Limmat energie AG – Lektion in Demokratie

Meh Biss!
P.S.19.02.2016
Limmat Energie AG – Lektion
in Demokratie
Es brauchte
einen Stimmrechtsrekurs der AL beim
Bezirksrat und
eindringliche Fragen
von Rechnungs- und
Geschäftsprüfungskommission,
um Energiegeneral
Andres Türler zum
Einlenken zu zwingen.
Vor zwei Wochen hat der Stadtrat das Hinterzimmergemauschel um die Limmat Energie
AG gestoppt und sich bereit erklärt, endlich
dem Gemeinderat Mitspracherechte bei der
Konzeption des geplanten Energieverbunds
Zürich-Altstetten einzuräumen.
Seit längerem bestehen Pläne, die Abwärme
des Klärwerks Werdhölzli für einen
Fernwärmeverbund im Kreis 9 zu nutzen. Bis
vor kurzem liefen die Vorbereitungsarbeiten
dafür über das städtische EWZ und seine
Contracting-Abteilung. Am 10. Juli 2015
beschloss der Stadtrat dann auf Antrag von
DIB-Vorsteher Türler, sich mit 2 Mio. Franken
an der neu zu gründenden Projektgesellschaft Limmat Energie AG zu beteiligen; die
anderen 2 Mio. Franken sollte Energie 360o
AG, die privatisierte städtische Gasversorgung, beisteuern. Damit sollte erstmals auf
Stadtgebiet ein Fernwärmeprojekt über eine
privatrechtliche AG realisiert werden. Da
der Stadtrat Ausgaben bis zu einem Betrag
von 2 Mio. Franken in eigener Kompetenz
beschliessen kann, blieb der Gemeinderat
bei diesem strategischen Konzeptentscheid
aussen vor. Er käme erst bei einer später
nötigen Kapitalerhöhung zum Zug – wenn
bereits unumkehrbare Sachzwänge
geschaffen worden wären. Mehr als medialer
und parlamentarischer Protest blieb der
AL-Fraktion damit nicht.
Bei der Vorberatung des Budgets 2016
durch die RPK zeigte sich jedoch, dass neben
den 2 Mio. Franken für die Beteiligung an der
Limmat Energie AG offenbar noch weitere
städtische Ausgaben in dieser Sache getätigt
worden oder geplant waren. Mit einem
Stimmrechtsrekurs verlangte ich namens der
AL den Stopp der Privatisierungsübung, da
die stadträtlichen Ausgabenkompetenzen offenkundig überschritten waren. Mitte Januar
gab der Bezirksrat einen klaren Schuss vor
den Bug ab, als er den vom Stadtrat beantragten Entzug der aufschiebenden Wirkung
abschmetterte. Inzwischen hat der Stadtrat
den 2-Mio.-Kredit für die Beteiligung an der
Limmat Energie AG zurückgezogen und
vorerst 1,96 Mio. Franken für nötige bauliche
Vorinvestitionen durch das EWZ beschlossen.
Das Projekt Limmat Energie AG ist Teil des
Privatisierungs- und Ausgliederungskonzepts, das der Vorsteher der Industriellen
Betriebe parallel mit der Vorlage zur Ausgliederung des EWZ vorantreibt. Seit zwei Jahren
finden innerhalb des DIB Konzeptdiskussionen über eine sogenannte Konzernstrategie im Energiebereich statt. Moderiert
werden sie gegen gutes Geld durch die BHP
Partner AG, die dem Energie-360o-AG-
cartoon by roman prelicz
10
Verwaltungsrat Ernst A. Brugger nahesteht.
Das Ziel ist offenkundig: schrittweise
Zusammenführung des EWZ und der bereits
privatisierten Gasversorgung zu einem
ausgegliederten städtischen Energiekonzern.
Erste Salamirädchen dieser Strategie sind
Joint-ventures wie die Limmat Energie AG
und die beantragte Ausgliederung des EWZ
in eine öffentlich-rechtliche Anstalt.
Der Umbau der städtischen Energieversorgung Richtung 2000-Watt-Gesellschaft
ist ein Schlüsselprojekt der nächsten
Jahrzehnte. Die AL-Fraktion ist dezidiert der
Meinung, dass dies unter demokratischer
Kontrolle und Mitsprache von Parlament und
Volk geschehen soll. Darum sagen wir Nein
zur Ausgliederung des EWZ und zum privatrechtlichen Konstrukt der Limmat Energie
AG. Für eine Energiepolitik aus einer Hand
wäre im Gegenteil eine Rekommunalisierung
der privatisierten Energie 360o AG angezeigt.
Und wie geht es konkret mit dem
Fernwärmeprojekt weiter? Der Stadtrat wird
wohl demnächst dem Gemeinderat einen
Beteiligungskredit an der Limmat Energie
AG beantragen. Die AL fordert dagegen eine
Krediterhöhung für das EWZ, damit dieses
die Vorabklärungen bei potenziellen Kunden
vornehmen kann. Erst wenn klar ist, ob der
Verbund überhaupt im geplanten Umfang
realisiert werden kann, soll entschieden werden, in welcher Rechtsform das geschehen
soll.
Niklaus Scherr
Die AL erhält von P.S. in der Rubrik «Meh Biss» jeden
dritten Freitag im Monat eine Plattform für ihre Themen.