Alles muss heiliger Tanz sein. Predigt für den 8

Alles muss heiliger Tanz sein.
Predigt über Matthäus 5, 13-16
für den 8. Sonntag nach Trinitatis
Das Predigtwort
Ihr seid das Salz der Erde.
Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen?
Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet
und lässt es von den Leuten zertreten.
Ihr seid das Licht der Welt.
Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt,
nicht verborgen sein.
Man zündet auch nicht ein Licht an
und setzt es unter einen Scheffel,
sondern auf einen Leuchter;
so leuchtet es allen, die im Hause sind.
So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten,
damit sie eure guten Werke sehen
und euren Vater im Himmel preisen.
Die Predigt
Zwei Erlebnisse haben mich tief bewegt in den vergangenen Wochen.
Einmal eine Taufe am vergangenen Wochenende.
Es war die zweite Taufe in der Familie.
Erst wurde das große Schwesterlein getauft und nun der Sohn.
Alle waren hier in heller Lebensfreude.
Der kleine Bub hat mit strahlenden Augen alles mit verfolgt.
Wenn ich die Augen schloss, um zu beten, wurde er grantig.
Sobald ich sie wieder öffnete, war er wieder fröhlich beim Geschehen…
Die Taufe selbst hat er besonders genossen,
weil sein Köpfchen in diesen sehr heißen Tagen das kühlende Wasser genoss.
Und nicht nur das: der Kleine fühlte das Ganze…
Die Eltern hatten Musik mitgebracht,
moderne Musik mit tanzbaren Rhythmen.
Die große Schwester und ihre Cousine begannen,
so fröhlich in sich versunken und so herzoffen
zu tanzen.
Sie bewunderten ihre Kleidchen,
die beim Tanz schwangen und sich wiegten
und sie lachten.
Und ich dachte,
dass es das gibt
jetzt
in dieser tobenden, tosenden Welt
das ist ein Zeichen.
So oft denke ich
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„Das habt zum Zeichen…“
Ich liebe es unendlich,
wenn es durchbricht,
das Neue Sein,
das sakramentale Leben
und wir zum Augenblick dies einzig sind:
heilig und geliebt.
Ein zweites Erlebnis hat mich dergleichen tief berührt.
Es war ein Gespräch mit einer Facebook-Freudin aus Graz.
Sie will eine Dissertation schreiben über den Trost.
Die Idee und den Titel verdanke sie mir, sagt sie
und insbesondere einem Satz, den ich einmal gesagt hätte:
„In meine Dunkelheit wagt sich kein Hirte“.
Dieser Satz von Else-Lasker Schüler würde der Titel
oder wenigstens der Untertitel werden zu Ihrer Arbeit.
In meine Dunkelheit wagt sich kein Hirte…
In diesem Gespräch zitiert sie eine gemeinsame Bekannte,
sie ist Hospizschwester,
Auf die Frage, „Wann haben Sie zum letzten Mal Trost erfahren in Ihrem Leben?“
habe sie geantwortet:
„Ich brauche immer Trost!“
Das glaube ich auch schon lange aus so viel Erfahrung.
Und freue mich über diesen so klaren Satz.
Ja, immer habe ich das mir selbst schon irgendwie freudig bekannt,
dass – ohne es zu wissen – doch am Ende alles geschieht um der Trostes willen.
Es ist die Musik, die tröstet über Gesagtes,
Nachrichten und Unordnung im Kopf und der Seele
Es sind die Gespräche, die mich endlich nach langem Warten zu mir führen.
Und ich weiß auf einmal, es fühlt sich richtig an,
was ich empfinde.
Dass er mich um mein Leben betrogen hat,
dass sie mich hintergangen hat
und dass das Leben sich untröstlich zeigt.
Immer ist Sehnsucht nach Trost.
Immer wollen Menschen getröstet werden. Und wir.
Es ist die Kunst in all ihren Formen, hat sie uns nicht je getröstet?
Und es ist die Liebe – sie ist die höchste, die größte von allen –
und Familie und Freundschaft in ihrer Gestalt.
Ich glaube, sage ich meiner Interview-Partnerin:
Meine ganze Theologie ist eine Trost-Theologie.
Sind wir nicht immer in dem Zustand, dass etwas fehlt,
dass ich mich irgend verfehle?
Ist da nicht der tägliche Rest in unser aller Leben?
Die Antwort nach der Frage aber pocht in unser aller Herzen.
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Ein Geheimnis wohnt tief in uns
Die Mutter des Täuflings hatte Worte von Hermann Hesse mitgebracht.
Die Taufe fand just einen Tag nach meinem Trost-Gespräch statt:
Und in den Worten, die dem Täufling gelten sollten, fand ich Trostmacht
für uns Suchende, die wir sind, solange wir sind:
„Es ist aber nicht eine blinde Macht von außen,
deren Spielball wir sind,
sondern es ist die Summe der Gaben,
Schwächen und anderen Erbschaften,
die ein Mensch mitgebracht hat.
Ziel eines sinnvollen Lebens ist, den Ruf dieser innern
Stimmen zu hören und ihm möglichst zu folgen.
Der Weg wäre also: sich selbst erkennen,
aber nicht über sich richten und sich ändern wollen,
sondern sein Leben möglichst der Gestalt anzunähern,
die als Ahnung in uns vorgezeichnet ist.“
Die Ahnung, die bleibt uns immer,
die Ahnung und das tiefe Wissen
darum, wie ich gemeint bin und die Welt.
Alle Politiker und Politikerinnen wissen das
um den Erdball
Und wenn irgend Hass regiert und Gewalt
Und wenn Entwürdigung geschieht,
und wir befinden uns ja in einem Prozess der anhaltenden Entwürdigung
aber solches geschieht, wenn die Menschen,
die entscheiden im Großen und im Kleinen
den Kontakt verloren haben
zu sich und zu der Ahnung, die in ihnen verschwebt
und die sie ausmacht.
Ziel eines sinnvollen Lebens ist, den Ruf dieser innern
Stimmen zu hören und ihm möglichst zu folgen…
Und das Evangelium für den heutigen 8. Sonntag nach Trinitatis,
es ist ein Trostwort über uns und sagt uns klar:
Ihr seid das Salz der Erde
Ihr seid das Licht der Welt.
Ja, was wollen wir denn mehr hören als dies,
dass wir dieser erhitzten Erde das geben, was sie braucht,
dass wir es sind, die das geben können, was fehlt
Dass es mich,
dass es uns gibt
jetzt
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in dieser tobenden, tosenden Welt
das ist ein Zeichen.
Wir die Kinder, die zur Taufe getanzt haben
Als wäre es ein Gottesbeweis:
Und dann höre ich Konstantin Wecker:
„Alles muss heiliger Tanz sein,
Liebe und Zorn und Streit.
Wenigstens muss es ganz sein.
Dann bin ich bereit.
Ich hasse die halben Sachen.
Sie öden mich schrecklich an.
Leben ist Lieben und Lachen
und Sterben dann und wann.
Du gib dich mir im Ganzen.
Und tanze dich in mich hinein.
Auch ich werd´ mich in dir verschanzen,
um gänzlich glücklich zu sein.
Alles muss heiliger Tanz sein,
auch zum letzten Geleit
wünsch´ ich mir tanzende Freunde,
zum Trunke bereit.
Alles muss heiliger Tanz sein.
Schließlich hat Gott sehr gelacht,
als er die Welten erschaffen
und zum Tanzen gebracht.
Alles fließt und nichts endet,
nichts bleibt je unbewegt,
außer der ruhenden Mitte,
die sich im Tanze erlebt.
Alles muss heiliger Tanz sein,
Rausch und Sehnsucht nach Sinn.
Wir trinken zusammen das Leben
und ertrinken nicht darin. …
Die Liebe will immer frei sein.
Sie fügt sich keinem Gebot,
und wenn du noch so klammerst
in deiner Wüstennot.
Wer frei sein will, befreie!
Liebe, dann wirst du geliebt.
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Willst du Vergebung? Verzeihe!
Und empfangen wird nur, wer gibt.
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„Das habt zum Zeichen…“
Wir sind zum Zeichen
Durch uns bricht es durch, unendlich,
das Neue Sein,
das sakramentale Leben
und wir schenken zum Augenblick das,
was jeder als Ahnung in sich trägt,
dass ein jeder Mensch dieser Erde dies ist:
heilig und geliebt.
Darum sind wir Salz und das Licht
sind es füreinander und
für Flüchtlinge, wir setzen Zeichen.
Das wünsche ich mir auch von unserer Gemeinde,
dass wir da konkret etwas tun.
Einem anderen etwas sein, das können wir.
Albert Schweitzer hat uns darauf hingewiesen…
Es schwebt mir schon vor
Wir kommen in ein Gemeinsames
Lichtmeere haben wir in diesem schönen Wien schon einige miterlebt, gesehen…
Ich glaube da an alles, was wir als einzelne und auch gemeinsam noch tun.
Und wir sind Salz und das Licht
Und wir sind es zum Trost für alle,
die nicht mehr wissen,
was jetzt noch gilt
und denen Angst und Bange ist vor den Angriffen
und wir wissen die Feinde nicht mehr…
Aber Gott weiß
Er weiß mich, es weiß Dich
Und er weiß Dich im Sichtbaren und im Unsichtbaren
Und weiß Dich immer und ewig.
Und immer wird er Dich trösten,
ein Neues erfinden
um Dich zu finden,
wo immer Du bist!
Und in dieser Gnade, erfinden wir uns neu und wagen uns in jede Dunkelheit
Und sind Salz der Erde und Licht der Welt!
+ Amen
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