Keine Wahl LEONHARD FOEGER/REUTERS In Österreich wird am kommenden Wochenende über einen neuen Bundespräsidenten abgestimmt. Die politische »Elite« des Landes hat sechs nur in Nuancen unterscheid bare Kandidaten nominiert. Von Hellmuth Fellner SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1947 · MITTWOCH, 20. APRIL 2016 · NR. 92 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Eigennützig Selbstgefällig Widerständig Geradlinig 3 6 7 11 Kroatiens neue Regierung setzt Kürzungspolitik fort. Stärkere Medienkontrolle angestrebt Türkei: Parlament entscheidet über Verfassungsänderung. Kritische Abgeordnete im Visier Protestwoche in den USA: Aktions einheit von Bürgerrechtsgruppen und Gewerkschaften Die Schauspielerin Cox Habbema ist gestorben. Ihre Kunst brachte Weltläufigkeit in die DDR Immer wieder Freital Polen will an Ostgrenze mehr NATO-Truppen Moskau. Einen Tag vor der heutigen Sitzung des NATO-Russland-Rates hat der Sprecher des russischen Präsidenten in Moskau dem westlichen Militärbündnis vorgeworfen, seine Truppen an der russischen Grenze aufzustocken. Dmitri Peskow sagte, die Aktivitäten der Allianz stellten »eine Bedrohung der nationalen Interessen und der nationalen Sicherheit Russlands« dar. Unterdessen hat der polnische Außenminister Witold Waszczykowski die Nato aufgefordert, ihre militärische Präsenz an der Ostgrenze des Bündnisses erheblich zu verstärken. Die 2014 beschlossene Unterstützung reichte nicht mehr aus, erklärte Waszczykowski am Dienstag in Warschau. Der NATO-Russland-Rat soll erstmals nach zwei Jahren Unterbrechung am heutigen Mittwoch wieder in Brüssel tagen. (dpa/Reuters/jW) Nach Sprengstoffanschlägen auf Flüchtlinge und Linke: Generalbundesanwalt geht gegen mutmaßliche rechte Terrorzelle vor. Von Michael Merz M ARD-Journalist in Türkei festgesetzt BJÖRN KIETZMANN Nährboden des Terrors: Einer von zahlreichen rechten Aufmärschen im sächsischen Freital 2015 der örtlichen CDU lediglich bescheinigt, »dem Ruf von Freital damit nachhaltig geschadet« zu haben. Nur drei der vielen Attacken – zwei auf Asylbewerberunterkünfte und eine auf ein linkes Wohnprojekt in Dresden – werden den jetzt Festgenommenen im Alter von 18 bis 39 Jahren zur Last gelegt. In einem der Fälle wird auch dem Verdacht auf versuchten Mord nachgegangen. »In welchem Umfang der rechtsterroristischen Vereinigung noch weitere Anschläge zuzurechnen sind, bleibt den weiteren Ermittlungen vorbehalten«, sagte die Bundesanwaltschafts sprecherin, Frauke Köhler, gegenüber Reuters. Karlsruhe ermittelt offiziell erst seit einer Woche. Vorher war die Generalstaatsanwaltschaft Sachsen zuständig. Diese habe den Fall nicht – wie üblich – von sich aus dem Generalbundesanwalt als Terrorverdachtsfall vorgelegt, so ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt. Die Bundesanwaltschaft habe die Akten erst anfordern müssen und das Verfahren schließlich an sich gezogen, dies sei »politisch brisant«. Die Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz (Linke) wies bereits in mehreren parlamentarischen Anfragen auf die Gefahr der Bürgerwehr hin. Trotz belegbarer Vorwürfe sei nie über ein Verbot nachgedacht worden, sagte sie am Dienstag. »Hier hätte viel eher eingeschritten werden müssen, noch bevor es zu Anschlägen kommt.« Für die Linke-Bundestagsabgeordnete Martina Renner ist klar, dass nun mögliche Unterstützernetzwerke ins Visier rücken müssen: »Rechter Terror entsteht vor dem Hintergrund einer breiten gesellschaftlichen Zustimmung zu Rassismus und kann nur erfolgreich gestoppt werden, wenn auch die Strukturen im Hintergrund bekämpft werden.« Dass nun endgültig Ruhe einkehrt in der Kleinstadt, möchte der Linke-Ortsvorsitzende Jörg Kühnast gern glauben, wie er im Gespräch mit jW am Dienstag sagte. Das sei zumindest kurz nach den ersten Festnahmen im November durchaus der Fall gewesen. »Doch nach 14 Tagen ging es wieder los mit den Attacken auf unser Büro.« Applaus für Fidel Kommunistische Partei Kubas beendet VII. Parteitag. Führungsgremien sollen verjüngt werden A m gestrigen Dienstag mittag (Ortszeit) endete in Havanna der VII. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) – wie Prensa Latina meldete in Anwesenheit Fidel Castros. Der Nachrichtenagentur zufolge begrüßten die rund 1.000 Delegierten und knapp 300 Gäste den Revolutionsführer im Kongresszentrum »Palacio de Convenciones« stehend und mit lang anhaltendem Beifall. Vor dem Abschlussbericht informierte das Präsidium über das Ergebnis der am Vorabend erfolgten Wahl der Mitglieder des Zentralkomitees. Dieses höchste Organ der PCC zwischen den Parteitagen hatte in seiner ersten Sitzung am Dienstag vormittag aus seinen Reihen das Politbüro sowie den Ersten und Zweiten Sekretär gewählt. In seiner Eröffnungsrede am Sonnabend hatte Parteivorsitzender Raúl Castro sich für eine Verjüngung der wichtigen Gremien ausgesprochen. Sein Vorschlag einer künftigen Altersobergrenze von 60 Jahren für die Wählbarkeit in das Zentralkomitee und eine Begrenzung des Mandats auf maximal zwei Wahlperioden wurde von den Delegierten positiv aufgenommen und zur weiteren Prüfung empfohlen. Raúl Castro selbst bestätigte zudem erneut, dass er mit Ablauf seiner zweiten Amtszeit als Präsident im Jahr 2018 nicht erneut für die Position des Staats- und Regierungschefs kandidieren werde. Bis zum Abschluss des Parteitages hatten die Delegierten in mehreren Plenarsitzungen und vier Arbeitskommissionen den zentralen Rechenschaftsbericht und vier Dokumente verabschiedet, die jetzt den 670.000 Mitgliedern der 54.500 Parteizellen sowie den Gewerkschaften, dem Jugend- und dem Frauenverband und weiteren sozialen Organisationen des Landes zur Diskussion vorgelegt werden. Inhaltlich geht es dabei um konkrete Vorschläge für die Weiterentwicklung des sozialistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells, einen Entwicklungsplan der Nation bis zum Jahr 2030, die weitere Umsetzung der vor fünf Jahren beschlossenen 313 Leitlinien zur Modernisierung aller Bereiche sowie den Herausforderungen und Aufgaben der politischen Organisationen. Volker Hermsdorf BILDQUELLE ehr als 200 Polizeibeamte, darunter Spezialeinheiten der GSG 9, haben am Dienstag morgen in einer konzertierten Aktion vier Männer und eine Frau in Freital (Sachsen) festgenommen. Zeitgleich wurden mehrere Wohnungen und Räume in Sachsen durchsucht, wie die Bundesanwaltschaft Karlsruhe mitteilte. Dabei sei eine große Anzahl pyrotechnischer Sprengkörper gefunden worden. Gegen die fünf Personen wird wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer rechtsterroristischen Vereinigung ermittelt. Drei weitere Verdächtige sitzen bereits seit November in U-Haft. Unter ihnen Timo S. und Patrick F. – sie sollen die Rädelsführer der Gruppe gewesen sein, deren Ziel Sprengstoffanschläge auf Asylbewerberunterkünfte und Wohnprojekte von politisch Andersdenkenden gewesen sein soll. Anzunehmen ist, dass die Festgenommenen im Zusammenhang mit der »Bürgerwehr FTL/360« stehen, die es seit April 2015 gibt. Die Bundesanwaltschaft bezeichnet die mutmaßlichen Täter lediglich als »Gruppe Freital«. Immer wieder Freital. Die Liste rassistischer Ausschreitungen, von Angriffen und Bedrohungen durch Neonazis und ihre Mitläufer ist seit dem Frühsommer 2015 lang: Sprengstoffanschläge auf Wohnungen von Flüchtlingen, das Auto eines Linke-Stadtrats oder das Bürgerbüro der Linkspartei, daneben Brandstiftungen und Steinwürfe auf Fensterscheiben zuhauf. Verbale Bedrohungen und Hasspostings im Internet nahezu täglich. Die Polizei offenbarte über Monate ein Bild der Hilfund Tatenlosigkeit. Menschen, die auf den rechten Terror hinwiesen, bekamen noch im November letzten Jahres von Berlin. Die Türkei hat dem ARDKorrespondenten Volker Schwenck (Foto) am Dienstag die Einreise verweigert. Der Fernsehreporter sei am Flughafen Istanbul festgesetzt worden, teilte sein Sender, der Südwestrundfunk (SWR), in Stuttgart mit. Der Deutsche JournalistenVerband (DJV) reagierte empört auf das Vorgehen der türkischen Behörden und verlangte die sofortige Freilassung Schwencks. Auch das Auswärtige Amt schaltete sich ein. Gründe für die Festsetzung seien Schwenck zunächst nicht genannt worden, erklärte der SWR. Erst im vergangenen Monat musste Spiegel online seinen IstanbulKorrespondenten Hasnain Kazim aus dem Land abziehen, weil die dortigen Behörden seine Presseakkreditierung nicht verlängern wollten. (AFP/jW) wird herausgegeben von 1.828 Genossinnen und Genossen (Stand 15.4.2016) n www.jungewelt.de/lpg
© Copyright 2024 ExpyDoc