Rede von Botschafter Lauk anlässlich der Ausstellungseröffnung

Rede Botschafter Lauk am 27. Januar 2016 in Bukarest anlässlich der
Ausstellungseröffnung
„MIT DEM GESICHT, HINTER DEM STACHELDRAHT...
DIE DEPORTATION DER ETHNISCHEN DEUTSCHEN IN DIE UDSSR –
EINE DOKUMENTATIONSGESCHICHTE“
-- es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Dimitriu,
sehr geehrter Herr Petrescu,
sehr geehrter Herr Irmer,
sehr geehrter Herr Fabritius,
sehr geehrte Forumsmitglieder,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Für die Einladung zur heutigen Ausstellungseröffnung über «die Deportation der Ethnischen
Deutschen in die UDSSR» danke ich Ihnen herzlich. Es ist mir eine große Ehre, heute hier im
ehrwürdigen Athenäum zu diesem noch immer drückenden und bedrückenden Anlass zu
Ihnen zu sprechen.
Vor über 70 Jahren – im Januar 1945 – begann die Deportation eines großen Teils der
Rumäniendeutschen in die Arbeitslager in der ehemaligen Sowjetunion, die mit so viel Leid,
Schrecken, Tod und dem zumindest temporären Verlust der Heimat verbunden war. In diesen
Tagen und Wochen wird in vielen Siedlungsorten der deutschen Minderheit in Rumänien all
derer Frauen und Männer gedacht, die zu zig Zehntausenden unter der kollektiven
Verschleppung, Entrechtung und Zwangsarbeit leiden mussten – einem Schicksal, das aus der
Sicht der nachwachsenden Generationen in seiner Schwere und Grausamkeit kaum zu fassen
ist. Manche der zwangsdeportierten Deutschen Rumäniens mussten schon während der im
Januar 1945 beginnenden Transporte in Viehwaggons bei schneidender Kälte ohne
ausreichend schützende Kleidung und ohne angemessene Ernährung ihr Leben lassen. Viele
Weitere starben während oder an den Folgen der ihnen aufgezwungenen schweren Arbeit und
Drangsalierung in der damaligen Sowjetunion. Und das alles nach den Schrecken des Krieges,
die den Menschen in Rumänien schon in den Jahren zuvor vieles an Opfern und
Entbehrungen abverlangt haben.
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Das Erinnern und Gedenken an diese schreckliche Vergangenheit ist von großer Bedeutung.
Denn Geschichte lässt sich nicht einfach unterschlagen. Man muss sich mit ihr
auseinandersetzen, um das Wissen um begangenes Unrecht zu bewahren. Oder, wie es der
frühere Bundespräsident Roman Herzog ausdrückte: «Die Erinnerung darf nicht enden. Sie
muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen.» Und diese Wachsamkeit ist
angesichts z.B. der völkerrechtswidrigen Annektion der Krim durch Russland und die
russische Unterstützung der gewaltsamen Separation in der Ostukraine mit all ihren
menschlichen Verlusten und Schrecken auch heute aktuell und geboten.
Meine Damen und Herren,
die heute hier eröffnete Ausstellung über die Deportation der Rumäniendeutschen in die
Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg wählt mehrere Mittel, sich diesem schwierigen und
leidvollen Kapitel anzunähern. Originaldokumente aus den Archiven wie Zeitungsartikel und
Bilder fanden ebenso Eingang in die Konzeption der Ausstellung wie Zeitzeugenberichte der
Überlebenden. Das Resultat ist eine eindrucksvolle Kollage an Bildern und Texten, die uns
die Schrecken der Vergangenheit, konkret die schrecklichen menschlichen Schicksale vor
Augen führen.
Dies wurde möglich durch die vertrauensvolle und sehr fruchtbare Zusammenarbeit der
Konrad-Adenauer-Stiftung mit dem «Nationalen Rat für das Studium der Archive der
Securitate», die diese Ausstellung möglich gemacht haben und die ich hier besonders und
dankend würdigen möchte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
die Zwangsdeportation wurde der deutschen Minderheit in Rumänien kollektiv auferlegt,
erlebt wurde und wird sie aber von jeder und jedem einzelnen der davon Betroffenen. Deshalb
ist es auch so wichtig und angemessen, dass wir an jede und jeden der Deportierten im Blick
auf ihr Einzelschicksal denken und sie in unsere Erinnerung einbeziehen. Deshalb gedenke
und verneige ich mich auch hier und heute in Respekt und Wertschätzung vor allen, die das
schwere Schicksal der Deportation erleiden mussten, die ihr Leben während der Deportation
oder in deren Folge verloren haben oder nach ihrer Rückkehr schwer an den physischen und
psychischen Wunden und Schäden gelitten haben und leiden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
denjenigen unter Ihnen, die die Deportation erleiden mussten und überleben konnten, und die
heute hoch betagt unter uns weilen dürfen, möchte ich sagen: Wir nehmen Anteil an Ihrem
schweren Schicksal und an den Wunden, die diese schreckliche Zwangsdeportation Ihnen,
Ihren Familien und Angehörigen und Freunden geschlagen hat. Das Gedenken an Ihr
Schicksal muss zugleich Mahnung und Sensibilisierung für die nachwachsenden
Generationen sein, damit sich solche Schicksale nicht wiederholen. Die Ächtung von
Vertreibung und Deportation sowie der Schutz von Minderheiten haben sich nicht durch
Zeitablauf erledigt. Sie sind uns gerade heute und in Zukunft Verpflichtung und Auftrag, auch
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und gerade im Blick auf die kriegs- und bürgerkriegsbedingten gewaltigen Fluchtbewegungen
aus den Ländern des nahen und mittleren Ostens, aus Nordafrika und Vorderasien.
Und deshalb gilt mein besonderer Dank auch den Organisatoren der Ausstellung und der
Leitung des Athenäums, die diese Ausstellung ermöglicht haben und damit dazu beitragen,
dass das bittere Kapitel der Deportation der Deutschen in die Sowjetunion nicht in
Vergessenheit gerät.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
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