Endlich eine Ausbildung

Endlich eine Ausbildung
Das Jobcenter Herford vermittelt junge Erwachsene an
Unternehmen
von anne webler
Kreis Herford. Heutzutage ist es für Jugendliche und junge Erwachsene im Kreis
Herford nicht leicht, einen Ausbildungsplatz zu finden, denn es gibt nicht genügend
Ausbildungsstellen. Die Handwerksunternehmen wiederum klagen über schlechte
Bewerber. Das Angebot JAP! (Job - Ausbildung - Perspektive) des Jobcenter Herford
unterstützt junge Erwachsene bis 25 Jahre, einen Ausbildungsplatz zu finden. Mit
Hilfe von JAP! hat auch Pascal Andre Christen eine Lehrstelle gefunden - und "sein"
Unternehmen einen Azubi.
Pascal Andre Christen (19) aus Bruchmühlen hat "30 bis 40" Bewerbungen
geschrieben, bevor er sich an das Jobcenter Herford wandte. Im Sommer 2014 hatte
er das Marktgymnasium in Bünde nach der Klasse 11 verlassen. "Ich wollte praktisch
arbeiten und mit Mathe zu tun haben." Elektrotechnik interessiert ihn. Doch in den
Bewerbungsgesprächen "war ich sehr nervös und konnte mich nicht so
rüberbringen", erzählt er. Clarissa Pischke von JAP! übte mit ihm
Vorstellungsgespräche. "Wir haben bei Pascal Andre Christen schnell tolle Stärken
gefunden", sagt Clarissa Pischke, "er war sehr motiviert und interessiert".
Parallel hatte sich Heiko Reese, der Kaufmännische Leiter der Firma Landwehr
Elektrotechnik in Bünde, auf der Suche nach einem Azubi an das Jobcenter
gewandt. Pro Jahr stellt Heiko Reese zwei bis drei Azubis ein. Bislang hätten sie die
über Schulpraktika kennengelernt, sagt Reese. Diesmal nicht. "Es wird immer
schwieriger, gute, motivierte Leute zu finden."
Deshalb versuchte er diesmal einen anderen Weg. "Ich wollte aber keine Liste mit
100 Namen, sondern einen vernünftigen Vorschlag, von dem die JobcenterMitarbeiter sagen: ,Den kennen wir, der ist gut.?" Mit Pascal Andre Christen sei das
genau so gelaufen. "Wir haben uns unterhalten, er war von Anfang an interessiert
und hat gesagt: ,Das will ich machen?", sagt Reese. Aus dem zweiwöchigen ProbePraktikum wurden drei Monate, bis am 1. August die Ausbildung zum Elektroniker,
Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik, anfing. "Wir haben ihn gar nicht mehr
weggelassen." 3,5 Jahre dauert die Ausbildung. Pascal Andre Christen sei etwas
älter und seine Noten seien nicht so gut. "Kommunikativ ist er nicht ganz weit vorne",
sagt Reese. Aber: "Für mich war wichtig: Er hat ein ehrliches Interesse." In dem
Beruf müsse er nicht viel sprechen.
Derzeit bildet Heiko Reese zehn Azubis aus, insgesamt arbeiten 65 Mitarbeiter bei
Landwehr. Das Handwerk leide unter einem schlechten Image, viele dächten, mit
Handwerk sei kein Geld zu verdienen und man "stehe im Dreck". Die intellektuell
Fitten, die die Ausbildung schaffen würden, kämen nicht mehr. Stattdessen
bewürben sich Schüler mit schlechten Noten, die keine Lust haben. "Die stellen wir
nicht mehr ein. Die schaffen die Lehre nicht und brechen nach zwei Jahren ab."
Dabei gebe es durchaus gute Karrierechancen. "Wir brauchen Leute, aber der Markt
ist leer."
Viele Jugendliche könnten sich nicht entscheiden, was sie machen wollen, und
machten deshalb an der Berufsschule eine Qualifizierung nach der anderen. "Wenn
die da mit 20 rauskommen, kann man die nicht mehr gebrauchen", sagt Reese.
Umso froher ist er, mit Pascal Andre Christen einen interessierten, motivierten
Azubi zu haben.
© 2015 Neue Westfälische
09 - Herford, Samstag 29. August 2015