Leitfaden zur Industrie-Strafrechtsschutz-Versicherung

Fachbetriebsgemeinschaft
Maschinenbau e.V.
Leitfaden zur
Industrie-Strafrechtsschutz-Versicherung
___
___
Richtiges Verhalten
bei strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
Die deutschen Unternehmen sind einer Flut immer strenger und komplizierter werdender Gesetze
unterworfen. Die Verordnungen und Vorschriften haben sich inzwischen zu solcher Fülle
verdichtet, dass sie selbst für Juristen kaum mehr durchschaubar sind. Dies gilt insbesondere für die
Gesetze im Umwelt- und Betriebssicherheitsbereich. Hinzu kommt, dass die Verfolgungsintensität
der Ermittlungsbehörden in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Trotz aller Umsicht und
Sorgfalt wird es sich nicht immer vermeiden lassen, dass man in ein strafrechtliches
Ermittlungsverfahren verwickelt wird.
Strafbar ist dabei nicht das Unternehmen, sondern immer dessen einzelne Mitarbeiter persönlich.
___
In diesen Fällen hilft die von Ihnen abgeschlossene Strafrechtsschutz-Versicherung. Sie dient dem
Ziel, ein eingeleitetes Ermittlungs- oder Strafverfahren so schnell wie möglich zur Einstellung zu
bringen. Mitentscheidend für das Erreichen dieses Ziels ist ein von Anfang an richtiges Verhalten
des im Ernstfall Betroffenen. Sie sollten deshalb Ihre Rechte und Pflichten genau kennen.
Dieser Leitfaden will Ihnen wichtige Hinweise und praktische Ratschläge geben, wie Sie sich
möglichst richtig verhalten.
-2Übersicht
Seite
1.
Allgemeine Hinweise
3
2.
Vernehmung von Betroffenen
4
2.1
Vernehmung von Zeugen durch Polizei, Kripo
4
2.2
Vernehmung von Zeugen durch Staatsanwaltschaft
5
2.3
Vernehmung von Beschuldigten durch Polizei
6
2.4
Vernehmung von Beschuldigten durch Staatsanwaltschaft
7
3.
Behördliche Maßnahmen auf dem Firmengelände
9
3.1
Erscheine der Durchsuchungsbeamten
9
3.2
Art der Mitwirkung bei Durchsuchungshandlungen
10
3.3
Verhalten während der Durchsuchung
10
3.4
Sicherstellen von Unterlagen
10
3.5
Zufallsfunde
11
3.6
"Schlaufragen"
11
4.
Aufgabe des Sachverständigen
12
5.
Firmenstellungnahme
13
6.
Abschlussbemerkung
14
-3-
1.
Allgemeine Hinweise
Sofort
einen
Juristen
einschalten
Wenn die Polizei/Kripo/Staatsanwaltschaft/Aufsichts- oder Ordnungsbehörde
wegen eines Stör- oder Unfalls kommt:
Schweigen
ist Gold
Vermeiden Sie jegliche Einlassung gegenüber Dritten hinsichtlich des
Ermittlungsgegenstandes.
Keine
persönlichen
Wertungen
Wenn Sie für Ihr Unternehmen einen Bericht erstellen müssen:
Beschränken Sie Ihre Ausführungen ausschließlich auf die Darstellung des
äußeren Geschehensablaufes. Unterlassen Sie persönliche Wertungen und
Erwägungen zur Schuldfrage !
Das gleiche gilt, wenn Sie in Gegenwart von Dritten um eine Stellungnahme
gebeten werden.
Sofort einen Rechtsanwalt oder den Juristen der Rechtsabteilung einschalten.
Rufen Sie uns
Im Schadensfall sollten Sie unverzüglich unter kurzer Schilderung des
an oder schreiben Sachverhaltes mit uns Kontakt aufnehmen:
Sie eine Mail
Herr Benz
– Tel. 069/6603-1324 – Email: [email protected]
– Fax 069/6603-2324
Frau Fetterroll – Tel. 069/6603-1842 – Email: [email protected]
– Fax 069/6603-2842
Versicherungsvermittler der VSMA mit Angabe der
FGMA-Kundennummer
25111
VS-Nummer
80006043-6
Herr Flier
– Tel. 069/6603-1573 – Email: [email protected]
– Fax 069/6603-2573
-4-
2.
Vernehmung von Betroffenen
Es ist entscheidend, ob man als Beschuldigter oder als Zeuge vernommen
wird, da unterschiedliche Rechte und Pflichten gelten
Beschuldigter
oder
Zeuge ?
Beschuldigter ist, wer verdächtig ist, Täter oder Gehilfe einer
Straftat/Ordnungswidrigkeit zu sein.
Der Zeuge ist nicht Tatverdächtiger, kann aber Aussagen zum Tatgeschehen
machen.
Fragen Sie in jedem Fall den Ermittlungsbeamten, ob Sie Zeuge oder
Beschuldigter sind !
Bestehen Sie auf einer Belehrung über Ihre Rechte !
2.1
Vor Behörden
keine
Aussage
zur Sache
Vernehmung von Zeugen durch Polizei / Kripo / Aufsichts- oder
Ordnungsbehörde (= Verwaltungsbehörden)
Pflicht zum Erscheinen bei Vorladung:
nein
Pflicht, zur Sache auszusagen:
nicht erzwingbar
Pflicht, zur Person auszusagen:
ja
Recht auf schriftliche Äußerung:
ja
Recht auf Beiziehung eines Anwaltes:
Ermessensfrage
Der Zeuge braucht vor den Verwaltungsbehörden keine Aussagen zur Sache
zu machen. Ein Recht, von dem man im Zweifel Gebrauch machen sollte.
Dies darf nicht negativ ausgelegt werden !
Will man sich äußern, so sollte dies unbedingt schriftlich geschehen unter
Beiziehung eines Rechtsanwaltes. So vermeidet man unüberlegte Aussagen
und verhindert durch zielgerichtete Fragen, sich oder andere zu belasten.
-52.2
Vernehmung von Zeugen durch Staatsanwaltschaft
Pflicht zum Erscheinen bei Vorladung:
ja, durch
Zwangmittel
erzwingbar
Pflicht, zur Sache auszusagen:
grundsätzlich ja,
außer bei Zeugnisverweigerungsrecht
Pflicht, zur Person auszusagen:
ja
Recht auf schriftliche Äußerung:
Ermessensfrage
Recht auf Beiziehung eines Anwaltes:
ja
Pflicht
zum
Erscheinen
Der Zeuge muss auf Vorladung bei der Staatsanwaltschaft erscheinen, § 161 a
StPO. Erscheint er trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht, kann
gegen ihn ein Ordnungsgeld verhängt oder er kann zwangsweise vorgeführt
werden, § 161 a Abs. 2 StPO. Einer Ladung der Staatsanwaltschaft ist daher
immer Folge zu leisten.
Aussage zur
Sache und
Person
Der Zeuge muss vor der Staatsanwaltschaft sowohl zur Person als auch zur
Sache aussagen.
Zeugnisverweigerungsrechte
gem. §§ 52-55
StPO
Einzige Ausnahme: Es besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. §§ 52 –
55 StPO.
Hierüber muss der Zeuge vorher informiert werden.
Die wichtigsten Zeugnisverweigerungsrechte sind:
- Bestimmte verwandtschaftliche Beziehungen zum Beschuldigten bzw.
Angeklagten
(Ehegatte, auch geschiedene; Verwandte oder Verschwägerte; Verlobte)
- Angehörige bestimmter Berufsgruppen mit Schweigepflicht (z.B. Ärzte,
Rechtsanwälte, Journalisten etc.)
Wichtig:
Wenn nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann, dass man sich mit
seiner Zeugenaussage selbst belastet, § 55 StPO. Dabei ist die sichere
Erwartung der Verfolgung nicht erforderlich. Es genügt, dass die Einleitung
des Ermittlungsverfahrens droht.
Ggf. müssen die zur Zeugnisverweigerung berechtigenden Tatsachen durch
-6eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht werden, § 56 StPO.
Wenn kein Aussageverweigerungsrecht besteht, muss der Zeuge aussagen.
Verweigert er trotzdem, ist die Aussage durch Ordnungsgeld erzwingbar.
Rechtsanwalt
als
Rechtsbeistand
zulässig
Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 38, 105) ist
auch der Zeuge grundsätzlich berechtigt, einen Rechtsanwalt seiner Wahl als
Rechtsbeistand zur Vernehmung mitzubringen. Dieser kann den Zeugen bei
der Formulierung seiner Aussage und über sein Zeugnisverweigerungsrecht
beraten. Bei der Aussage selbst ist eine Vertretung aber nicht möglich, d. h.
der Zeuge muss immer selbst aussagen.
Falschaussagen
können
Folgen haben
Falsche Aussagen des Zeugen sind zwar nicht nach § 153 StGB (falsche
uneidliche Aussage) strafbar, da die Staatsanwaltschaft keine Eide abnehmen
darf. Allerdings kann eine falsche Zeugenaussage eine Strafbarkeit nach §§
257 (Begünstigung), 258 (Strafvereitelung), 145 d (Vortäuschen einer
Straftat) oder 164 (falsche Verdächtigung) StGB begründen.
Guter Rat:
Bestehen Sie in jedem Fall auf einer schriftlichen Äußerung !
So vermeiden Sie unüberlegte Äußerungen, die Ihnen oder anderen später
schaden könnten.
2.3
Vernehmung von Beschuldigten durch Polizei / Kripo / Aufsichts- oder
Ordnungsbehörde (= Verwaltungsbehörden)
Pflicht zum Erscheinen bei Vorladung:
nein
Pflicht, zur Sache auszusagen:
nein
Pflicht, zur Person auszusagen:
ja
Recht auf schriftliche Äußerung:
ja
Recht auf Beiziehung eines Anwaltes:
umstritten
-7keine
Erscheinungspflicht
Der Beschuldigte braucht einer Vorladung der Verwaltungsbehörde keine
Folge zu leisten. Dieses Recht nutzt in der Praxis allerdings wenig, da die
Behörden im Weigerungsfall die Vernehmung durch Abgabe an die
Staatsanwaltschaft durchsetzen können.
Recht die
Aussage zur
Sache zu
verweigern
Entschließt sich der Beschuldigte, der Vernehmung Folge zu leisten, dann
braucht er nur zu Person aussagen, nicht aber zur Sache. Es gilt der
Grundsatz:
Der Beschuldigte hat in jeder Lage des Verfahrens das Recht, die Aussage
zur Sache zu verweigern !
schriftliche
Aussage
oft besser
Auch bei der Vernehmung durch die Verwaltungsbehörden sollte man im
Zweifel auf schriftlicher Aussage bestehen. Man kann dann die Aussage in
Ruhe formulieren und vermeidet so spontane und unüberlegte Äußerungen.
frühzeitig
Rechtsanwalt
einschalten
Ob bei einer Vernehmung durch die Behörden ein Anspruch auf
Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes besteht, ist umstritten. Nach allgemeiner
Erfahrung wird dies in der Praxis sehr großzügig gehandhabt. Ein deutlicher
Hinweis, man werde im Weigerungsfalle keine Aussage machen, wirkt of
Wunder.
Wichtig:
Fragen Sie bei einer Vernehmung, ob Sie als Zeuge oder Beschuldigter
vernommen werden. Nur wenn Sie dies wissen, können Sie Ihre gesetzlichen
Rechte voll ausschöpfen.
2.4
Vernehmung von Beschuldigten durch Staatsanwaltschaft
Pflicht zum Erscheinen bei Vorladung:
ja
Pflicht, zur Sache auszusagen:
nein
Pflicht, zur Person auszusagen:
ja
Recht auf schriftliche Äußerung:
ja
Recht auf Beiziehung eines Anwaltes:
ja
Wenn der Beschuldigte durch die Staatsanwaltschaft geladen wird, muss er
erscheinen. Leistet er der Ladung keine Folge, kann eine Zwangsweise
Vorführung erfolgen (§ 133 StPO). Einer Ladung durch die Staatsanwaltschaft ist deshalb immer Folge zu leisten.
-8Während der Beschuldigte zur Person aussagen muss, gilt hinsichtlich der
Aussage zur Sache:
Grundsatz:
Der Beschuldigte hat in jeder Lage des Verfahren das Recht, die Aussage zur
Sache zu verweigern !
Er hat das Recht, sich auf eine schriftliche Äußerung zu beschränken.
Er hat auch das Recht, einen Rechtsanwalt bei seiner Vernehmung
herbeizuziehen.
Guter Rat:
Im Zweifelsfall sollte immer ein Rechtsanwalt bei der Vernehmung des
Beschuldigten anwesend sein.
-9-
3.
Behördliche Maßnahmen auf dem Firmengelände
– Durchsuchungen, Beschlagnahmungen –
Durchsuchungen und Beschlagnahmungen dienen vornehmlich dem Zweck, Beweismittel zu
beschaffen und sicherzustellen. Beschlagnahme bedeutet die förmliche Sicherstellung einer
Gegenstandes durch Überführung in amtlichen Gewahrsam oder auf andere Weise, aber auch die
Anordnung dieser Sicherstellung.
Die Durchsuchung dient der Auffindung von Gegenständen, die der Beschlagnahme unterliegen,
gegebenenfalls aber auch der Ergreifung des Beschuldigten.
In der Praxis gehören Durchsuchung und Beschlagnahme regelmäßig zusammen. Um zu
verhindern, dass möglicherweise belastendes Material vernichtet oder in Sicherheit gebracht wird,
werden in aller Regel Durchsuchungs- oder Beschlagnahmehandlungen durchgeführt, bevor der
Betroffene vom Ermittlungsverfahren Kenntnis erhält.
Erfahrungsgemäß ist es auch so, dass sich der Verdächtige bei Durchsuchungs- und
Beschlagnahmehandlungen zum ersten Mal mit Strafverfolgungsorganen konfrontiert sieht. Es ist
deshalb besonders wichtig, hier richtig zu reagieren.
Es werden deshalb folgende Verhaltensratschläge gegeben:
3.1
3.2
Erscheinen der Durchsuchungsbeamten

Fragen Sie zunächst nach dem Grund des Besuches.

Lassen Sie sich Dienstausweis und ggf. die richterliche
Durchsuchungsanordnung zeigen.

Notieren Sie die Personalien der Beamten.

Notieren Sie den Inhalt der Durchsuchungsanordnung (Gericht,
Aktenzeichen, Tatvorwurf).

Eventuell Fotokopien fertigen.

Informieren Sie unverzüglich die Rechtsabteilung oder den Hausjuristen
(Sie dürfen zu diesem Zweck telefonieren !):

Sorgen Sie nach Möglichkeit dafür, dass während der Dauer der
Durchsuchung ein Jurist anwesend ist.
Art der Mitwirkung bei Durchsuchungshandlungen
- 10 -
3.3
3.4

Grundsätzlich besteht keine Mitwirkungspflicht.
Sie brauchen keine Unterlagen herauszusuchen, Auskünfte zu erteilen
oder sonstige Hilfen zu geben. Im Einzelfall kann es allerdings ratsam
sein, behilflich zu sein, um die Atmosphäre nicht gleich von Anfang an zu
vergiften.

In keinem Fall aber dürfen die Beamten an der Durchsuchung in
irgendeiner Form ge- oder behindert werden !
Verhalten während der Durchsuchung

Begleiten Sie die durchsuchenden Beamten ständig.

Machen Sie sich Notizen über den Ablauf der Durchsuchung (evtl. mit
Hilfe eines Diktiergerätes).

Bei der Durchsuchung sind die Beamten berechtigt, verschlossene
Räume, Schreibtische, Büroschränke, Aktentaschen etc. zu öffnen bzw.
aufzubrechen. Hierbei sind sie nicht zu behindern !
Sicherstellen von Unterlagen
Erfolgt eine Sicherstellung von Unterlagen und ist kein Jurist anwesend,
geben Sie vorsorglich Widerspruch zu Protokoll.
Lassen Sie sich bei der Beschlagnahme von Unterlagen eine Bescheinigung
geben, in der neben Rechtsgrund für die Untersuchung auch alle
sichergestellten Unterlagen detailliert (z.B. durch Durchnumerieren)
bezeichnet werden. Hierauf besteht ein Rechtsanspruch !
Erfolgt die Sicherstellung durch Polizeibeamte – also nicht durch die
Staatsanwaltschaft ! – dann besteht zusätzlich das Recht zu verlangen, dass
die Unterlagen verschlossen und versiegelt werden.
- 11 Dies sollten Sie tun:
3.5

vorsorglich Widerspruch zu Protokoll geben, sofern kein Jurist anwesend
ist;

sich eine Bescheinigung mit Beschreibung der sichergestellten Unterlagen
(Durchnummerierung) geben

Bei Sicherstellung durch Polizeibeamte Unterlagen versiegeln und
verschließen lassen.

Versuchen Sie in jedem Fall, die beschlagnahmten Unterlagen zu
fotokopieren !
Zwar besteht hierauf kein Rechtsanspruch, aber der Hinweis, dies sei
unerlässlich für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes, wirkt oft
Wunder.
Zufallsfunde
Die Durchsuchungsbeamten dürfen auch solche Gegenstände sicherstellen,
die in keinem Zusammenhang mit dem eigentlichen Durchsuchungszweck
stehen, sofern sie auf eine andere Straftat hindeuten. Durch bedingte
Kooperation mit den Ermittlungsbeamten kann man dies vermeiden.
3.6
"Schlaufragen"
Es kommt nicht selten vor, dass Beamte anlässlich einer Durchsuchung sich
durch informatorische Befragung Informationen zu verschaffen suchen.
Hier ist Vorsicht geboten.
Gegenüber der Polizei besteht keine Aussagepflicht.
Gegenüber der Staatsanwaltschaft besteht eine Aussagepflicht
(falls kein Aussageverweigerungsrecht eingreift), aber man darf einen Anwalt
hinzuziehen.
Guter Rat:
Machen Sie von dem Recht einen Anwalt hinzuzuziehen Gebrauch.
Lehnen Sie eine Befragung an Ort und Stelle ab, solange kein Rechtsanwalt
zuvor ausreichend unterrichtet werden konnte.
- 12 -
4.
Behördliche Maßnahmen auf dem Firmengelände
– Durchsuchungen, Beschlagnahmungen –
Nur wenn man von Anfang an die richtige Vorgehensweise wählt und eine optimale
Verteidigungsstrategie aufbaut, wird vermieden, dass in einem strafrechtlichen
Ermittlungsverfahren eine Entwicklung eintritt, die insbesondere dem Unternehmen schadet.
Hier wäre hauptsächlich zu nennen die Gefahr der negativen Publizität, wodurch ein Image-Verlust,
Umsatzeinbußen oder sogar die Existenzgefährdung eintreten können.
Zur optimalen Verteidigungsstrategie gehört die Einschaltung eines fachspezifischen
Sachverständigen.
In den Risikobereichen der Umwelt-, Produkt- und Betriebsstättenverantwortung dürfte
die sofortige Einschaltung eines Sachverständigen geradezu zwingend sein.
Die Notwendigkeit ergibt sich schon daraus, dass auch die Staatsanwaltschaft Sachverständige
einschaltet, um den Tatvorwurf zu beweisen. Die gleiche Beweiserhebung durch Sachverständige
muss naturgemäß der Beschuldigte veranlassen, um der Beweisführung der Staatsanwaltschaft zu
begegnen. Ferner muss der Sachverständige den technischen Teil der Verteidigung aufbereiten, so
dass der beauftragte Anwalt nicht nur die rechtliche, sondern auch die technische Problemstellung
beherrscht.
Die Kosten des Sachverständigen können im Rahmen der Straf-Rechtsschutzversicherung
abgesichert werden. Und schließlich helfen Ihnen die FGMA und die Versicherung und bei der
Auswahl des Sachverständigen, da letztlich nur der Spezialist die entscheidende Hilfestellung
geben kann.
- 13 -
5.
Firmenstellungnahme
Es kommt immer häufiger vor, dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren einleitet, ohne
zu wissen, wer als Beschuldigter in Betracht kommt. Das Ermittlungsverfahren richtet sich dann
gegen "Unbekannt" oder "Verantwortliche des Unternehmens".
In dieser Situation wäre es aber falsch, passiv zu bleiben und abzuwarten, bis sich die Ermittlungen
gegen namentlich bekannte Mitarbeiter des Unternehmens richten.
Durch ein passives Verhalten geht wertvolle Zeit verloren, und falsche Reaktionen sind denkbar. In
dieser Phase des Ermittlungsverfahrens muss der eingeschaltete Anwalt das Unternehmen
verteidigen, obwohl das Unternehmen selbst nicht strafrechtlich handeln kann. Hierdurch wird aber
erreicht, dass Unternehmen und Mitarbeiter einheitlich argumentieren.
In dieser Phase muss jede Erörterung zum möglichen Verschulden einzelner Mitarbeiter vermieden
werden.
Das Verteidigungsergebnis ist die sogenannte Firmen-Stellungnahme, die besonders wirksam die
öffentliche Meinung zu dem Ermittlungsverfahren positiv beeinflussen kann.
Die beispielsweise in der Presse veröffentlichte Firmen-Stellungnahme kann ökologische und
technische Zusammenhänge aufzeigen und die richtigen Relationen herstellen. Deshalb muss die
Stellungnahme in einer extrem verständlichen Sprache abgefasst werden, so dass auch ein
technischer Laie den Sachverhalt versteht. In Umwelt-Strafverfahren muss der in ökologischer
Hinsicht eingetretene Schaden erörtert werden. Die Öffentlichkeit ist meist nicht in der Lage, das
Ausmaß des Schadens realistisch einzuschätzen.
Sehr häufig wird die Schadenshöhe überschätzt. Wichtig ist ferner, in der Firmen-Stellungnahme
denkbare Alternativen zu der vorgeworfenen Handlungsweise aufzuzeigen, da sich zeigen kann,
dass eine bessere Alternative überhaupt nicht zur Wahl stand.
Findet man auch andere Schadenursachen, könnte ein Fall der sogenannten Multikausalität
vorliegen, der die persönliche Zurechenbarkeit in Frage stellen kann.
In jedem Fall wird bereits ein Teilerfolg erzielt, wenn durch die Firmen-Stellungnahme
Staatsanwaltschaft und Öffentlichkeit nachdenklich gemacht werden. Hierdurch erfolgt
möglicherweise eine Weichenstellung in Richtung einer Einstellung des Verfahrens.
- 14 -
6.
Abschlussbemerkung
Dieser Leitfaden kann naturgemäß nur allgemein gehalten sein.
Jeder Fall ist unterschiedlich. Die vorgeschlagenen Verhaltensratschläge treffen aber auf die weit
überwiegende Zahl der Fälle zu.
Die Ratschläge in diesem Leitfaden dürfen auch nicht missverstanden werden. Sie dienen
keinesfalls dazu, die sicherlich notwendige Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft zu behindern
oder gar zu boykottieren. Vielmehr entsprechen alle Ratschläge geltendem Recht und sind
gesetzlich festgeschrieben. Sie machen also nur von Ihren Rechten Gebrauch. Wenn Sie diese
Hinweise befolgen, kann dies nicht als Unhöflichkeit oder gar Behinderung der Ermittlungsarbeit
ausgelegt werden.
Beachten Sie bitte weiter, dass dieser Leitfaden niemals eine Rechtsabteilung oder Juristen ersetzen
kann. Sollten Sie in Ihrem Unternehmen keinen Juristen angestellt haben, so empfiehlt es sich, ein
ständiges Beratungsverhältnis mit einem Anwalt in der Nähe des Unternehmens aufzubauen.