Fälle für die „Battle Leistungsstörungsrecht“ Professor Dr. Thomas

Professor Dr. Thomas Riehm
Lehrstuhl für Deutsches und Europäisches
Privatrecht, Zivilverfahrensrecht
und Rechtstheorie
Fälle für die „Battle Leistungsstörungsrecht“
(28.10.2015)
Fall 1: K kauft beim Kfz-Händler V nach ausgiebiger Probefahrt einen speziell ausgestatteten
und so nirgends anders erhältlichen gebrauchten VW Golf 2.0 TDI (Baujahr 2013). Aus Presseberichten erfährt K sieben Monate nach Auslieferung des Autos, dass der Motor des Autos
eine Software enthält, die die Abgaskontrolle außer Kraft setzt, wenn sich das Auto außerhalb
eines Prüfstandes bewegt. Damit ist sein Betrieb in Deutschland nach der StVZO unzulässig. V
wusste von dieser Software nichts und hatte auch keine Anhaltspunkte dafür. K wendet sich
nun an V und setzt ihm eine Frist von einem Monat, um die Software zu deaktivieren und das
Auto so in einen StVZO-konformen Zustand zu versetzen, was technisch möglich ist. V fährt
jedoch lieber in Urlaub und lässt das Auto des K nicht bis Fristende reparieren.
Fall 2: Wie Fall 1. Aufgrund einiger Presseberichte und verdächtiger Testergebnisse hätte V
allerdings bereits vor dem Verkauf des Autos an K von der unzulässigen Software wissen müssen und hätte sie vor der Auslieferung des Autos in seiner Werkstatt auch auffinden und deaktivieren können. Kurz nach dem Verkauf wurde die Werkstatt des V vom nahegelegenen Inn
überflutet und war nicht mehr benutzbar. K fordert V nun unter Fristsetzung zur Nachbesserung auf; dieser Aufforderung kann V nicht nachkommen, weil seine eigene Werkstatt unbenutzbar ist und alle anderen VW-Werkstätten, die zu dieser Software-Aktualisierung in der
Lage wären, völlig überlastet sind und innerhalb der Frist keinen Auftrag von V mehr annehmen. Bis zum Ende der von K gesetzten Frist war das Kfz daher immer noch nicht repariert.
Fall 3: Wie Fall 2. In der Werkstatt des V gerät das Auto wegen eines elektrischen Defekts in
Brand und wird vollständig zerstört, bevor die Software entfernt wird. Der elektrische Defekt
hatte nichts mit der Motorsteuerung zu tun und wäre auch aufgetreten, wenn das Auto nicht
in der Werkstatt gewesen wäre.
Fragen für alle Sachverhaltsvarianten:
1. Kann K von V Schadensersatz statt der Leistung (Mehrkosten der Reparatur bei einem
Dritten, mangelbedingten Minderwert oder Kosten eines Ersatzfahrzeugs) verlangen?
2. Für jeden Monat der Benutzung des Autos verlangt das Finanzamt nachträglich
(rechtmäßig) € 20 zusätzliche Kraftfahrzeugsteuer, weil das Auto in Wahrheit die
Euro 5-Norm nicht erfüllt hat, aufgrund derer ursprünglich eine Steuerermäßigung
erteilt wurde. Kann K diese von V ersetzt verlangen?