Kennen,Verstehen,Verbessern

IT-STRATEGIE
Erfolg durch
Geschäftsprozessmodellierung
Das Wissen über die eigenen
Geschäftsprozesse wird zu einem
entscheidenden Wettbewerbsfaktor.
Kennen,Verstehen,Verbessern
Geschäftsprozessmodellierung wird oft als notwendiges Übel für Zertifizierungen oder als Laune des Managements gesehen. Dabei werden die Vorteile vernachlässigt, die durch eine klare Definition der betrieblichen Abläufe entstehen.
KOMPAKT
Dokumentation der Prozesse
als gemeinsamer Sprachschatz
Erst Prozessanalyse ermöglicht
Prozessverbesserung
Wichtige Rahmenparameter
zur Prüfung bei der Toolauswahl
Prozesse und Rollen können Tätigkeitsfelder und Kompetenzen klar
definiert werden.
führte oder nicht genau zugeordnete Aufgaben identifiziert werden. Zudem können die aktuelle
Im Zuge der Prozessaufnahme sind
bereits erste Verbesserungen erreichbar.
Im Zug der Prozessaufnahme
sind bereits erste Verbesserungen
erreichbar, indem doppelt ausge-
Prozessbearbeitung und die in diesem Zusammenhang erstellten
Leistungen mit bekannten Kun-
ENTSCHEIDEND VERBESSERT
werden kann die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens durch die
Modellierung von Geschäftsprozessen zur Dokumentation der Leistungserstellung. Aufgaben, Abhängigkeiten,
Kommunikationsbeziehungen, Entscheidungsgrundlagen
sowie beteiligte Personen, Abteilungen oder Rollen werden festgehalten,
was zu einer Erhöhung der Transparenz der betrieblichen Abläufe führt.
Innerhalb des Unternehmens werden ein gemeinsamer Sprachschatz
sowie ein einheitliches Verständnis
der Zielsetzungen vermittelt, die Abstimmung der verschiedenen Abteilungen vereinfacht sich. Auf Grundlage der identifizierten Aufgaben,
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Neue BARC-Studie über
Prozessmodellierungswerkzeuge
Das Business Application Research Center
(BARC) hat 14 führende Systeme für die Dokumentation, Analyse, Simulation, Entwurf und Automation von Prozessen getestet. Auf Grundlage
eines umfangreichen Kriterienkatalogs wurden
die Werkzeuge im BARC-Testlabor hinsichtlich
technischer und funktionaler Kriterien evaluiert,
wobei unter anderem Notationsformen,
Modelladministration, Analyse und Simulation
sowie die Publikation der Modelle untersucht
wurden. Die Studie „Software im Vergleich – Prozessmodellierungswerkzeuge“ kostet 395 Euro
zzgl. MwSt. (ISBN 3-937818-15-4; neue ISBN ab 2007: 978-3-937818-15-3).
Weitere Informationen sowie Bestellmöglichkeit unter www.barc.de.
www.oxygon.de
10. Jahrgang is report 10/2006
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Geschäftsprozessmodellierung
denwünschen, Marktanforderungen sowie der eigenen Unternehmensphilosophie
abgeglichen
werden. Oft zeigt sich in diesem
Zusammenhang, dass zumindest
Teilaufgaben in historisch gewachsenen Strukturen, nicht
aber nach aktuellen Erfordernissen oder Vorgaben gelöst werden.
Kontinuierliche Analyse
und Verbesserung
Bei der IT-gestützten Aufgabenbearbeitung besteht darüber hinaus die
Möglichkeit, Kennzahlen in be-
ERP-Software zur
Prozessunterstützung
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stimmten Prozessschritten zu erheben. Die Nachverfolgung einzelner
Produkte, Aufträge oder Dokumente
wird erleichtert, was eine schnellere
Reaktionsfähigkeit sowie eine bessere Auskunftsfähigkeit mit sich
Wahl der Notation bestimmt
den Wert des Modells
Die Modelle sollten intuitiv von allen Mitarbeitern verstanden werden
können, gleichzeitig muss eine aus-
Einsatzmöglichkeiten von Geschäftsprozessmodellen
Grad der
Spezifikation
Generierung von
maschinell
verarbeitbaren
Strukturen
Prozesssteuerung
und -automation
Analyse
Dokumentation
Simulation
Entwurf
Softwarespezifikation
Die meisten Projekte zur Erfassung von Geschäftsprozessen
werden im Zuge von Zertifizierungen oder der Einführung von
Software für Enterprise Resource
Planning (ERP) durchgeführt.
Steht im ersten Fall die Dokumentation der Ist-Prozesse im
Vordergrund, die eventuell an regulatorische Vorgaben oder Normen angepasst werden müssen,
sind die Spezifikationen im zweiten Fall Ausgangspunkt für den
Entwurf
von
Soll-Prozessen.
Hierbei müssen die technischen
Möglichkeiten der Software sowie
die damit erzielbaren organisatorischen Verbesserungen evaluiert
und umgesetzt werden.
Insbesondere automatische Prüfungen und Entscheidungen sowie
die einfachere Suche, Bereitstellung und elektronische Verteilung
von Dokumenten und Aufgaben
führen zu schlankeren Prozessstrukturen. Zudem bieten sich
Möglichkeiten der Parallelisierung
von Teilschritten, da man sich immer stärker von der papiergebundenen Bearbeitung lösen kann. Die
Hinterlegung von Geschäftsregeln
in den Workflow-Vorschriften ermöglicht eine Entkoppelung der
Aufgabendurchführung vom Wissensstand des Sachbearbeiters.
Das System steuert den Vorgang
und kann automatische Prüfungen
durchführen sowie Hinweise einblenden. Die so erzielbaren Zeitund Qualitätsvorteile lassen sich
wiederum bewerten und damit in
Kosten umrechnen.
bringt. Zudem können Auswertungen (Reporting) über abgeschlossene Vorgänge erstellt werden, um die
Stärken und Schwächen der Prozesse und damit des gesamten Unternehmens aufzudecken. Neben
quantitativen Analysen („Wie oft
wurde welcher Prozess durch welche Abteilungen oder Kundengruppen angestoßen?“) stehen insbesondere das Aufdecken von
Engpässen (Flaschenhälsen) bei
der Vorgangsbearbeitung sowie
die Untersuchung von Prozessabbrüchen im Vordergrund, um hier
gezielt gegensteuern zu können.
Moderne Workflow-Systeme erweitern die Auswertungsmöglichkeiten um eine Echtzeitüberwachung (Business Activity Monitoring). Es kann damit in laufende
Prozesse steuernd eingegriffen
werden, während bei ReportingLösungen aus Fehlern der Vergangenheit Rückschlüsse auf die zukünftige Vorgangsabwicklung gezogen werden müssen.
Attributierung,
Auswertungen,
Berechnungen
Visualisierung,
Konsistenzprüfungen
SOLL
IST
Quelle: BARC
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reichend genaue Spezi• Einbindung
von
fikation zur Abbildung
Dokumenten,
aller geschäftsrelevanRessourcen, Kosten
ten Merkmale möglich
oder Zeiten,
sein. Die verschiedenen
•Hinterlegung
Notationen lassen sich
weiterführender Inunter anderem unterformationen (Anscheiden nach:
merkungen, Attri• Umfang der Elemente
bute) sowie
für eine Spezifikation
• Förderung
einer
(verschiedene Aktieinheitlichen
Bevitäten und Auslöser,
nennung von AktiSchleifenarten, Entvitäten und EreigMartin Böhn ist Analyst
scheidungen, Parallenissen (beispielsbeim Business Applicalisierung etc.),
weise Objekt-Verbtion Research Center
• Abbildung von unterPrinzip
(„Auftrag
(BARC).
schiedlichen Hierarannehmen“),
Bechie-Ebenen (mit gragriffs-Repository).
fischer Verdeutlichung),
Zu unterscheiden ist hierbei, ob
• Zuordnung von Aufgaben zu Per- die Informationen nur grafisch im
sonen, Rollen oder Abteilungen,
visualisierten Modell hinterlegt wer-
Der Autor
den können oder auch eine Weiterverarbeitung möglich ist.
Einsatzbereiche von
Geschäftsprozessmodellen
Viele Unternehmen verwenden Geschäftsprozessmodelle ausschließlich zur Dokumentation von bestehenden Abläufen. Insbesondere bei
Zertifizierungs- und Qualitätsmanagementprojekten werden solche
Spezifikationen erstellt, sie dienen
aber auch hier zur Ableitung von
Maßnahmen und Prozessänderungen. Im Anwendungsbereich Entwurf stehen Soll-Prozesse im
Vordergrund, die entweder neu erstellt oder durch das Überarbeiten
bestehender Strukturen erzeugt
werden.
Bei der Analyse werden Prozess-
Informationen in Geschäftsprozessmodellen
Beispiel für Prozessdokumentation mit der Business Process Modeling Notation (BPMN)
Quelle: BARC
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strukturen oder Kennzahlen ausgewertet. Generell können Informationen, welche Aufgaben, Rollen oder
Ressourcen an welchen Prozessen beteiligt sind, die
Übersichtlichkeit erhöhen und mögliche Synergie-Effekte aufdecken. Durch eine Zuordnung von Kosten
und Zeiten zu einzelnen Aktivitäten sind betriebswirtschaftliche Analysen möglich. Diese sind umso genauer, je detaillierter die Kennzahlen festgelegt werden
können, beispielsweise durch eine Unterscheidung in
Vorbereitungs-, Bearbeitungs- und Lagerzeit.
Im Gegensatz zur auf die Gegenwart oder Vergangenheit bezogenen Analyse ermöglicht die Simulation die
Einsatz-Szenarien sind im Vorfeld
der Software-Auswahl zu klären.
Abschätzung von zukünftig zu implementierenden Prozessen. Neben der differenzierten Zuordnung von Zeiten und Kosten sind unterschiedliche Verteilungen
sinnvoll, um das Anstoßen der Prozesse sowie einzelne
Entscheidungen zu dynamisieren. Verschiedene Prozessalternativen können miteinander verglichen sowie
durch gezieltes Spielen mit dem Modell oder den Einsatz spezialisierter Algorithmen Verbesserungspotenziale aufgedeckt werden.
Für eine Geschäftsprozesssteuerung werden aus den
in den Modellen enthaltenen Informationen in spezielle
Ausführungssprachen – beispielsweise Business Process Execution Language (BPEL) – übernommen. Diese
zumeist auf der Extended Markup Language (XML) basierenden Spezifikationen werden in Workflow-Engines
verarbeitet und dienen der Steuerung von Geschäftsprozessen in Anwendungen.
Zudem werden Modelle in der Entwicklung und Anpassung von Software verwendet. Anforderungen und
Rahmenbedingungen werden aufgenommen, mit den
Fachbereichen abgestimmt und entsprechend dem Einsatzzweck spezifiziert. Das Einsatzspektrum ist hier
sehr breit, Modelle können von der reinen Definition
von Prozessen als Vorgabe an die Umsetzung (Verwandtschaft zu Dokumentation, Entwurf und Analyse)
bis zur automatischen Code-Generierung verwendet
werden.
Kriterien für Prozessmodellierungswerkzeuge
Bei der Auswahl eines Prozessmodellierungswerkzeugs
sind die Einsatz-Szenarien im Vorfeld zu klären. Für
Dokumentation und Entwurf sind die Visualisierungsfunktionalitäten von Bedeutung, zudem sollte das Modell in verschiedenen Ausgabeformaten (HTML, Word,
PDF) publiziert werden können. Von Vorteil ist es, wenn
die Modellinhalte in verschiedenen Sprachen gepflegt
werden können, um auch eine Abstimmung mit internationalen Partnern zu unterstützen.
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Visualisierungsmöglichkeiten sind für
die Dokumentation und den Entwurf
von Geschäftsprozessen sehr wichtig.
Für Analyse und Simulation sind
die Möglichkeiten der differenzierten Zuordnung von Kennzahlen sowie Exportfunktionalitäten (Excel,
Statistikwerkzeuge) zu prüfen. Für
erforderlich. Die hier benötigten
Steuerparameter müssen im Modell
hinterlegt werden können.
Einsatzübergreifend sind verschiedene Funktionalitäten und
Referenzmodelle helfen bei der Spezifikation
der unternehmenseigenen Abläufe.
die Simulation müssen Entscheidungsregeln und Verteilungen angegeben werden können. Werden die
Prozessmodelle zur Prozesssteuerung genutzt, ist ein Export in eine
entsprechende Ausführungssprache
technische Rahmenparameter zu
prüfen, unter anderem:
• einsetzbare Betriebssysteme und
Datenbanken,
• Stand-alone oder Server-basierte
Anwendung,
Software-Tools für die Geschäftsprozessmodellierung
Hersteller
Produkt
ATOSS Software
bit-frame
BOC
Dr. Binner Consulting & Software
Dr. Herterich & Consultants
EMPRISE Process Management
Gedilan
IBE Simulation Engineering
IBIS Prof. Thome
Ibo Software
IDS Scheer
iGrafx
MEGA
MID Enterprise Software Solutions
ViCon
Vogt
AENEIS
QPR
ADONIS
Sycat
DHC Vision
Bonapart
NAUTILUS
PACE
LiveKit Power
PROMETHEUS
ARIS Platform
iGrafx
MEGA Modeling Suite
Innovator Business
ViFlow 2003
Vogt PM
Quelle: BARC; die Produktübersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit
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• Sprachversionen des Werkzeugs
selbst,
• Einsatz von verschiedenen Notationsformen,
• Möglichkeiten der Modellverwaltung (Repository der Modellelemente, Vererbungsbeziehungen),
• Formen der Modellsegmentierung
(Bildung von Teilmodellen, Unterscheidung von Modellierung aus
betriebswirtschaftlicher und technischer Sicht) sowie
• kontextsensitive Hilfefunktionen
und Beispiele.
Zudem helfen vorhandene Referenzmodelle bei der Spezifikation
der unternehmenseigenen Abläufe,
Referenzkunden lassen Rückschlüsse über Erfahrungen des Anbieters
in verschiedenen Branchen zu. Hinsichtlich der Preismodelle ist zu
unterscheiden, ob Lizenzen für einzelne Arbeitsplätze (named user)
oder ein Lizenzenpool mit einer maximalen Anzahl gleichzeitig benutzbarer Lizenzen (concurrent user)
angeboten werden und welche Support-Leistungen im Kauf- oder Servicevertrag eingeschlossen sind.
Prozesse verdeutlichen Wissen
Prozesse verdeutlichen das Wissen
des Unternehmens über die eigene
Leistungsfähigkeit. Je besser diese
beherrscht werden, desto erfolgreicher wird das Unternehmen am
Markt agieren. Dokumentation erzeugt ein einheitliches Verständnis,
verringert Abstimmungsprobleme
und ist Ausgangspunkt für Prozessüberwachung und -verbesserung.
Durch eine konsequente Analyse
der eigenen Vorgangsbearbeitung,
die Weiterentwicklung der Abläufe
sowie den Einsatz moderner Prozesssteuerungssoftware werden die
Reaktionsfähigkeit gesteigert und
die Steuerungsmöglichkeiten erweitert. Abläufe und Einflussgrößen
werden transparent und die Auswirkungen von Maßnahmen und Störungen besser abschätzbar. Es wird
ein entscheidender Wettbewerbsfaktor, genau zu wissen, was das Unternehmen eigentlich tut.
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