen erfolgt auf der Grundlage der Beschreibung der Ausgangslage und der Ermittlung der regionalen Bedarfe für das Jahr 2016.
3
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
2. Die Ausgangssituation für die ESF-Ziele im Rems-Murr-Kreis
2.1. Die regionale Ausgangslage für das spezifische Ziel B 1.1
Die Ausgangssituation im Rems-Murr-Kreis kann im Hinblick auf das spezifische Ziel B 1.1 beschrieben werden durch eine Analyse der Arbeitslosen im Rechtskreis des SGB II nach ausgewählten Merkmalen, der Personen mit Migrationshintergrund und der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach ausgewählten Merkmalen. Als Datenquelle dient in diesem Jahr erstmals das im Auftrag der ESF-Verwaltungsbehörde des Landes Baden-Württemberg von der ISG
GmbH erstellte Datenset, in dem die wesentlichen Ist-Werte für die Analyse enthalten sind. Der
landeseinheitlich angelegte Datenstand verweist auf den Monat September 2014. Dies entspricht nicht dem jeweils aktuellen Stand, jedoch basiert die Analyse im Hinblick darauf, dass das
regionale Beratungsangebot des esf-teams künftig nicht mehr besteht und die Geschäftsstellen
die Arbeitsmarktanalyse unter Verwendung des Datensets weitgehend eigenständig vornehmen
werden, auf den landeseinheitlichen Daten.
2.1.1
Arbeitslose im Rechtskreis des SGB II
Im Rems-Murr-Kreis waren im September 2014 insgesamt 5.127 Personen im Rechtskreis des
SGB II arbeitslos gemeldet. Gegenüber dem Vorjahresmonat nahm die Zahl der SGB IIArbeitslosen im Rems-Murr-Kreis um 60 Personen bzw. 1,2 % zu, während auf Landesebene ein
etwas leichterer Anstieg um 0,2% zu beobachten war. Im Vergleich zum Land weist der RemsMurr-Kreis somit im Bereich des SGB II eine allgemein etwas ungünstigere Entwicklung auf.
5127 Personen sind im SGB II arbeitslos gemeldet (56,5% aller gemeldeten Arbeitslosen). Im
Vorjahresvergleich zeigt sich ein leichter Anstieg um 1,2%.
Frauen und Männer im SGB II
Die Differenzierung nach Geschlecht zeigt eine annähernd paritätische Verteilung von 49,5%
der SGB II-Arbeitslosen Frauen (2.536 Personen) und 50,5% Männern (2.591 Personen). Die
Betrachtung der zeitlichen Entwicklung zeigt, dass bei den Frauen der Anstieg mit +1,4% höher
liegt als bei den Männern (+1,0%).
Die Geschlechterverteilung im SGB II ist annähernd paritätisch, im Vorjahresvergleich zeigt sich
bei Frauen ein etwas höherer Anstieg im Bestand.
Jugendliche und junge Erwachsene im SGB II (u25)
Insgesamt befanden sich 208 junge Erwachsene im Rechtskreis des SGB II, d.h. knapp 4,1% der
SGB II-Arbeitslosen waren unter 25 Jahre (Baden-Württemberg: 5,4%). Gegenüber dem Vorjahresmonat nahm die Zahl der arbeitslosen jungen Erwachsenen um 5% oder 11 Personen ab. Auf
Landesebene war ein Anstieg um 5,7% zu beobachten. Die Differenzierung nach Geschlecht
4
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
zeigt, dass männliche Jugendliche einen Anteil von 45,7% aller Personen dieser Alterskohorte
ausmachen (Frauen 54,3%).
4,1% aller SGB II Arbeitslosen sind unter 25 Jahre alt. Insgesamt zeigt sich ein Rückgang im Vorjahresvergleich um -5% (11 Personen). Junge Frauen profitieren geringfügig stärker als die
Männer von der positiven Entwicklung.
Ältere Arbeitslose im SGB II (ü50)
Im September 2014 waren 1.571 Personen oder 30,6% der SGB II-Arbeitslosen älter als 50 Jahre
(ü50). Gegenüber dem Vorjahresmonat nahm die Zahl der älteren SGB II-Arbeitslosen um 1,2%
bzw. 19 Personen zu; in einer Langzeitbetrachtung 2007-2014 zeigt sich ein kontinuierlicher
Anstieg des Anteils der Personengruppe im Gesamtkundenkreis des SGB II. Die Quote und Entwicklung auf Landesebene zeigt sich identisch zum regionalen Wert im Rems-Murr-Kreis. 45,7%
der Personen in dieser Gruppe sind weiblich, der Anstieg zum Vorjahr liegt bei den Frauen mit
+1,1% geringfügig niedriger als bei den Männern (+1,3%).
Der Anteil über 50-Jähriger liegt im SGB II bei gut 30%, mit einem leichten Anstieg im Vorjahresvergleich. Knapp 46% der Personen sind Frauen, deren Entwicklung zum Vorjahr zeigt sich geringfügig schlechter als bei den Männern.
Langzeitarbeitslosigkeit im SGB II
Von allen Arbeitslosen im SGB II waren insgesamt 2.080 Personen oder 40,6% langzeitarbeitslos, auf Landesebene beträgt der Anteil 45%. Gegenüber dem Vorjahresmonat zeigt sich ein
Rückgang um 3,0% (-65 Personen). Bei den Langzeitarbeitslosen im Rechtskreis des SGB II liegt
der Frauenanteil bei 52,2%. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ein zeigt sich ein etwas geringerer Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit bei den Frauen (-2,4%) im Vergleich zu den Männern
(-3,7%). Blickt man ergänzend auf die Verteilung, so zeigt sich, dass 42,8% der arbeitslosen
Frauen im SGB II langzeitarbeitslos sind, bei den Männern sind es 38,4%.
Gut 40% aller Arbeitslosen im SGB II sind langzeitarbeitslos, der Anteil der Frauen liegt hier bei
52,2%. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Anzahl bei beiden Geschlechtern um 3,0% zurück,
jedoch bei den Männern stärker als bei den Frauen. Bezogen auf die Geschlechtergruppen sind
Frauen stärker von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen als Männer.
Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung im SGB II
Im September 2014 verfügten im Rems-Murr-Kreis insgesamt 3.056 Arbeitslose im Rechtskreis
des SGB II über keine abgeschlossene Berufsausbildung (59,6% aller Arbeitsloser), hiervon wurden insgesamt 1.597 Frauen gezählt (entspricht 52,3%). Ein Vorjahresvergleich zeigt einen
Rückgang der Quote um 1,8%, bei den Frauen etwas stärker (-2,2%) als bei den Männern (1,2%).
Knapp 60% der SGB II-Arbeitslosen verfügen über keine abgeschlossene Berufsausbildung, der
Anteil der Frauen in dieser Gruppe liegt bei 52,3%. Im Vergleich zum Vormonat zeigt sich ein
5
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
leicht abnehmender Trend, der bei Frauen in dieser Gruppe etwas stärker als bei Männern ausfällt.
Ausländer/innen im SGB II
Der Anteil der ausländischen arbeitslosen Personen im SGB II im Rems-Murr-Kreis liegt bei
37,5% (1.922 Personen) und ist im Vergleich zum Vorjahresmonat um 6,3% gestiegen. Im Land
Baden-Württemberg liegt die Quote bei 31,8%, ebenfalls mit einem Anstieg zum Vorjahr, der
bei knapp über 6% liegt. 51% der ausländischen Arbeitslosen im Rechtskreis sind weiblich (980
Personen), hier zeigt sich mit +5,4% ein etwas geringerer Anstieg zum Vorjahr als bei den Männern (+7,3%).
Leicht negative Entwicklung beim Anteil der ausländischen Arbeitslosen bei einem insgesamt
hohen Anteil im SGB II. Ausländische Frauen sind von dem Anstieg stärker betroffen als die
Männer.
Personen mit einer Schwerbehinderung im SGB II
6,0% der Arbeitslosen Im Rechtskreis SGB II weisen eine anerkannte Schwerbehinderung auf.
Mit diesem Anteil liegt der Kreis unter dem entsprechenden Anteil auf Landesebene (6,8%).
Insgesamt haben 307 arbeitslose Personen im SGB II eine Schwerbehinderung, davon 38,8%
Frauen und 61,2% Männer. Gegenüber dem Vorjahresmonat nahm die Zahl der SGB IIArbeitslosen mit einer Schwerbehinderung um 16,7% zu, dies jedoch auf der Basis einer geringen Fallzahl. Dennoch ist zu betonen, dass sich der Anstieg bei den Frauen mit Schwerbehinderung (+7,2%) deutlich geringer zeigt als der der Männer (+23,7%). Im Hinblick auf die Verteilung
zeigt sich, dass 4,7% der arbeitslosen Frauen im SGB II eine Schwerbehinderung haben, bei den
Männern sind es 7,2%.
Der Anteil von Menschen mit Schwerbehinderung im SGB II liegt mit 6% unterhalb des Landesschnitts. Der Anteil der Frauen in dieser Gruppe liegt bei knapp 39%. Gegenüber dem Vorjahresmonat stieg die Zahl der Personen um knapp 17%, jedoch auf Basis einer geringen Fallzahl.
Alleinerziehende im SGB II
Im Rems-Murr-Kreis befinden sich im Rechtskreis des SGB II insgesamt 792 alleinerziehende
Arbeitslose, dies entspricht einem Anteil von 15,5% aller registrierten SGB II-Arbeitslosen (Baden-Württemberg: 13,2%). Der Anteil weiblicher Alleinerziehender liegt hier bei 94,2%, was der
Verteilung auf Landesebene weitgehend entspricht (93,9%). Gegenüber dem Vorjahresmonat
nahm die Zahl der alleinerziehenden SGB II-Arbeitslosen um insgesamt 7,5% zu, wobei die Steigerung bei den Frauen ein Plus von 8,7% beträgt (bei Männern -9,8% bei geringer Fallzahl). Der
ergänzende Blick auf die Verteilung zeigt zudem, dass 29,4% der arbeitslosen Frauen im SGB II
alleinerziehend sind, bei den arbeitslosen Männern sind es hingegen 1,8%.
Der Anteil alleinerziehender Arbeitsloser im SGB II liegt mit 15,5% leicht über dem Landesschnitt. In der Gruppe liegt der Anteil der Frauen bei knapp 94%, im Vorjahresvergleich steigt
6
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
der Anteil bei den Frauen um 8,7%. Knapp 30% aller weiblichen Arbeitslosen im SGB II sind alleinerziehend, hingegen nur 1,8% der Männer.
2.1.2
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Rems-Murr-Kreis
Da sich das spezifische Ziel B 1.1 nicht nur an die Zielgruppe Arbeitslose im Rechtskreis des
SGB II richtet, sondern u.a. auch die Bedarfsgemeinschaften mit in den Fokus nimmt, sind nachfolgend einige Daten zu den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (siehe § 7 Abs. 1 SGB II I1)
ausgewertet. Auch die Daten zu den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sind im Datenset
enthalten und beziehen sich auf den Berichtsmonat September 2014 mit dem Referenzmonat
September 2013.
Im Rems-Murr-Kreis befinden sich insgesamt 12.134 Personen im Kreis der erwerbsfähigen
Leistungsberechtigten, davon 6.477 Frauen (53,4%) und 5.660 Männer (46,6%). Rechnerisch
liegt die Anzahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten damit bei dem 2,4 fachen Wert im
Vergleich zu den gemeldeten Arbeitslosen im Rechtskreis SGB II (Land B-W 2,3 facher Wert).
Gegenüber dem Vorjahresmonat ist ein leichter Anstieg um 1,0% oder 123 Personen zu beobachten, wobei die Veränderung bei den Frauen bei +0,9%, bei den Männern bei +1,2% liegt.
Die Gruppe der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten liegt mit gut 12 Tsd. Personen auf dem
2,4 fachen Wert im Vergleich zu den Arbeitslosen im SGB II. 53,4% der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sind Frauen. Im Vorjahresvergleich stieg die Anzahl der Gruppe insgesamt
um 1,0% an – bei den Männern etwas stärker als bei den Frauen.
Altersgruppen
Für die einzelnen Altersgruppen stellt sich die Entwicklung der Leistungsberechtigten wie folgt
dar: 16,5% der Gruppe sind unter 25 Jahre alt (1.999 Personen), 54,9% zwischen 25 bis 50 Jahre
(6.657 Personen) und 28,6 % sind 50 Jahre und älter (3.481 Personen). Während bei den bis 50Jährigen der Frauenanteil bei gut 55% liegt, nimmt er bei den älteren erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ab und pendelt sich bei 48,8% ein. Bezogen auf die Vorjahresentwicklung
zeigt sich insbesondere in der Alterskohorte der 50- bis 55-Jährigen ein überdurchschnittlicher
Anstieg um +1,7% ab.
Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Alter zwischen 25 und 50 Jahren ist relativ die Größte (55,1%). Bei den bis 50-Jährigen liegt der Frauenanteil über dem Gesamtschnitt.
1
Leistungen nach dem SGB II erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a
noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der
Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
7
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
Bezogen auf die Vorjahresentwicklung zeigt sich insbesondere in der Gruppe der 50-55 Jährigen
erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ein überdurchschnittlicher Anstieg.
Alleinerziehende
Die 1.849 Alleinerziehenden machen im Rems-Murr-Kreis einen Anteil von 15,2% der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aus (B-W: 16%). Im Vergleich zu ihrem Anteil an allen Arbeitslosen im SGB II zeigt sich eine konstante Quote. Unter den alleinerziehenden erwerbsfähigen
Leistungsberechtigten liegt der Anteil der Frauen bei 94,9% und liegt somit geringfügig über
dem Anteil bei den alleinerziehenden Arbeitslosen. Im Vorjahresvergleich wurde ein zahlenmäßig nur marginaler Anstieg von 0,1% - bezogen auf beide Geschlechter - verzeichnet. 159 Alleinerziehende bzw. 8,4% befinden sich in der Altersgruppe der unter 25 Jährigen, 1.690 Personen
liegen oberhalb derselben. Im Landesschnitt liegt die Quote der jüngeren Alleinerziehenden bei
9,2%.
1849 der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sind alleinerziehend. Die Quote liegt marginal
über der der Arbeitslosen im SGB II. Der Anteil der Frauen liegt bei fast 95%, 8,4% der alleinerziehenden sind jünger als 25 Jahre. Im Vorjahresvergleich zeigt sich ein marginaler Anstieg der
alleinerziehenden Leistungsberechtigten um 0,1%.
Ausländer/innen
In der Gruppe der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im SGB II haben im Rems-Murr-Kreis
4.633 Personen eine nichtdeutsche Nationalität, dies entspricht einem Anteil von 38,2% (Baden-Württemberg 33,7%). Der Anteil ausländischer Frauen liegt in dieser Gruppe bei 53,9%
(Männer 46,1%). Gegenüber dem Vorjahresmonat zeigt sich hier ein Anstieg um 6,2 % oder 48
Personen.
Der Anteil der ausländischen Leistungsberechtigten entspricht dem der Arbeitslosen im SGB II
und liegt aktuell bei 38,2% (deutlich über dem Landesschnitt), die Frauenquote ist bei dieser
Gruppe etwas höher als bei den ausländischen Arbeitslosen im SGB II. Es zeigt sich ein Anstieg
der Gruppe zum Vorjahresvergleich, der über dem aller erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
liegt.
2.1.3
Personen mit Migrationshintergrund im Rems-Murr-Kreis
Seit Mitte 2013 ist es möglich, die Entwicklungen am Arbeitsmarkt auch unter dem Aspekt des
Migrationshintergrundes abzubilden, da in allen Agenturen für Arbeit und allen Jobcentern
Personen, die auf Leistungen des SGB II angewiesen sind, zum Migrationshintergrund nach §281
Abs. 2 SGB III befragt werden (vgl. hierzu Methodenbericht der BA 2012). Aktuell liegen Daten
für den Berichtsmonat September 2014 vor, auf die im Folgenden näher eingegangen wird.
8
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
•
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
Von allen befragten Arbeitslosen im Rems-Murr-Kreis hatten 53,9% in den beiden
Rechtskreisen SGB II und SGB III einen Migrationshintergrund (3.704 Personen). In BadenWürttemberg lag dieser Anteil bei 48,5%. Von den arbeitslosen Personen mit Migrationshintergrund verfügen knapp drei Viertel (74,2%) über eine eigene Migrationserfahrung,
sind also nach Deutschland eingewandert.
•
62,4% aller befragten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter (eLb) verfügt über einen Migrationshintergrund (hiervon 71,3% mit eigener Migrationserfahrung).
•
Der Anteil weiblicher Arbeitsloser unter den Personen mit Migrationshintergrund liegt
mit 50,2% deutlich über dem Anteil derer ohne Migrationshintergrund (45,8%).
•
Hinsichtlich der Altersgruppen der Arbeitslosen mit Migrationshintergrund zeigt sich folgende Verteilung: 7% unter 25 Jahre, 50% zwischen 25 und unter 45 Jahre, 43% 45 Jahre
und älter. Bei den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten liegt der Anteil der Altersgruppe
bis 25 Jahre hingegen bei 16,2%. Diese Relation liegt auch bei Personen ohne Migrationshintergrund ähnlich vor.
•
Von den arbeitslosen Menschen mit Migrationshintergrund wurden im Rems-Murr-Kreis
67,7% im Rechtskreis des SGB II betreut. Bei den Arbeitslosen ohne Migrationshintergrund liegen diese Anteile bei 50,5%.
•
SGB II:61,1% aller befragter Personen im Rechtskreis SGB II haben einen Migrationshintergrund, darunter 75,4% eine eigene Migrationserfahrung.
•
40,4% der Personen mit Migrationshintergrund im SGB II sind langzeitarbeitslos (hiervon
wiederum die Hälfte mit LZA über zwei Jahren), bei der entsprechenden Referenzgruppe
ohne Migrationshintergrund liegt der Wert bei 41,8%.
•
Hinsichtlich der schulischen und beruflichen Ausbildung (SGB II und SGB III) zeigte sich,
dass 16,5% der arbeitslosen Personen mit Migrationshintergrund keinen Hauptschulabschluss haben (B-W: 17,3%). Bei Arbeitslosen ohne Migrationshintergrund liegt dieser Anteil bei 6% (B-W: 5,9%). Auch bei der beruflichen Ausbildung waren große Unterschiede
zu beobachten: So konnten 65% der Arbeitslosen mit Migrationshintergrund keine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen (B-W: 62,2%), bei den Arbeitslosen ohne Migrationshintergrund fehlte hingegen bei 29,2% eine abgeschlossene Berufsausbildung (B-W:
29,7%).
Über die Hälfte der befragten Arbeitslosen im Rems-Murr-Kreis verfügen über einen Migrationshintergrund (MH), die Geschlechterverteilung ist annähernd paritätisch. Knapp 63% aller
eLb verfügen über einen Migrationshintergrund. Knapp drei Viertel dieser Gruppe verfügt
drüber hinaus über eigene Migrationserfahrungen. Gut zwei Drittel der befragten Arbeitslosen
mit MH befinden sich im Rechtskreis SGB II (dagegen die Hälfte der Personen ohne MH). Personen mit MH haben einen fast dreimal höheren Anteil derer ohne Schulabschluss bzw. einen gut
zweimal höheren Anteil derer ohne Berufsausbildung im Vergleich zu Arbeitslosen ohne MH.
9
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
2.2. Die regionale Ausgangslage für das spezifische Ziel C 1.1
Die Ausgangssituation im Rems-Murr-Kreis im Hinblick auf das spezifische Ziel C 1.1 kann anhand
der Basisindikatoren zu Schulabgänger/innen aus allgemein bildenden Schulen ohne bzw. mit
Hauptschulabschluss, sowie zur Schulsituation von ausländischen Jugendlichen beschrieben
werden. Soweit möglich werden ergänzende qualitative Informationen aus den Bereichen Schule, Schulsozialarbeit und Jugendarbeit/ Jugendhilfe in diesen Abschnitt eingefügt. Als Datenquelle zu den Schulabgänger/innen dienen die Daten des Statistischen Landesamtes BadenWürttemberg.
2.2.1
Statistische Daten
Hinsichtlich der Schulabgänger/innen aus allgemeinbildenden und beruflichen Schulen wird
folgend die Entwicklung von 2011 bis 2013 dargestellt. Im Jahr 2012 hat der doppelte Jahrgang
der G8 und G9 Absolventen/innen die Schulen verlassen. Für einen Strukturvergleich sind daher
eher die Jahre 2011 und 2013 in Relation zu setzen. Insgesamt zeigt sich folgendes Bild:
Tabelle 1 Schulabgänger/innen allgemeine und berufliche Schulen 2011 bis 2013 (in%)
Jahr
2013
(4.599 Abgänger/innen)
Allgemeinbildende Schulen
2012
(5.229 Abgänger/innen)
2011
(4.684 Abgänger/innen)
ohne HSAbschluss
mittlerer
Abschluss
FH-/ Hochschulreife
5,2
17,2
51,3
26,3
4,5
13,0
42,3
40,2
4,9
22,7
44,8
27,6
17,7
21,5
60,7
11,7
27,0
61,3
16,7
23,9
59,4
2013
(1.862 Abgänger/innen)
Berufliche Schulen
mit HSAbschluss
2012
(1.927 Abgänger/innen)
2011
(1.946 Abgänger/innen)
Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, (Schulstatistik 2011/2012/2013)
Im Rems-Murr-Kreis haben im Jahr 2013 5,2% der Absolventen/innen die allgemeinbildende
Schule ohne einen Hauptschulabschluss verlassen (Land B-W: 4,6%). Im Vergleich zu 2011 ist
dieser Anteil leicht angestiegen, während der Anteil der Abgänger/innen mit Hauptschulabschluss insgesamt zurückgegangen ist und aktuell 17,2% erreicht (Land B-W: 19,8%). Ansteigend
hingegen ist der Anteil der Schulabgänger/innen mit einem mittleren Abschluss, der mit über
51% einen Maximalwert im Mehrjahrestrend und im Vergleich aller Abschlüsse erreicht (Land BW: 47,4). Leicht abfallend ist der Anteil der (Fach)Abiturienten/-innen mit einem Wert um 26%
(Land B-W: 28,2%).
Das Datenset der ISG GmbH schlüsselt die Schulabgänger/innen sowohl nach Abschlüssen als
auch nach zuvor besuchten Schulformen auf. Dies ist vor allem für die Analyse der Absolventen/innen ohne Schulabschluss von besonderem Interesse, denn hiermit wird eine wesentliche
10
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
Zielgruppe für den regionalen ESF näher beschrieben. Es zeigt sich, dass von den 238 Schulabgänger/innen ohne Hauptschulabschluss 146 vormals eine Sonderschule, 65 eine Haupt- oder
Werkrealschule und 23 eine Realschule besucht hatten. 4 Schüler/innen haben das Gymnasium
ohne Abschluss verlassen (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1
Schulabgänger/innen 2013 ohne Hauptschulabschluss nach Schulformen (N= 238)
Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, D15.2: Anteil der Schulabgänger/-innen ohne Abschluss der Sekundarstufe I
Hinsichtlich der Abschlüsse der Schulabgänger/innen der beruflichen Schulen zeigt sich zugleich
ein Anstieg des Anteils der Absolventen/innen mit einer (Fach)Hochschulreife auf über 60%
(Land B-W: 70,2%) bei gleichzeitigem Anstieg der „schwächeren“ Abgänger/innen mit Hauptschulabschluss auf knapp 18% (Land B-W: 6,3%). Bei den mittleren Abschlüssen nach der beruflichen Schule zeichnet sich ein leichter Rückgang ab, der sich aktuell bei 21,5% einpendelt (Land
B-W: 23,6%). Anzumerken ist, dass die Zahl der Absolventen/innen der beruflichen Schulen geringfügig aber stetig sinkt.
Mit Blick auf das Geschlechterverhältnis wird deutlich, dass junge Frauen bei den Abschlüssen
der allgemeinbildenden Schulen ein etwas höheres Niveau (gemessen am Anteil der Mittleren
Abschlüsse und Fach-/Abiturientinnen) als die jungen Männer erreichen. Diesen Vorsprung können sie nach Abschluss der berufsbildenden Schulen – insbesondere durch eine höhere Abiturquote - deutlich ausbauen. Im Land Baden-Württemberg zeigt sich bei den beruflichen Schulen
ein etwas schwächeres Abschlussverhältnis der Frauen gegenüber den Männern (vgl. Abbildung
2).
11
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Abbildung 2
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
Schulabgängerinnen 2013 nach Geschlecht und Herkunft
Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, (Schulstatistik 2013)
Betrachtet man die Gruppe der Schulabgänger/innen aus allgemeinbildenden Schulen nach deren Herkunft, so zeigt sich eine deutliche Differenz. Während etwa 43% aller ausländischen
Schulabgänger/innen der allgemeinbildenden Schulen höchstens den Hauptschulabschluss erreichen, liegt der Anteil bei den deutschen Absolvent/innen bei knapp über 19%. Auf der anderen Seite schließen 4,5% der ausländischen Jugendlichen die allgemeine Schule mit der (Fach-)
Hochschulreife ab, im Vergleich dazu 30% der deutschen Schulabgänger/innen im Rems-MurrKreis. Im Vergleich zur Vorjahresauswertung 2011 zeigt sich aber sowohl bei ausländischen, als
auch bei deutschen Absolventen/innen ein Rückgang der Abiturabschlüsse zu Gunsten der mittleren Reife.
Bei den beruflichen Schulen hingegen zeigt die Verteilung der Abschlüsse, dass einerseits Absolventinnen ein deutlich besseres Niveau erreichen als die jungen Männer. Andererseits scheinen
die beruflichen Schulen für die Gruppe der nichtdeutschen Absolventen/innen die Chance auf
gute Abschlüsse deutlich zu erhöhen, denn die Differenz der ausländischen zu den deutschen
Abiturienten/innen reduziert sich deutlich.
Bei der Zielgruppe der Maßnahmen im spezifischen Ziel C 1.1 handelt es sich – wie in der Vorbemerkung S. 3 beschrieben – um Schüler/innen und Jugendliche, die sich formal zwar im System Schule bzw. im Übergangssystem von Schule zu Beruf befinden, de facto aber durch die
Angebote in den Systemen nicht (mehr) erreicht werden. Vor diesem Hintergrund kann zunächst
12
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
angenommen werden, dass Absolventen/innen der allgemeinbildenden Schulen ohne Hauptschulabschluss unstrittig zu der Zielgruppe gehören. Es gehören ebenso diejenigen jungen Menschen im Landkreis dazu, deren prekäre Situation durch die amtliche Schulstatistik nicht hinreichend abgebildet werden kann.
2.2.2
Qualitative Ergänzungen
Im Rahmen der Erstellung der Ausgangsanalyse im Jahr 2014 wurden die relevanten Akteure aus
den Bereichen Schule, Übergangssystem, Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit mittels eines
Erhebungsbogens befragt, der explizit nach der geschätzten Größe der Zielgruppe, zudem auch
nach soziodemographischen und sozialen Merkmalen dieser jungen Menschen fragte. Die Aussagen lassen sich auf Basis der Auswertung dieser Befragung zusammenfassen. Aufgrund der
zeitlichen Nähe zur letztjährigen Abfrage und der sich dort abgezeichneten strukturellen Merkmale von Schulversagen wurde im Rahmen der Erstellung der aktuellen ESF-Strategie auf eine
erneute Abfrage verzichtet. Vielmehr wird von Interesse für die kommenden Strategieentwicklungen sein, welche Erfahrungen die Umsetzung der regionalen ESF-Projekte im Ziel C 1.1 erbrachten und wie dies in die strategischen Entscheidungen des ESF-AK einzubetten ist. Die Aussagen der Abfrage 2014 werden in diesem Abschnitt im Folgenden noch einmal ins Bewusstsein
gerückt:
Die geschätzte Anzahl der Jugendlichen, die von Schulabbruch bedroht sind, liegt in einem Bereich von 3-8% eines Jahrgangs. Es deutet sich auch an, dass beim Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf (VAB) - und Berufseinstiegsjahr (BEJ)-Schüler/innen davon ausgegangen werden
muss, dass die Quote deutlich höher liegt. Eine Schule im Übergangsbereich bestätigt, dass etwa
ein Viertel der Schüler/innen die Schule vorzeitig abbrechen.
Je nach Quelle der Aussagen variiert die Beschreibung der sozialen Situation der Zielgruppe.
Durchgängig scheint sich abzuzeichnen, dass etwa zwei Drittel der jungen Menschen männlich
sind. Im Übergangssystem liegt das Alter der Zielgruppe zwischen 15 und 18 Jahren, im Bereich
der Kinder- und Jugendhilfe ist die Zielgruppe erwartet etwas jünger, der Hauptteil liegt bei etwa
14 Jahren. Bei den beruflichen Schulen hingegen ist der Großteil der Jugendlichen mit prekärer
Schulsituation bereits volljährig. Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass drohende Schulabbrüche in allen Altersgruppen ab 14 Jahren vorkommen können.
Ein wichtiger Erklärungszusammenhang zur Frage drohender Schulabbrüche scheint das familiäre Umfeld zu sein, denn übereinstimmend werden schwierige familiäre Verhältnisse, die fehlende Unterstützung durch die Eltern oder Erziehungsberechtigten oder auch Trennungen in der
Familie als Gründe genannt. Hinzu kommt eine relative Bildungsferne der Familien, was sich
aber – so auch die übereinstimmende Information – nicht an der nationalen Herkunft der Familien festmachen lässt. Teilweise werden auch stoffgebundene und ungebundene Suchtmerkmale
13
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
als Teil der Ursache für Schulverweigerung genannt. Dies scheinen dann bereits die Folgen der
prekären Familiensituation zu sein. Als besondere individuelle Probleme der Schüler/innen und
Jugendlichen werden Perspektivlosigkeit, mangelnde Motivation und Konzentrationsfähigkeit
sowie ein geringes Selbstwertgefühl und die mangelnde Einbindung in den Klassenverband benannt. Bei jungen Frauen sei ein weiteres Problemfeld eine ungewollte Schwangerschaft bzw.
das Verarbeiten eines Abbruches oder die Belastung als alleinerziehende jugendliche Mutter.
Die Zielgruppe im Ziel C 1.1 wird bislang vor allem im Rahmen von Schul- und Jugendsozialarbeit,
teils auch durch erlebnispädagogische Einheiten im Kontext von VAB- oder BEJ-Maßnahmen
erreicht. Eine bislang wichtige Schnittstelle war das durch den Bundes-ESF geförderte Projekt
„Schulverweigerung – die 2. Chance“, im Rahmen dessen von 2011 bis 2014 etwa 90 Jugendliche
begleitet werden konnten.
2.3. Handlungsbedarf auf der Grundlage der Ausgangsbeschreibung
Auf Basis der Ergebnisse der Ausgangsbeschreibung des Arbeitsmarktes im Rems-Murr-Kreis
werden hier die jeweiligen Handlungsbedarfe im Hinblick auf die Interventionsfelder des regionalisierten ESF dargestellt.
Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und der Teilhabechancen (analog Ziel B 1.1)
Insgesamt zeigt sich vor dem Hintergrund der Arbeitsmarktdaten der Bundesagentur für Arbeit
eine relativ stabile Entwicklung im Rechtskreis des SGB II. So hält sich der Bestand der Arbeitslosen insgesamt annähernd auf Vorjahresniveau. In der Tendenz schienen Frauen in einigen Teilgruppen von einem Anstieg der Arbeitslosigkeit etwas stärker betroffen zu sein. Es wird aber
auch deutlich, dass im Rems-Murr-Kreis nicht alle Personengruppen im SGB II gleichermaßen
von dieser stabilen Entwicklung profitieren. Dies trifft beispielsweise auf Ausländer/innen unter
den SGB II-Arbeitslosen und den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, auf ältere Langzeitarbeitslose, Menschen mit Schwerbehinderung und auf Menschen ohne abgeschlossener Berufsausbildung zu, die einen hohen Anteil unter des SGB II-Arbeitslosen ausmachen. Die Bildungsunterschiede sind im Vergleich von deutschen Arbeitslosen zu jenen mit Migrationshintergrund
deutlich.
Der Handlungsbedarf für den ESF in diesem Interventionsfeld bestand und besteht weiterhin in
der Stabilisierung von Lebensverhältnissen und Verbesserung der Teilhabe am Arbeitsmarkt. Es
gilt, für die benannten Personengruppen die Heranführung an Maßnahmen der Arbeitsförderung mit einer individuellen beruflichen Perspektive zu verknüpfen. Diese Angebote sollen helfen, Lebensverhältnisse zu stabilisieren, um durch niedrigschwellige Integrationsangebote Teilhabe am Arbeitsleben zu gewährleisten. Vor dem Hintergrund einer steigenden Bedeutung sozialer Inklusion in der europäischen Arbeits- und Beschäftigungspolitik sollen im Rahmen dieses
Ziels auch Menschen mit Behinderung an den Arbeitsmarkt herangeführt werden.
14
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
Vermeidung von Schulabbruch und Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit (analog Ziel C 1.1)
Insgesamt liegen über die Zielgruppe des spezifischen Ziels C 1.1, nämlich Schüler/innen und
junge Menschen, die von Schulversagen und Schulabbruch bedroht sind und die von schulischen
Regelsystemen nicht oder nicht mehr ausreichend erreicht werden können, nur geringe statistische Regionaldaten vor. Ausgehend von den Daten der Schulabgangsstatistik zeigt sich mit Blick
auf die Absolventen/innen ohne Hauptschulabschluss, dass in besonderer Weise ausländische
Schüler/innen hiervon betroffen sind. Mit Blick auf die Frage, welche Schulformen jene Absolventen/innen ohne Hauptschulabschluss zuvor besucht haben, zeigt sich ein hoher Anteil von
Schüler/innen der Sonderschulen, aber auch der Haupt- und Werkrealschulen.
Aus Sicht der relevanten Akteure hat die soziale Familiensituation einen starken Einfluss auf die
prekäre Situation der jungen Menschen. Als besondere individuelle Problemlagen der Schüler/innen und Jugendlichen werden hier insbesondere Perspektivlosigkeit, mangelnde Motivation und Konzentrationsfähigkeit sowie ein geringes Selbstwertgefühl und die mangelnde Einbindung in den Klassenverband benannt.
Es wird erwartet, dass Maßnahmen dort ansetzen, wo die Problemlagen der Schülerinnen und
Schüler über die standardisierten Angebote der Schulen, der Schulsozialarbeit und der Jugendsozialarbeit nicht ausreichend beantwortet werden können. Diese Maßnahmen müssen sehr
kleinschrittig und individuell angelegt sein, um schulmüde Jugendliche durch professionelle Hilfestellung und Aktivierung ihrer Familien bzw. ihres sozialen Umfeldes wieder auf den Weg in
Richtung Schulabschluss zu bringen. Dabei müssen im Sinne eines Fallmanagements die relevanten Akteure der Unterstützungssysteme (Schule, Jugendarbeit, Soziale Dienste, auch Vereine
etc.) an der Reintegration beteiligt werden.
15
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
3. Formulierung von Zielen; Definition der Zielgruppen
Folgend werden die spezifischen Ziele des Operationellen Programms, die vom Land für die Regionalisierung zur Verfügung gestellt werden, im Einzelnen aufgegriffen.
Projektträger sind aufgefordert, in ihren regionalen Antragskonzepten neben den spezifischen
Zielen auch die bereichsübergreifenden Grundsätze (Querschnittsziele) des ESF, nämlich der
Gleichstellung von Frauen und Männern, der Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung, und
wenn relevant der nachhaltigen Entwicklung sowie der Förderung der transnationalen Zusammenarbeit zu berücksichtigen bzw. darzustellen.
Der ESF-Arbeitskreis für den Rems-Murr-Kreis hat sich in seiner Strategiesitzung am 5.5.2015 auf
die Ziele, Zielgruppen und Schwerpunkte der Ausschreibung für das Programmjahr 2016 verständigt.
Spezifisches Ziel B 1.1
Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und der Teilhabechancen von Menschen, die besonders von Armut und Ausgrenzung bedroht sind
Zielgruppen sind arbeitsmarktferne SGB II-Bezieher mit multiplen Vermittlungshemmnissen:
•
Langzeitleistungsbeziehende die einer sozialen und persönlichen Stabilisierung/ Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit bedürfen
•
Erziehende, Alleinerziehende, ältere Leistungsberechtigte, Personen mit Migrationshintergrund, Zuwander/innen aus EU-Mitgliedsstaaten und Drittstaaten
•
Menschen mit psychischen / sozialen Problemlagen, mit gesundheitlichen Einschränkungen, Suchterkrankung, Überschuldungen oder prekären familiären bzw. Wohnverhältnissen
•
Von Armut und Diskriminierung bedrohte Personengruppen
Mögliche Ansätze in diesem spezifischen Ziel sind:
•
Kultur- und geschlechtersensible Maßnahmen zur Alltagsstabilisierung
•
Niedrigschwellige (Re-)Integration in Qualifizierung, Heranführung an Beschäftigung, Tagesstrukturierung
•
Niedrigschwellige Angebote zur Erhöhung von Schlüsselqualifikationen, ergänzende Angebote zur Förderung von Alphabetisierung und Aneignung deutscher Sprache
•
Beratung, Begleitung und Training für Personen zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit
16
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
•
Altersangemessene Unterstützungs- und Qualifizierungsmaßnahmen
•
Einbeziehung von Sozial- und Lebensräumen
Spezifisches Ziel C 1.1
Vermeidung von Schulabbruch und Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit
Zielgruppen sind:
•
Schülerinnen und Schüler ab der 7. Jahrgangsstufe, die von Schulversagen und Schulabbruch bedroht sind und die von schulischen Regelsystemen nicht oder nicht mehr ausreichend erreicht werden können
•
Ausbildungsferne auch marginalisierte junge Menschen, auch Förderschüler/innen, die von
regelhaften Angeboten der Übergangs- und Ausbildungssysteme nicht mehr ausreichend
erreicht werden
•
Jugendliche, die von der Jugendsozialarbeit und der Jugendberufshilfe nicht oder nicht
mehr ausreichend erreicht werden können
Mögliche Ansätze in diesem spezifischen Ziel sind:
•
Aktivierende Arbeit mit besonders benachteiligten Schüler/innen ab der 7. Jahrgangsstufe
•
Aufsuchende Beratung und individuelle sozialpädagogische Begleitung
•
Motivieren junger Frauen u. insbesondere junger Männer zur Weiterverfolgung ihrer Bildungslaufbahn und Erlangung ihrer Abschlüsse
•
Gezielte Förderung/Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund
•
Sprachhindernisse abbauen, schulische Qualifikation und Motivation aufbauen
•
Einbeziehung von Eltern (v.a. in bildungsfernen Familien)
•
Einbeziehung von Sozial- bzw. Lebensräumen
•
Verbesserung der Ausbildungsreife u.a. durch Feststellung individueller Ressourcen und
Vermittlung berufsbezogener und sozialer Kompetenzen
17
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
4. Umsetzung der Ziele
Das jährliche Mittelbudget für die Umsetzung des regionalen ESF im Rems-Murr-Kreis beträgt
480.000 Euro. Durch ein im vergangenen Jahr beschlossenes zweijähriges Projekt sind Fördermittel in Höhe von 100 Tsd. Euro bereits gebunden, so dass das verfügbare Förderbudget für
das Projektjahr 2016 faktisch 380.000 Euro beträgt. Auf der Basis der im ESF-Arbeitskreis beschlossenen Arbeitsmarktstrategie wird die Ausschreibung für die Projektanträge 2016 veröffentlicht. Die Bekanntmachung der regionalen ESF-Strategie und deren Förderschwerpunkte
erfolgt durch einen Verweis in einer Pressemitteilung auf der Internetseite des Rems-MurrKreises unter http://www.rems-murr-kreis.de/5357_DEU_WWW.php
Projektträger können bis zur Antragsfrist 30.09.2015 ihre Projektanträge unter Nutzung des
elektronischen Antragsverfahrens ELAN zentral bei der L-Bank einreichen. Das für die neue Förderperiode aktualisierte ELAN-Tool steht auf der Internetseite www.esf-bw.de zur Verfügung.
Zur Antragstellung sind des Weiteren zu berücksichtigen:
○
Im Ziel B 1.1 beträgt die Projektlaufzeit maximal ein Jahr.
○
Im Ziel C 1.1 ist für Projektanträge wahlweise ein- bis max. zweijährige Projektlaufzeit möglich. Die Projektlaufzeit ist faktisch an das Kalenderjahr gekoppelt (1.1.2016-31.12.2017).
○
Die L-Bank wird nur regionale ESF-Projekte bewilligen, deren förderfähige Gesamtkosten
einen Betrag von 30.000 € nicht unterschreiten und die eine Förderung für mindestens 10
Teilnehmende beantragen.
○
Der ESF-Förderanteil an der öffentlichen Finanzierung des Projektantrages soll im Förderrahmen zwischen 35% und max. 50 % liegen.
○
Soweit für die Antragstellung eine (pauschale) Kofinanzierungszusage des Jobcenters oder
der Agentur für Arbeit nachzuweisen ist, nehmen Sie bitte frühzeitig dorthin Kontakt auf.
○
Kooperationen von Projektträgern in der Antragstellung beim spezifischen Ziel B 1.1 werden
vom ESF-Arbeitskreis ausdrücklich begrüßt.
○
In der regionalen ESF-Förderung wird eine Pauschale eingeführt. Der Pauschalsatz bezieht
sich auf die Kostenposition 1.1 „Direkte Personalkosten“ und beträgt insgesamt 1,8 Prozent
für die Kostenpositionen 3.2 (Abschreibungen), 3.3 (Miete/Leasing für Ausstattung) und 3.6
(Porto und Telekommunikationsgebühren). Ein Hinweisblatt dazu ist abrufbar unter:
http://www.esfbw.de/esf/uploads/media/Hinweise_zu_Pauschalen_bei_der_regionalen_Foerderung.pdf.
Im Rahmen der Arbeitskreissitzung am 10.11.2015 findet die Priorisierung anhand des RankingVerfahrens statt. Das Antragsranking erfolgt unter der Berücksichtigung folgender einheitlicher
Auswahlkriterien:
○
Erfüllung der formalen Fördervoraussetzungen im Rahmen des ESF einschließlich einer gesicherten Finanzierung;
18
Landratsamt Rems-Murr-Kreis
Stabsstelle Wirtschaftsförderung,
Tourismus und Europa
○
Regionale ESF Arbeitsmarktstrategie 2016
fachliche Qualität der Konzepte hinsichtlich der Erreichbarkeit der im Operationellen Programm festgelegten Ziele;
○
Qualifikation und Leistungsfähigkeit (Zuverlässigkeit) das Antragstellers/ der Kooperationspartner;
○
angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis;
○
fachliche Qualität der Konzepte hinsichtlich der Erreichbarkeit der in der Strategie festgelegten Ziele.
Die Geschäftsstelle ist Ansprechpartner für die Träger während der Projektentwicklung und der
Projektlaufzeit.
5. Festlegung der Evaluationsschritte
Die Verfahren der Ergebnissicherung orientieren sich an den festgelegten Zielen des Arbeitskreises sowie der Umsetzung der Querschnittsziele - zur Gleichstellung der Geschlechter, der
Nachhaltigkeit und der Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung - durch:
○
den Abgleich des bewilligten Antrags mit dem Sachbericht im Verwendungsnachweis des
jeweiligen ESF-Projekts,
○
Qualitätsberichterstattung zur regionalen Ergebnissicherung durch die Projektträger im
Rahmen der Sachberichterstattung sowie
○
Projekt- und Ergebnispräsentationen im Kontext der jährlich stattfindenden Strategiesitzungen des regionalen ESF-Arbeitskreises nach einem vorgegebenen Format.
19