Positionspapier zur Entwicklung der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge Stromtankstellen für Verbraucher und Energiewende: Für eine diskriminierungsfreie Ladeinfrastruktur Die Elektromobilität ist ein entscheidender Baustein der Energiewende. Die Bundesregierung will mit einer Reihe gesetzlicher Regelungen die E-Mobilität fördern. Das ist sinnvoll. Elektromobile sorgen, mit Ökostrom betankt, für einen klimafreundlichen Individualverkehr. Die Batterien von EFahrzeugen können – intelligent vernetzt und in das Energiesystem integriert – die natürlichen Schwankungen bei der Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom ausgleichen und so zu stabilen Stromnetzen und Versorgungssicherheit beitragen. Ein Vergleich macht das deutlich: Bereits eine Million E-Fahrzeuge verfügen über eine größere Speicherkapazität (Leistung) als alle deutschen Pumpspeicherkraftwerke zusammen. Entscheidend für den Erfolg der Elektromobilität ist der planvolle Aufbau der Ladeinfrastruktur. Bisher gibt es rund 5.550 öffentliche Ladepunkte. Die Bundesregierung strebt 70.000 Ladepunkte bis 2020 an, die EU-Kommission würde in Deutschland zum gleichen Zeitpunkt sogar bereits 150.000 Säulen für sinnvoll erachten. Stromtankstellen müssen nicht nur ausreichend vorhanden, sondern auch einfach zugänglich sein und dem Kunden das Tanken zu transparenten und marktüblichen Preisen ermöglichen. Zudem müssen sie neue Geschäftsmodelle zur Energiemarkt-Einbindung von E-Mobilen unterstützen. Das ist derzeit nicht der Fall. Die Ladeinfrastruktur in Deutschland ist für Verbraucher eine teure und komplizierte Zumutung und verhindert die Integration von E-Mobilen in den Strommarkt. Sie verstößt zudem gegen EU-Recht. Das muss sich dringend ändern. Öffentliche Ladesäulen müssen ein integraler Teil des Verteilnetzes werden, die wie Stromleitungen von den Netzbetreibern betrieben werden. Der Ausbau der Stromtankstellen kann dann von der Bundesnetzagentur bedarfsgerecht gesteuert werden. Alle Stromanbieter müssen Ihren Kunden diskriminierungsfrei ihren Strom zu ihrem Preis an jede öffentliche Ladesäule liefern können. Das schafft Kosten-Transparenz für die E-Fahrzeug-Nutzer. 1 I. Zu teuer und zu kompliziert: Der Kunde im Ladesäulen-Dschungel Es gibt in Deutschland derzeit etwa 200 Betreiber öffentlicher und halböffentlicher Ladesäulen die unterschiedliche Preise, Abrechnungssysteme und Stromqualitäten bieten. Ein E-Fahrzeug-Nutzer, der ähnlich wie heute beim Auto mit Verbrennungsmotor frei aus allen Tankstellen in Deutschland wählen und die jeweils günstigsten Angebote nutzen wollte, bräuchte zahlreiche Ladekarten und Verträge mit verschiedenen Anbietern. Vielen Anbietern müsste er eine monatliche Grundgebühr zahlen. Die Preise für eine Tankladung unterscheiden sich je nach Ladesäule um ein Vielfaches. Dieses System ist unsinnig und behindert den Ausbau der Elektromobilität. Ein E-Fahrzeug-Nutzer kann derzeit nicht einfach an einer öffentlichen Ladesäule tanken. Er muss sich erst im Vorfeld informieren, wer Betreiber der jeweiligen Ladesäule ist und ob er einen Vertrag abschließen muss. Das ist ein eklatanter Unterschied zum Tankstellennetz der konventionellen Fahrzeuge. Denn hier kann der Kunde jede beliebige Tankstelle anfahren, tanken und bezahlen, ohne vorher einen Vertrag mit dem Betreiber (Shell, Esso, Aral, etc.) abschließen zu müssen. Öffentliches Laden ist viel zu kompliziert Neben der mangelnden Ladesäulen-Dichte stellt also die Betriebsstruktur der „öffentlichen“ Ladeinfrastruktur ein erhebliches Zugangsproblem für Endkunden dar. Zwar bemühen sich derzeit Drittanbieter, dieses Zugangsproblem durch übergeordnete Ladekarten-Systeme zu lösen. Diese Systeme verursachen jedoch zusätzliche Aufwände und Kosten. So zahlen EMobilisten, die über einen Dritten auf Ladesäulen zugreifen, in der Regel vielfach höhere Preise als diejenigen Verbraucher, die einen direkten Vertrag mit dem jeweiligen Ladesäulen-Betreiber abgeschlossen haben. Ladekarten-Systeme lösen zudem nicht die grundlegenden Konstruktionsfehler der aktuellen Ladeinfrastruktur. Auch die fehlende Möglichkeit, unter Nutzung herkömmlicher Zahlungsmittel (Bargeld, ECund Kreditkarte) das E-Fahrzeug an öffentlichen Ladesäulen aufzuladen, erschwert den Zugang. Die angekündigte Möglichkeit, zukünftig an öffentlichen Ladesäulen auch immer per Handy (SMS) ohne Vertragsbindung zahlen zu können, ist keine Lösung: Die zusätzlichen Kosten liegen bei mehr als einem Euro pro Ladevorgang und sind daher abschreckend.1 1 In Hamburg muss der Nutzer einer öffentlichen Ladesäule beispielsweise zusätzlich zu den Kosten für den geladenen Strom pro Tankvorgang 1,73 € Gebühr zzgl. 12,5 Prozent auf die Summe der Stromkosten und die Grundgebühr zahlen. Tankt er beispielsweise 5 kWh im Wert von 1,35 Euro, kommen 2,12 Euro Zusatzkosten hinzu, was einem Aufschlag von über 60 Prozent entspricht. 2 Unterschiedliche Tarifsysteme und teilweise Wucherpreise Ein zentrales Problem sind die unterschiedlichen Tarifsysteme und Preise und die fehlende Preistransparenz. An manchen Ladesäulen wird nach Zeit, an anderen nach Kilowattstunden abgerechnet. Insbesondere die zeitbasierten Tarife sind – je nach Ladegeschwindigkeit – mit bis zu sechs Euro pro Kilowattstunde exorbitant teuer. Beispiele: Fahrstrom-Kosten (Zeittarife) für Roaming-Kunden Ladetarif €/Min Preis in €/kWh Bosch 0,16 2,59 Heldele 0,08 1,30 EnBW 0,08 1,30 Stadtwerke Leipzig 0,1 1,62 Belectric Drive 0,06 0,97 E.ON 0,36 5,84 Ladesäulen-Betreiber 0,28 Zum Vergleich: Preis Haushaltsstrom Hinweis: Die genannten Ladetarife gelten für Kunden des Service-Providers The New Motion bei der marktüblichen Ladeleistung von 3,6 kW / Quelle: The New Motion. Abruf 01.05.2015; Umrechnung auf kWh-Preise: LichtBlick Fast alle Tarife in diesen Beispielen wichtiger Ladesäulen-Betreiber liegen deutlich über dem üblichen Kilowattstundenpreis für Haushaltsstrom von ca. 0,28 €/kWh. Der Regelfall ist eine Ladeleistung von 3,6 kW. Das ist die Standard-Leistung einer Ladesäule. Selbst wenn einzelne Ladesäulen schnelleres Laden zulassen, können viele E-Mobile nur mit 3,6 kW laden. Eine Tankfüllung für 100 Kilometer Reichweite (ca. 13 kWh) kostet bei den genannten Ladesäulen-Betreibern mit der marktüblichen Standard-Ladeleistung zwischen 12,61 € und 75,92 €. Zum Vergleich: Der Fahrer eines Diesel-PKWs zahlt für eine Strecke von 100 Kilometern etwa 7,80 € an Tankkosten (6 Liter Verbrauch, 1,30 € pro Liter). Ebenfalls keinen Einfluss hat der E-Fahrzeugnutzer auf die Stromqualität. Ist er beispielsweise Kunde eines Premium-Ökostromanbieters, so kann er sich nicht darauf verlassen, dass er an einer öffentlichen Ladesäule eine ähnliche Stromqualität tankt. Er ist wie beim Preis vom jeweiligen Ladesäulenbetreiber abhängig. Zwar laden die bisherigen E-Fahrer noch vorwiegend zuhause, da sie ihre E-Autos meist nur im Stadtverkehr für geringe Reichweiten einsetzen. Doch massenmarktfähig werden E-Mobile erst mit größeren Reichweiten und einer einfach zugänglichen Ladeinfrastruktur mit fairen, verlässlichen und transparenten Fahrstrom-Tarifen. Fazit I: Die bisherige Ladesäuleninfrastruktur ist intransparent, überteuert und zu kompliziert. Sie schreckt potentielle Nutzer von E-Mobilen ab und muss deshalb dringend angepasst werden. 3 II. Stromtankstellen als Teil der Netzinfrastruktur: Transparente Kosten, echter Wettbewerb, gezielter Ausbau Die genannten strukturellen Hemmnisse können einfach vermieden werden, wenn der Gesetzgeber klarstellt, dass die jeweiligen Verteilnetzbetreiber für den Ausbau und den Betrieb der „öffentlichen“ Ladeinfrastruktur zuständig sind. Erst dann kann überhaupt mit einer gewissen Berechtigung von einer öffentlichen Ladeinfrastruktur gesprochen werden. Derzeit wird im Markt mit komplexen Zwischenlösungen gearbeitet, die den Zugang zu Stromtankstellen und die Abrechnung für die Verbraucher vereinfachen. Anbieter wie zum Beispiel Hubject oder Ladenetz arbeiten nach dem Prinzip des aus dem Mobilfunk-Markt bekannten Roaming. Dieser Ansatz ist als Zwischenlösung berechtigt, bei einem sinnvollen Marktdesign aber nicht mehr erforderlich. Roaming-Modelle sind nur Zwischenlösungen Die Roaming-Modelle sind nichts anderes als Beistellungslösungen, die bereits zu Beginn der Liberalisierung des Strommarktes übergangsweise eingeführt wurden. Damals fehlten im Endkunden-Markt für Strom und Gas noch die notwendigen Prozesse für einen reibungslosen Stromanbieterwechsel. So mussten zum Beispiel vertragliche Fragen zwischen Lieferanten und Netzbetreibern geklärt werden. Eine Zwischenlösung: Fahrstrom mit Ladechip LichtBlick hat im April 2015 ein Fahrstrom-Produkt eingeführt. Der Kunde tankt zuhause LichtBlickÖkostrom in gewohnter Qualität und zum gewohnten Haushaltsstrom-Tarif. Für unterwegs bedient sich LichtBlick einer Zwischenlösung. Ein Ladechip ermöglicht den Kunden, einen Teil der öffentlichen und halböffentlichen Ladesäulen zu nutzen. Das vereinfacht das Stromtanken. LichtBlick regelt für den Kunden die Abrechnung mit dem jeweiligen Ladesäulen-Betreiber. Diese Lösung ist das derzeit kundenfreundlichste Angebot, das der Markt zulässt. Sie hat aber weiterhin große Nachteile. Erstens bleibt es bei dem undurchsichtigen Tarifdschungel – denn LichtBlick hat keinen Einfluss auf die Tarife der Ladesäulenbetreiber. Wir können lediglich die Abrechnung für unseren Kunden erleichtern. Zweitens hat LichtBlick auch keinen Einfluss auf die Stromqualität, die der Kunde an einer öffentlichen Ladesäule tankt. Und drittens können wir über die öffentlichen Ladesäulen keine Dienstleistungen zur Strommarkt-Integration anbieten. Inzwischen gehören solche Modelle im Haushalts- und Gewerbe-Strommarkt der Vergangenheit an. Jeder Stromanbieter kann seinen Strom zu seinem Tarif an jeden Zähler in Deutschland liefern. 4 Prozesse für Wettbewerb an der Ladesäule sind im Markt etabliert Genau dieses etablierte Prinzip der Stromlieferung muss auch für Ladesäulen gelten. Wenn ein E-Fahrzeugbesitzer an einer Ladesäule tankt, wird die Ladesäule für diesen Tankvorgang von seinem Stromlieferanten beliefert. In der digitalen Energiewelt ist ein solcher Vorgang technisch problemlos möglich. Anbieterscharfe Ladevorgänge wurden beispielsweise in einem Pilotprojekt von Stromnetz Hamburg bereits erfolgreich praktiziert. Dabei wurden über 12.000 Ladevorgänge über die etablierten Liefer- und Abrechnungsprozesse des Strommarktes zwischen dem Netzbetreiber und dem jeweiligen Stromanbieter des E-Fahrers abgerechnet. Für den Massenmarkt können diese Prozesse problemlos weiterentwickelt werden. Wird die Ladeinfrastruktur Teil des Verteilnetzes, wird sie neutralisiert und für alle jederzeit zugänglich. Dann regelt der Stromlieferant alle Zugänge, die der Kunde sich im derzeitigen Roaming selbst recherchieren und erarbeiten muss. Diese Zugänge sind über die Lieferantenrahmenverträge, die jeder bundesweite Stromlieferant ohnehin mit jedem Verteilnetzbetreiber abgeschlossen hat, bereits etabliert. Diese Struktur ist verbraucherfreundlich und transparent. Der Kunde kann dann an jeder öffentlichen Ladesäule den Strom seines Anbieters zum bekannten Tarif und in der gewünschten Qualität tanken. Abgerechnet wird über seine normale Stromrechnung. Wettbewerb nur unter Stromlieferanten, nicht unter Ladesäulen-Betreibern Ein echter Wettbewerb zwischen Ladesäulen-Anbietern, wie er z.B. an herkömmlichen Tankstellen möglich ist, findet heute nicht statt und ist auch in Zukunft nicht zu erwarten. Vielmehr ist eine Monopol- bzw. Oligopolbildung zu erwarten und diese ist auch bereits sichtbar. Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens ist, wie bei anderen Infrastruktureinrichtungen auch, die Errichtung eines bundesweiten Netzwerks von öffentlichen Ladepunkten durch hohe Kapitalkosten geprägt. Ähnlich wie bei anderen Netzwerken und Infrastrukturen – wie zum Beispiel dem Stromnetz ist der Aufbau der Ladeinfrastruktur volkswirtschaftlich am sinnvollsten, wenn er regional von einem Netzbetreiber durchgeführt und diese monopolartige Struktur staatlich reguliert wird. Zweitens stellt der begrenzte öffentliche Parkraum eine natürliche Grenze für einen Stromtankstellen-Wettbewerb dar. Selbst wenn es sich wirtschaftlich rechnen würde, wäre es aus städteplanerischen Gründen kaum sinnvoll, auf Dauer eine massive Überkapazität jederzeit frei zugänglicher öffentlicher Ladepunkte verschiedener „Tankstellen-(Ladesäulen)Betreiber“ zu errichten. Wettbewerb im Markt für E-Fahrzeug-Strom wird es also aus volks- und betriebswirtschaftlichen Gründen nicht über die Ladesäulen-Betreiber geben, sondern nur – wie schon im Haushalts- und Gewerbekunden-Strommarkt – über den Wettbewerb der Energieunternehmen, die ihren Strom an jeder öffentlichen Ladesäule anbieten können. Erst wenn die öffentlichen Ladesäulen als Teil des Verteilnetzes für jeden Stromanbieter und seine Kunden diskriminierungsfrei zugänglich sind, entsteht echter Wettbewerb um die günstigsten Fahrstrom-Tarife. 5 Finanzierung der Ladesäulen-Infrastruktur über Netzentgelte In der Stromnetzentgelt-Verordnung muss klargestellt werden, dass die Verteilnetzbetreiber die Kosten des Ladesäulen-Ausbaus im Rahmen der Netzentgelt-Regulierung anerkannt bekommen. Die Kontrolle dieser Investitionen übernimmt die Bundesnetzagentur analog zu ihren etablierten Prüfbefugnissen. Die Kosten für die Ladesäulen sind im Rahmen der gesamten Netzkosten überschaubar. Die in der Regulierung festgelegten Erlösobergrenzen für Betrieb und Ausbau des Stromnetzes betrugen 2013 rund 18 Milliarden Euro. Das notwendige jährliche Investitionsvolumen in die öffentliche Ladeinfrastruktur beträgt nach Angaben der Bundesregierung rund 110 Millionen Euro. Das bedeutet also Merkosten von lediglich 0,6 Prozent. Gezielter Ausbau der Stromtankstellen über Netzplanung der BNetzA Ein weiterer erheblicher Vorteil dieser Struktur ist, dass die Ladeinfrastruktur durch die BNetzA im Rahmen der Netzausbauplanung entwickelt werden kann. Der Ausbau kann über die einfache Definition von Kennzahlen so gesteuert werden, dass er dem Marktanlauf der EFahrzeuge immer voraus eilt und so einen Anreiz setzt, E-Mobile zu kaufen. Die Kennzahlen definieren die Dichte der Ladesäulen in Relation zur Fläche und Bevölkerungsdichte. Eine diskriminierungsfreie Ladeinfrastruktur ist bundes- und europarechtlich geboten Das derzeitige Roaming-System ist rechtlich nicht haltbar. Das Recht auf diskriminierungsfreien Netzzugang muss auch bei der Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum gelten. In der Telekommunikation wurde das Roaming auf Initiative der EU bereits so in den Kosten gedrückt, dass es künftig wenig lukrativ sein wird. Zudem zielt die Telekommunikationsverordnung der EU-Kommission auf einen einheitlichen digitalen Binnenmarkt ab – parallel zum Energiebinnenmarkt. Schrittweise soll in den kommenden Jahren das Roaming abgeschafft werden. Verkehrsminister Dobrindt hat sich bereits im Januar 2015 für die Abschaffung ausgesprochen. EU-Kommissionspräsident Juncker hat den digitalen Binnenmarkt als zentralen Punkt seiner Agenda bezeichnet und in seiner Antrittsrede die Abschaffung der Roaming-Gebühren gefordert. Zudem hat der Bundesgerichtshof in mehreren Urteilen klargestellt, was der regulierte Bereich des Netzes umfasst. „Um die Belieferung mit Elektrizität durch jeden Anbieter zu ermöglichen, müssen grundsätzlich alle Anlagen, die einer Versorgung der Letztverbraucher dienen, dem Netzbegriff unterfallen“ (BGH in EnVR 10/13, Rn 35). Da auch Ladesäulen Letztverbraucher versorgen, fallen Sie unter den regulierten Bereich des Stromnetzes. Fazit II: Die öffentliche Ladeinfrastruktur muss Teil des Verteilnetzes werden. Dies ist volkswirtschaftlich der sinnvollste Weg, schafft echten Wettbewerb sowie Kostenund Qualitäts-Transparenz, einen einfachen Zugang für Verbraucher und ermöglicht einen planvollen Ausbau der Stromtankstellen. Die Einbindung der Ladeinfrastruktur in den regulierten Bereich des Stromnetzes ist auch bundesrechtlich geboten. Zudem sind die derzeitigen Roaming-Modelle nicht mit EU-Recht vereinbar. 6 III. Mobile Speicher als Backup für Versorgungssicherheit E-Fahrzeuge werden sich im Markt durchsetzen. Sie sind nicht nur klimafreundlicher als konventionelle Fahrzeuge, sondern werden in absehbarer Zeit auch wirtschaftlicher. Hinzu kommt die technologische Überlegenheit, die heute schon EFahrer überzeugt: Emissionsfreies und nahezu lautloses Fahren, eine sehr gute Beschleunigung oder die Rückgewinnung von Bremsenergie sind nur einige Faktoren. Zwar stockt die Markteinführung der E-Mobile bisher noch. Viele Experten – beispielweise in einer Studie der internationalen Großbank UBS von 2014 – erwarten in den kommenden Jahren jedoch den wirtschaftlichen Durchbruch. Mehr Speicherleistung als alle Pumpspeicher-Kraftwerke Mit der steigenden Zahl von Elektrofahrzeugen kommt eine enorme BatterieSpeicherkapazität in den Markt. Es lohnt sich, diese Batterien in die Energiemärkte zu integrieren. Ein einfaches Rechenbeispiel zeigt das Potential: die Batteriekapazität von einer Million Elektrofahrzeugen übersteigt bereits die Speicherkapazität (Leistung) aller deutschen Pumpspeicherkraftwerke. Zwei Zahlen zur Autonutzung in Deutschland zeigen, das mobile Batterien sinnvoll stationär eingesetzt werden können: 40 Prozent aller Fahrzeuge werden binnen Tagesfrist überhaupt nicht bewegt und parken am Standort zu Hause. Ein Auto wird im Durchschnitt nur eine Stunde am Tag genutzt, d.h. es parkt 23 Stunden pro Tag. Deshalb kann ein gekoppelter Pool von E-Fahrzeugen eine leistungsstarke und verlässliche SchwarmBatterie bilden, mit der Schwankungen bei der regenerativen Stromerzeugung oder in den Stromnetzen (Regelenergie) ausgeglichen werden können. Dabei kommt es nicht auf das Mobilitätsverhalten eines einzelnen Nutzers oder Fahrzeuges an, sondern auf das statistische Verhalten des gesamten Schwarms aus Elektrofahrzeugen. Die individuelle Mobilität wird in Rahmen der Energiemarktanbindung und -optimierung von E-Fahrzeugen nicht eingeschränkt. Technologie zur Strommarkt-Einbindung von E-Mobilen steht bereit LichtBlick hat im Rahmen des vom BMU geförderten Projektes „Intelligente Netzanbindung von Elektrofahrzeugen zur Erbringung von Systemdienstleitungen“ (INEES) auf Basis der ITPlattform SchwarmDirigent ein ausgereiftes IT- und Optimierungssystem entwickelt. Gemeinsam mit unseren Projektpartnern haben wir die technische Machbarkeit und Systemdienlichkeit der Systemintegration mobiler Batteriespeicher nachgewiesen. Die so in den Energiemarkt integrierten E-Fahrzeuge verdienen im Energiemarkt Geld, das in den entsprechenden Geschäftsmodellen an die Kunden weitergegeben wird. So wird die 7 Anschaffung bzw. der Betrieb von E-Fahrzeugen günstiger, E-Mobilität wird attraktiver. Die Bundesregierung hat INEES deshalb zum Leuchtturmprojekt der Elektromobilität erklärt. Analog dazu entwickelt LichtBlick mit verschiedenen Anbietern (VARTA Storage, Sonnenbatterie, SMA, Tesla Energy, Gildemeister) Geschäftsmodelle zur Marktintegration stationärer Batteriespeicher. Die Integration von E-Fahrzeugbatterien ist zwar komplexer. Sie ist aber aufgrund von Kundenangaben zu Fahrzeiten und Fahrstrecke, ausgeklügelter Prognoseverfahren und dem verlässlichen statistischen Verhalten des Schwarms genauso zuverlässig. Batterien im Pool mit Pumpspeicher-Kraftwerken gleichstellen Durch die energiewirtschaftlich sinnvolle Einbindung in den Regelenergie-Markt verbessert sich die Wirtschaftlichkeit von E-Fahrzeugen deutlich. Entscheidend dafür ist eine Gleichstellung von mobilen und stationären Batterien mit Pumpspeicher-Kraftwerken. Da Pumpspeicher-Kraftwerke die Netzstabilität sichern, hat sie der Gesetzgeber von Netzentgelten, Steuern und Umlagen befreit. Im Pool gebündelte Batterien können die gleichen Systemdienstleistungen (positive und negative Regelenergie) in gleicher Qualität erbringen. Die Abgaben-Befreiungen müssen deshalb vom Gesetzgeber auf Batterie-Poollösungen ausgeweitet werden. Die Befreiung muss unabhängig davon sein, ob die Pool-Batterien ausschließlich oder nur zeitweise Regelenergie liefern. Selbstverständlich darf die AbgabenBefreiung nur für die Energiemengen gelten, die eine Batterie tatsächlich als Regelenergie bereitstellt. Messtechnisch ist eine Unterscheidung zwischen Strom-Speicherung für den Batterienutzer (dann fallen natürlich alle Abgaben wie üblich an) und Teilnahme am Regelenergiemarkt umsetzbar. Für Verbraucher würde E-Mobilität so preiswerter, da sie von den Erlösen aus dem Regelenergiemarkt profitieren. Die Bundesregierung könnte mit dieser einfachen und energiewirtschaftlich sinnvollen Maßnahme den Absatz von E-Mobilen ohne Steuer-Subventionen ankurbeln. Bisherige Ladeinfrastruktur verhindert innovative Geschäftsmodelle Dienstleistungen wie gesteuertes Laden oder Einbindung in den Regelenergiemarkt, die die E-Fahrzeug-Batterien in den Markt integrieren, können nur dann auch über die öffentliche Ladeinfrastruktur angeboten werden, wenn diese Teil des Verteilnetzes ist. Da die bisher üblichen Modelle dem jeweiligen Energiedienstleister keinen unmittelbaren Zugang zur den öffentlichen Ladesäulen und damit den Stromnetzen sichern, werden innovative Geschäftsmodelle verhindert. Das ist weder aus Sicht der Kunden, noch aus Sicht der Energiewende sinnvoll. Für Marktintegrationsmodelle ist der direkte Zugang des jeweiligen Energieanbieters zu allen öffentlichen Ladesäulen zwingend erforderlich. Fazit III: Die Integration der Elektrofahrzeuge in die Energiemärkte ermöglicht Geschäftsmodelle, die E-Mobilität günstiger machen und Systemdienstleistungen für die Energiewende erbringen. Diese Dienstleistungen können nur dann in der öffentlichen Ladeinfrastruktur angeboten werden, wenn die Stromtankstellen vom Netzbetreiber betrieben und damit Teil des für alle Energieanbieter diskriminierungsfrei zugänglichen Verteilnetzes werden. 8 Hamburg, Juni 2015 Kontakt LichtBlick SE: Gero Lücking, Geschäftsführung Energiewirtschaft [email protected], Tel: 040-6360-1002 Ralph Kampwirth, Bereichsleiter Unternehmenskommunikation [email protected]; Tel: 040-6360-1208 9
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