Demokratie braucht richtige Wahl - Andreas Fagetti | Demokratie

Donnerstag, 3. September 2015 / Nr. 202
Nidwalden
Obwalden
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21
BOTE DER URSCHWEIZ
«Demokratie braucht richtige Wahl»
NATIONALRAT Zwei junge
Nidwaldner wollen eine stille
Wahl verhindern. Die
geringen Chancen von
Nationalratskandidat Andreas
Fagetti sind für sie sekundär.
MATTHIAS PIAZZA
[email protected]
«Ich finde es wichtig, dass man in
einem demokratischen System Wahlmöglichkeiten hat. Ich finde es schade,
dass die anderen Parteien nicht willens
oder fähig waren, einen Gegenkandidaten zum amtierenden SVP-Nationalrat
Peter Keller zu stellen», gibt sich Yves
Hürlimann
(20) frustriert
National- und
über
den
Ständeratswahlen nicht existierenden Nid18. Oktober 2015
waldner NationalratsWahlkampf.
Gilles Rosset
(21) sieht es
ähnlich: «Ich
bin ziemlich
empört, dass
die Bürger
keine Auswahl haben. Eine stille Wahl ist keine
richtige Wahl und einer Demokratie
nicht würdig. Warum sind die Parteien
so untätig? Haben Sie keine fähigen
Kandidaten? Wir haben den Eindruck,
dass sie viel über Politik reden, aber
keine Politik machen wollen.»
Wie gerufen sei ihnen darum am
Montag kurz vor Eingabeschluss die
Anfrage aus dem Umfeld der linken
Zürcher Wochenzeitung WOZ gekommen, die Wahl ihres Bundeshaus-Redaktors Andreas Fagetti zu unterstützen,
indem sie mit den nötigen zwei Unter-
schriften die Voraussetzung für die Kandidatur schafften.
Sie wollen die Politik aufmischen
Nun haben die Nidwaldner also am
18. Oktober die Wahl, wen sie als einzigen Nidwaldner Nationalrat nach Bern
«Eine stille Wahl ist
keine richtige Wahl
und einer Demokratie
nicht würdig.»
G I L L E S R O S S E T,
ST U D E N T
schicken wollen, den amtierenden Peter
Keller (SVP) oder Andreas Fagetti, hinter dem die Vereinigung «Demokratie
ermöglichen» steht (siehe gestrige Ausgabe). Um politische Grabenkämpfe
gehe es ihnen nicht. «Wir verstehen die
Kandidatur eher als Weckruf, wollen
damit ein Zeichen setzen, die politische
Landschaft aufmischen», hält Yves Hürlimann fest. Für Gilles Rosset ist dies
auch eine philosophische Frage. «Wie
kann man als Bürger ohne richtige Wahl
Verantwortung übernehmen?» Dass
man mit der Kandidatur in letzter Mi-
«Wir verstehen die
Kandidatur als
Weckruf, wollen ein
Zeichen setzen.»
YVES HÜRLIMANN,
ST U D E N T
nute Peter Keller, der sich wohl seiner
Wiederwahl ziemlich sicher gewesen sei,
einen Strich durchdie Rechnung gemacht habe, sei dabei eher Nebensache.
Besser ein Auswärtiger als keiner
Mit dem Zürcher Andreas Fagetti
Wollen «richtige»
Wahlen: Yves
Hürlimann (links)
und Gilles Rosset
in der Stanser
Schmiedgasse.
Bild Florian
Bachmann/WOZ
(Jahrgang 1960) kandidiert ein Auswärtiger, der den Kanton Nidwalden, den
er ja in Bundesbern vertreten soll, laut
eigenen Aussagen bisher nur von einer
Schulreise und einem dreiwöchigen
Einsatz als Monteur kennt. Das stört die
beiden nicht. «Ein auswärtiger Gegenkandidat ist immer noch besser als gar
keiner», ist für Gilles Rosset klar.
Allerdings knüpften die WOZ-Leute
die Kandidatur an zwei Bedingungen.
Sie verlangten, dass der auswärtige
Gegenkandidat keiner Partei angehört
und seine Kandidatur zurückzieht, sollte sich bis am Schluss noch jemand
anderes für die Wahl zur Verfügung
stellen, was auch der Grund gewesen
sei, dass man mit der Kandidatur bis
zur letzten Minute gewartet habe.
Sie selber fühlen sich als richtige Nidwaldner, auch wenn beide unter der
Woche auswärts wohnen. «Ich fühle
mich als stolzer Schmiedgässler», meint
Gilles Rosset, der in Stans geboren und
aufgewachsen ist und nun in Basel
Philosophie und Germanistik studiert.
Auch Yves Hürlimann sieht seinen Lebensmittelpunkt noch immer in Nidwalden, auch wenn er unter der Woche
in Zürich wohnt und Rechtswissenschaften studiert.
Dass Fagettis Chancen wohl eher
gering bis aussichtslos sind, dessen
seien sie sich sehr wohl bewusst. Dies
spiele aber nur eine untergeordnete
Rolle im Kampf um die Verhinderung
einer stillen Wahl, betonen die beiden
Supporter Fagettis. «So verkommen die
Wahlen nicht zur Farce. Eine Demokratie, wie sie die Schweiz und Nidwalden ja für sich in Anspruch nehmen,
braucht eine richtige Wahl.»
Kritik bei der SVP Obwalden
Ähnliche Töne hatte Obwaldens SVPKantonalpräsident Albert Sigrist kürzlich
an der Nominationsversammlung in
Giswil angeschlagen: «Eine direkte Demokratie lebt von Wahl- und Abstimmungskämpfen.» Stille Wahlen und Absprachen seien fast schon «Politkorruption am Volk», worauf der als
Gastredner eingeladene Nidwaldner
SVP-Nationalrat Peter Keller meinte:
«Was soll ich denn machen? Ich kann
ja wohl nicht gegen mich selber antreten.»
Angeklagte sollen auch gehört werden
SARNEN Für mehr «Gehör»
im Gerichtssaal investiert der
Kanton bis zu 50 000 Franken.
Davon soll auch die Effizienz
bei den Verfahren profitieren.
alle mussten warten», verdeutlicht Jenny
die Situation.
Prozesse werden schneller
Der Gesetzgeber habe im Nachgang
zu den neuen Prozessordnungen von
2011 darauf reagiert und erlaube seit Mai
2013 in Schweizer Gerichtssälen das Abspielen von zuvor aufgezeichneten Aussagen. «Mit dem Einbau der Audioanlage kann ab 2016 auch bei uns auf das
Vorlesen der Protokolle verzichtet werden», sagt Andreas Jenny.
Mit der neuen Technik sind künftig
auch Tonübertragungen zwischen dem
Gerichtssaal und dem Sitzungszimmer
möglich. Gerade bei Strafprozessen, bei
denen das Opfer dem Täter nicht gegenübergestellt werden soll, sei dies hilfreich, so Jenny. Etwa um aus dem
Nebenraum Ergänzungsfragen an den
Täter zu stellen.
CHRISTOPH RIEBLI
[email protected]
So leergeräumt war der Verhandlungssaal des Obwaldner Gerichtsgebäudes in Sarnen noch nie. Einzig das
Richterpult verblieb an Ort und Stelle,
das restliche Inventar wurde in den
Gängen des denkmalgeschützten Hauses verteilt. Grund: Wo sonst zu Rechtsfragen entschieden wird, machten sich
während der Gerichtsferien Handwerker
zu schaffen. Deren Auftrag ist es, bis
Ende Woche die Akustik des Saals mittels einer speziellen Deckenkonstruktion zu verbessern. Anschliessend soll
eine Audioanlage installiert werden, die
Tonaufnahmen und die Tonverstärkung
ermöglicht. Kostenpunkt: total rund
40 000 bis 50 000 Franken.
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«Ganz schlechte Akustik»
«Mit den baulichen Massnahmen ist
die Öffentlichkeit der Gerichtsverfahren
besser gewährleistet», ist Obergerichtspräsident Andreas Jenny überzeugt. Zuvor habe eine «ganz schlechte Akustik»
im Gerichtssaal geherrscht. Gar die
Gerichtsschreiberinnen hätten Mühe
gehabt, dem im Saal Gesprochenen
akustisch zu folgen. Zudem würden die
Befragten bei deren Einvernahme stets
Mit neuer Decke und Farbe: Im Verhandlungssaal des Obwaldner
Gerichtsgebäudes laufen derzeit die Abschlussarbeiten.
Bild Corinne Glanzmann
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Weil Leistung zählt.
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zum «Gericht» sprechen, also mit dem
Rücken zu den Zuschauern. Gerade
auch Medienvertreter tappten so oft im
Dunkeln, was es dabei zu hören gab.
«Gleichzeitig soll die Abwicklung der
Verfahren effizienter werden», erklärt der
Obergerichtspräsident den Hauptgrund
für den Eingriff. Bisher mussten beispiels-
weise bei Strafprozessen die Einvernahme-Aussagen des Angeklagten nochmals
vorgelesen werden. «Es gab Fälle, da
wurde mehr als eine Stunde gelesen, und
Hans Wicki
in den Ständerat
www.wickihans.ch