Paten schenken Zeit und Glück

64 | MM52, 21.12.2015 | MIGROS­WELT
Benachteiligte Familien
Artikelserie
Hilfe für
bedürftige
Kinder
Das MigrosMagazin widmet
der Spenden­
aktion der Migros
eine fünfteilige
Artikelserie.
1. Teil: Interview
mit Migros-Chef
Herbert Bolliger.
2. Teil, Pro
Juventute:
Im Hotel Chesa
Spuondas können
benachteiligte
Familien Ferien
machen.
3. Teil, Winter­
hilfe: Sie beschenkt Kinder
unter anderem
mit neuen Schulrucksäcken.
4. Teil, Heks:
In einem Haus
dieses Hilfswerks
in Neuenburg
finden Väter und
Mütter Rat.
5. Teil, Caritas:
Dank eines Patenschaftsprojekts
können Kinder
aus armen Familien in ihrer Freizeit
mehr erleben.
Paten schenken
Zeit und Glück
Die Caritas organisiert Patenschaften für bedürftige Kinder in der
Schweiz. Mithilfe dieses Projekts kommt Gisele zu einem Ponyritt.
Text: Beat Matter
D
er Himmel über den
Feldern ausserhalb der
Thurgauer Gemeinde
Scherzingen ist von
düsteren Wolken verhangen.
Doch das trübt die Stimmung
der neunjährigen Gisele kein
bisschen. Denn heute darf sie
mit dem Pony Helios über die
Feldwege reiten. Begleitet wird
das Mädchen von Robert (64)
und Barbara (61) Keller. Auf den
ersten Blick sieht es so aus, als
würden hier glückliche Grossel­
tern mit ihrer Enkelin einen ver­
gnügten Nachmittag verbringen.
Doch die Kellers sind nicht
Giseles Grosseltern, sondern
seit gut einem Jahr ihre soge­
nannten Paten. Sie beteiligen
sich am Programm «mit mir»
der Caritas. Im Rahmen dieses
Projekts schenken Freiwillige
Kindern aus bedürftigen Fami­
lien regelmässig Zeit und Auf­
merksamkeit. Gisele ist mindes­
tens alle zwei Wochen mit dem
Ehepaar Keller unterwegs. «Wir
gehen in den Zoo, ins Technora­
ma, machen daheim etwas oder
gehen spazieren», erzählt Gisele.
Bilder: Daniel Ammann
mente und mag Tiere. «Es kommt
nie vor, dass ich nicht zu Robert
und Barbara will», schwärmt sie.
«Denn es macht immer Spass mit
ihnen.» Ausser, wenn sie bei dem
Ehepaar die Schulaufgaben erle­
digen müsse, ergänzt sie noch mit
einem Lächeln.
Giseles Mutter, Mira, ist der
Liebe wegen aus der Slowakei in
die Schweiz gekommen. Die
Töchter Melissa (14) und Gisele
kamen zur Welt, die Beziehung
zum Vater ging in die Brüche.
Seither schlägt sich Mira ohne
familiäre Unterstützung durch,
arbeitet lange Schichten in
einem Heim für behinderte
Kinder, regelmässig auch an den
Wochenenden. «Da bleibt ein­
fach zu wenig Zeit für die Töch­
ter», sagt Mira. In schwierigen
Momenten hat sie sich oft
Grosseltern für ihre Kinder
gewünscht. Auch deshalb hat sie
Gisele beim Projekt «mit mir»
Ein Glücksfall für alle Beteiligten
«Die Kellers und Gisele, das ist
eine von derzeit 18 laufenden
Patenschaften im Kanton Thur­
gau», sagt die kantonale Caritas­
Projektleiterin Simone Rutis­
hauser. Schweizweit seien es
rund 300. Im Kanton Thurgau
seien es oft Kinder von Allein­
erziehenden, die angemeldet
werden, sagt Rutishauser.
Das Mädchen Gisele liebt
Bewegung und Sport. Sie tanzt,
macht Akrobatik, spielt Instru­
angemeldet. Bei den Kellers war
es Robert, der die Initiative für
eine Patenschaft ergriff. Das
Paar ist kinderlos. Nach seiner
Frühpensionierung wollte
Robert in der neu verfügbaren
Zeit etwas für oder mit Kindern
machen. Er informierte sich bei
verschiedenen Hilfswerken.
Beim Caritas­Projekt «mit mir»
blieb er hängen. «Dass man sich
für ein Kind einsetzen und so
auch dessen Familie unter­
stützen kann, überzeugte mich»,
sagt er. Barbara zog mit. Vor
gut einem Jahr meldeten sie
sich an.
Caritas klärt interessierte
Paten nach strengen Kriterien
ab. «Sie müssen ihre Motivation darlegen, Strafregisterauszüge einreichen und
Referenzen angeben», erklärt
Rutishauser. Es folgt ein Ge­
spräch, ein erstes Treffen mit
dem Kind, dann eine mehr­
monatige Probezeit. «Erst wenn
es für alle Beteiligten stimmt,
beginnt eine dauerhafte Paten­
schaft», erklärt die Projektleite­
rin. Und selbst dann begleitet
Caritas die Paten während drei
Jahren mit Standortgesprächen
und gemeinsamen Anlässen.
Die Paten fühlen sich beschenkt
«Freiwillige Paten bieten
Kindern Erlebnisse und
entlasten zugleich deren
Eltern. Das ist ein erster
Schritt, um die Spirale der
Armut zu durchbrechen.»
Hugo Fasel, Direktor der Caritas Schweiz
Die Kellers, Gisele und Mutter
Mira passten auf Anhieb zuein­
ander. «Die Sympathie war
sofort vorhanden», erinnert sich
Barbara. Nach rund einem Jahr
ist das Team eng zusammen­
gewachsen. Man trifft und hilft
sich. «Es ist ein Glücksfall und
auch für uns Paten ein grosser
Gewinn», betont Robert. MM
MIGROS­WELT | MM52, 21.12.2015 | 65
Robert und
Barbara Keller mit
der neunjährigen
Gisele. Die beiden
Paten sind für das
Mädchen so etwas
wie Grosseltern
geworden.
Spendenaktion
So machen
Sie mit
Das gesamte Geld, das bei
der Migros-Spendenaktion
zusammenkommt, geht zu
gleichen Teilen an Pro
Juventute, Winterhilfe,
Heks und die Caritas. Die
Hilfswerke setzen die Spenden für ausgewählte Projekte
ein, mit denen benachteiligten
Kindern in unserem Land
geholfen wird. Am Ende der
Aktion wird die Migros die
Spendensumme mit bis zu
einer Million Franken verdoppeln. So machen Sie mit:
In den Migros­Filialen:
An den Kassen gibt es bis
24. Dezember Schoggiherzen
für 5, 10 und 15 Franken. Der
Erlös kommt vollumfänglich
den vier Hilfswerken zugute.
Per SMS: Keyword «Kinder»
und Spendenbetrag an die
Nummer 455 senden. Für eine
Spende von 50 Franken
sendet man also «Kinder 50»
an die 455. Gespendet werden
kann bis 31. Dezember.
Per Song­Download:
Das Migros-Weihnachtslied
«Ensemble», das schon vor
einem Jahr die Hitparade
stürmte, kann wieder heruntergeladen werden. Der Song
kostet bei Ex Libris 90 Rappen,
bei iTunes Fr. 1.50 und bei
Google Play 99 Rappen.
Der Verkaufspreis fliesst in
den Spendentopf.
Online auf Migros.ch/
spenden: Per Kreditkarte
oder Paypal.
Bild:
Per Überweisung:
Unter Angabe des Betreffs
«Migros-Weihnachts-Spende»
bis 31. Dezember auf das
PC-Konto 30-620742-6.