„Berühre mich – ich spüre dich“ Berührung als Kommunikation in der letzten Lebensphase Projektarbeit im Interprofessionellen Basislehrgang Palliative Care in Graz 2014/2015 Abgabetermin: 26. Mai 2015 VerfasserInnen: Jurtin Ines Kajgo Nikica Madl Michaela Moitzi Eva Eidesstattliche Erklärung Wir erklären an Eides statt, dass wir die vorliegende Projektarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt beziehungsweise die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht haben. Die vorliegende Projektarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch. Jurtin Ines: ________________________________ Kajgo Nikica: ________________________________ Madl Michaela: ________________________________ Moitzi Eva: ________________________________ Inhalt Vorwort ........................................................................................................................ 4 Einleitung..................................................................................................................... 5 Ziel dieser Arbeit ......................................................................................................... 6 Im Angesicht des Todes .............................................................................................. 7 Teilnehmer der Projektgruppe ..................................................................................... 8 1. Der Sterbeprozess mit seinen Sterbephasen (Ines Jurtin) .................................... 12 1.1 Der Sterbeprozess........................................................................................... 12 1.2 Sterbephasen nach Kübler-Ross ..................................................................... 12 1.3 1.2.1 Phase 1: Nichtwahrhabenwollen und Isolierung .................................... 12 1.2.2 Phase 2: Zorn ........................................................................................ 13 1.2.3 Phase 3: Verhandeln ............................................................................. 13 1.2.4 Phase 4: Depression ............................................................................. 13 1.2.5 Phase 5: Zustimmung ............................................................................ 13 Terminalphase und Sterbephase..................................................................... 14 2. Was ist nonverbale Kommunikation (Eva Moitzi) .................................................. 16 2.1 Berührung ........................................................................................................ 16 2.2 Formen der Berührung .................................................................................... 18 2.2.1 Initialberührung ...................................................................................... 18 2.2.2 Ausstreichen / Ausleiten von Händen und Füßen .................................. 19 2.2.3 Massage der Füße................................................................................. 19 1 2.2.4 Berührung der Handflächen ................................................................... 19 2.2.5 Therapeutic Touch ................................................................................. 19 2.3 Unterstützende Öle zum Ausstreichen und Massieren und deren Wirkung ..... 20 2.4 Fallbeispiel....................................................................................................... 21 3. Berührung als Kommunikation bei verschiedenen Religionen (Nikica Kajgo) ....... 23 3.1 Judentum ......................................................................................................... 24 3.1.1 Glaubensgrundlagen ............................................................................. 24 3.1.2 Umgang mit Berührung im Judentum ........................................................ 25 3.2 Islam ................................................................................................................ 26 3.2.1 Glaubensgrundlagen ................................................................................. 26 3.2.2 3.3 3.4 3.5 Umgang mit Berührung im Islam ........................................................... 27 Buddhismus ..................................................................................................... 29 3.3.1 Glaubensgrundlage ............................................................................... 29 3.3.2 Umgang mit Berührung im Buddhismus ................................................ 30 Hinduismus ...................................................................................................... 31 3.4.1 Glaubensgrundlage ............................................................................... 31 3.4.2 Umgang mit Berührung im Hinduismus ................................................. 32 Christentum ..................................................................................................... 33 3.5.1 Glaubensgrundlage ............................................................................... 33 3.5.2 Umgang mit Berührung im Christentum ................................................. 34 4. Was brauchen pflegende Angehörige (Michaela Madl)......................................... 35 2 4.1 Auswertung und Ergebnis des Fragebogens ................................................... 36 4.2 Einige Tipps zur Berührung mit sensiblen Händen .......................................... 39 4.3 Fallbeispiel:...................................................................................................... 40 5. Resümee ............................................................................................................... 43 5.1 Jurtin Ines ........................................................................................................ 43 5.2 Moitzi Eva ........................................................................................................ 43 5.3 Kajgo Nikica..................................................................................................... 44 5.4 Madl Michaela ................................................................................................. 45 Literaturverzeichnis ................................................................................................... 47 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................... 49 Anhang ...................................................................................................................... 50 3 Vorwort Berühren, spüren – berührt sein, gespürt werden. Ohne Zweifel zählen Berühren und Spüren zu den Erfahrungen, die wir in dieser Welt machen. Sie sind eine Brücke in eine Welt, in der sich die Wortsprache erst ihren Platz erobern muss. Insofern erscheint mir Berührung in erster Linie als Ausdruck des Gefühls, weniger des Denkens und muss somit in all den Lagen des Lebens, in denen der denkende Mensch – der homo sapiens – dem fühlenden Menschen – dem homo sentiens – weicht, die wortreiche Sprache unterstützend leiten oder gar ersetzen, um so eine sprachreiche Auseinandersetzung zwischen dem Selbst und dem Gegenüber zu ermöglichen. In den Situationen des Sterbens, in denen es uns die Wortsprache verschlägt und sie im Gegenüber zu versiegen scheint, bleibt uns doch der Austausch von Berührung, die an der Scheidelinie von Du und Ich, von Dort und Hier, von Leben und Tod auch als Zeichen gegen das Ausgrenzen wirksam wird. Voller Freude denke ich an das Bild der 5 jährigen Enkelin eines Sterbenden zurück, die zwischen den Latten der Bettumrandung die Hand des Großvaters suchend streichelte, wie er es wohl auch unzählige Male mit ihrer Hand gemacht hatte. Durch diesen Griff über die Kluft fiel der Rahmen des Bettes und die Mauer des ängstlichen Schweigens im Zimmer und Berühren und damit Begreifen war auch für die Erwachsenen wieder möglich. Sie beschrieben dies später gar als Erlösung aus der Ohnmacht. Wenn Dietmar Weixler in seinen Gedanken zu Basaler Stimulation über die „praktische Umsetzung einer Haltung zum Menschsein“ schreibt, so muss Berühren immer ein Teil unser ganzheitlichen Arbeit mit „ganzen Menschen“ - mit ihren individuellen Vergangenheiten, Beziehungen, Sorgen, Wünschen und Zielen – sein und mithin ein unverzichtbarer Teil einer ganzheitlichen Palliative Care (http://www.basale-stimulation.at/pdf_datei/bs_aus_der_sicht_eines_arztes.pdf). Dr. Daniczek Thomas, Knittelfeld 4 Einleitung Die Pflege und Betreuung schwerkranker Menschen in der letzten Lebensphase stellt für viele pflegende Angehörige wie auch für Pflegepersonen eine große Herausforderung dar, im Speziellen, wenn die herkömmliche Art und Weise zu kommunizieren nicht mehr möglich ist. Der Verlust der verbalen Kommunikation am Ende des Lebens stellt die Frage der weiteren Kommunikationsmöglichkeit in den Raum. Aufgrund zunehmender Bewusstseinseintrübung nimmt der Stellenwert der Berührung, als unverzichtbarer Teil der weiteren Kommunikation in der Pflege und Begleitung an Bedeutung zu. Berührung ist nicht nur ein Mittel zum Zweck, die Qualität der Berührung wird nicht nur als reine Pflegetechnik verstanden, sie wird zum wichtigsten Element, um auf nonverbaler Ebene mit dem Sterbenden in Kontakt zu bleiben. Eine „berührende Begleitung“ ist ein entscheidender Teil im letzten Lebensabschnitt eines schwerkranken, sterbenden Menschen. Berührung gilt als unentbehrliche Hilfsquelle, um eine gänzliche Kontaktlosigkeit zu verhindern, sowie eine umfassende und kompetente Betreuung zu gewährleisten. Menschen, die sterben, wünschen sich gehalten zu werden - ohne Berührung kann kein Lebewesen fortbestehen. Hierzu Pflegepersonen eine erfordert es, therapeutische dass pflegende Beziehung zum Angehörige wie auch betroffenen Menschen aufbauen. Doch genau in diesen Situationen, in denen eine verbale Kommunikation nicht mehr möglich ist, stoßen pflegende Angehörige nicht selten an ihre Grenzen. Sie sind häufig nicht in der Lage, Menschen, die sich auf ihr Lebensende zubewegen richtig zu berühren und damit auch mit diesen zu kommunizieren. Berührungsängste, Unwissenheit, Hilflosigkeit, die Angst etwas falsch oder nicht richtig zu machen, stellt die Begleiter immer wieder vor eine große Aufgabe. Auf der Akutstation, im Pflegeheim, in der Hauskrankenpflege wie auch im Mobilen Palliativteam werden wir alltäglich mit dieser Angst konfrontiert. „Kann ich berühren? Wie kann ich berühren? Wie kann ich Berührungen einsetzen? Wo kann ich berühren? Womit? Will der Betroffene überhaupt berührt werden?“ Das sind Fragen, die immer wieder von Angehörigen gestellt werden, denn sehr oft müssen sie sich das erste Mal in ihrem Leben mit Tod und Sterben auseinandersetzen und sind als unerfahrene Helfer im Umgang mit Todkranken kaum vorbereitet. 5 Berührung als Kommunikation ist ein individuelles Unterstützungsangebot und ein wichtiger Bestandteil zur nonverbalen Verständigung in der letzten Lebensphase. Einen Menschen zu berühren bedeutet, Nähe zu zulassen, Berührung gibt unseren Gefühlen einen Ausdruck, sanfte Berührung vermittelt Geborgenheit, Ruhe, Anteilnahme, Vertrauen und Wohlbefinden, zugleich wird sie als Zeichen tiefer Verbundenheit verstanden. Berühren wir einen Menschen, ist es unbedingt erforderlich, darüber nachzudenken und zu wissen, welche individuellen Berührungsgewohnheiten für den betroffenen Patienten gewichtig sind. Informationen über das Leben des sterbenden Menschen in Hinsicht auf Herkunft, Prägung und Kultur sind dringend erforderlich, um Berührung bewusst als Kommunikationsmittel sorgsam, fachkundig und adäquat anwenden zu können. Zumal der Teil der aus anderen Kulturkreisen stammenden Menschen, die in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen untergebracht sind, stetig zunimmt. Die Individualität jedes Einzelnen steht immer Vordergrund. Die Aufgabe der professionellen Unterstützung liegt darin, pflegenden Angehörigen wie auch in der Pflege tätigen Personen nahezubringen, dass Berührung als Kommunikation ein bedeutsamer Baustein in der Betreuung schwerkranker, sterbender Menschen ist. Ziel dieser Arbeit Ziel dieser Arbeit ist es, durch Information, Anleitung und Beratung, pflegende Angehörige zu unterstützen, zu fördern sowie Pflegepersonen in ihrem Handeln zu sensibilisieren. Ziel ist es auch, den Begleitern vor Ort, Kommunikation in Form von Berührung nahezubringen, dazu auch gezielte Anwendungen des Berührens individuell an den Berührungsgewohnheiten angepasst aufzuzeigen, um somit einen kommunikativen Zugang zum Sterbenden zu schaffen. Durch fundierte Beratung und eine professionelle Unterstützung sollen die Belastungen der Pflegenden und der Angehörigen reduziert werden. Gestärkt in ihrer Kompetenz und „wissen wie“ sollen pflegende Angehörige und auch Pflegepersonen, ohne Ängste und Unsicherheiten, die Brücke zwischen „Ich und Du“ aufrecht erhalten, das Gefühl von Nähe, Geborgenheit und Anwesenheit über Berührung vermitteln. 6 Im Angesicht des Todes Bleibe still neben mir. Wenn es so weit sein wird mit mir, brauche ich den Engel in dir. Bleibe still neben mir in dem Raum, jag den Spuk, der mich schreckt, aus dem Traum, sing ein Lied vor dich hin, das ich mag, und erzähle was war manchen Tag. Zünd ein Licht an, das Ängste verscheucht, mach die trockenen Lippen mir feucht, wisch mir die Tränen und Schweiß vom Gesicht, der Geruch des Verfalls schreckt dich nicht. Halt ihn fest, meinen Leib, der sich bäumt, halte fest, was der Geist sich erträumt, spür das Klopfen, das schwer in mir dröhnt, nimm den Lebenshauch wahr, der versöhnt. Wenn es soweit sein wird mit mir, brauche ich den Engel in dir. Text: Friedrich Karl Barth / Peter Horst Musik: Peter Jansen Aus: Uns allen blüht der Tod, Peter Jansens Musik Verlag Telgte-Westfalen, 1979 7 Teilnehmer der Projektgruppe Ines Jurtin Alter: 46 Jahre Qualifikation: Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegeperson Einrichtung: Mobile Dienste Volkshilfe Murtal Motivation an diesem Projekt zu arbeiten: Ich arbeite seit 14 Jahren als DGKP in der Hauskrankenpflege, davon 2 Jahre im mobilen Palliativteam. Körperkontakt und Berührung sind für mich eine ganz wichtige Form der zwischenmenschlichen Beziehung. Hände haben mich schon immer fasziniert, Hände berühren. Beim Wort Berührung tauchen in meinen Gedanken Bilder von Händen auf. Hände die arbeiten, berühren, fassen, streicheln. Mit Händen wird Liebe und Zärtlichkeit, aber auch Trost und Beruhigung ausgedrückt. Hände – Berührung sind ein sehr wichtiges zwischenmenschliches Kommunikationsmittel. Dabei kommt es aber immer auf die Art und Weise der Berührung an. Sie kann sich unangenehm, hart, schmerzhaft, oberflächlich, streifend, behutsam, fest oder liebevoll anfühlen. Berührung kann Ängste auslösen, kann in Tabuzonen eindringen und Schamgefühle wecken. Sie kann aber auch Nähe herstellen und Wohlbefinden, Geborgenheit und Sicherheit vermitteln. In meiner Betreuung und Begleitung Sterbender habe ich bemerkt, dass Angehörige aber teilweise auch Pflegepersonen den Sterbenden leider zunehmend weniger und flüchtiger berühren. Dabei glaube ich, dass bewusste Berührungen sehr viel zum Wohlbefinden des Sterbenden beitragen können. Vor allem dann, wenn verbale Kommunikation nicht mehr möglich ist. 8 Eva Moitzi Alter: 49 Jahre Qualifikation: Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegeperson Einrichtung: LKH Knittelfeld, Palliativstation Motivation an diesem Projekt zu arbeiten: Ich habe viele Jahre auf Akutstationen (medizinische und neurologische Abteilung) gearbeitet. Seit ich auf der Palliativstation tätig bin, kann ich den uns anvertrauten Menschen als Ganzen wahrnehmen, auf seine Wünsche, Bedürfnisse und Ängste eingehen - ohne Zeitdruck. Ich erlebe es immer wieder wenn wir Patienten von anderen Stationen übernehmen, die sich bereits in der terminalen Phase ihres Lebens befinden, wie Angehörige uns oft aggressiv und fordernd gegenüber stehen. Dies legt sich meist in kürzester Zeit, wenn wir auch sie mit all ihren Ängsten und ihrer Hilflosigkeit wahrnehmen. Wenn die Betreuer sie nur etwas führen und ihnen ein Werkzeug geben, so dass sie ihren sterbenden Angehörigen begleiten und dadurch das Gefühl bekommen, dass sie noch viel Gutes tun können. Angehörige müssen mit dem doppelten Leid zurechtkommen. Einerseits mit der eigenen Trauer und Hilflosigkeit und andererseits mit dem Loslassen des geliebten sterbenden Menschen. Berührung auf individuelle Art ist oft ein hilfreiches Werkzeug mit dem Angehörige auch gut können. Ich sehe in diesem Projekt eine gute Möglichkeit meine Kollegen auch auf den anderen Stationen wieder etwas zu sensibilisieren beziehungsweise auch Hilfestellung zu geben. Denn es ist nicht immer nur eine Frage der Zeit, sondern es wird oft im Arbeitsalltag „vergessen“. Aber es ist oft auch die Angst von Kollegen sich darauf einzulassen. Wenn man sich einlässt, muss man sich mit seiner eigenen Sterblichkeit auseinandersetzen. „Ihr seid glücklich und froh, wie sollt' ein Scherz euch verwunden! Doch der Krankende fühlt auch schmerzlich die leise Berührung.“ Johann Wolfgang von Goethe 9 Kajgo Nikica Alter: 38 Jahre Qualifikation: Pflegehelfer Einrichtung: Caritas Schloss Wasserleith Motivation an diesem Projekt zu arbeiten: Mein Name ist Nikica Kajgo und ich bin seit 2005 als Pflegehelfer bei der Caritas im Schloss Wasserleith beschäftigt. Hier arbeite ich vorwiegend mit Menschen im hohen Alter und mit Demenzkranken. Dabei mache ich Erfahrungen mit dem Sterben der Bewohner und der Begleitung von Angehörigen. Durch meine Berufserfahrung, Begleitung von Sterbenden und das Erleben vom Versterben der Bewohner, habe ich mich persönlich sehr verändert. Ich bin dadurch sensibler und aufmerksamer geworden und musste lernen, Gefühle zuzulassen. Ich arbeite seit 14 Jahren in der Langzeitpflege, und trotzdem ist es für mich nicht leicht mich mit dem Thema Sterben, Tod und Abschied auseinanderzusetzen. Mir ist bewusst geworden, dass wir ein Konzept brauchen. Für mich taucht immer wieder die Frage auf „Was bedeutet eigentlich Palliative Care in der Langzeitpflege?“. Welche Rahmenbedingungen brauchen wir um palliativ arbeiten zu können? Es ist eine große Herausforderung, bis zur letzten Lebensphase die Lebensqualität zu erhalten, sowie das Sterben in Würde zu ermöglichen. Parallel zur Bewohnerbetreuung möchten wir Angehörige ins Boot holen, sie durch Wissen und Erfahrungen unterstützen, ihre Ängste und Sorgen lindern, eine Atmosphäre der Geborgenheit und Zuwendung bieten. Das Thema Religion und Glaube hat für mich einen großen, persönlichen Stellenwert. Durch meine Arbeit mit den Bewohnern, die der katholischevangelischen Religion angehören, hat es in mir Interesse für dieses Projekt geweckt. Aus diesem Grund habe ich mich für das Kapitel „Berührung als Kommunikation bei verschiedenen Religionen“ entschieden. Mit diesem Teil der Arbeit möchte ich einen Einblick in verschiedene Religionen und Kulturen geben, um somit einen besseren Zugang vermitteln. 10 Michaela Madl Alter: 38 Jahre Qualifikation: Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegeperson Einrichtung: Mobiles Palliativteam Judenburg-Knittelfeld-Murau Motivation an diesem Projekt zu arbeiten: Kommunikation ist ein sehr breit gefächertes Thema. Kommunikation ist nicht immer einfach. Es benötig viel Wissen, Empathie und die Bereitschaft sich einzulassen. Speziell in der Begleitung und Pflege sterbender Menschen. In der letzten Lebensphase kommt es oftmals zum Verlust der verbalen Kommunikation. Wenn diese nicht mehr stattfinden kann, sind pflegende Angehörige sowie Pflegepersonen in ihrem Tun gefordert. Meine Motivation zum Thema „Berührung als Kommunikation“ ist es, pflegenden Angehörigen im häuslichen Bereich aufzuzeigen, dass Kommunikation zwischenmenschlich erfolgt und dass es dazu nicht immer Worte braucht. In meiner Arbeit treffe ich immer wieder auf pflegende Angehörige, die in der Betreuung todkranker, sterbender Menschen ein Gefühl der Hilflosigkeit entwickeln, wenn die Sprache verloren geht. Sie haben Angst und wissen häufig nicht, wie sie damit umgehen sollen. Umso wichtiger ist es, aufzuzeigen wie wertvoll Berührungen sein können, um mit dem Sterbenden in Beziehung zu bleiben. Durch diese Projektarbeit soll pflegenden Angehörigen vermittelt werden, dass sie eine wichtige Ressource sind und dass man mit Kommunikation in Form von Berührung, dem sterbenden Menschen Gefühle wie Zuwendung, Nähe, Halt und Geborgenheit spüren lassen kann. Zugleich auch soll durch dieses Projekt den Angehörigen ein „Werkzeug“ gegeben werden, welches das Gefühl von Hilflosigkeit, Angst und Unsicherheit aus dem Weg räumt. 11 1. Der Sterbeprozess mit seinen Sterbephasen (Ines Jurtin) 1.1 Der Sterbeprozess Sterben ist ein Teil des Lebens. Aus biologischer Sicht beginnt das Sterben bereits mit der Geburt durch das stete Absterben von Zellen. Psychologisch wird ein Mensch dann als Sterbender bezeichnet, wenn er objektiv vom Tod bedroht ist und er sich dieser Bedrohung soweit bewusst ist, dass sie sein Erleben und Verhalten bestimmt (vgl. Nagele & Feichtner, 2009, S.43). Von Sterbeforschern wird der Sterbeprozess oft als Entwicklung beschrieben, die bei verschiedenen Menschen ähnlich verläuft. In weiterer Folge möchte ich daher zunächst näher auf das Phasenmodell der Ärztin und Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross eingehen, in welchem sie die Erfahrung aus über 200 Interviews mit sterbenden Patienten aus den USA verarbeitet, und dann die letzten beiden Stadien des Sterbeprozesses beschreiben, die JonenThielemann mit Terminal- und Sterbephase bezeichnet (vgl. Nagele & Feichtner, 2009, S.51). 1.2 Sterbephasen nach Kübler -Ross Nach dem Modell von Kübler-Ross verläuft die psychische Verarbeitung des Sterbens bei allen Menschen, die ausreichend unterstützt werden, in 5 Phasen. 1.2.1 Phase 1: Nichtwahrhabenwollen und Isolierung Der Betroffene kann seine schwere, unheilbare Erkrankung innerlich noch nicht anerkennen. Er fordert neue Untersuchungen, glaubt an Verwechslungen oder beschuldigt die behandelnden Ärzte der Unfähigkeit. So berichtet Kübler Ross von einer Patientin, die ihr Verdrängungsritual zuerst mit „ich doch nicht, das ist ja gar nicht möglich“ äußert, dann behauptet, dass die Röntgenaufnahmen irgendwie vertauscht worden sein müssten und schließlich eine Bestätigung fordert, dass ihr Name versehentlich auf einen anderen Befund geraten sei. (vgl. Kübler-Ross, 2001, S.62). Die Verleugnung in dieser Phase mildert den Schock, und der Betroffene gewinnt Zeit und Kraft, um sich mit der Wahrheit auseinander zu setzen. 12 1.2.2 Phase 2: Zorn „Auf das Nichtwahrhabenwollen folgen meistens Zorn, Groll, Wut, Neid. Dahinter steht die Frage: »Warum denn gerade ich?«“ (Kübler-Ross, 2001, S.76). Es kommt in der Regel zu einer Flut negativer Emotionen, die sich oft in „Kleinigkeiten“ wie Unzufriedenheit mit dem Essen, dem Zimmer, den Ärzten und dem Pflegeteam, aber auch in Streitigkeiten mit der Familie und in aggressiven Beschuldigungen äußern. 1.2.3 Phase 3: Verhandeln In dieser, meist kurzen, aber für den Patienten hilfreichen Phase, wird der bevorstehende Tod als unvermeidlich anerkannt. Weiteres Verdrängen ist aufgrund eindeutiger, körperlicher Anzeichen nicht mehr möglich. Die Sterbenden versuchen durch Verhandeln (oftmals mit Gott) mehr Lebenszeit zu erreichen (vgl. Kübler-Ross 2001, S.119ff). 1.2.4 Phase 4: Depression Ein neues Stadium wird erreicht, wenn der Betroffene jede Hoffnung aufgibt und in Traurigkeit versinkt. Der Sterbende bereut zurückliegende Versäumnisse und trauert um das, was er mit seinem Tod verlieren wird, sowie um das, was ihm wichtig ist: Partner, Kinder, Freunde und Angehörige (vgl. Küberl-Ross, 2001, S.123ff). „Es handelt sich bei dieser Reaktion aber nicht um eine Depression im engeren Sinn, die medikamentös angegangen werden muss. Daher ist der Ausdruck Phase der Traurigkeit zutreffender“ (Schäffer et. al., 1998, S.502). 1.2.5 Phase 5: Zustimmung In dieser letzten Phase nimmt der Betroffene sein Schicksal an. Diese Phase ist fast frei von Gefühlen, der Schmerz scheint vergangen, der Kampf ist vorbei, „nun kommt die Zeit der »letzten Ruhe vor der langen Reise«, wie es ein Patient ausdrückte“ (Kübler-Ross, 2001, S.154). Der Sterbende ist müde und schwach, schläft viel und möchte meist nicht gestört werden. Die Kommunikation beschränkt sich mehr auf Gesten als auf Worte, „oft ist es nur eine Handbewegung, die zum Bleiben auffordert“ (Kübler-Ross, 2001, S.154). 13 1.3 Terminalphase und Sterbephase Die Terminalphase wird als Endphase des Lebens bezeichnet und umfasst die Zeitspanne von wenigen Tagen oder auch nur Stunden vor dem Tod. Der Begriff „Sterbephase“ bezeichnet nach Jonen-Thielemann die letzten Stunden des Lebens. (vgl. Nagele & Feichtner, 2009, S.43, S.51). Am Beginn des Sterbens ist oft eine Art innerer Rückzug zu bemerken. Dinge, die den Sterbenden zuvor sehr interessiert haben, verlieren an Bedeutung, verbale Äußerungen reduzieren sich allmählich auf das Notwendigste. Besonders in dieser Phase liegt es an uns, den Angehörigen diese Veränderungen zu erklären. Entlastend für die Angehörigen kann vor allem die Information sein, dass der innere Rückzug des Sterbenden nicht als Zeichen der Ablehnung zu deuten ist, sondern als Zeichen dafür, dass dem Sterbenden langsam der Bezug zu unserer „Welt“ verloren geht. Angehörige sollten auch wissen, dass das Hörvermögen deutlich länger bestehen bleibt, als es dem Sterbenden gelingt, sich verbal zu äußern und sie daher noch immer ansprechbar sind. Diese „Ansprechen“ kann aus meiner Erfahrung durch bewusste Berührung des Sterbenden unterstützt werden. Im weiteren Verlauf des Sterbens nimmt die Bewusstseinstrübung zu und es gelingt immer weniger, den Sterbenden aufzuwecken. Oft reagieren die Sterbenden in dieser Phase nur mehr auf die Stimme oder Berührung von ihnen sehr nahestehenden Menschen (vgl. Nagele & Feichtner, 2009, S.45ff). Besonders in den letzten Stunden des Lebens kann daher der direkte Körperkontakt (Berührung) zu einem sehr wesentlichen Kommunikationsmittel werden. Körperkontakt und Berührung sind ursprüngliche Formen unserer sozialen Kommunikation und finden nonverbal statt. Hier ist es wichtig, Berührungen bewusst zu setzen. Sie sollen Zuwendung ausdrücken und Angst lindern. Für die Angehörigen und uns ist es wesentlich zu wissen, dass die Art und Weise dieser bewussten Berührung (hart, oberflächlich, flüchtig, kosend usw.) dem Sterbenden indirekt immer etwas mitteilt. Die Qualität der Berührung bestimmt auch in diesen letzten Stunden des Lebens das Wohlbefinden des Sterbenden. Dies zeigt 14 sich auch in nonverbalen Reaktionen des Sterbenden auf diese Berührung. Kommt die Berührung beim Sterbenden positiv an, kann sich dies durch eine ruhige und regelmäßige Atmung ausdrücken (vgl. Nagele & Feichtner, 2009, S.95ff). Aus meiner Erfahrung in der Betreuung und Begleitung Sterbender glaube ich, dass bewusste Berührung, vor allem, wenn verbale Kommunikation nicht mehr möglich ist, die körperliche, sowie seelische Ebene positiv beeinflussen. Auf die verschiedenen Formen der Berührung, der sogenannten nonverbalen Kommunikation, wird im nächsten Kapitel genauer eingegangen. 15 2. Was ist nonverbale Kommunikation (Eva Moitzi) Nonverbale Kommunikation beschreibt alle Formen der Kommunikation, die sich nicht auf eine sprachliche Informationsvermittlung stützen. Informationen können über alle Sinne kommuniziert werden z.B. durch, Musik, Bilder, Geruch, Geschmack sowie Gesten, Körperhaltung und Berührung. „Kommunikation ohne Worte, nicht an Sprache gebundene Kommunikation“ (Schäfler, et. al., 2000, S.227) Nonverbale Kommunikation vom lateinischen abgeleitet: Non = nicht Versus = Wort Communicator = sich verständigen Wir wollen uns speziell mit dem Thema „ Berührung in der terminalen Phase“ auseinandersetzen. Wie können wir Angehörige und Begleiter von sterbenden Menschen unterstützen. Was benötigen sie? Was ist für sie in dieser schwierigen Zeit hilfreich? Um dies herauszufinden werden wir im Rahmen dieser Projektarbeit einen Fragebogen für pflegende und begleitende Angehörige erstellen, um zu erfahren wo wir ihnen Hilfestellung geben können. 2.1 Berührung Die Berührung nimmt einen besonderen Stellenwert in der nicht sprachlichen Kommunikation ein. Berührung kann unterschiedliche Qualitäten aufweisen. Sie kann sich unangenehm, hart, schmerzhaft, oberflächlich oder liebevoll anfühlen. Die Art und Intensität der Berührung sind Qualitätsmerkmale in der Pflege. Berührung ist aber viel mehr als ein Mittel zum Zweck. Berührung ist Begegnung, sie ist eine Interaktion, die Ängste lösen und das Herz berühren kann. Bei der Berührung wird ein Reiz erzeugt, der Einfluss auf die Gefühlsebene nimmt und auf diese Weise unser Innerstes berührt. 16 Es sollte immer darauf bedacht werden, welche Körperteile von welchen Personen berührt werden dürfen und welche Köperzonen absolute Tabubereiche sind. Die Berührung nimmt jedoch auch einen besonderen Stellenwert in der Pflege ein, wenn es ich um uns fremde Kulturen und Religionen handelt. Zu diesem Thema wird in einem späteren Kapitel näher eingegangen. In der Sterbephase, in der sich ein Patient nicht verbal äußern kann, ist es für uns Pflegekräfte wichtig, Biografiearbeit mit Bezugspersonen zu leisten um zu klären: Wie hat der sterbende Mensch Berührung früher empfunden? Wie wichtig war ihm Nähe? Auch die Frage der Dauer, Intensität und des ausgeübten Druckes der Berührung ist sinnvoll zu hinterfragen, denn gute Berührung hat Qualität (wie berühre ich), Konstanz (Kontakt halten), Intensität (Eindeutigkeit) und Rhythmus. Dies sind wichtige Fragen, um Betroffene und Angehörige gut zu begleiten. In Situationen in denen eine verbale Kommunikation mit dem Sterbenden nicht mehr möglich ist, stellt für pflegende Angehörige eine schwierige Situation dar. Nicht nur, dass die sprachliche Verständigung verlorengeht, sondern auch Ängste, Hilflosigkeit und Trauer werden für Angehörige zur große Belastung. Einer der größten Wünsche von Sterbenden ist „nicht alleine gelassen zu werden“. In dieser Situation können wir Pflegenden den Angehörigen ein Rüstzeug geben, um ihnen den Zugang zum sterbenden geliebten Menschen zu ermöglichen und eine weitere Kommunikation auf nicht sprachlicher Ebene aufrecht zu erhalten. Kommunikation in Form von Berührung, so dass sie am Ende des irdischen Lebens noch gemeinsam schöne Momente miteinander erleben dürfen. Ich sage deshalb „dürfen“, denn ich sehe es als Geschenk, gemeinsam ein Stück des Abschieds zu gehen. Im Speziellen wenn ich im Nachtdienst an der Seite eines sterbenden Menschen sitze und seine Hand in meiner liegt. Ich verspüre oft Frieden im Herzen denn es ist vor allem eine emotionale Berührung auf die man sich einlässt. Voraussetzung ist jedoch, dass der Patient mit der Berührung einverstanden ist und er die Möglichkeit hat sich jederzeit davon zu distanzieren. 17 2.2 Formen der Berührung Es gibt verschiedene, unterschiedliche Formen der Berührung, einige davon möchte ich näher beschrieben. Um mit dem nicht mehr verbal kommunizierenden, sterbenden Menschen in Kontakt zu treten, ist es für die Pflegeperson, aber auch für den pflegende Angehörigen wichtig, für ihn klare, verständliche Zeichen zu setzen. Dies geht am besten mit der Initialberührung, die ich im folgenden Kapitel näher beschreiben werde. 2.2.1 Initialberührung Diese Form der Berührung kommt aus der Basalen Stimulation. Die Initialberührung ist eine ritualisierte Begrüßung, aber auch Verabschiedung, welche dem Patienten Respekt, Sicherheit und Vertrauen vermitteln soll. Es sollte eine dem Patienten vertraute Form der Kontaktaufnahme sein. Der Mensch hat ein Berührungsgedächtnis, aus diesem Grund ist die Erhebung der Biografie von großer Bedeutung. Der Bewusstseinseingetrübte Patient nimmt in der Regel seine Umgebung über das Gehör war. Es passiert häufig dass er „plötzlich“ ohne jede Vorankündigung angefasst wird, also auf Berührung nicht vorbereitet ist. Außerdem weiß er bei den verschiedensten Geräuschkulissen nie, wann ein Geräusch oder ein gesprochener Satz ihm gilt oder dem Nachbarpatienten, Angehörigen oder Kollegen der Pflegekraft. Diese Situation bedeutet für den Patienten beträchtlichen Stress, weil er sich nie entspannen kann. Wenn ein Patient lernt, dass nur dann etwas an ihm oder mit ihm gemacht wird wenn er vorher z.B. an der linken Schulter berührt wurde, dann gewinnt er Sicherheit, kann seinen Stress reduzieren und sich entspannen. Wird einen sterbenden Patienten eine Initialberührung angeboten, sollte man genau beobachten, ob der Patient mit Aufmerksamkeit reagiert. Bleibt diese Reaktion aus, ist zu überlegen, ob der Bereich der Berührung anders gewählt werden sollte. Umso wichtiger ist es, dass alle in der Betreuung beteiligten Personen dieselbe Berührung als Begrüßung oder auch als Verabschiedung durchführen. Hierzu gibt es die Möglichkeit, speziell im Stationärenund Langzeitpflegebereich, in Patientennähe eine Tafel anzubringen, an der eine für 18 den Patienten ausgewählte Initialberührung dargestellt ist. Die Initialberührung ist also bei allen Patienten sinnvoll, die ihr Umfeld nicht selbst kontrollieren können. Kontaktmöglichkeiten für eine Initialberührung: Schulter Thorax Hände 2.2.2 Ausstreichen / Ausleiten von Händen und Füßen Hierfür mit beiden Handflächen die jeweilige Körperregion umfassen. Dies passiert mit ganz leichtem Druck. Vom Unterarm bis zu den Fingern sowie vom Unterschenkel bis zu den Zehenspitzen. Immer mit Bedacht und unter Beobachtung des Patienten ob es ihm angenehm ist oder nicht! 2.2.3 Massage der Füße Mit leichtem Druck der Fingerspitzen von der Ferse bis zu den Zehenspitzen. 2.2.4 Berührung der Handflächen Die begleitende Hand immer unter die des Sterbenden Menschen legen. So wird dem sterbenden Menschen die Möglichkeit gegeben, dass er sich jederzeit aus der Berührung zurückziehen kann. 2.2.5 Therapeutic Touch Dies ist eine ganzheitliche Behandlung durch heilsame Berührung. Ich stelle diese Möglichkeit nur kurz vor. Diese Art der Berührung darf nur von Therapeutic Touch ausgebildeten Personen durchgeführt werden. Dies ist nur ein kurzer Einblick in Therapeutic Touch und in Bezug auf Berührung in der letzten Lebensphase. Therapeutic Touch ist eine sanfte Methode zur Harmonisierung der körpereigenen Energien. Das Ziel dieser Berührungsformen ist die Verbesserung der subjektiven Befindlichkeit des Patienten und seine Entlastung von psychischem und physischem Stress. 19 Beim sterbenden Menschen, setzt sich der Therapeutic Touch Therapeut auf den Bettrand, zentriert sich und berührt gleichzeitig das Hand Chakra des Patienten und die Gegend um das Herz Chakra. Es wird die Zeit genutzt, um den Patienten ein Gefühl tiefer Anteilnahme und Liebe zukommen zu lassen, sowie auch die Erlaubnis, loslassen und gehen zu dürfen. Ausgebildete Personen von Therapeutic Touch können auch bei Angehörigen Handlungen vollziehen um ihnen seelische Belastung zu nehmen (vgl. Krieger, 2012, S.212ff). 2.3 Unterstützende Öle zum Ausstreichen und Massieren und deren Wirkung Für Ausstreichungen und Massagen können eigene Hautlotion/Creme oder folgende Öle aus der Aromapflege verwendet werden: Rosengeranie - stärkend, harmonisierend, ausgleichend, „herztröstend“ Lavendel fein - ausgleichend, beruhigend, aufbauend, angstlösend und antidepressiv, bei Erschöpfung anregend und erfrischend (vgl. Werner M.,2009, S.127, S.178) Bei diesen beiden Ölmischungen werden vom jeweiligen Öl 1 Tropfen mit 10 ml Olivenöl vermischt. Wegbegleitungsöl - fertige Mischung mit Mandelöl, Zusätze: Pelargonie, Rose sowie Zitrone 20 2.4 Fallbeispiel Hr. XY war ein Freund von mir, er verbrachte die letzten Wochen seines Lebens auf unserer Station. Als Hr. XY sich auf den Weg machte dieses irdische Leben zu verlassen, wurde ich von seinen Kindern und dessen Gattin angerufen, um mir die Möglichkeit zu geben, mich von meinem Freund verabschieden zu können. Als ich kam, verließen sie das Zimmer. Ich glaube, sie haben die Situation nicht mehr ausgehalten, denn sie waren sehr dankbar, dass ich da war. Ich setzte mich an seine Seite, hielt seine Hand und sagte ihm noch Dinge, die für mich wichtig waren. Er hatte die Augen geschlossen, konnte sich nicht mehr verbal mitteilen. In meiner Traurigkeit merkte ich gar nicht, dass ich seine Hand so festhielt und da war es: „Die für mich besonders berührende Situation die ich erleben durfte“. Mein Freund löste sich aus meinem Händedruck, machte noch zwei tiefe Atemzüge und verstarb. Ich bin heute noch dankbar, dass ich das erleben durfte. Es wird uns nur manchmal geschenkt, dabei zu sein beim letzten Atemzug und in ein friedlich, entspanntes Gesicht eines Sterbenden - eines Freundes zu blicken. Mein Freund hat mir jedoch auch vermittelt (ich interpretiere es so): „Schön dass du da bist, jedoch halte mich nicht fest“. Für mich war es eine traurige, jedoch auch eine schöne Erfahrung bis zum Tod eines mir sehr wertvollen Menschen „da zu sein“! Ein sogenannter schöner Tod Eines Morgens wachst du auf und bist nicht mehr am Leben. Über Nacht, wie Schnee und Frost, hat es sich begeben. Alle Sorgen dieser Welt bist du nun enthoben. Krankheit, Alter, Ruhm und Geld sind wie Wind zerstoben. Friedlich sonnst du dich im Licht einer neuen Küste, ohne Ehrgeiz, ohne Pflicht. Wenn man das nur wüsste! Mascha Kaleko 21 Bewusste Berührungen sind Begegnungsformen die absichtlich und klar sind. Es sind oft unsere pflegende Hände, die den Verstorbenen die Augen schließen und somit an einem der größten Geheimnisse des Lebens teilnehmen dürfen. Bewusste Berührung soll nicht im „Vorbeigehen“ passieren. Berühren heißt, sich auf das Gegenüber einzulassen und ganz für ihn da sein. Ich kann aber nur dann gut begleiten, wenn ich dazu bereit bin, mich zu öffnen und mich emotional auf die Situation einzulassen. Es ist wichtig, dass wir in unserem Pflegeberuf wieder sensibilisiert werden und uns der Herausforderung stellen, trauernde, ängstliche und hilflose Angehörige gut unterstützen zu können. Die Praxis zeigt, dass kulturelle sowie religiöse Unterschiede in Bezug auf die Pflege und Betreuung vermehrt zum Thema werden. Die fehlende Erfahrung im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen (in Bezug auf Berührung, Nähe und Distanz), wirft häufig Fragen in unserem Berufsalltag auf. Umso wichtiger ist es, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen, um eine Basis an Grundwissen im Umgang mit anderen Kulturen zu erhalten. Dabei geht es uns vor allem um die Berührung in der terminalen Lebensphase. Im Zuge dieser Projektarbeit wollen wir einen Einblick in diese Thematik geben. 22 3. Berührung als Kommunikation bei verschiedenen Religionen (Nikica Kajgo) In den letzten Jahren hat sich unsere Gesellschaft gewaltig verändert. Die religiösen Unterschiede in unserer Gesellschaft sind deutlicher geworden. Das Leben, Sterben und Tod und damit die Einstellung zum Leben und Tod werden durch religiöse Zugehörigkeit beeinflusst. Die menschlichen Bedürfnisse, Pflege, Sterben und Totenrituale führen oft zu Differenzen, Spannungen und zu Schwierigkeiten zwischen Pflegepersonal und Angehörigen. Verschiedene Religionen praktizieren unterschiedliche Gebräuche und haben unterschiedliche Bedürfnisse. Durch ständige Migration in Europa (auch in Österreich) kommt es dazu, dass immer mehr Sterbende aus anderen Glaubensrichtungen zu betreuen sind. Deshalb brauchen Pflegepersonen mehr Informationen und Wissen über andere Religionen (z.B. Islam, Buddhismus, Hinduismus und Judentum). Die Unterschiede im Umgang mit Schwerkranken und Sterbenden stellen uns Pflegende vor neue Herausforderungen und können zu Überforderung des Pflegepersonals führen. Das Pflegepersonal muss in der Betreuung mit Menschen anderer Kulturen und Religionen viel Verständnis, Offenheit, Sensibilität und Geduld zeigen. Um eine gute Sterbebegleitung zu ermöglichen, braucht man gewisse Rahmenbedingungen. Da in Pflegeheimen die Zeitressourcen aufgrund eines vorgegebenen Personalschlüssels besonders knapp sind, stellt uns das Betreuen von sterbenden Menschen vor große Herausforderungen. Damit wir Pflegepersonen, Menschen mit anderem religiösen und kulturellen Hintergrund bestens betreuen und begleiten können, brauchen wir Wissen über besondere Bedürfnisse. Deshalb stelle ich mir die Fragen: „Haben Menschen aus anderen Kulturen und Religionen andere Bedürfnisse in Bezug auf Begleitung und Berührung?“. „Was brauchen wir, wie kann man dazu beitragen, mit Menschen verschiedener Herkunft die nonverbale Kommunikation zu verbessern, Leben zu unterstützen und ein Sterben in Würde zu gewährleisten?“ 23 3.1 Judentum 3.1.1 Glaubensgrundlagen Das Judentum ist die älteste und kleinste Weltreligion. Heute gibt es weltweit ca. 18 Millionen, davon etwa 5 Millionen in Israel. Die meisten Juden leben in den USA, wenige in Südamerika und Russland. Etwa 12000 Juden leben in Österreich. Das geografische und politische Zentrum der Juden Israel wurde 1948 etabliert. Die Juden glauben an einen und einzigen Gott, der bildlos ist. Die Gottesdienste finden in der Synagoge statt. Die Sprache ist Hebräisch. Der erste und wichtigste Feiertag der Juden ist der siebente Tag der Woche, der Sabbat (Samstag). Die Geburt, Mündigwerden, Hochzeit und Tod sind im Leben des Juden wichtig. Nach dem Alten Testament war Moses Führer, Prophet und Gesetzgeber, der die Juden aus Ägypten in das gelobte Land (heute Israel und Palästina) führte. Das Heilige Buch der Juden ist die Bibel (Alte Testament) und ist hebräisch geschrieben. Die Rabbiner sind Lehrer, die alles über das Jüdische Gesetz wissen. Diese sind keine Priester sondern Schriftgelehrte (http://de.wikipedia.org/wiki/Judentum). ABB 1: Davidstern = Symbol der Juden (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Judentum) 24 3.1.2 Umgang mit Berührung im Judentum Die Achtung von körperlicher Scham und die Wahrung der Intimität ist ein großes Bedürfnis. Die Verabreichung von Schmerzmedikamenten lehnen sie ab. Das Sterben wird wertgeschätzt. Der Krankenbesuch gilt als heilige Pflicht. Man darf sich dem Kranken nicht aufdrängen. In der jüdischen Tradition ist es ganz wichtig, dass der Sterbende bis zuletzt als Lebender behandelt wird (vgl. Heller 2012, S.95, S.97). Die Kopfbedeckung der männlichen Juden (Kippa) wird auch im Bett getragen. Die Frauen verhüllen ihr Haar vollständig. Am Sabbat sind sie zur körperlichen Erholung verpflichtet (keine elektrische Geräte benutzen und keine ausgiebige Körperpflege). Ganz wichtig ist das Händewaschen nach dem Aufstehen und vor dem Essen. Ein gläubiger Jude rasiert sich nur trocken. Dem kranken und sterbenden Menschen darf sein Zustand nicht verheimlicht werden. Passive Sterbehilfe darf nicht geleistet werden. In den Jüdischen Gemeinden gibt es Frauen und Männer die ehrenamtlich die Betreuung von Schwerkranken und Sterbenden übernehmen (sog. Chevra Kaddischa = Heilige Bruderschaft) (http://www.cdkschweiz.ch/wissen/ethik/anderekulturen-in-der-pflege.html). Es ist wichtig Sterbende nie alleine zu lassen, besonders wenn sie Schmerzen haben. Es ist zu beachten, dass die im Sterben liegende Person weder gelagert noch sonst bewegt werden darf. (http://www.so.ch/fileadmin/internet/ddi/igsaa/13_4_Betreuung_Pflege/MAS_Sterbeb egleitung_Todesfall.pdf). Liegt ein Jude im Sterben müssen Angehörige verständigt werden. Keine pflegerischen Maßnahmen durchführen, damit sich der Sterbende in Ruhe lösen kann. Die Frauen bevorzugen gleichgeschlechtliche Pflegekraft. Bei den Männern ist es egal. Die Reinigung mit fließendem Wasser hat große Bedeutung, da es als Rückkehr zum Ursprung gilt. Das Waschen durch Baden ist unhygienisch (https://books.google.at/books?id=EUjTD4KjvV0C&pg=PA159&lpg=PA159&dq=pfleg e+in+der+sterbephase+bei+der+juden&source=bl&ots=undijfRMiJ&sig=cR9TjYSyBF 3PT1npVLfpkaUDudI&hl=de&sa=X&ei=qFKwVMrPHoLraLutgKAN&ved=0CEwQ6AE wBw#v=onepage&q=pflege%20in%20der%20sterbephase%20bei%20der%20juden &f=false). 25 3.2 Islam 3.2.1 Glaubensgrundlagen Islam ist Glaube der Muslime, was übersetzt „sich Gott unterwerfend“ bedeutet. Es gibt keinen Gott außer Allah und sein Prophet ist Mohamed. Die fünf Säulen des Islams sind Grundpflichten jeder Muslime: 1) der Glaube an Allah als einzigen Gott und Mohamed als dessen Propheten (Sashada), 2) fünf Mal täglich betten (Salat), 3) Fastenmonat Ramadan (Saum), 4) Pilgerfahrt nach Mekka (Hadsch) einmal im Leben, 5) die Gabe von Almosen an Bedürftige (Zaktat). Islam gibt es in drei unterschiedlichen Glaubensrichtungen: Sunniten (90%), Schiiten (6%), Alewiten (4%). Das höchste Glaubensziel im Islam ist der Frieden. Die Gesundheit und Krankheit gehören gleichermaßen zum Leben (vgl.Kraill, 2010, S.8ff). Islam hat 1,6 Milliarden Anhänger und ist nach dem Christentum die zweitgrößte Religion. Derjenige, der dem Islam angehört ist Muslime, im deutschsprachigen Raum als Moslem bezeichnet. Der größte Anteil der Muslime lebt in Indonesien (12,9%), Pakistan (11,1%), Indien (10,3%), Bangladesch (9,3%). Muslimisch geprägte Länder sind Albanien, Bosnien, Mazedonien, der Kosovo und die Türkei. Die textliche Grundlage des Islams ist der Koran. In Österreich leben ca. 500.000 Muslime (http://de.wikipedia.org/wiki/Islam). ABB 2: Stern und Mondsichel = Symbol des Islams (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Islam) 26 3.2.2 Umgang mit Berührung im Islam Die Pflege von muslimischen Patienten kann schnell zu großen Missverständnissen führen. Im Islam herrscht geschlechtliche Trennung (wenn möglich von gleichgeschlechtlichen Pflegepersonen zu betreuen). Ganz wichtig ist die Wahrung der Intimsphäre. Es ist wichtig, sich in einer sauberen Umgebung zu befinden. Gewaschen wird immer unter fließendem Wasser und ohne Unterbrechung. Von Bädern oder Ganzkörperwäsche wird abgesehen. Nach jeder Harn- oder Stuhlausscheidung soll man sich waschen oder mit einem feuchten Tuch abwischen. Die Intimpflege erfolgt nur mit fließendem Wasser und mit der linken Hand (kein Toilettenpapier verwenden). Die Verwendung von Inkontinenzprodukten ist unerwünscht. Wenn möglich sollte ein Paravent aufgestellt werden. Oftmals übernehmen auch Angehörige die Körperpflege. Die Frauen sollten die Körperbehaarung im Achsel- und im Schambereich entfernen. Finger und Zehennägel sind immer kurz zu halten. Ganz wichtig ist es, eigene Kleidung oder ein langes Nachthemd zu tragen. Die Frauen tragen immer ein Kopftuch. Sexualität ist ein Tabuthema. Sie liegen auf der rechten Seite, vollständig zugedeckt und die Füße sollen in Richtung Mekka liegen. Schlafmedikamente werden nicht akzeptiert (vgl. Kraill, 2010, S.13ff). Gegessen wird nur mit der rechten Hand und nach dem Gebet. Auch Medikamente aller Art sowie rektale Untersuchungen werden verweigert. Bei Berührung ist Vorsicht geboten. Wichtig ist es zu wissen, dass Moslems dem anderen Geschlecht nicht die Hand geben dürfen, Blickkontakt zu meiden und auch Händeschütteln zur Begrüßung kennt der Islam nicht (vgl. Kraill, 2010, S.17ff). Die Sterbenden dürfen nie alleine gelassen werden, deshalb werden sie meist von dem Angehörigen betreut und es wird ein muslimischer Seelsorger (Hoca-Imam) informiert. Ein Muslim darf nicht durstig sterben. Wenn möglich zum Trinken geben ansonsten den Mund ständig befeuchten. Der Sterbende wird mit dem Körper in Richtung Mekka gedreht und dabei wird er von Angehörigen unterstützt (in Ausnahmefällen darf das Pflegepersonal helfen). Das Berühren von Andersgläubigen ist nur mit Handschuhen möglich. Nach dem Tod gilt, dass Muslime nicht vom anderen Geschlecht nackt gesehen werden dürfen. Die Frauen dürfen während der Menstruation nicht zu den Sterbenden (vgl. Kraill, 2010, S.28). Die Muslime glauben, dass das Leben erst nach dem Tod beginnt. Das Thema darf in Gegenwart des Sterbenden nicht erwähnt werden, es darf nur über seine guten Taten gesprochen 27 werden. Trauerreaktionen sind nicht erlaubt (vgl. Kraill 2010, S.23). Die Angehörigen spielen eine große Rolle. Es ist ganz wichtig, diese in den Sterbeprozess einzubeziehen (http://www.rudolfinerhaus.at/fileadmin/media/5_ Pflegebildung/Schule/FBA/Kraill_Elisabeth_2010.pdf). 28 3.3 Buddhismus 3.3.1 Glaubensgrundlage Der Buddhismus ist eine Religion die ihren Ursprung in Indien findet. Weltweit gibt es ca. 380 Millionen Anhänger. Hauptsächlich ist er in Süd-, Südost-, und Ostasien verbreitet. Die Hälfte aller Buddhisten lebt in China. In Europa leben heute ca. 1,8 Millionen. In Österreich leben ca. 25.000 Buddhisten. Die Grundlagen dieser Religion sind die vier edlen Wahrheiten: 1. das Leben ist in der Regel von Leid (dukkha) über Geburt, Alter, Krankheit und Tod geprägt 2. dieses Leid ist durch die drei Geistesgifte Gier, Hass und Verblendung verursacht 3. das zukünftige Leid kann durch die Vermeidung dieser Ursachen nicht entstehen 4. die Mittel zur Vermeidung von Leid und damit zur Entstehung von Glück Die Buddhisten berufen sich auf die Lehren des Siddhartha Gautama, der in Nordindien lebte. Er wird als Buddha bezeichnet (Erwachter). Die buddhistische Lehre kennt keinen Allmächtigen Gott oder eine ewige Seele (http://de.wikipedia.org/wiki/Buddhismus). ABB 3: Buddha Statue = Symbol des Buddhismus (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Buddhismus) 29 3.3.2 Umgang mit Berührung im Buddhismus Die Medikamente, wie zum Beispiel Schmerzmittel oder Sedativa werden abgelehnt. Die Füße, die als unrein gelten, sollen nicht auf eine eventuell im Zimmer vorhandene Buddha Statue zeigen. Die natürlichen Körperöffnungen gelten ebenso als unrein. Die asiatischen Buddhisten legen Wert darauf, dass buddhistische Frauen vom weiblichen Pflegepersonal, und männliche Buddhisten vom männlichen Pflegepersonal gepflegt werden. Im westlichen Buddhismus ist es nicht so streng geregelt, aber es muss abgesprochen werden. Zur Vorbereitung auf den Sterbeprozess wird ein buddhistischer Lehrer gewünscht. Der Tod wird als Beginn einer neuen Existenz betrachtet. Neben dem Bett eines Sterbenden versammeln sich dessen Familie, Mönche, Lehrer und betreuende Personen. Es muss vermieden werden, dass jemand in der Nähe des Sterbenden, Ärger auslöst. (egal wer: Angehörige, Pflege-, Hauswirtschaft-, Reinigungspersonal). Wenn Gefühle wie Ärger oder Hass aufkommen, führt das nach buddhistischem Glauben zu einer ungünstigen Wiedergeburt. Die Wünsche des Sterbenden soll man berücksichtigen. Da Buddha auf der rechten Seite gestorben ist, sollte man den Sterbenden (wenn er wünscht) auf die rechte Seite drehen. Um den Sterbeprozess nicht zu stören, soll man den Körper für mehrere Stunden nicht berühren. Weinende und Wehklagende Menschen werden von ihm ferngehalten. Im buddhistischen Glauben tritt der Tod ein, wenn der Sterbende dreimal ausatmet und nach dem dritten Ausatmen nicht mehr einatmet (http://www.beckshop.de/fachbuch/inhaltsverzeichnis/9783170213371_TOC_001.pdf ). 30 3.4 Hinduismus 3.4.1 Glaubensgrundlage Mit fast 1,1 Milliarden (etwa 15% Weltbevölkerung) ist er nach dem Christentum (31%) und Islam (23%) die drittgrößte Weltreligion. Sein Ursprung liegt in Indien. Die Anhänger werden Hindus genannt. Die Gläubigen glauben, dass sich das Leben und der Tod in einem Kreislauf (Samsara) befinden. Die Hindus glauben an eine Reinkarnation. Rund 92% Hindus leben in Indien, 81% Nepal, Bali 90%, Mauritius 49%, Fiji 30%. Die Hindus sind auch in Amerika, Afrika und Europa stark vertreten. Das Wort „Hindu“ stammt aus dem Persischen und bedeutet Fluss Indus. (http://de.wikipedia.org/wiki/Hinduismus). Der Hinduismus ist kein Name sondern wird mehr als geografische Bezeichnung für das Land und den Fluss Indus und seine Bewohner angesehen (vgl. B. Heller 2012 S. 32). Der Tod wird als Akt der Befreiung in eine geistig- spirituale Wirklichkeit (Moksha) bezeichnet (vgl. Heller, 2012, S. 33). ABB 4: OM-Zeichen = bei Hindus heilig (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Hinduismus) 31 3.4.2 Umgang mit Berührung im Hinduismus Entscheidend ist eine Absprache zwischen Pflegepersonal, Patienten und Angehörigen. Körperpflege ist für die Hindus sehr wichtig. Die Hindus duschen täglich (wenigstens eine Ganzkörperwaschung) und mindestens zweimal Mundpflege nach jedem Essen. Die Körperpflege kann nur von Gleichgeschlechtigen Personal durchgeführt werden. Das Schamgefühl ist sehr ausgeprägt. In der Sterbephase sind die Bedürfnisse, Wünsche und Notwendigkeiten sehr unterschiedlich und sind immer abzuklären. Manchmal können sich die Patienten nicht äußern und solche Situationen bedeuten Stress für das Pflegepersonal. Auf Wunsch ruft man einen Priester. Das Wasser aus dem Ganges Fluss (Weihwasser) spielt eine große Rolle (http://www.johannes-hospiz.de/cms/upload/pdf/Begleitung_ sterbender_Hindus.pdf). 32 3.5 Christentum 3.5.1 Glaubensgrundlage Das Christentum ist eine Religion die aus dem Judentum hervorging. Die Anhänger werden Christen genannt. Mit rund 2,3 Milliarden Anhängern ist sie die am weitesten verbreitete Religion. Ein jüdischer Wanderprediger, Jesus von Nazareth, ist von zentraler Bedeutung für das Christentum. Dieser wurde in Jerusalem gekreuzigt, ist von den Toten auferstanden und wird Sohn Gottes genannt. Die Anhänger nennen ihn Jesus Christus. Die Christen glauben an einen Gott. Jesus ist nach christlichem Glauben der wahre Gott und wahre Mensch. Der Tod Jesus am Kreuz bewirkt die Erlösung von Schuld und Sünde der Menschheit. Jesus Christus hat das kommende Gottesreich verkündet (http://de.wikipedia.org/wiki/Christentum). Jesus wurde vor ungefähr 2000 Jahren in Palästina (heutige Israel) von Mutter Maria geboren. Als Prediger verkündigte er ein Reich des Friedens und Gerechtigkeit. Er wurde als Anführer festgenommen und zum Tod am Kreuz verurteilt. Jedes Jahr zu Ostern feiern die Christen die Auferstehung Jesu. Die Bibel ist das Heilige Buch der Christen. Das wichtigste Symbol der Christen ist das Kreuz. Die Gottesdienste finden in einer Kirche statt und werden von einem Priester geleitet. Das wichtigste Gebot ist: „Liebe deinen nächsten wie dich selbst“. Der heilige Tag der Christen ist der Sonntag. Die römisch- katholische, die evangelische und die orthodoxe Kirche sind die drei größten christlichen Glaubensrichtungen. Für die Katholiken ist der Papst der Stellvertreter von Jesus auf Erde (http://www.lehrerweb.at/materials/gs/religion/print/ weltrel/christentum.pdf). 33 ABB 5: Kreuz mit Corpus = Symbol der Christen (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Christentum) 3.5.2 Umgang mit Berührung im Christentum Der Tod ist der Übergang in das ewige Leben. Die Krankensalbung ist ganz wichtig und wird von einem Priester durchgeführt. Das Beten spielt eine große Rolle (zum Beispiel das Vaterunser, Psalmen oder auswendig gelernte Gebete). Es ist erlaubt Hand zu halten. Das Beten findet mit Priestern und Angehörigen statt. Der Sterbende, der meistens nicht mehr dazu in der Lage ist zu sprechen, kann jedoch noch sehr lange hören. Neben geprägten Worten sich auch sinnfällige Gesten eine fühlbare Hilfe am Sterbebett. Für den Sterbenden ist es sehr wichtig, dass er bei der Hand gehalten wird. Dies zeigt sich dadurch, dass wenn man die Hand loslässt, er nach ihr greift. Vielleicht reicht sein Bedürfnis nach Geborgenheit und Angenommen sein über menschliche Nähe hinaus (vgl. Birgit Heller 2010, S.125). Bei der Betreuung von schwerkranken und sterbenden Menschen, stellen ihre Angehörige wichtige und unverzichtbare Partner dar. Um es für den Betroffenen so leicht wie möglich machen zu können, ist es wichtig die Angehörigen mit einzubeziehen. Für die Angehörigen ist es wichtig, dass sie vom Pflegepersonal nicht ständig korrigiert werden, sondern das Pflegepersonal soll vielmehr einen Gesprächspartner darstellen, mit dem sie über ihre Gefühle, Ängste, etc. sprechen können. Angehörige kennen oft nicht den richtigen Umgang, das Pflegepersonal soll sie in solchen Situationen begleiten und unterstützen. 34 4. Was brauchen pflegende Angehörige (Michaela Madl) Man kann einen sterbenden Menschen bis zuletzt begleiten und mit Hilfe des Wissens um nonverbale Kommunikation die Verbindung zwischen „ich und du“ aufrecht erhalten. Pflegende Angehörige haben eine verantwortungsvolle Aufgabe, die sie mit viel Liebe und Hingabe Tag für Tag ausüben. Die letzte Phase des Lebens ist für Angehörige dennoch oft schwer zu bewältigen, vor allem, wenn die Möglichkeit sich sprachlich untereinander auszutauschen, nicht mehr gegeben ist. Die meisten Angehörigen sind in dieser schwierigen Zeit überfordert, sie wissen oftmals nicht, wie sie mit ihrem Familienmitglied einfühlsam und ohne Worte kommunizieren können. Angehörige stoßen in solchen Situationen nicht selten an ihre Grenzen und ziehen sich vom Sterbenden zurück. Sie sind sich unsicher, haben Angst und fürchten sich davor, im Umgang mit Sterbenden etwas falsch oder nicht richtig zu machen. „Ein tatsächlich (noch) lebender Mensch ist sozial tot, wenn er mit anderen Menschen und besonders mit Bezugspersonen nicht (mehr) kommuniziert und in Interaktion steht und wenn seine Bekannten, Freunde und Verwandten sich ihm gegenüber so verhalten, als existiere er nicht (mehr)“ (Kostrzewa & Kutzner, 2009, S.21). Umso wichtiger ist es, pflegende Angehörige mit ihrer Hilflosigkeit nicht alleine stehen zu lassen. Daher ist es Aufgabe, fachlich kompetenter Pflegepersonen, Angehörige als direkte Bezugsperson zu begleiten, stützen, informieren und anleiten, damit diese ihren schwerkranken Sterbenden weiterhin gut betreuen können. Es gilt also, die Beziehung zwischen Patient – pflegende Angehörige – Pflegefachpersonen bewusst aufzubauen um die zwischenmenschliche Brücke, in Form von nonverbaler Kommunikation aufrecht zu halten. „Kommunikation gilt als Herzstück zwischenmenschlicher Beziehungen, ja ohne Kommunikation ist keine Beziehung denkbar“ (Specht-Tomann & Tropper, 1999, S.121). In der Begleitung von sterbenden Menschen, ist die Berührung mit den Händen eine häufige Geste der Unterstützung, der Beruhigung, des Trostes, vor allem aber ein 35 Zeichen für „ich bin bei dir“. Unser Leben ist, mehr denn je, der Kommunikation verschrieben. Von den ersten Stunden und Tagen unseres Lebens bis ins hohe Alter kommunizieren wir. 4.1 Ausw ertung und Ergebnis des Fragebogen s Wir, die Verfasser dieser Projektarbeit, sind als professionelle Pflegepersonen in verschiedenen Bereichen tätig. Hierzu gehören die Palliativstation, das Pflegeheim, die Hauskrankenpflege und das mobile Palliativteam. Dennoch sind es immer wieder dieselben Fragen, die uns von Seiten pflegender Angehöriger gestellt werden. „Kann ich berühren? Wie kann ich berühren? Wie kann ich Berührungen einsetzen? Wo kann ich berühren? Womit? Will der Betroffene überhaupt berührt werden?“ Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, einen Fragebogen auszuarbeiten. In diesem wurde erhoben, wie pflegende Angehörige grundsätzlich zum Thema Berührung stehen und was es noch braucht, um Berührung als Kommunikation in die Pflege und Betreuung schwerkranker, sterbender Menschen zu integrieren und gut umsetzen zu können. Ziel dieser Befragung war es, Meinungen und Erfahrungen von pflegenden Angehörigen, welche sterbenskranke Menschen betreuen, zu erhalten, um darauf aufbauend einen Leitfaden zu entwickeln, in dem Informationen sowie ausgesuchte Möglichkeiten der nonverbalen Kommunikation in Form von Berührung aufgezeigt werden. Der Fragebogen beinhaltet vier geschlossene und eine offene Frage, welche uns als Anreiz, zugleich auch als Denkanstoß dienten, wichtige Informationen anschließend in den Folder für pflegende Angehörige zu übernehmen. Insgesamt wurden 50 Fragebögen ausgegeben, davon 45 Stück an die Projektgruppe ausgefüllt zurückgegeben. Die fehlenden 5 Stück wurden aufgrund des vorzeitigen Versterbens des zu pflegenden Angehörigen nicht wieder an uns ausgehändigt. Das Ergebnis der Auswertung möchte ich zum besseren Verständnis anhand der gestellten Fragen darstellen und anschließend bildlich in einem Diagramm aufzeigen. Die angegebenen Zahlen in der ersten bildlichen Darstellung beziehen sich auf die Anzahl an Personen, die die Projektgruppe durch das Ausfüllen eines Fragebogens unterstützt hat. 36 Folgende geschlossenen Fragen mit den Antwortmöglichkeiten „ja“ oder „nein“ wurden im Fragebogen gestellt: 1. Glauben Sie, dass man über Berührung kommunizieren kann? 2. Glauben Sie, dass Symptome wie Angst und Unruhe durch spezielle Berührungen gelindert werden können? 3. Wäre es für Sie hilfreich, in der Begleitung Ihres schwerkranken Angehörigen, Formen der nonverbalen Kommunikation in Form von Berührung aufgezeigt zu bekommen, um diese dann anzuwenden? 4. Fällt es Ihnen schwer, Ihren schwerkranken Angehörigen zu berühren? Die Antworten zu den oben stehenden Fragen sind im folgenden Diagramm dargestellt: Auswertung Fragen 1 - 4 1 2 45 40 35 30 ungültig 25 45 45 43 43 20 nein ja 15 10 5 1 0 1. Frage 2. Frage 3. Frage 4. Frage ABB 6: Diagramm Über die Auswertung der Fragen 1 - 4 37 „Einen anderen Menschen zu berühren, bedeutet immer ein sehr intimes Geschehen. Wichtig ist dabei, einerseits die eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu respektieren sowie andererseits sensibel für die Bedürfnisse und Reaktionen des Patienten zu sein“ (Nagele & Feichtner, 2009, S.97). Die letzte der 5 Fragen wurde offen gestellt. Für uns war es wichtig, herauszufinden in welchen Bereichen es noch an Unterstützung bedarf, wo in Hinsicht für die Pflege noch zu arbeiten ist, wie und in welchen Bereichen professionell pflegende Angehörige informieren, anleiten und beraten können. Für alle in der Betreuung eines schwerkranken sterbenden Menschen, muss es ermöglicht werden, angemessene Hilfestellung entgegen zu bringen. 5. Was könnte für Sie hilfreich sein, wenn sich Ihr Angehöriger nicht mehr mit Worten mitteilen kann? Die Ergebnisse dieser offen gestellten Frage werden ebenfalls in einem Diagramm abgebildet. Ähnliche Angaben der Befragten wurden in Gruppen zusammengefasst und mit einem treffenden Begriff betitelt und dargestellt. Durch die offene Fragestellung kam es auch zu Mehrfachnennungen, deshalb entsprechen die gegebenen Antworten nicht den an der Umfrage teilgenommenen Personen. Auswertung Frage 5 4 5 Keine Angaben 13 Nonverbale Kommunikation verstehen 8 Unterstützung durch Fachpersonal 14 17 Gefühl des "Daseins" vermitteln können Empathie Ressource "Zeit" ABB 7: Diagramm über die Auswertung der Frage 5 38 Berührung ist viel mehr als nur ein Mittel zum Zweck. Berührungen können beeinflussen. Berührung ist Begegnung, ist Kommunikation, ist Gemeinsamkeit. In jeder Berührung drückt sich seinem Gegenüber eine Beziehung aus. Vielen der Befragten ist es wichtig, die Körpersprache des Betroffenen zu erkennen und zu deuten wissen. Gestik und Mimik spielen dabei eine große Rolle: „Wie kann ich erkennen, ob es dem Angehörigen gut oder schlecht geht“? Viel Zeit, sich auf Gefühle einzulassen, mit dem Menschen gemeinsam zu spüren um Zuneigung zu vermitteln. Immer wieder aber auch wird betont, dass es seitens der Angehörigen keine gute Begleitung gibt, ohne ein fachlich kompetentes Team im Hintergrund zu haben. Für betroffene Angehörige ist es wichtig, professionelle Ansprechpersonen zu haben, die mit ihrer Erfahrung beraten, begleiten und unterstützen. Hinsichtlich der Auswertung des Fragebogens, ist mir noch deutlicher geworden, dass nicht „nur“ der Patient im Mittelpunkt steht. Unser Augenmerk auf pflegende Angehörige soll dazu ermutigen, dass Kommunikation, auch wenn diese sprachlich nicht mehr möglich ist, aufrecht erhalten bleibt und zwar in Form von Berührung. 4.2 Einige Tipps zur Berührung mit sensiblen Händen Es gibt Gerüche, die einem Sterbenden besonders unangenehm sein können. Achten und kontrollieren sie Ihre Hände, ob diese nach Rauch, Knoblauch oder anderen Duftstoffen riechen. Geben sie Acht, dass eingerissene Nägel, rauhe Haut, kratzige Kleidungsstücke oder Schmuck, den zu pflegenden Patienten nicht irritieren. Nicht mit kalten Händen berühren! Die Handflächen gegenseitig einige Male aneinander reiben, kann sehr hilfreich sein. Versuchen Sie nachzuvollziehen, welche Gefühle Sie mit Ihren Händen übertragen. 39 Achten Sie auf die Berührungsqualität, verändern Sie bewusst die Geschwindigkeit der Bewegungen oder auch die Druckstärke – versuchen Sie Ihre Berührungen zu reflektieren. Zu schnelle, hastige, ruckartige oder zu verlangsamte Bewegungen sind unangenehm. Selbstsichere Hände sind wohlbekommen und wohltuend. Legen Sie Ihre Hand unter die des Sterbenden. So fühlt sich dieser eher getragen und hat die Möglichkeit, seine Hand auch wieder von ihrer zu lösen. Beobachten Sie Körpersprache des Sterbenden, welche Berührungen ihm am angenehmsten ist (vgl. Otterstedt 2005, S.101ff). 4.3 Fallbeispiel: Ich möchte hier kurz ein Beispiel aus meiner Praxis, also aus meiner eigenen Erfahrung anführen. Durch meine Tätigkeit im mobilen Palliativteam durfte ich vor knapp einem Jahr ein Ehepaar kennenlernen, welches seit über 60 Jahren verheiratet ist. Fr. D., sie ist die Patientin, die wir betreuen, steht kurz vor ihrem 90. Geburtstag. Als Grunderkrankungen sind eine Demenz vom Typ Alzheimer, eine Herz-, sowie eine Niereninsuffizienz bekannt. Der Gatte, bereits 94 Jahre, selbständig mobil, kognitiv keine Einschränkungen. Er kümmert sich gemeinsam mit Unterstützung einer 24 Stunden Betreuung um seine Gattin. Die Anforderung zur unterstützenden Betreuung erfolgte durch die Tochter des Ehepaares. Der Grund sowie die Bitte einen Hausbesuch durchzuführen war der, dass der Gatte mit der Gesamtsituation nicht mehr zurechtkam. Der Rückzug seiner Frau aufgrund der Alzheimer Demenz und der damit zunehmender „Nichtkommunikation“ machte die Betreuung für den Gatten mehr als schwierig. Das Fortschreiten der Krankheit, führte dazu, dass die aktive Beteiligung am täglichen Leben seitens der Patientin kaum noch vorhanden war, zudem noch der Verlust des sprachlichen Miteinanders. Für den Gatten war die Situation nicht mehr auszuhalten. Viele gemeinsame Jahre, die das Ehepaar miteinander verbrachte, waren auf Basis einer guten Kommunikation aufgebaut, welche nun nicht mehr stattgefunden hat. Ein Gefühl der Verzweiflung und Hilflosigkeit tat sich auf, hinzukommend auch das Nichtwissen im Umgang mit 40 Demenz, und der dadurch entstandenen Veränderung der Betreuungssituation. Beim ersten Hausbesuch habe ich bemerkt, dass der Gatte die veränderte Situation überhaupt nicht annehmen konnte, er war verzweifelt und völlig hilflos. Im Laufe eines langen Gespräches konnte vorerst eine gute Gesprächsführung zwischen dem Gatten und mir hergestellt werden. Während des ganzen Gespräches hielt ich die Hand seiner Gattin und streichelte diese. Dem Gatten ist aufgefallen, wie ruhig die Patientin in dieser Zeit war und wie zufrieden sie in ihrem Bett gelegen hat. Für den Gatten war das eine völlig neue Situation, er war überrascht, welche positiven Auswirkungen eine simple Berührung machte. Es folgten noch viele weitere Besuche, jeder Besuch brachte mit unserer Unterstützung das Ehepaar gegenseitig wieder näher. Es wurden beruhigende Ausstreichungen an Armen und Beinen gemacht, zuerst gemeinsam, dann durch den Gatten alleine. Die nonverbale Kommunikation in Form von Berührung wurde dem Gatten näher gebracht. Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin vom Hospizverein, die auch eine spezielle Ausbildung im Umgang mit Demenzpatienten hat, wurde in die Betreuung mit eingebunden. Mittlerweile ist es so, dass der Gatte kaum noch Unterstützung unsererseits benötigt. Ich zitiere den Gatten: „Ich bin so froh, dass ich professionelle Unterstützung bekommen habe. Mein Dank ist unendlich. Auch wenn sich meine Frau verbal nicht mehr äußern kann, verstehen wir uns ohne Worte sehr gut. Und noch eines möchte ich gerne sagen, ich will mir nichts einbilden, aber diese vielen Berührungen die meiner Gattin zu teil werden, sind besser als jedes Medikament“. 41 Deine Hände >>Schläfst du?<< - >>Nein, ich schlafe nicht. Draußen weht der Wind so sehr<< >>Willst du Wasser? Willst du Licht? << >>Deine Hände gib mir her. Deine Hände lieb ich so. Sind so still und sind so kühl. Halt ich sie, so werd ich froh. Bin getrost, wenn ich sie fühl. Hold mir noch der bittre Tod Lächeln mir, tritt er mich an, Wenn ich in der letzten Not Deine Hände halten kann<< (PRERADOVIC, P. v.) 42 5. Resümee 5.1 Jurtin Ines Durch die Auseinandersetzung mit der Projektarbeit wurde mir bewusst, wie umfassend sich das Thema Berührung darstellt. Berührungen gehören zum pflegerischen Alltag und werden als ein Teil der Pflegehandlung oft zur Routine. Mir wurde auch klar, wie sehr es auf die Art und Weise der Berührung ankommt und dass es notwendig ist zu hinterfragen, ob meine Berührung für den Sterbenden als angenehm empfunden wird. Beim Schreiben der Arbeit habe ich aber auch bemerkt, wie sehr mich dieses Thema selbst „berührt“ und dass der Wiedereinstieg in den Basislehrgang für mich aufgrund meiner gesundheitlichen Vorgeschichte, viel zu früh war. Ich kam dabei immer wieder an meine eigenen Grenzen und benötigte dringend die Motivation meiner Projektgruppe. Mir wurde bewusst, dass man sich mit dem Thema Palliativpflege nur dann wirklich auseinandersetzen kann, wenn man sich vollkommen darauf einlässt und zulässt. Für mich persönlich – wie möchte ich berührt werden, wenn ich mich verbal nicht mehr mitteilen kann. 5.2 Moitzi Eva Die Entscheidung an diesem Projekt mitzuarbeiten war für mich am Anfang der Themenwahl gleich klar. Da die Berührung als Kommunikation und dies vor allem in der letzten Lebensphase ganz etwas Wertvolles ist. Es bedarf unserer Hilfe, diesen Menschen empathisch und hilfreich zur Seite zu stehen – sie zu unterstützen und in Ihrem Tun zu stärken und wenn notwendig, auch zu führen und begleitend da zu sein. In unserem Arbeitsalltag macht man Berührung ganz automatisch, diese kann aber auch oft für uns eine Belastung sein. Durch das Erarbeiten dieses Projektes und das intensive Auseinandersetzen mit bewusster Berührung, hat es mich in meinem eigenen Handeln gestärkt und gezeigt, dass wir, auch wenn nichts mehr zu tun ist noch vieles möglich und machbar ist. 43 Ich gehe jetzt in meiner täglichen Arbeit mit Menschen noch viel achtsamer in Bezug auf Berührung um. Besonders wertvoll empfinde ich, den von uns erstellten Folder für Angehörige. Wenn wir diesen vor allem im Pflegeheimen sowie in der Hauskrankenpflege integrieren können und auch etwas bewegen können, haben wir einen großen Beitrag der Palliativ Care geleistet. Schon alleine mit dem Weitertransportieren beziehungsweise Ausgeben des Folders an Angehörige, setzt sich die professionelle Pflegekraft mit dem Thema auseinander und wird dadurch im eigenen Handeln sensibilisiert. Meine Gedanken dazu sind: „Wenn wir nur einen kleinen Prozentanteil unserer Kollegen damit erreichen, Berührung bewusst einzusetzen, und Angehörige damit gut unterstützen können, haben wir viel erreicht. Einen besonderen Dank möchte ich unserer Projektbegleiterin DGKP Serafine Isak aussprechen, sie hat so viel Herzenswärme und stand uns immer sehr hilfreich zur Seite – Danke! 5.3 Kajgo Nikica Das Thema unserer Arbeit ist für mich ausgesprochen interessant. Ich fühlte mich durch dieses Thema sehr angesprochen, denn Berührung als Kommunikation, speziell in der letzten Lebensphase, war für mich eine große Überwindung, da es bei meiner täglichen Arbeit in der Pflege immer wieder für Distanzen gesorgt und ein Gefühl des Ekels erregt hat. Obwohl ich unzählig mal berührt habe (zum Beispiel bei der Körperpflege, beim Mobilisieren oder Lagern) war mir jedoch nicht bewusst, was Berührung wirklich bedeuten kann. Aufgrund dessen, dass die anderen Mitglieder der Projektgruppe bereits im Bereich der Palliativpflege tätig sind, war es für mich sehr motivierend an diesem Projekt mitzuwirken. Gleichzeitig ist es eine Herausforderung meine Kollegen dazu zu bewegen, sich bewusst mit dem Thema „Berührung als Kommunikation“ auseinanderzusetzen und neue Impulse für das gesamte Team zu setzen. Es ist jedoch nicht immer einfach Neues umzusetzen. Aufgrund der hohen Arbeitsanforderungen und des Zeitmangels, stoßen wir immer wieder auf Widerstand. 44 Auf der für mich sehr schwierigen Suche nach Literatur zu diesem Thema, wurde mir deutlich bewusst, welche Rolle Berührung bei schwerstkranken und sterbenden Menschen in unserer multikulturellen Gesellschaft einnimmt. Die Suche war nicht immer einfach, da im Speziellen „Berührung als Kommunikation“ in Bezug auf andere Religionen und Kulturen noch bedeutend zu wenig publiziert wird. Was mir die Arbeit noch zusätzlich erschwerte, war, dass ich die deutsche Grammatik nicht ausreichend beherrsche, weil ich im Ausland (Kroatien) geboren und aufgewachsen bin. Die Kolleginnen in der Projektgruppe haben mich in jeder Hinsicht unterstützt und waren für mich eine Art motivierende Quelle, für die ich sehr dankbar bin. 5.4 Madl Michaela Durch die Auseinandersetzung zum Thema und die umfangreiche Literaturrecherche hatte ich die Möglichkeit noch vieles zu erfahren, wovon ich selbst glaubte bereits zu wissen. Ich wurde euphorisch, habe mir Bücher gekauft, Zeitschriften sowie Broschüren zugelegt und habe das Internet nach brauchbarem Arbeitsmaterial durchstöbert. Mit Erfolg! Eine große Herausforderung, so habe ich es jedenfalls empfunden, war es, die auf vier Projektgruppenmitglieder verteilten Themenbereiche in „eine“ Arbeit zu verpacken. Durch die an mich gegebene und verantwortungsvolle Aufgabe als Projektleiterin, fühlte ich mich quasi verpflichtet, dass alles rund und reibungslos abläuft. Wer macht was? Wie? Wann? Auch das Erstellen des Fragebogens und die anschließenden Auswertungen wurden im Team gemeistert. Auch hier habe ich die Erfahrung gemacht, dass eine gute Zusammenarbeit nur dann funktioniert, wenn alle an einem Strang ziehen. Danke an alle aus der Gruppe! Die gemeinsame Arbeit und Auseinandersetzung mit betroffenen Angehörigen war für mich eine Bereicherung. Informationen, Tipps und Anwendungen wurden mit großer Dankbarkeit entgegengenommen und ausgeführt. Immer wieder gab es positive Rückmeldungen – für mich die Bestätigung „am richtigen Weg zu sein“. Ich freue mich, Menschen meine erworbenen Erkenntnisse weiterzugeben, sie beraten zu können und ihnen eine Stütze in schwieriger Zeit zu sein. 45 Durch das Aufzeigen verschiedener Anwendungen, wie man auch in der letzten Lebensphase die Kommunikation aufrecht erhalten kann, haben pflegende Angehörige das Gefühl bekommen ein „Werkzeug“ in der Hand zu haben, zu helfen, etwas Gutes zu tun aber vor allem die Brücke zwischen „Ich und Du“ aufrecht zu halten. Eine kurz gefasste Broschüre zur Information pflegender Angehöriger, ist aus meiner Sicht ein wichtiger Teil um betroffene Personen wissen zu lassen, dass sie nicht alleine sind und professionelle Unterstützung erhalten. Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschlossen eine solche zu gestalten. Die Broschüre wird an betroffene Personen ausgehändigt und liegt zusätzlich auf ausgesuchten Stationen oder Zentren zur Ansicht auf. Jeder Mensch sollte die Erfahrung machen dürfen durch Berührung berührt zu werden. 46 Literaturverzeichnis Heller, Birgit: Wie Religionen mit dem Tod umgehen. Freiburg im Breisgau, 2012 Kojer, Marina, Schmidl, Martina: Demenz und Palliative Geriatrie in der Praxis. Wien, 2011 Kostrzewa, Stephan, Kutzner, Marion: Was wir noch tun können. Basale Stimulation in der Sterbebegleitung. Bern, 2009 Krieger, Dolores: Therapeutic Touch. Die Heilkraft unserer Hände. Bielefeld, 2012 Kübler-Ross, Elisabeth: Interviews mit Sterbenden. München, 2001 Nagele, Susanne, Feichtner, Angelika: Lehrbuch der Palliativpflege. Wien, 2009 Otterstedt, Carola: Der nonverbale Dialog. Dortmund, 2005 Schäffler, Arne (Hrsg): Pflege heute. Lehrbuch und Atlas für Pflegeberufe. Ulm, 1998 Schäfler, Arne (Hrsg.): Pflege heute. Lehrbuch und Atlas für Pflegeberufe. München, 2000 Specht-Tomann, Monika, Tropper, Doris: Zeit des Abschieds. Sterbe- und Trauerbegleitung. Düsseldorf, 1999 Werner, Monika, Ruth, von Braunschweig: Praxis Aromatherapie. Stuttgart, 2009 47 Verzeichnis der Quellen aus dem Internet http://de.wikipedia.org/wiki/Buddhismus http://de.wikipedia.org/wiki/Christentum http://de.wikipedia.org/wiki/Hinduismus http://de.wikipedia.org/wiki/Islam http://de.wikipedia.org/wiki/Judentum http://www.basale-stimulation.at/pdf_datei/bs_aus_der_sicht_eines_arztes.pdf http://www.beckshop.de/fachbuch/inhaltsverzeichnis/9783170213371_TOC_001.pdf http://www.cdkschweiz.ch/wissen/ethik/andere-kulturen-in-der-pflege.html http://www.johannes-hospiz.de/cms/upload/pdf/Begleitung_ sterbender_Hindus.pdf http://www.lehrerweb.at/materials/gs/religion/print/ weltrel/christentum.pdf http://www.rudolfinerhaus.at/fileadmin/media/5_Pflegebildung/Schule/FBA/Kraill_Elis abeth_2010.pdf http://www.so.ch/fileadmin/internet/ddi/igsaa/13_4_Betreuung_Pflege/MAS_Sterbebe gleitung_Todesfall.pdf https://books.google.at/books?id=EUjTD4KjvV0C&pg=PA159&lpg=PA159&dq=pfleg e+in+der+sterbephase+bei+der+juden&source=bl&ots=undijfRMiJ&sig=cR9TjYSyBF 3PT1npVLfpkaUDudI&hl=de&sa=X&ei=qFKwVMrPHoLraLutgKAN&ved=0CEwQ6AE wBw#v=onepage&q=pflege%20in%20der%20sterbephase%20bei%20der%20juden &f=false www.basale-stimulation.at 48 Abbildungsverzeichnis Abb 1: Davidstern = Symbol der Juden ..................................................................... 24 Abb 2: Stern und Mondsichel = Symbol des Islams .................................................. 26 Abb 3: Buddha Statue = Symbol des Buddhismus .................................................... 29 Abb 4: OM-Zeichen = bei Hindus heilig ..................................................................... 31 Abb 5: Kreuz mit Corpus = Symbol der Christen ....................................................... 34 Abb 6: Diagramm Über die Auswertung der Fragen 1 - 4 ......................................... 37 Abb 7: Diagramm über die Auswertung der Frage 5 ................................................. 38 49 Anhang Begleitschreiben 50 Fragebogen 51
© Copyright 2024 ExpyDoc