Abschlussbericht Mein Auslandspraktikum bei den Vereinten Nationen in Jordanien habe ich über das Internet gefunden. Nachdem ich einige Tage über google gesurft bin, habe ich eine Xel Tabelle gefunden, die Namen und Emailadressen und teils auch Telefonnummern von Angestellten bei UNESCO, Unicef, UNHCR und NGOs enthielt. Alle Personen waren in Beirut, Lebanon angestellt. Einige Tage habe ich sämtliche Personen durchtelefoniert, aber nur schwer erreicht. Daraufhin habe ich ein Email verfasst, in dem ich erklärt habe, dass ich gerne ab sofort ein Praktikum machen möchte, ob es Bedarf gäbe oder ob sie von jemandem wüssten der Bedarf hätte. Dazu habe ich meinen Lebenslauf angehängt und mich bedankt. Das Email habe ich an 22 der Personen aus der Xel Tabelle geschickt. Nach etwa zwei Monaten habe ich von einer Person (aus Beirut von UNESCO) ein Antwortemail erhalten, in dem ich gefragt wurde ob ich noch Interesse an einem Praktikum hätte und ob ich anstatt nach Beirut auch nach Amman zu UNRWA für ein Praktikum kommen würde. Da es die einzige Zusage war, habe ich natürlich dankend angenommen und bin für fünf Monate nach Amman gezogen um bei UNRWA das Praktikum im Education in Emergencies Team zu machen. Es war die beste und bunteste Erfahrung meines bisherigen Lebens. Als Vorbereitung auf das Praktikum habe ich an der LMU einen Sprachkurs Arabisch-fürAnfänger gemacht, in dem ich schon einen ersten Einblick in die Sprache und Kultur des Orients bekam. Mit dem Langenscheidt aus dem Kurs reiste ich dann nach Jordanien, ein Visum musste ich nicht organisieren, das bekam ich am Flughafen. In Jordanien habe ich mir dann Arabisch Lesen, Schreiben und etwas Sprechen beigebracht. Ich habe ein Vokabelheft aus Deutschland mitgenommen und jeden Arabischen Buchstaben des Alphabets mit allen seinen Varianten auf jeweils eine Seite geschrieben. Außerdem habe ich immer alles aufgeschrieben was ich gelernt hatte und immer alle Leute um mich herum gefragt, wie man das ein oder andere Wort ausspricht oder ob ich es richtig geschrieben hatte. Vor allem die Taxifahrer und Gemüsehändler und auch meine Kollegen vom Praktikum bei UNRWA waren immer sehr geduldig und extrem hilfsbereit und motiviert. Bei der Anreise musste ich dann noch 40 Jordanische Dollar (=etwa 50 €) für das Visum bezahlen, das 4 Wochen lang gültig war. Die Visumsverlängerung haben dann die Angestellten von UNRWA in Jordanien direkt für mich organisiert. Die Taxifahrer am Flughafen habe sich gefreut eine neue Touristin zu begrüßen und zwei Jungs halfen mir die Koffer ins Auto zu laden, wofür sie dann 1 Dollar Trinkgeld verlangten, den ich gerne gab. Später habe ich jedoch gelernt, dass das mit dem Trinkgeld fürs Koffereinladen absolut gegen die Arabische Gastkultur spricht und im Allgemeinen nicht verlangt werden sollte. Meine Versicherung habe ich über den DAAD bekommen, Tarif A720 für Studenten, ich habe mich sehr glücklich geschätzt, denn die anderen Praktikanten aus England etc. hatten viel teurere Versicherungen. Als ich im Taxi saß fragte mich der Fahrer ob ich Muslimin sei was ich verdutzt verneinte und ihn verwundert fragte, weshalb er das wissen wollte. Er deutete auf mein Kopftuch, das ich mir angezogen hatte, woraufhin ich erklärte, dass ich mich damit sicherer fühlte. Da lachte der Taxifahrer und erklärte mir, dass viele Christinnen in Jordanien leben, die alle kein Kopftuch tragen und dass es sogar viele Musliminnen gibt, die ohne Kopftuch durch Amman laufen. Das war der einzige Tag an dem ich ein Kopftuch getragen hatte und ich war sehr erleichtert. 1 Doch ich achtete darauf, dass ich immer meine Schultern bedeckte, d.h. in T-shirts oder Hemden und Jeans oder Leggins und Rock rumlief. Die Beine sollten immer bedeckt sein, denn kurze Röcke und kurze Hosen und Spaghetti Tops verstoßen in Jordanien gegen die Sitte, selbst bei Männern. Obwohl ich einige gesehen habe, die trotzdem in kurzen Hosen unterwegs waren. Meine Unterkunft hatte ich mir über eine Jordanische Facebook Seite von Deutschland aus organisiert. Eine andere Praktikantin bei UNRWA hatte mir den Link zu einer Facebook Gruppe „Expats in Jordan“ geschickt, was sich als extrem nützlich erwiesen hat. In dieser Gruppe wurden von anderen ausländischen Praktikanten oder Arbeitnehmern in Amman alle wichtigen Dinge und Fragen geposted und von anderen Gruppenmitgliedern beantwortet. Z.b. ob jemand etwas von einem freien WG Zimmer wisse, oder ob jemand wisse wo man gutes Bio-Essen kaufen kann oder ob jemand wisse, wo man sein Visum verlängert oder ob jemand einen Schrank kaufen möchte oder ob jemand zusammen Musik machen möchte etc. Der Link zur Facebook Gruppe ist hier: https://www.facebook.com/groups/153086381482280/ Über diese Gruppe habe ich auch Kontakte zu anderen Expats, d.h. EuropäerInnen oder AmerikanerInne etc. in Jordanien geknüpft und wir haben gemeinsam Ausflüge ins Land unternommen. Über die Seite vom Goetheinstitut habe ich einen Kontakt zu einem Sprachpartner geknüpft, der aus Gaza kam und mir schrecklich traurige aber spannende Geschichten seines Lebens erzählt hat. Wir haben uns gegenseitig Deutsch und Arabisch beigebracht. Meine Erwartungen an das Praktikum wurden enorm übertroffen! Ich ging davon aus, dass ich von Morgens um 08:00 bis 16 Uhr nur trockene Büroarbeit machen würde. Und ich hatte zwar von 8 bis 16 Uhr oder oft auch bis 18 Uhr im Büro zu tun, aber die Aufgaben waren sehr spannend und vielseitig und aufregend und herausfordernd! Nachdem ich die ersten drei Wochen brauchte um mich einzufinden und einzuarbeiten, begann ich an meinen Aufgaben zu wachsen und plötzlich vergingen die Tage vorbei wie im Flug und ich war permanent ausgelastet! Ich liebte meinen Tagesablauf und meine Aufgaben und meine Bürokolleginnen und meine Vorgesetzten und die Angestellten in der Cafeteria und die Putzfrauen und alle! Meine Aufgaben bestanden daraus, meine Vorgesetzten zu unterstützen. Dies tat ich auf verschiedene Weise. 1. Führte ich natürlich Protokoll bei den Meetings, wodurch ich immer auf dem Laufenden war was die aktuellen Projekte im Bereich Education in Emergencies betraf. 2. Ich verfasste updates und Zeitungsartikel über das was UNRWA aktuell mit dem Geld für die Flüchtlingskinder veranstaltete. Zudem wurde mir 3. aufgetragen mich um alle Angelegenheiten der Organisation und Durchführung von Trainings für UNRWA Schulpsychologen in Jordanien zu kümmern, d.h. das Training organisieren, die Inhalte überprüfen und bei der Umsetzung der gelernten Trainingsinhalte in den Schulen einen Blick auf die Arbeit der Psychosozialen Unterstützung für palästinensischen Flüchtlinge zu werfen, natürlich unter Anleitung meines Vorgesetzten. 4. Recherchierte ich aktuelle Theorien und Methoden und internationale Projekte zur psychosozialen Unterstützung von Kindern und verfasste eine Arbeit darüber. Bei dieser Aufgabe konnte ich von meinem Wissen aus dem Schulpsychologiestudium und von meiner Zulassungsarbeit profitieren und stellte meine Vorgesetzten sehr zufrieden und beeindruckt. 5. Ich nahm an Workshops teil und verfasste die Berichte und zwischendurch bekam ich Berichte von meinen Chefs, die ich auf korrektes Englisch überprüfte und korrigierte. 6. Ich bearbeitete zudem ab und zu den Arbeitsplan des Projektes und den Budgetplan, wobei ich viele neue Dinge über Xel und Word lernte. 7. Mein Chef nahm mich zu all seinen Meetings mit und gab mir zum Teil auch die Aufgabe Kontakte 2 zwischen UNRWA und anderen NGOs herzustellen, was ich dann per emails und skype calls machte. Dafür führte ich skype Gespräche mit der Programm Direktorin von „Save The Children“ , der Direktorin von „Right To Play Jordan“ und der Direktorin von „Lidé“ und erstellte danach ein briefing für meine Chefs bei dem ich sie über die jeweiligen Programme der NGOs informierte. Wenn ich dann das persönliche Treffen zwischen den Vertretern der UNRWA und NGOs eingerichtet hatte durfte ich mit. 8. Wenn wir Skype Video Konferenzen mit den Niederlassungen in Lebanon, Syrien, Gaza und Westjordanland hielten, war ich ebenfalls dabei und führte Protokoll. Dadurch erfuhr ich Dinge wie, dass Anfang Januar die erste UNRWA Schule im Süden von Damaskus wieder zugänglich war und die Aufräumarbeiten und Sanierungen in die Wege geleitet wurden, da sämtliche Stühle und Tische und Teile der Schulgebäude durch die Bomben der Syrischen Regierung zerstört worden waren. Ich habe viel Neues gelernt, insbesondere im Hinblick auf die politischen Zusammenhänge im Nahen Osten, auf das System der Vereinten Nationen und auf die Internationale Entwicklungszusammenarbeit. Zusätzlich lernte ich mit unter Druck und in internationalem Umfeld zu arbeiten. Auch über Word und Xel habe ich viel Neues, Praktisches in der Anwendung gelernt und das Erstellen von Berichten und Protokollen und Arbeitsplänen und Projektplänen und Budgetplänen und über den gesamten Ablauf von Projektplanung und Durchführung. Ich war mein gesamtes Praktikum lang sehr ausgelastet und habe es sehr genossen mich produktiv und effektiv zu fühlen. Zum Teil war ich bis 19 oder 20 Uhr in der Arbeit wenn es wichtige Fristen gab, die einzuhalten war. Doch ich habe alles freiwillig gemacht und es hat mir 90% der Zeit großen Spaß gebracht und ich habe eine sehr gute Beziehung mit meinen Vorgesetzten und meinen Arbeitskolleginnen über die Arbeit und in den Mittagspausen in der Sonne aufgebaut. Gegen Ende bin ich von meinen Vorgesetzten nach der Arbeit noch manchmal zum Abendessen eingeladen worden. Mit den anderen Praktikantinnen und Praktikanten bei UNRWA habe ich am Wochenende manchmal Ausflüge ins Umland in Jordanien unternommen und in den Weihnachtsferien auch eine Reise nach Palästina. Mein Praktikum hat mir die Tür zum Berufsfeld der Internationalen Entwicklungszusammenarbeit geöffnet und deutlich gezeigt, welche Tätigkeiten man im außerschulischen Bereich im Feld Psychologie und Bildungsarbeit alle machen kann. Ich habe meinen Blickwinkel auf meinen Beruf als Schulpsychologin deutlich erweitert und kann mir sehr gut vorstellen in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit später berufstätig zu sein. Ich habe auch viele Einheimische in Jordanien kennen gelernt, die in diesem Berufsfeld der NGO und UNO Bildungsprojekten tätig sind. Die Einheimischen habe ich beim Einkaufen in einem Süßigkeiten laden kennen gelernt oder beim Einkaufen beim Obst-und Gemüseladen an der Ecke. Außerdem habe ich noch Einheimische über den Basketballclub kennen gelernt, denn Mädchen spielen in Jordanien richtig gut Basketball. Diesen Kontakt hatte ich über die Facebook Seite, die ich oben angegeben hatte. Generell kann ich in Jordanien empfehlen, dass man mit viel Vertrauen und wenig Vorurteilen mit den Einheimischen umgeht, denn es ist eine extrem herzliche und unglaublich hilfsbereite Bevölkerung. Viele Male wurde ich in verschiedenste Häuser von wildfremden Jordaniern eingeladen, die ich auf der Straße kennen gelernt hatte. Überall wurde mir gleich Tee 3 eingeschenkt und Essen aufgetischt, Reis, Hähnchen, Salat, Hummus, Falafel etc. so viel, dass ich es niemals alles essen konnte! Häufig wurde mir von Familien angeboten, dass ich doch bei Ihnen wohnen soll um mir Miete zu sparen, was ich immer dankend abgelehnt habe, doch habe ich mich einige Male von Schwestern oder Müttern überreden lassen über Nacht m Haus zu Besuch zu bleiben und Abends im Pyjama noch Karten zu spielen oder Filme zu gucken. Ich habe die ärmsten Umstände gesehen und die herzlichsten Menschen dabei kennen gelernt und kann nur sagen, dass mich die Arabische Gastkultur unglaublich beeindruckt hat. Gerade die Ärmsten Familien haben mir noch Geld zugesteckt und Essen in Tubberboxen mitgegeben, damit ich versorgt bin, weil ich ja alleine so weit weg von meinem Land war. Das Familienleben steht in der Arabischen Welt an oberster Stelle und, dass eine junge Frau wie ich alleine in Jordanien wohnt ist für viele Einheimische unvorstellbar gewesen. Alle arabischen Töchter und Söhne leben noch zuhause bei den Eltern bis sie verheiratet sind. Ich wurde immer überall hin gefahren und mir wurde bei Haushaltssachen oder beim Einkaufen oder wo ich war, immer geholfen, auch wenn ich es gut alleine geschafft hätte. Kein einziges Mal habe ich mich bedroht gefühlt. Wenn ich mit Freunden im Auto unterwegs war, wurden wir oft von der Jordanischen Polizei angehalten und die Ausweise kontrolliert. Es war fast so viel Polizei und Sicherheit vor Ort wie in Bayern. Ich fühlte mich sehr sicher, weil ich auch immer einzeln gefragt wurde, ob ich die Mitfahrer kenne und ob ich mich sicher fühle und alles in Ordnung sei. Ich fühlte mich immer sicher und das Land ist sehr gastfreundlich. Jordanien hat eine wunderschöne und atemberaubende Natur ähnlich wie im Grand Canyon. Das rote Meer 4 stunden Autofahrt im Süden, genauso die Wüste - ein Erlebnis für sich – ich kam mir vor wie auf dem Mond, es war traumhaft schön. 4 Petra ist eine in Stein gemeißelte uralte Stadt und hat atemberaubend schöne Farben. Aber auch die Stadt Amman ist sehr charakteristisch, sehr belebt und auf sieben Hügeln gebaut und strahlt bei Nacht. Besonders schön ist die Stimmung wenn der Gesang des Muezzins von den Moscheen ertönt und das Echo durch die Hügel und Täler der ganzen Stadt hallt. 5 Das Tote Meer ist nur 40 Minuten außerhalb von Amman und der tiefste Punkt der Erde. Generell hat mir dieses Praktikum eine unglaubliche Horizonterweiterung bereitet, die all meine Erwartungen übertroffen hat. Ich kann Jordanien als Land genauso warm empfehlen wie UNRWA Education in Emergencies als Praktikumsstelle. UNRWA ist als Organisation so vielseitig wie eine eigene kleine Regierung, deshalb kann man dort sehr viel bei einem Praktikum lernen. Die Bewerbung für ein Praktikum geht über die UNRWA Webseite. 6
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