PDF Artikel Südkurier vom 21. Dezember 2015

Kultur: Der Zauber des Provisorischen | SÜDKURIER Online
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vor 8 Stunden
Siegbert Kopp
Der Zauber des Provisorischen
Julia Hölscher beeindruckt mit einer luftigen Version von Mozarts „Zauberflöte“ am
Theater Basel
In Basel ist die Bühne schwarz und leer. Prinz Tamino kämpft hier nicht gegen eine Riesenschlange, sondern er
verwickelt sich in Seile, die vom Schnürboden hängen. Im Bild: Mari Moriya (Königin der Nacht) und Sebastian
Kohlhepp (Tamino). | Bild: Sandra Then
Gleich in ihrer ersten Spielzeit haben Basels neuer
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Intendant Andreas Beck und Operndirektorin
Laura Berman die populärste aller Opern auf den
Spielplan gesetzt: Mozarts 1981 uraufgeführte
„Zauberflöte“. Was beim Publikum ein Selbstläufer
zu sein scheint, stellt für die Regie ein schwieriges
Unterfangen dar. Um in der Konkurrenz der
Neuinterpretationen trumpfen zu können, muss
man schon den großen Wurf wagen, eine
verblüffende szenische Behauptung.
Am Theater Basel, das in den letzten Jahren
mehrere „Zauberflöten“ erlebt hat, macht sich jetzt die junge Hausregisseurin Julia Hölscher
ans Werk. Und wie? Mit Leichtigkeit. Das Rätsel, das Schikaneders Libretto aufgibt, will die
Regisseurin gar nicht erst lösen. Sie entzaubert die „Zauberflöte“ ganz einfach. Sie verzichtet
auf die effektvollen Verwandlungen. Sie lässt die Hüllen des Illusionstheaters fallen. Sie
bringt die nackten Holzgerüste darunter zum Vorschein. Viel ist das nicht. Aber es macht
Sinn. Der Rest ist Musik. Das Sinfonieorchester Basel unter Leitung von Christoph Altstaedt
gibt Mozart auf ebenso transparente, frische, luftig-verspielte Weise. Das Sängerensemble,
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bestückt mit Gästen und hauseigenen Kräften, beeindruckt mit zum Teil vorzüglichen
Einzelleistungen.
In Basel ist die Bühne (Mirella Weingarten) am Anfang schwarz und leer. Prinz Tamino
kämpft hier nicht gegen eine Riesenschlange, sondern er verwickelt sich in Seile, die vom
Schnürboden hängen. Alles wirkt funktional, vorläufig. Von der Treppe, die die Königin der
Nacht herabsteigt, sind nur die Stufenbretter geblieben; der Auftritt der kleinen Dame hat
nichts Mysteriöses. Eher eine Diva, die ihre große Zeit hinter sich hat. Desto stärker
beeindruckt der Sopran von Mari Moriya. Besonders in der Rache-Arie im zweiten Teil schafft
sie mühelos die weiten Sprünge bis hin zu den Spitzenkoloraturen, vom Publikum mit
Applaus bedacht.
Ihr Gegenspieler Sarastro, zuständig für die Tugend, ist keine statuarische Herrscherfigur,
sondern ein junger Dandy, gelangweilt vom Altherrenclub seiner Getreuen. Callum Thorpe
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spielt Sarastro mit stupender Beweglichkeit, und mit gleicher Selbstverständlichkeit führt er
seinen voll tönenden Bass. Pamina, obwohl er sie geraubt hat, fühlt sich von seinem warm
werbenden Ton angerührt. Anna Gillingham als Pamina durchläuft fühlbar eine Entwicklung
bis hin zu ihrer diffizilen Selbstmord-Arie. Sie glaubt, dass sich ihr geliebter Tamino von ihr
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abgewandt hat. Schon in der ersten Arie („Dies Bildnis ist bezaubernd schön“) macht
Sebastian Kohlhepp klar, dass er ohne falsche Schwülstigkeit auskommt. Das gilt erst recht
für das „niedere Paar“: Thomas Tatzl kommt als Papageno mit seinem Wiener Schmäh hörbar
aus der Vorstadt-Komödie, und seine kindliche Papagena (Valentina Marghinotti) fliegt ihm
auf der Schaukel geradewegs zu.
Diese „Zauberflöte“ hat etwas deutlich Luftiges,
Transparentes. Die Aufbauten, vier Türme mit
ausklappbaren Treppen, kommen als rohe Holzkonstrukte
auf die Bühne, fahrbar, variabel, provisorisch. Auch
Sarastros Krieger wirken provisorisch zusammengeflickt,
Veteranen vergangener Schlachten. Die drei Hofdamen der Königin der Nacht sind nicht
mehr innerlich miteinander verbunden, sondern nur wie Puppen durch ihren meterlangen
Zopf (Kostüme: Susanne Scheerer). Auf diese verspielte Weise bringt die Regisseurin einen
ernsten Grundgedanken aufs Bild: Die alten Mächte sind alte Zöpfe, im Zerfallen begriffen;
das neue Reich der Toleranz und Gleichberechtigung ist im Kommen.
Was in der Basler „Zauberflöte“ erklingt und aufscheint, das ist das Reich des Provisorischen.
Es hat keine fertigen Bilder. Niemand wird durch straffe Personenführung in die Eindeutigkeit
gezwungen. Es prunkt nicht durch Ausstattungsopulenz. Es fühlt sich merkwürdig leicht an.
Die Kraft dieser Inszenierung ist leise: Wir haben keine Botschaften; wir beginnen mit
unserem ernsten Spiel.
Die nächsten Aufführungen: 23., 27. und 31. Dezember; 3., 5. und 8. Januar. Karten und Infos:
www.theater-basel.ch
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