Katzen und Kunst " Das Bild soll das Herz des Käufers berühren " Marcel Gerber zählt zu den besten Airbrushern der Schweiz; 1996 wurde er Europameister. Heute malt Gerber am liebsten Hunde- und Katzenporträts. Wie er seinen beinahe fotorealistischen Bildern Leben einhaucht, verrät er dem Katzen Magazin. Der blaue Lastwagen an der weissen Wand muss noch trocknen bevor Marcel Gerber (46) ihn mit Klarlack überziehen kann. Derweil spritzt er, auf einem Baugerüst drei Meter über dem Hallenboden hockend, einen roten Gabelstapler an die Wand. Beinahe fotorealistisch, mit 3-D-Effekt. Hohe Kunst. Gerber winkt ab, sagt: «Technische Motive in dieser Grösse sind relativ einfach.» Ein Foto des Gabelstaplers klebt auf Augenhöhe; zwischen dem Brushen studiert Gerber es immer wieder. «Ich muss mich konsequent an die Vorlage halten. Dann kommt es gut.» «Ich betone jedes Haar einzeln» Die Natur sei schwieriger nachzubilden, sagt Gerber. Sky zum Beispiel, sein treuer Begleiter, ein weisser Schäfer- hund. Jetzt liegt Sky im Auto. «Früher musste ich öfters mit ihm spielen und lange Spaziergänge machen. Sky ist heute ruhiger. Er schläft viel.» Der schöne Rüde ist zehn Jahre alt. Aber nicht nur Hunde gehören zum Repertoire, auch Katzen, Pferde, Eichhörnchen, Kängurus, Koalas Adler, Löwen und Tiger. «Mir gefällt das Organische, das Weiche. Ich bin ein Naturfan», sagt Gerber. Die grösste Herausforderung sei, Leben in die Tiere zu bringen. Dabei spielten die Augen eine zentrale Rolle. Deshalb sind in Gerbers Porträts die Augen meist sehr deutlich herausgearbeitet. Wie der Lastwagen und der entstehende Gabelstapler sind Gerbers Tierporträts beinahe fotorealistisch. «Ich betone quasi jedes Haar.» Fasziniert und talentiert Foto: Andreas Krebs 30 © Katzen Magazin 2/13 Möglich ist dies dank der sehr feinen Düse der Airbrushpistole. Diese wird an einen Kompressor angeschlossen, so kann mit Hilfe von Druckluft Farbe – meist Autolack – fein auf das entsprechende Objekt aufgesprüht werden. Die Technik sei zwar mehr oder weniger dieselbe – Stichwort Zerstäuberprinzip –, mit Sprayen habe Airbrushing aber nichts zu tun, so Gerber. «Das ist eine ganz andere Welt.» Mit 18 Jahren, in der Ausbildung zum Dekorateur, hielt Gerber zum ersten Mal eine solche Airbrushpistole in der Hand. «Ich war sofort fasziniert davon und habe bald gemerkt, dass ich Talent habe.» 1994 machte er aus dem Hobby seinen Beruf: Gerber gründete das Atelier Stingray. Dort entstehen neben Airbrushes Grafiken, Beschriftungen und Plastiken, darunter fantastische Fasnachtsmasken. Kinoplakat von «Der mit dem Wolf tanzt». Damit wurde Gerber Europameister. «Das hat mir und meiner jungen Firma einen Riesenkick gegeben.» Vom Ehrgeiz gepackt «Es ging ab wie eine Rakete», erinnert sich Gerber. Er habe jeden Tag 12, 13 Stunden gearbeitet und sei körperlich ans Limit gekommen. Deshalb stellte er Fabian Koch ein, einen Autolackierer. «Er passt sensationell in den Betrieb», sagt Gerber. Wieso? «Ich bin nicht der geborene Chef. Fabian arbeitet sehr selbständig und wir sind ein gutes Team.» > 1994 meldete sich der Jungunternehmer für die Airbrush-Europameisterschaft an; er war «völlig überrascht», dass er ins Finale ins deutsche Castrop-Rauxel eingeladen wurde. Dort startete er in der Kategorie Custom-Painting und sprayte auf eine Motorhaube das Nicht der geborene Chef © Katzen Magazin 2/13 31 Spektakuläre Aufträge Die Arbeiten sind teilweise spektakulär. So hat Gerber etwa für die Stadt Zürich ein Tram zur «Titanic» umgestaltet. «Das war ein Gewaltsjob», erinnert er sich. Rund 150 Stunden habe er daran gearbeitet, drillmässig. Für das Löwencenter in Luzern hat er einen Bus gestaltet, für die Stadtaktion der Wey-Zunft in Luzern Frösche, für Fasnachtsgruppen Masken und für Schindler in Korea ein extravagantes Liftinterieur. Ob er denn jedes Objekt brushen könne, wollen wir wissen. Gerber überlegt kurz. Dann sagt er: «Bisher haben wir fast alles möglich gemacht.» Der Aufbau sei im Prinzip immer gleich. Wie beim Offsetdruck arbeitet er von hell nach dunkel. «Weiss und Schwarz sind entscheidend», sagt Gerber und erklärt, dass Schwarz die Tiefe und Weiss die Höhe eines Bildes ausmache. «Damit bekommt das Bild sofort einen 3-D-Effekt.» Mit seiner Erfahrung seien diese Effekte leicht herzustellen. Man müsse lediglich die Gesetzmässigkeiten von Licht und Schatten genau kennen. Die spezielle Geschenkidee Der Laie staunt, wie schnell der grosse, rote Gabelstapler Gestalt annimmt – und genauso aussieht wie auf dem Foto. Drei Tage wird Gerber an diesem grossflächigen Werk arbeiten. Er habe auch schon Hundeporträts auf Tankdeckel gemalt. «Das war eine grosse Herausforderung und erforderte viel Konzentration.» Ob gross oder klein – «das Bild muss das Herz des Auftraggebers berühren», meint Gerber. Deshalb ist das vor32 © Katzen Magazin 2/13 gängige Gespräch für ihn so wichtig. «Ich möchte den Kunden kennen lernen und ihn spüren. Stimmt die Chemie, dann wird auch das Resultat gut sein.» Hunde- und Katzenporträts brusht er meist auf Leinwand. Er hat aber schon die unterschiedlichsten Materialien – Holz, Metall, Kunststoffe etc. – verschönert. Besonders edel sind die hochglanzlackierten, auf Aluminium aufgezogenen Bilder. Diese sind beliebte Geschenke. So oder so ist ein Hunde- oder Katzenporträt von Stingray eine spezielle Geschenkidee. Gegen oben ist das Preissegment offen. Ein Stingray-Hunde- oder Katzenkopf ist ab 500 Franken erhältlich. «Wir definieren uns nicht über den Preis», hält Gerber fest, «sondern über den Stil und die Qualität». Text: Andreas Krebs, www.aufrad.ch Fotos: Andreas Krebs, zVg Stingr ay – Atelier für visuelle Gestaltung, Werbung und Kunst Im luzernischen Neuenkirch entstehen neben Hunde- und anderen Portraits auch Fasnachtsmasken, Beschrif tungen und zahlreiche Objekte mehr. «Man darf uns gerne im Atelier besuchen», sagt Marcel Gerber. Dies sei absolut unverbindlich. «Wir haben Freude, wenn sich jemand für www.stingray-art.ch unsere Arbeit interessiert.» Ausstellung Stingray stellt seine neuesten Werke noch bis Ende Dezember in der Klinik Adelheid in Unterägeri (ZG) aus. Organisiert wird die Ausstellung vom Verein zur Förderung junger KünstlerInnen Maecenas. www.klinik-adelheid.ch
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