Verfahrensreglement - Schlichtungsstelle Netzneutralität

Verfahrensreglement der Schlichtungsstelle Netzneutralität
1.
Allgemeines
1.1
Die Schlichtungsstelle Netzneutralität (nachfolgend „Schlichtungsstelle“) wurde auf
Initiative von Swisscable Verband für Kommunikationsnetze, Bern, Salt Mobile SA,
Renens, Sunrise Communications AG, Zürich, Swisscom AG, Ittigen, und UPC
Cablecom GmbH, Wallisellen, (nachfolgend „Netzbetreiber“) lanciert und wird vom
Verein Schlichtungsstelle Netzneutralität (nachfolgend „Verein“, Art. 60 ff ZGB) betrieben.
1.2
Die Schlichtungsstelle übt ihre Schlichtungstätigkeit unabhängig vom Verein und deren Mitgliedern, unparteiisch, transparent und effizient aus.
1.3
Die Schlichtungsstelle ist in Bezug auf die Identität der in ein Schlichtungsverfahren
involvierten Parteien grundsätzlich zur Verschwiegenheit gegenüber der Öffentlichkeit
verpflichtet, es sei denn, die Identität der Parteien sei von öffentlichem Interesse oder
anderweitig von Relevanz oder die Parteien sind mit der Bekanntgabe deren Identität
einverstanden.
2.
Zuständigkeit
2.1
Die Schlichtungsstelle steht Internetnutzerinnen und -nutzern beim Thema Netzneutralität zur Verfügung.
2.2
Grundlage für die Schlichtungstätigkeit der Schlichtungsstelle sind die Verhaltensrichtlinien der Netzbetreiber („Netzneutralität: Verhaltensrichtlinien“) einschliesslich
deren allfällige Erläuterungen (gesamthaft "Verhaltensrichtlinien"). Die Verhaltensrichtlinien sowie deren Erläuterungen sind auf der Website der Schlichtungsstelle abrufbar.
2.3
Die Schlichtungsstelle entscheidet unabhängig und abschliessend über ihre Zuständigkeit und die Eröffnung eines Schlichtungsverfahrens.
2.4
Die Schlichtungsstelle ist nicht zuständig:
a.
b.
c.
d.
e.
f.
g.
h.
i.
für Streitigkeiten, welche die Verhaltensrichtlinien nicht betreffen;
für generelle Überprüfungen der Vertragspraktiken der Netzbetreiber;
für innerbetriebliche Angelegenheiten der Netzbetreiber;
bei Schlichtungsgesuchen, die offensichtlich unbegründet sind;
bei Schlichtungsgesuchen, die offensichtlich missbräuchlich sind;
bei Streitigkeiten von geringer Relevanz, insbesondere wenn der betreffende
Netzbetreiber bereits Massnahmen ergriffen hat;
wenn in der gleichen Angelegenheit bereits ein Schlichtungsverfahren vor der
Schlichtungsstelle hängig oder abgeschlossen worden ist;
wenn sich ein Gericht oder ein Schiedsgericht mit derselben Angelegenheit bereits befasst hat;
wenn parallel zum Schlichtungsverfahren ein gerichtliches Verfahren vor einem
staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht eingeleitet worden ist;
1
j.
wenn die Gesuchsgegnerin nicht Mitglied des Vereins ist und sich nicht auf das
Schlichtungsverfahren einlässt.
2.5
Nichteintretensentscheide der Schlichtungsstelle werden summarisch begründet und
der gesuchstellenden Partei schriftlich mitgeteilt. In Fällen von besonderer Tragweite
kann die Schlichtungsstelle einen Nichteintretensentscheid ausführlich begründen.
2.6
Das Begehren um Durchführung einer Schlichtung oder eine laufende Schlichtung
haben keinerlei Einfluss auf Fristen oder Fristenläufe in anderen Verfahren.
3.
Datenschutz
3.1
Die Schlichtungsstelle ist berechtigt, persönliche Daten der Parteien zu bearbeiten,
sofern dies für die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens notwendig ist. Die
Schlichtungsstelle ist berechtigt, persönliche Daten der Parteien während 10 Jahren
aufzubewahren. Die von der Schlichtungsstelle erhobenen, persönlichen Daten werden weder Dritten mitgeteilt, noch veröffentlicht, noch für kommerzielle Zwecke genutzt.
3.2
Mit Einreichung eines Schlichtungsgesuchs gibt die gesuchstellende Partei ihr Einverständnis, dass die Schlichtungsstelle allen am Verfahren Beteiligten, insbesondere
den betroffenen Netzbetreibern, das eingereichte Schlichtungsgesuch inklusive Urkunden und anderen Beweismitteln bekannt geben darf.
4.
Teilnahme- und Auskunftspflicht
4.1
Mit der Einleitung eines Verfahrens verpflichten sich die gesuchstellende Partei sowie
der betroffene Netzbetreiber zur Teilnahme am Schlichtungsverfahren gemäss diesem Verfahrensreglement. Bei Netzbetreibern, die nicht Mitglied des Vereins sind,
holt die Schlichtungsstelle vorgängig deren Einverständnis, sich auf ein Verfahren
gemäss diesem Verfahrensreglement einzulassen, ein.
4.2
Sowohl die gesuchstellende Partei als auch der betroffene Netzbetreiber sind gegenüber der Schlichtungsstelle auf Verlangen hin auskunftspflichtig. Die Parteien händigen der Schlichtungsstelle die für die Sachverhaltsermittlungen erforderlichen Urkunden und Unterlagen aus. Der betroffene Netzbetreiber ist berechtigt, persönliche Daten, insbesondere, aber nicht ausschliesslich, Fernmeldedaten der gesuchstellenden
Partei der Schlichtungsstelle auszuhändigen.
4.3
Die gesuchstellende Partei kann ihr Schlichtungsgesuch vor der Schlichtungsstelle
jederzeit zurückziehen.
5.
Ausstand
5.1
Mitglieder der Schlichtungsstelle treten in den Ausstand, wenn sie in einer Angelegenheit ein persönliches Interesse haben oder wenn sie in einer anderen Stellung,
insbesondere als Mitglied einer Behörde, als Rechtsbeiständin oder Rechtsbeistand,
als Sachverständige oder Sachverständiger, als Zeugin oder Zeuge, als Mediatorin
oder Mediator in der gleichen Angelegenheit tätig waren.
2
5.2
Den Parteien ist es unbenommen, gegen ein Mitglied der Schlichtungsstelle nach
Massgabe von Ziff. 5.1 vorstehend ein Ausstandsgesuch zu stellen. Das Gesuch ist
zu begründen.
6.1
Schlichtungsberechtigung
6.1
Gesuchsberechtigt sind Internetnutzerinnen und –nutzer,
a.
die über einen Kundenvertrag mit einem Netzbetreiber verfügen und
b.
von einer behaupteten Verletzung der Netzneutralität, welche mit ihrem Kundenvertrag im Zusammenhang steht, durch ihren Netzbetreiber betroffen sind.
6.2
Die Parteien müssen gemäss den allgemeinen Regeln des Schweizerischen Zivilgesetzbuches partei- und prozessfähig sein. Die Parteien können sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Es gelten die Regeln der bürgerlichen Stellvertretung
gemäss Art. 32 ff OR.
7.
Verfahrenseinleitung und Eintretensvoraussetzungen
7.1
Das Verfahren wird durch das Einreichen eines Schlichtungsgesuchs bei der Schlichtungsstelle eingeleitet. Das Schlichtungsgesuch muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
a.
b.
c.
Das Schlichtungsgesuch ist schriftlich (per Post, per Fax oder per E-Mail) in einer Amtssprache des Bundes (D/F/I) einzureichen.
Das Schlichtungsgesuch ist zu begründen; insbesondere sind die Gegenpartei,
ein Schlichtungsbegehren und der Streitgegenstand zu bezeichnen sowie behauptete Tatsachen mit Beweismitteln darzulegen.
Das Schlichtungsgesuch muss glaubhaft darlegen, dass die gesuchstellende
Partei vorgängig mit dem betroffenen Netzbetreiber versucht hat, eine Einigung
in der Angelegenheit zu finden, wobei der letzte Kontakt mit dem Netzbetreiber
nicht länger als 6 Monate zurück liegen darf.
7.2
Die Schlichtungsstelle entscheidet abschliessend, ob die Eintretensvoraussetzungen
erfüllt sind.
7.3
Die Schlichtungsstelle bestätigt der gesuchstellenden Partei den Eingang des
Schlichtungsgesuchs und orientiert sie über den weiteren Verlauf des Verfahrens.
8.
Schriftenwechsel und Fristen
8.1
Sofern die Eintretensvoraussetzungen bei Einreichung des Schlichtungsgesuchs erfüllt sind (vgl. Ziff. 7 vorstehend), stellt die Schlichtungsstelle das Schlichtungsgesuch
dem betroffenen Netzbetreiber zu und räumt diesem eine Frist von 30 Tagen zur Stellungnahme ein.
8.2
In der Regel findet ein Schriftenwechsel statt. Die Schlichtungsstelle kann weitere
Schriftenwechsel anordnen.
3
8.3
Fristen gemäss diesem Verfahrensreglement sowie Fristen, die von der Schlichtungsstelle gesetzt werden, können auf begründetes Gesuch hin zwei Mal verlängert
werden.
9.
Schlichtung
9.1
Die Schlichtungsstelle prüft das Gesuch und vermittelt zwischen den Parteien nach
freiem Ermessen. Die Schlichtungsstelle kann insbesondere:
a. die Parteien zu einer Vermittlungsverhandlung einladen;
b. den Parteien einen Schlichtungsvorschlag unterbreiten;
c. den Parteien eine Empfehlung betreffend der behaupteten Verletzung der Netzneutralität abgeben.
9.2
Die Schlichtungsstelle kann nach eigenem Ermessen Urkunden und andere Dokumente von den Parteien einfordern, die Parteien befragen sowie Zeuginnen und Zeugen einvernehmen. Wenn nötig, kann die Schlichtungsstelle eine schriftliche Auskunft
von Dritten (Behörden und/oder Privaten) verlangen oder ein Gutachten in Auftrag
geben.
9.3
Ein von der Schlichtungsstelle ausgearbeiteter Schlichtungsvorschlag (Vergleich)
berücksichtigt neben den Verhaltensrichtlinien die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den beteiligten Parteien und das anwendbare Recht.
9.4
Die Schlichtungsstelle trifft ihre Entscheide, z.B. in Bezug auf einen Schlichtungsvorschlag (Vergleich), mit Mehrheitsbeschluss.
9.5
Die Schlichtungsstelle kann einen Schlichtungsvorschlag (Vergleich) während eines
laufenden Verfahrens jederzeit ändern oder ergänzen. Die Schlichtungsstelle bringt
Änderungen und Ergänzungen den Parteien zur Kenntnis und hört sie dazu an.
9.6
Die Annahme eines Schlichtungsvorschlags (Vergleichs) ist für die Parteien freiwillig.
Bei Annahme eines Schlichtungsvorschlags (Vergleich) sind die Parteien nach den
Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechts vertraglich daran gebunden.
9.7
Ist eine Vermittlungsverhandlung im Einzelfall nicht zielführend, kann die Schlichtungsstelle den Parteien eine Empfehlung abgeben,
9.8
Verfahren vor der Schlichtungsstelle sind nicht öffentlich.
9.9
Die Parteien müssen persönlich zu einer Vermittlungsverhandlung erscheinen. Sie
können sich von einer Rechtsbeiständin oder einem Rechtsbeistand oder einer Vertrauensperson begleiten lassen.
10.
Beendigung des Schlichtungsverfahrens
10.1
Das Schlichtungsverfahren wird beendet durch:
a. Annahme eines Schlichtungsvorschlags durch die Parteien;
b. Feststellung der Schlichtungsstelle, dass Schlichtungsbemühungen gescheitert
sind;
c. Rückzug eines Schlichtungsgesuchs durch die gesuchstellende Partei;
4
d. Abschreibung des Schlichtungsverfahrens infolge Säumnis, Wegfalls einer Eintretensvoraussetzung gemäss Ziff. 7 vorstehend oder Einleitung eines Gerichtsoder Schiedsverfahrens in derselben Angelegenheit.
10.2
Unterlässt es eine Partei, sich innert einer von der Schlichtungsstelle gesetzten Frist
zu einem Schlichtungsvorschlag (Vergleich) zu äussern, wird angenommen, dass die
betreffende Partei den Schlichtungsvorschlag (Vergleich) ablehnt. Das Verfahren wird
diesfalls mit der Feststellung, dass die Schlichtungsbemühungen gescheitert sind,
beendet.
10.3
Die Schlichtungsstelle informiert die Parteien über die Beendigung des Verfahrens
und nennt den Beendigungsgrund. Nach Beendigung des Verfahrens wird über dieselbe Angelegenheit und unabhängig vom Beendigungsgrund kein Schlichtungsverfahren mehr durchgeführt.
11.
Kosten
11.1
Das Verfahren vor der Schlichtungsstelle ist für die gesuchstellende Partei kostenlos.
11.2
Bei missbräuchlich eingeleiteten Schlichtungsverfahren kann die Schlichtungsstelle
eine Gebühr bis CHF 500.- verlangen. Die Gebühr bemisst sich nach dem verursachten Aufwand.
11.3
Netzbetreiber, die weder Mitglied des Vereins noch Mitglied eines Vereinsmitglieds
sind, haben eine Gebühr von CHF 500.-/Stunde (exkl. MWST) nach dem verursachten Aufwand zu bezahlen.
12.
Schlussbestimmungen
12.1
Jegliche Haftung der Schlichtungspersonen für ihre Schlichtungstätigkeit ist vollständig wegbedungen, soweit dies vom Gesetz zugelassen ist. Ebenso ist jegliche Haftung gemäss Art. 101 OR ausgedungen.
12.2
Dieses Verfahrensreglement kann jederzeit im Rahmen der Zweckbestimmung der
Schlichtungsstelle geändert werden.
12.3
Dieses Verfahrensreglement tritt am 31. August 2015 in Kraft.
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