JVA Spektakuläres in der langen Geschichte der JVA: Aus dem Jahre 1871 ist ein Aufsehen erregender Ausbruchsversuch überliefert, der den Türmenden und seine Verfolger über die Dächer des Gefängnisses führte und nach einer dramatischen Verfolgungsjagd mit einem Brand des Zentralgebäudes und dem Tod des Flüchtenden endete. Damals, in der Nacht vom 5. auf den 6. Oktober 1871, steckte ein zu lebenslanger Haft verurteilter Mörder namens Schwäble bei seinem Fluchtversuch das Zuchthaus in Brand und sorgte für die größte Bruchsaler Feuerbrunst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Rechnungsrat Adolf Bauer hat damals einen Bericht über das Geschehen verfasst und dieser wurde einige Jahre später für eine Zeitschrift zu einer spannenden Reportage umgeschrieben. Sie lautete in Auszügen wie folgt, der vollständige Text ist im Stadtarchiv Bruchsal einsehbar: „Der mit starke Körperkräften ausgestattete Zuchthausgefangene Schwäble war zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurteilt, weil er aus Eifersucht und großer Rohheit seine Frau, als diese ihr Kindchen nährte, mit einem Beil niederschlug und so deren Tod herbeiführte. Schwäbles Sinnen und Trachten war darauf gerichtet, bei günstiger Gelegenheit auszubrechen … Er schlich, nachdem er seine Zelle erbrochen hatte, nach dem 3. Stockwerk des ersten Flügels und brach dort das Aufseherzimmer auf. Zum Glück war in dieser Nacht der Aufseher nicht in seinem Zimmer. Er zog des Aufsehers Uniform an und nahm auch dessen Seitengewehr, Feuerzeug und den Kirchenschlüssel an sich. Als er das Zimmer verließ, sah er sich vom wachhabenden Aufseher entdeckt. Jetzt war dem Schwäble alles egal und er kam in eine ungeheure Wut. …Er ging nun mit eilender Schnelle zur [Anstalts]Kirche empor, von dort zum Kirchenspeicher und von hier nach außen, zum Gang im Freien, innen am Mauerzinnenkranz. … Schwäble wütete wie ein Rasender und brach Steine vom Zinnenkranz, solche bald hier, bald dort hinunterwerfend. … Die Militärwache auf dem Gang der Umfassungsmauer schoß nach Schwäble, wo er sich zeigte. Nachts gegen 2 Uhr zeigte sich dann auf dem Dach der Kirche ein kleines Flämmchen. Schwäble hatte Feuer in den Speicher des Zentralbaues (Kirche) gelegt. Also in den Teil, in dem das Feuer genug Nahrung finden muss. … Bald stand alles in Flammen. Die Feuerwehren der Umgebung wurden alarmiert, selbst die Karlsruher Wehr …Die oberen Stockwerke wurden geräumt und die Gefangenen, unter Bedeckung von Aufsehern und Militär, in den Keller gebracht. Nun wurde das Feuer allmählich kleiner und man sah und hörte nichts mehr vom Schwäble, so dass man annahm, Schwäble hätte in den Flammen den Tod gesucht und auch gefunden. Ein Maurer namens Brückner sollte diese Vermutung überprüfen und stieg mit einer Leiter zum Zinnenkranz der Mauer empor. Er musste sich jedoch sofort wieder zurückziehen, da er von dem Ausbrecher, der sich die ganze Zeit nur ruhig verhalten hatte, mit Steinwürfen attackiert wurde. Nun bot sich ein Gefangener namens Feininger an, den Schwäble „tot oder lebendig herunterzuholen.“ Wahrscheinlich erhoffte er sich für diese nicht ganz ungefährliche Aktion eine Milderung oder gar einen Erlass seiner Strafe. Lesen wir den Bericht weiter: „Man gab Feininger einen Säbel und er erstieg die Mauer. Schwäble drang sogleich mit geschwungenem Seitengewehr auf Feininger ein, der aber geschickt parierte und dem Schwäble einen schweren Schlag über den Kopf gab, so dass ein handgroßes Stück der Schädeldecke abflog. Der Kampf ging hin und her. Schwäble wurde schwer verwundet, während Feininger nur leichte Wunden erhielt. Da kam Feininger der Unteroffizier Reichert zu Hilfe. Dieser schoß Schwäble in den Rücken. Jetzt brach Schwäble zusammen.“ Doch er bäumte sich noch ein letztes Mal auf, umklammerte Feininger und wollte sich zusammen mit diesem in das lodernde Feuer werfen. Reichert griff aber ein und mit vereinten Kräften warfen er und Feininger den Verletzten zwar nicht ins Feuer aber doch die Mauer hinab. Detailliert beschreibt der Bericht die Verletzungen des gescheiterten Ausbrechers: „Rückenschuß, offenes Schädeldach, Hautabschürfungen an Händen und Füßen, schwere Hiebwunde am linken Arm, gespaltene Lippe, eingestoßene Zähne, klaffende Wunde an der rechten Stirnseite, eine zehn Zentimeter tiefe Hiebwunde (bis auf das Gelenk) an der rechten Schulter, kleiner Finger der linken Hand hing nur noch an einem Hautfetzen.“ Schwäble war noch bei Bewusstsein, doch trotz ärztlicher Hilfe erlag er abends seinen schweren Verletzungen. Seine letzten Worte waren „Ach, ich war halt verblendet – ich war halt verblendet.“ Ob Feininger für seinen Einsatz eine Strafmilderung erhalten hat, ist nicht überliefert. Übrigens: Schwäbles Schädel wurde präpariert und wird bis heute im Städtischen Museum aufbewahrt. Und natürlich gab es in all den Jahren auch einige Gefangene, deren Namen im ganzen Land ein Begriff waren. Zu den bekanntesten gehörte neben dem später als Schriftsteller berühmt gewordenen Henry Jaeger, und sicherlich der Serienmörder Heinrich Pommerenke. Letzterer war der am längsten einsitzende Häftling in der Bundesrepublik Deutschland. Als er Ende 2008 im Alter von 71 Jahren verstarb, hatte er fast ein halbes Jahrhundert hinter Gittern verbracht. Fotos: 1x Sieben-Flügel-Anlage in Pennsylvania; Gefängnisbauten dieser Art waren die Vorbilder für das Bruchsaler "Männerzuchthaus" 1x Luftaufnahme des Bruchsaler Gefängnisses (um 1930). In den Innenhöfen sind die beiden windradförmigen "Spazierhöfe" gut zu sehen. In den einzelnen Sektionen konnten die Gefangenen voneinander isoliert dem Hofgang nachgehen. Auch die Unterstände gegen den Regen sind teilweise gut sichtbar. 1x Gefangene beim Sport (um 1910)
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