[email protected] Repetitorium Familienrecht – Kindschaftsrecht I Fall 1: Lukas wird am 12. 11. 2009 während aufrechter Ehe seiner Mutter Pamina mit Viktor geboren. Sein biologischer Vater ist jedoch nicht Viktor, sondern Andreas. Im Sommer 2010 teilt Pamina Andreas mit, dass er wahrscheinlich der Vater sei. Auch Viktor informiert sie von dieser Möglichkeit. Als der Verdacht durch einen DNA-Vaterschaftstest bestätigt wird, vereinbaren Pamina und Viktor mit Andreas, dass er seinen Sohn jeden Freitag nach dem Kindergarten besuchen könne. Meistens verbringt er mehrere Stunden am Nachmittag mit Lukas und seiner Halbschwester Leonie. Pamina und Viktor wollen, dass Lukas erst im Erwachsenenalter erfährt, dass Andreas sein Vater ist. Dennoch sagt Andreas im August 2004 dem (damals fünfjährigen) Lukas unter vier Augen, dass er sein Vater sei. Pamina und Viktor sehen dieses Verhalten als Vertrauensbruch und beenden daraufhin jeglichen Kontakt zwischen Lukas und Andreas. Auch nach diesem Gespräch realisiert das Kind seine Abstammung von Andreas nicht wirklich und sieht nach wie vor Viktor als seinen Vater an. Andreas gibt ein Anerkenntnis ab und begehrt die gerichtliche Feststellung seiner Vaterschaft, während Pamina und Viktor versuchen, dies zu verhindern. Fall 2: Der 2007 geborene Jonas begehrt die Feststellung der Vaterschaft des Max sowie Unterhaltszahlungen ab dem Tag seiner Geburt. Seine Mutter Ella habe während der gesetzlichen Empfängniszeit ausschließlich mit Max geschlechtlich verkehrt, weshalb allein dieser als sein Vater in Frage komme. Dagegen bestreitet Max jeglichen Geschlechtsverkehr mit Ella. Jonas‘ Vater könne nur Max‘ eineiiger Zwillingsbruder Moritz sein. Schließlich wird festgestellt, dass sowohl Max als auch Moritz in der gesetzlichen Empfängniszeit mit Ella ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt haben. Die Wahrscheinlichkeit der leiblichen Vaterschaft zu Jonas beträgt bei beiden Männern aufgrund der Ermittlung der genetischen Vaterschaftswahrscheinlichkeit durch ein Sachverständigengutachten 99,9999 %. Wen hat das Gericht als Vater festzustellen? Fall 3: Annika wird am 10. April 2009 im US-Bundesstaat Georgia von der „Leihmutter“ Peggy geboren, der ein in vitro hergestellter Embryo aus dem Samen des Österreichers Martin und einer Eizelle der Österreicherin Lisa eingesetzt worden war. Nach einem in Georgia ergangenen Gerichtsbeschluss sind Lisa und Martin genetische und rechtmäßige Eltern des Kindes. Allerdings weigert sich der Magistrat der Stadt Wien, Annika einen Staatsbürgerschaftsnachweis auszustellen, weil Lisa nach österreichischem Recht nicht ihre Mutter sei und Annika daher nicht gem § 7 StbG die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben konnte. Das Verbot der Leihmutterschaft stehe im Übrigen als Teil des ordre public einer Anerkennung der vorgelegten Gerichtsbeschlüsse entgegen. Wer ist Annikas Mutter? Fall 4: Anne und Sophia leben in Lebensgemeinschaft und möchten mit Hilfe einer Samenspende ein Kind bekommen. Unter welchen Voraussetzungen ist das möglich? Was müssen sie tun, um gemeinsam Eltern des Kindes zu werden? Fall 5: Monika und Siegfried planen ihre Hochzeit, obwohl Monika Siegfried mitgeteilt hat, dass sie seit ca zwei Monaten von ihrem Exfreund Vinzenz schwanger ist. Siegfried, der sich immer ein Kind gewünscht hat, aber keines bekommen konnte, möchte gern für Monikas Nachwuchs sorgen, allerdings will er sicher gehen, dass Vinzenz nicht irgendwann Ansprüche stellt. Da dieser sowieso kein Interesse an dem Kind hat, treffen die drei deshalb im Juli 2009 eine schriftliche Vereinbarung, in der sich Vinzenz verpflichtet, nach der Geburt des Kindes 1 [email protected] einmalig € 10.000,– an Siegfried zu bezahlen. Im Gegenzug verpflichten sich dieser und Monika, alles zu unterlassen, wodurch die Vaterschaft von Vinzenz ans Licht kommen könnte. Im August 2009 heiraten Monika und Siegfried. Am 31. 12. 2009 wird Monikas Tochter Tina geboren. Vinzenz bezahlt den versprochenen Betrag an Siegfried. Dieser bestreitet in den folgenden Jahren Tinas Unterhalt in Geld. Am Silvestertag des Jahres 2015 erfährt Siegfried, dass seine Frau, Vinzenz und Tina seit Jahren heimlich Zeit miteinander verbringen und Vinzenz sich nun auch rechtlich zu Tina bekennen will. Daraufhin beantragt Siegfried bei Gericht die Feststellung, dass Tina nicht von ihm abstamme. Er fordert Vinzenz zum Ersatz des bis einschließlich Dezember 2015 an Tina gezahlten Unterhalts von insgesamt € 18.000,- auf (Vinzenz hätte aufgrund seines hohen Einkommens im selben Zeitraum sogar € 30.000,– an seine Tochter zahlen müssen, wäre seine Vaterschaft festgestanden). Monika verlangt von Vinzenz Unterhalt für Tina ab Anfang 2016. Fall 6: Der 14-jährige Matthias lebt bei seiner Mutter Cornelia, die allein mit der Obsorge betraut ist. Allerdings verbringt er so gut wie jedes Wochenende (insgesamt 42 Wochen im Jahr) von Freitag nach Schulschluss bis Sonntagabend bei seinem Vater Ferdinand. Außerdem ist er während der Sommer- und Weihnachtsferien immer bei Ferdinand (insgesamt 10 Wochen pro Jahr) und fährt mit diesem auch auf Urlaub. Von Montag bis Freitag während des Schuljahres kümmert sich jedoch nur Cornelia um ihren Sohn. Matthias beantragt – vertreten durch Cornelia – bei Gericht die Festsetzung des monatlichen Unterhalts, den Ferdinand ihm zu leisten hat. Ferdinand meint, er sei zur Zahlung von Unterhalt nicht verpflichtet, weil sein Sohn genauso oft bei ihm sei wie bei Cornelia. Wie sieht es mit Ferdinands Unterhaltspflicht aus? Fall 7: Linda studiert seit dem WS 2012/13 Psychologie an der Universität Wien. Das Bachelorstudium kann sie allerdings nicht erfolgreich abschließen, da sie im Sommersemester 2014 (ihrem 4. Semester) bei der 4. (kommissionellen) Wiederholungsprüfung durchfällt und ihre Zulassung zum Studium mit 16. Juni 2014 erlischt. Im folgenden WS 2014/15 beginnt Linda das Bachelorstudium der Soziologie. Durch die Anrechnung ihrer Prüfungen aus Psychologie fehlen ihr für den Studienabschluss nur noch 60 Semesterstunden, wovon sie bis Juni 2015 knapp die Hälfte positiv abschließt. Lindas Eltern sind mit ihrem Misserfolg in Psychologie unzufrieden und stellen ihre Unterhaltszahlungen ein, weil sie der Meinung sind, dazu nicht mehr verpflichtet zu sein. Fall 8: Linda teilt sich mit ihrem Freund Daniel eine Wohnung in Wien. Die Kosten dafür tragen beide je zur Hälfte. Daniel hat als Bankangestellter ein regelmäßiges Einkommen. Lindas Eltern wollen keinen Unterhalt mehr zahlen, da sie davon ausgehen, dass Daniel für den Unterhalt ihrer Tochter aufkommt. Fall 9: Augustin ist seiner 4-jährigen Tochter Laura, mit der er nicht zusammenlebt, zum Unterhalt verpflichtet. Allerdings bekommt sie von ihm de facto kein Geld überwiesen, was er damit begründet, dass er keinen Job finde. Augustin ist seit einiger Zeit arbeitslos, besitzt keinerlei Vermögen und wohnt bei seiner Freundin Helga. Nur mit finanzieller Hilfe von Lauras Großeltern kommen Laura und ihre Mutter über die Runden. Was kann Laura unternehmen? Variante 1: Nach einer Schlägerei im Wirtshaus muss Augustin für drei Monate ins Gefängnis und kann Laura wiederum keinen Unterhalt leisten. 2 [email protected] Variante 2: Um eine Erwerbstätigkeit vorweisen zu können, lässt sich Augustin etwas einfallen: Er lässt sich in Helgas Café für € 100 im Monat als Kellner einstellen und arbeitet dort ca. 40h pro Woche. Gegen Lauras Unterhaltsanspruch wendet er ein, dass er nicht genug verdienen könne, um ihr Unterhalt zu leisten. Fall 10: Egons Tochter Carina ist Kosmetikerin in Wien und möchte den Bankangestellten David heiraten. Beide sind österreichische Staatsbürger. Sie planen, ihre Berufe aufzugeben und gemeinsam nach Namibia auszuwandern, um dort eine Jagdfarm zu betreiben, die David bereits erworben hat. Egon ist alles andere als begeistert. Als Carina ihn bittet, ihrem Bräutigam und ihr eine finanzielle Starthilfe zu geben, um die Farm herzurichten und den Beginn des gemeinsamen Lebens dort zu erleichtern, lehnt er entrüstet ab. Carina heiratet mit 29 Jahren bereits zum zweiten Mal, hat von ihren Eltern jedoch bei der ersten Hochzeit kein Geld bekommen. 3
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