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Deutschen Sparern entgehen in den nächsten fünf
Jahren bis zu 200 Milliarden Euro
● Strukturänderung der Weltwirtschaft potenziell mitverantwortlich für
anhaltend niedrige Zinsen
● Privaten Haushalten entgehen bis zu 5600 Euro in den nächsten fünf
Jahren
● Zinseffekt beeinflusst die Altersvorsorge sehr deutlich
Frankfurt, 9. Juli 2015 – Das dauerhaft niedrige Zinsniveau ist ein Ergebnis der
Zentralbankenpolitik und realwirtschaftlicher Faktoren. Trotz der jüngsten
Renditeanstiege an den Anleihemärkten scheint auf absehbare Zeit ein
Vermögensaufbau mit risikoarmen Anlageformen schwierig. Tatsächlich
entgehen den deutschen Sparern unter der Annahme eines um 2
Prozentpunkte niedrigeren Zinsniveaus in fünf Jahren mehr als 200 Milliarden
Euro auf ihre gesamten Spareinlagen, pro Haushalt sind das mehr als 5600
Euro. Für die Altersvorsorge bedeutet dies zwingend höhere Sparquoten und
ein verändertes Anlageverhalten, soll das erreichte Wohlstandsniveau
erhalten bleiben. Doch ein Umdenken verbunden mit einer
Verhaltensänderung ist derzeit bei Privatanlegern nicht erkennbar. Das sind
die wesentlichen Ergebnisse einer ökonomischen Analyse der Effekte des
Niedrigzinsumfeldes in Deutschland durch das Center for Financial Studies
(CFS) an der Goethe-Universität Frankfurt im Auftrag von Union Investment.
Wie lang wird das Niedrigzinsumfeld noch anhalten und wie wirkt es sich auf die
Vermögenssituation der Deutschen aus? Mit dieser Fragestellung setzt sich die
aktuelle Analyse des CFS auseinander. „Die gegenwärtig niedrigen Zinsen sind
nicht nur ein kurzfristiges, sondern ein potenziell langfristiges Phänomen“, sagt Uwe
Walz, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Goethe-Universität Frankfurt und
Leiter der Analyse „Ein Argument sind auch strukturelle Verschiebungen der
Weltwirtschaft weg von kapitalintensiven hin zu digitalen Industrien, die weniger
Kapital benötigen.“ Daher erwartet er für die kommenden drei bis fünf Jahre mit
Bei Rückfragen:
Pressestelle, Jutta Reuffer • Tel.: (0 69) 25 67 – 18 44 • Mail: [email protected]
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einer hohen Wahrscheinlichkeit niedrige reale Zinsen am kurzen und langen Ende.
Der Realzins, also der Zins nach Abzug der Inflation, wird sich weiter in einer
Spanne von 0 bis 2 Prozent bewegen. Das ist weit unter dem Durchschnitt der
Nachkriegszeit.
Verluste bei privaten Haushalten
Das trifft private Haushalte in Deutschland in doppelter Hinsicht: direkt über
ausbleibende Zinserträge und indirekt über geringere Renditen bei Anlageprodukten
etwa für die Altersvorsorge. „Die weitverbreitete Strategie bundesdeutscher
Haushalte, in sehr liquide, risikoarme und daher niedrig verzinsliche Anlagen zu
investieren, ermöglicht keinen langfristigen Vermögensaufbau etwa zur
Altersvorsorge“, erklärt Professor Walz. Denn tatsächlich stieg in den vergangenen
Jahren der Anteil von Bargeld und Einlagen sowie der hohe Anteil privater
Lebensversicherungen weiter an, während sich der Wertpapierbesitz am
Bruttogeldvermögen deutscher Haushalte rückläufig entwickelt. Zudem findet eine
Umschichtung in Immobilien und langlebige Konsumgüter statt.
Um die zukünftigen Vermögenseffekte auf die privaten Haushalte abzuschätzen,
ermittelten die Forscher des CFS die kumulierten entgangenen Zinserträge. So
könnten sich etwa die Bruttovermögensverluste in den nächsten fünf Jahren bei
einem unterstellten Zinsnachteil von zwei Prozentpunkten gegenüber dem
langfristigen Durchschnitt auf 224 Milliarden Euro belaufen. Unter Berücksichtigung
der Vorteile geringerer Kreditzinsen etwa bei der Immobilienfinanzierung wären es in
fünf Jahren netto immer noch knapp 60 Milliarden Euro. Pro Haushalt entspräche
dies einem Bruttovermögensverlust von 5605 Euro, netto 1586 Euro.
Langfristige Folgen des aktuellen Anlageverhaltens
In einem Simulationsmodell schätzte das CFS-Team zusätzlich die
Niedrigzinseffekte auf die Altersvorsorge ab. So müsste etwa ein heute 30-Jähriger,
der bei einer Realverzinsung von 2 Prozent im Jahr 15 Prozent seines
Nettoeinkommens durch einen Sparplan im Alter abdecken will, bei einer realen
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Nullverzinsung etwa zehn Jahre früher anfangen zu sparen. Wenn ein heute 20Jähriger bei einer Realverzinsung von 2 Prozent im Jahr 27 Prozent seines
Nettoeinkommens über einen Sparplan im Alter abdecken will, müsste er bei einer
realen Nullverzinsung seine Sparquoten von etwa 9 auf 15 Prozent erhöhen. „Dies
verdeutlicht, dass die Höhe der Lebenserwartung im Vergleich zum Zinseffekt
deutlich weniger ins Gewicht fällt“, sagt Professor Walz.
Doch bisher passen Privatanleger ihr Verhalten kaum an. Sie erhöhen ihre
Sparquote nicht, stattdessen bleiben niedrigverzinsliche Anlagen, Immobilien und
Konsum im Fokus. Die Folge ist ein Verzicht im Alter, da durch das anhaltende
Niedrigzinsumfeld deutlich weniger Vermögen zur Verfügung steht. „Vollkasko bei
der Geldanlage ist in diesem Umfeld keine Option mehr. Wenn in einem neuen
Umfeld alte Muster nicht mehr greifen, braucht es Veränderungen“, sagt Hans
Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender von Union Investment. „Bei Anlegern muss
ein Umdenken einsetzen. Es ist wichtiger denn je, sich neuen Anlageklassen zu
öffnen.“ Das bestätigt auch Professor Walz: „Für private Haushalte wäre ein
wesentlicher Schritt, langfristig in risikoreichere Anlagen zu investieren und diese
möglichst breit zu streuen.“
Hier sind auch die Finanzdienstleister gefordert. „Wir müssen mit unseren
Produkten Brücken in höher rentierliche Anlagen bauen, aus denen der
Privatanleger unterstützt durch eine gute Beratung das für ihn Passende wählen
kann“, so Reinke.
Das Booklet zur Analyse finden Sie hier
Eine Grafik zu den Folgen für die Altersvorsorge hier
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