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Pöbeln, Hetzen, Attackieren – Fremdenhass in Sachsen | Manuskript
Pöbeln, Hetzen, Attackieren – Fremdenhass in Sachsen
Bericht: Arndt Ginzel, Sebastian Pittelkow, Ines Ziglasch
Abducken geht jetzt nicht mehr. Pressekonferenz gestern: Sachsens Ministerpräsident
Stanislaw Tillich steht nach Bautzen und Clausnitz unter Druck.
Frage Reporter: Also Sie sehen bei sich keine persönlichen Versäumnisse?
Stanislaw Tillich: Wissen Sie, also mit Sicherheit, ich bin Naturwissenschaftler und da weiß
ich, dass im Prinzip nichts ist, was nicht noch unbeantwortet ist, aber am Ende des Tages ist,
ich glaube ist wichtig, was, worauf es ankommt ist, dass es nur den einen
Ministerpräsidenten gibt, sondern dass es ein gesamtgemeinschaftliches oder ein
gesellschaftliches Miteinander.
Die Landespolitik ist für die Flüchtlinge in Clausnitz weit weg. Vater Majdi und sein Sohn
Luei waren im Bus. Auch Rana aus Syrien werden die schockierenden Erlebnisse vom
vergangenen Donnerstag noch lange beschäftigen. Aufnahmen, die die Flüchtlinge selbst
drehten.
Frau: Ich steige hier definitiv nicht aus. Selbst wenn das mein eigenes Haus wäre.
Aufnahmen, die bundesweit zum Symbol für Fremdenfeindlichkeit geworden sind. Sie
zeigen den wütenden Mob. Über Stunden zieht sich die Blockade. Die Polizei greift durch.
Allerdings nicht bei den Blockierern. Sondern bei den Flüchtlingen, die aus Angst nicht
aussteigen wollen.
Frau: Als die Polizei kam und meine Schwester gepackt hat, hat sie geschrien. Ich habe
versucht meiner Schwester zu helfen. Doch die Polizei hat auch mich weggeschoben.
Frau: Sie haben mich geschlagen. Sie haben mich geschlagen.
In der Unterkunft angekommen, bricht Ranas Schwester zusammen.
Frau: Wir sind von Syrien nach Deutschland gekommen, weil Deutschland Sicherheit bietet.
Wir sind nicht hungrig, wir brauchen kein Geld, wir brauchen nichts, wir brauchen nur
Sicherheit.
Doch wer steckt hinter den fremdenfeindlichen Ausschreitungen? Wir bekommen einen
Tipp. Einer der Initiatoren soll ausgerechnet der Bruder des inzwischen geschassten
Heimleiters gewesen sein.
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Karsten H.: Das war von niemanden gewollt, die zumindest von uns hier aus dem Ort
gekommen sind. Und es ist – aus welchem Grund auch immer geworden ist, kann man
schlecht sagen. Also es ist in jedem Fall bedauernswert, dass es im Endeffekt so geworden
ist. War von vornherein, wo wir uns getroffen haben, die ersten paar Leute, nicht gewollt,
definitiv.
Und dann doch so etwas wie späte Reue.
Karsten H.: Meine Frau, ich habe selber Kinder, also wir haben uns echt, was heißt
geschämt... Es war eine Scheiß-Situation. Wir haben wirklich Bedauern mit den Kindern
gehabt, die da drin saßen, Frauen und wie auch immer. Es war nicht in Ordnung.
Die Bilder aus Clausnitz verbreiten sich rasend schnell. Und Sachsens Landesvater Tillich?
Er schweigt drei Tage, hat Auslandstermine.
Ein politisches Versagen der sächsischen Regierung, kritisiert Extremismusforscher Hajo
Funke, das seit Aufkommen von Pegida typisch ist.
Hajo Funke:
Sie hat zum einen die gefährlichen, aufschäumenden Aggressionen, aufschäumenden
Bewegungen verharmlost, gar nicht richtig nennen wollen, gesagt irgendwie muss man das
auch verstehen, jedenfalls die meisten von ihnen. Das ist das Erste. Das Zweite, sie hätte da
wo es angefangen hat, sich auszubreiten nicht das Vakuum weiter zu lassen dürfen, sondern
sich strikt an die Seite der bedrohten Flüchtlinge stellen müssen.
Lutz Bachmann: Laut Grundgesetzt geht die Macht vom Volke aus und das sind wir.
Rückblick Herbst 2014. Die ersten Pegida-Demonstrationen. Anfänglich ignoriert die
Landesregierung die islamfeindliche Bewegung. Zunehmend radikalisiert sich Pegida, hetzt
gegen Asylbewerber, und immer mehr sogenannte besorgte Bürger schließen sich an. Statt
klarer Kante, Geheimtreffen von Tillichs Innenminister und Pegida-Organisatoren.
Fremdenfeindlichkeit wird sachsenweit zunehmend straßentauglich. Die Atmosphäre ist
vergiftet. Asylunterkünfte brennen, wie hier im Bild - in Dippoldiswalde. Die Gewalt
eskaliert auf den Straßen. So belagern Rechtsextremisten über Monate ein Heim in Freital.
Wochen vergehen, bis Tillich sich bei den Leidtragenden, den Flüchtlingen, blicken lässt.
Vorläufiger trauriger Höhepunkt: Heidenau im August 2015. Zwei nächtelang liefern sich
gewaltbereite Rechtsextremisten vor einer Notunterkunft Straßenschlachten mit der
Polizei.
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Hajo Funke:
Das war ein dramatisches Ereignis und das war ein Fanal für die Rechtsorientierten zu sagen
ok, da ging es gut.
Wieder vergehen zwei Tage. Der Ministerpräsident kommt erst, nachdem die
Bundesregierung die Gewaltexzesse verurteilt hat.
Stanislaw Tillich:
Hier sind Grenzen überschritten worden. Ich erwarte, dass alle Menschen in Sachsen
akzeptieren, dass sich Menschen zu uns auf die Flucht begeben haben.
Tillichs Problem beginnt in seiner eigenen Partei. Selbst am Tag der Regierungserklärung zu
Heidenau schürt der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Kupfer im Landtag Angst vor dem
Islam und kriminellen Ausländern. Defizite im Umgang mit Rechtsextremismus reichen tief
in die Reihen der sächsischen Regierungspartei, an deren Spitze Tillich steht, meint Hajo
Funke.
Hajo Funke:
Er hat eine relativ sehr konservative CDU Sachsen, die zum Teil sehr geliebäugelt hat mit der
falschen Kritik an Flüchtlingen. Er mag geglaubt haben, dass er so einen Teil im Dialog der
sich anpasst einen Teil der Pegida-Anhänger zu sich herüberzieht, einen Teil der AfDAnhänger zu sich herüberzieht. Es kann aber auch sein, dass er dazu als politische Person
schlicht nicht geeignet ist.
Nach Clausnitz nun am Wochenende auch noch Tillichs Heimatlandkreis. Ein geplantes
Asylheim wird in Brand gesteckt. Mehrere Gaffer stehen vor dem Haus, applaudieren und
behindern die Feuerwehr. Am Tag danach wird das Ausmaß sichtbar. Viele Einwohner sind
betroffen. Andere rechtfertigen sogar die Tat.
Lassen sie die Kamera ruhig an, es wird in Deutschland noch viel öfter brennen - Leider, weil
wir eine Kanzlerin haben, die nicht regiert nach dem Volkes Willen, sondern wir sind Sklaven
von einer kleinen politischen Marionettengesellschaft
Nach Clausnitz und Bautzen braucht es jetzt nicht nur den Aufstand der Anständigen,
sondern vor allem der Zuständigen.
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