Fürst Georg Friedrich von Waldeck

Fürst Georg Friedrich von Waldeck
Herrenmeister der Balley Brandenburg von 1689
bis 1692
von RR Dekan Dr. Dieter Waßmann (2004)
Fürst Georg Friedrich von Waldeck
Herrenmeister der Balley Brandenburg
von 1689 bis 1692
Bild: holländisch, anonymer Künstler,
Kupferstich 17.Jahrhundert
Zwei Herrenmeister des Ordens stammten aus dem Bereich des heutigen
Landes Hessen: Johann Moritz Fürst zu Nassau-Siegen (1604-1679) und
der Graf und spätere Fürst Georg Friedrich von Waldeck, Graf von
Pyrmont (1620-1692 ). 1620 wurde Georg Friedrich von Waldeck in
Arolsen (Waldeck) als dritter Sohn geboren. Da die verarmte Grafschaft
weder ihn noch seine Brüder ernähren konnte, traten er und drei weitere
Brüder als Offiziere in holländische Dienste. Nach dem frühen Tode
seines älteren Bruders Philipp Theodor übernahm er die Regierung im
Eisenberger Teil der Grafschaft Waldeck. 1643 heiratete er Gräfin
Elisabeth Charlotte von Nassau-Siegen. Von ihren neun Kindern
verstarben vier sehr früh. Sein Land stellte nach dem Ende des
dreißigjährigen Krieges 1648 - wie ein Chronist vermerkte - ein
„trübseliges Gewirr (...) kleinstaatlichen Elends dar“. Sein Ehrgeiz und
Tatendrang ließen ihn daher nicht zu Hause in der Enge bleiben. 1651
holte ihn der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (Regent
1640-1688). Er ernannte ihn zum brandenburgischen Generalmajor und
ein Jahr später zum Geheimen Hofrat. 1655 wurde er Ober-Gouverneur
aller in der Kurmark Brandenburg und im Fürstentum Halberstadt
gelegenen Festungen. Georg Friedrich entfaltete nunmehr seine
staatsmännische Begabung und erreichte, dass die brandenburgische
Politik sich von der des Wiener Kaiserhofes löste. Sein Ziel war die Union
norddeutscher protestantischer Staaten unter Führung Brandenburgs.
Zunächst trug der Große Kurfürst diese Politik mit, entließ ihn aber 1658
aus Gründen der Staatsräson. Georg Friedrich trat daraufhin als General
der Kavallerie in schwedische Dienste und wechselte 1671 in den Dienst
Wilhelms von Oranien, des General-Statthalters der Niederlande. Als
niederländischer Feldmarschall und Gouverneur von Maastricht war er
zugleich einer der führenden Gegner der Hegemonialpolitik des
französischen Königs Louis XIV. Politisch vollzog er eine Wende zum
Kaiser. 1682 kam es auf sein Betreiben hin in Laxenburg (bei Mödlingen)
zum „Laxenburger Verteidigungsbündnis“, ein Zusammenschluss von
Kaiser, Kurbayern und mehreren Reichskreisen gegen Frankreich. Als
Anerkennung für seine großen politischen Verdienste verlieh ihm Kaiser
Leopold II. noch im selben Jahr die erbliche Reichsfürstenwürde. Die
Reichsversammlung hatte ihn schon 1664 zum Reichsmarschall aller
Truppen für den erwarteten weiteren Kampf gegen die Türken ernannt.
Nach dem Ende des Waffenstillstands 1682 zog das türkische Heer von
Ungarn nach Westen, wiederum angeführt von Großwesir Kara Mustafa,
dem Schwiegersohn des Sultans. Als Zeichen seiner besonderen Gunst
hatte ihm dieser die grüne Fahne des Propheten anvertraut, um das
religiöse Ziel des Krieges zeichenhaft zu symbolisieren: die Unterwerfung
Europas unter den Islam. Das kaiserliche Heer wich zurück, der Kaiser
floh aus Wien, das bald darauf eingeschlossen wurde. Auf Grund eines
Bündnisses, veranlasst auch durch Georg Friedrich, zog König Johann III.
Sobieski von Polen mit einem Entsatzheer heran. Das deutsche Reich
stellte ebenfalls Truppen. Wien und damit Europa wurden 1683 von der
Türkengefahr befreit. 1686 erfolgte die feierliche Zulassung Georg
Friedrichs zum Reichsfürstenrat. Er verstarb am 9. November 1692 in
Arolsen und wurde in der Nicolai-Kirche in Korbach beigesetzt. Er hatte
alle seine Söhne überlebt; zwei Jahre später verstarb sein Frau.
Goldschmied Friedrich Esau (Mengeringhausen in Waldeck) entwarf ein
barockes Grabepitaph, das von Bildhauer Heinrich Pape aus Giershagen
(bei Marsberg) gefertigt und in der Kirche aufgestellt wurde. - Am 12.
September 1983 ließ die Stadt Wien an seinem Grabe im Rahmen einer
Gedenkfeier an die Befreiung Wiens vor dreihundert Jahren einen Kranz
niederlegen.
Auf diesen äußerst fähigen Staatsmann und Feldherrn wurde natürlich
auch der Johanniterorden aufmerksam. Als Zeichen besonderer
Anerkennung schlug ihn daher der Herrenmeister der Balley
Brandenburg, Moritz von Nassau, am 10. Dezember 1652 zum Ritter.
Schon 1654 übernahm er als Komtur die Kommende Lagow. Diese
gehörte zwar seit 1350 dem Orden und stellte den Mittelpunkt seiner
Besitzungen im Kreis Sternberg (Schwerin) dar. Aber während des dreißig
jährigen Krieges hatten die Schweden die Güter der Balley besetzt (u.a.
die Kommende Lagow) und gaben sie auch beim Waffenstillstand mit
Brandenburg 1641 nicht heraus. Erst beim westfälischen Frieden 1848
erfolgte deren Rückgabe an den Orden. Die Entlassung Georg Friedrichs
aus den brandenburgischen Diensten 1658 gefährdete erneut den
Fortbestand dieser Komturei und den Zufluss der damit verbundenen
Gelder. Der Kurfürst erwog die Beschlagnahme der Komturei Lagow.
Nachdrücklich musste Georg Friedrich daher um ihre Restitution
kämpfen. - Als 1679 der Ordenssenior der Balley Brandenburg, Maximilian
von Schlieben, verstarb, wurde Georg Friedrich zu seinem Nachfolger
gewählt. In dieser Position vertrat er den Herrenmeister, denn seit dem
Tode von Moritz von Nassau 1679 war kein neuer gewählt worden. Daher
hatte Georg Friedrich dessen Aufgaben und Pflichten stellvertretend mit
wahrzunehmen. Dazu gehörte auch der Vorsitz des jeweils in Sonnenburg
tagenden Kapitels der Balley. Die Balley umfasste die Mark Brandenburg,
Sachsen, Pommern und Wendland. Im Bemühen, diese lange Vakanzzeit
endlich zu beenden, wurden auf der Kapitelsitzung am 9. April 1689 zu
Sonnenburg Fürst Georg Friedrich und ein weiterer Kandidat für die Wahl
zum Herrenmeister durch Beauftragte des Kurfürsten präsentiert. Die
Wahl des Kapitels fiel auf den abwesenden Fürsten von Waldeck.
Umgehend erhielt dieser das Notifikations- und Gratulationsschreiben
nebst Wahlprotokoll und einem zu unterzeichnenden Revers durch den
Direktor des Sternbergischen Kreises und Hauptmanns von Lagow,
Samuel Adolph von Winterfeld, übersandt. Damit war die Bitte verbunden,
einen Termin für seine Investitur zu bestimmen. Jedoch verhinderten
Alter und Beteiligung auf holländischer Seite im Krieg gegen Frankreich
den neuen Herrenmeister am Kommen. Stattdessen wurde - in seiner
Stellvertretung - die Investitur an dem neuen Ordens-Senior Adam Georg
von Schlieben vollzogen. In den drei Jahren seines Amtes ist Georg
Friedrich nicht in der Ordensresidenz Sonnenburg - etwa zu einer
Kapitelsitzung - gewesen. Er hielt stattdessen, krankheitsbedingt, im
Schloss von Arolsen Hof.
Theodor Heuss, der erste Bundespräsident unserer Republik, widmete
„Georg Friedrich von Waldeck“ in seinem Buch „Schattenbeschwörung“
(Tübingen, 3. Auflage 1960) ein ausführliches Kapitel. Seinem Urteil über
diese herausragende Persönlichkeit von europäischem Rang kann man
sich nur anschließen: „Das bleibt die eigentümliche Struktur seines
geschichtlichen Wesens: zwischen der Verhärtung des
Territorialfürstentums wird er zum Sprecher eines realistischen
Reichspatriotismus; der eigene Raum reicht nicht aus für die Bewährung
des ausgreifenden Willens, also wählt er, in fremdem Dienst, die
Möglichkeiten, fremde Macht zu prägen und zu führen“.
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Georg Friedrich von Gottes Gnaden, Fürst von Waldeck,
Graf in Pyrmont und Cuylenburg.
Meister des Johanniter-Ordens in der Mark, in Sachsen, in Pommern und
in Mecklenburg. Probst der Domkirche zu Halberstadt und Kommendator
zu Lagow.
Der Hl.Kaiserlichen Majestät und der vereinigten niederländischen
Provinzen
Generalfeldmarschall und Gouverneur von Maastricht.
( Inschrift auf dem Epitaph in der Nikolaikirche zu Korbach )
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