Anlage A Leistungsbeschreibung „Informations- und Kommunikationstechnologie für die Pflege (ePflege)“ 1. Hintergrund Unter anderem bedingt durch die steigende Lebenserwartung nimmt die Anzahl an Pflegebedürftigen stetig zu. Waren 2011 in Deutschland 2,5 Millionen Personen pflegebedürftig, gehen Vorausberechnungen der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder bei einem angenommenen geringeren Pflegerisiko durch bessere Gesundheitsversorgung und Prävention davon aus, dass die Anzahl der Pflegebedürftigen bis 2050 um ca. 50 % und damit auf 3,76 Millionen ansteigt 1. Ausgehend vom jetzigen Status quo ergibt sich für das Jahr 2050 eine Vorausberechnung von 4,5 Millionen Pflegebedürftigen. Neben neurodegenerativen Erkrankungen wie Demenz und Parkinson treten bei Pflegebedürftigen immer häufiger Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Bluthochdruck auf. Pflegebedürftige leiden zudem unter steigender Multimorbidität. Zugleich stellt der wachsende Bedarf an Pflegefachkräften eine große Herausforderung bei der Versorgung von Pflegebedürftigen dar. Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) können die Versorgungsqualität (Pflege und medizinische Versorgung) im Gesundheitswesen verbessern, zum Abbau von Bürokratie beitragen und zu Kosteneinsparungen führen. Daher beabsichtigt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), ein Gutachten in Auftrag zu geben, das den Status und die Entwicklungen im Bereich IKT in der Pflege untersucht. Der Begriff Pflege meint in dieser Leistungsbeschreibung stets sowohl die ambulante als auch die stationäre Pflege als Leistung der sozialen Pflegeversicherung sowie die grundsätzlich ambulante häusliche Krankenpflege als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Darauf aufbauend sollen eine Anforderungsanalyse erstellt und Handlungsvorschläge erarbeitet werden. 1 Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Demografischer Wandel in Deutschland, Heft 2, 2010 http://www.statistikportal.de/statistik-portal/demografischer_wandel_heft2.pdf. 1 Anlage A 2. Gegenstand des Auftrags Gegenstand des Auftrags ist • eine konzeptionelle Aufarbeitung der Ist-Situation des Einsatzes von IKT in der Pflege (Arbeitspaket 1) • eine auf der Befragung von Anwendern basierende Identifikation von Vorstellungen, Bedarfen und Umsetzungshemmnissen (Arbeitspaket 2) • abgeleitet aus Arbeitspaket 1 und 2, die Identifikation von Handlungsbedarfen (eingeordnet in vom Auftragnehmer zu erarbeitende Handlungsfelder) und Good Practices bzw. Best Practices, die Unterbreitung von Handlungsvorschlägen sowie die Identifikation von Themen für zukünftige Pilotprojekte zur Umsetzung der Handlungsvorschläge (Arbeitspaket 3). Grundsätzlich ist bei der Bearbeitung der Arbeitspakete zwischen ambulanter und stationärer Pflege zu differenzieren. Der Auftrag soll dazu beitragen, den IKT-Einsatz zur Unterstützung für die Pflege in den identifizierten Handlungsfeldern zu forcieren. Die detaillierten Anforderungen sind in den folgenden Arbeitspaketen gelistet: Arbeitspaket 1: Ist-Analyse (Konzeptionelle Aufarbeitung) Ziel dieses Arbeitspaketes ist es, auf Basis einer umfassenden Bestandsaufnahme eine empirisch unterlegte Übersicht darüber zu erhalten, welche Akteure sich aktuell mit dem Einsatz von IKT in der Pflege befassen und welche Konzepte und Projekte dazu existieren. Für den Auftragnehmer ergeben sich für die in SGB V und SGB XI verankerten pflegerischen Leistungen und darauf basierenden pflegerischen, ärztlichen und administrativen Prozesse folgende Aufgaben für das Arbeitspaket 1: 1. Strukturierte Aufarbeitung und Kurzdarstellung (jeweils in Form eines Steckbriefs, max. 2 DIN A4 Seiten) der Verbände (insbes. der Leistungserbringer), Gremien, Organisationen und anderer Akteure, die sich mit ambulanter und stationärer Pflege befassen bzw. entsprechende Berufsgruppen vertreten. Ergänzend ist zu untersuchen, ob und wie sich die Akteure mit dem Einsatz von IKT in der Pflege beschäftigen. Zu berücksichtigen sind dabei auch Formen der Zusammenarbeit der Akteure, insbesondere mit den ärztlichen, fach- und zahnärztlichen Leistungserbringern in der ambulanten und stationären Pflege (z. B. Kooperationsvereinbarungen für die ambulante Behandlung in stationären Pflegeeinrichtungen gem. § 119b SGB V). 2 Anlage A 2. Strukturierte Aufarbeitung und Darstellung von Konzepten und Projekten a. Strukturierte Aufarbeitung und Darstellung der bisher vorliegenden (theoretischen) bzw. von den Akteuren bereits angewendeten Konzepte und Initiativen unter dem Gesamtkontext des Einsatzes von IKT im pflegerischen Bereich mit den ggf. jeweils dazu vorliegenden Ergebnissen. b. Darstellung der abgeschlossenen bzw. laufenden Projekte mit IKT-Bezug in der Pflege. 3. Entwicklung einer Kategorisierung und darauf basierend eine Einordnung der unter 2. recherchierten Ergebnisse in diese Kategorien, differenziert nach pflegerischen Leistungen und hierauf basierenden pflegerischen, ärztlichen und administrativen Prozessen. Zu berücksichtigen sind dabei auch Projekte und Konzepte zur sektorenübergreifenden Zusammenarbeit mittels IKT. Arbeitspaket 2: Anforderungsanalyse (Erhebung der Anwenderbedarfe und -vorschläge) Ziel dieses Arbeitspaketes ist es, konkrete Vorstellungen und Bedarfe der Anwendergruppierungen zu identifizieren und von den Anwenderinnen und Anwendern benannte Umsetzungshemmnisse aufzuführen. Hierfür ist eine strukturierte Erhebung von pflegerischen und für die Pflege relevanten medizinischen und administrativen Prozessen vorzusehen. Für das Arbeitspaket 2 ergeben sich konkret die folgenden Aufgaben: 1. Organisation und Durchführung von bis zu vier Expertensitzungen/-workshops, ggf. differenziert nach stationärer und ambulanter Pflege und unter Einbeziehung der vom Auftragnehmer zu identifizierenden maßgeblichen Stakeholder. Einzuladen sind insbesondere Verbände der Pflegeberufe und Leistungserbringerverbände, IKT-Verbände, Pflegewissenschaft, Pflege- /Krankenkassen, Betroffenenverbände, relevante ärztliche Verbände, Datenschutz (BfDI) und weitere Fachinstitutionen. Die Mindestbeteiligung wird vom BMG nach Vergabe des Auftrags und vor Beginn der Arbeiten vorgegeben. Es ist von einer Mindestbeteiligung von 20 Personen auszugehen. Die finale Besetzung ist mit dem BMG abzustimmen. Die Expertensitzungen und -workshops dienen als Basis zur Erstellung einer strukturierten Übersicht derjenigen pflegerischen und für die Pflege relevanten medizinischen und administrativen Prozesse (z. B. Verordnung von Behandlungspflege im SGB V) einschließlich ihrer Dokumentation, für die aus Perspektive der Anwender der Einsatz von IKT in der Pflege sinnvoll ist. Dazu sollen u. a. auch die konkreten Anwendergruppierungen von IKT in der Pflege identifiziert und definiert werden. Zudem sollen im Rahmen der Workshops Kriterien für die Bewertung der in Arbeitspaket 3, Punkt 3 zu erstellenden Handlungsvorschläge entwickelt werden. Die Sitzungen sind vom Auftragnehmer in Form von Ergebnisprotokollen zu dokumentieren. 3 Anlage A 2. Aufnahme und strukturierte Darstellung der von den Anwenderinnen und Anwendern formulierten Nutzervorstellungen, Umsetzungshemmnisse, Verbesserungsbedarfe und Lösungsvorschläge. 3. Aufbereitung und Vorstellung der nach Abschluss von Arbeitspaket 2 erzielten Zwischenergebnisse durch den Auftragnehmer auf einer vom BMG zu benennenden Fachtagung. Arbeitspaket 3: Handlungsbedarfe, Handlungsvorschläge und Pilotprojekte Ziel dieses Arbeitspaketes ist es, Handlungsbedarfe zu identifizieren und diese in Handlungsfelder einzuordnen sowie durch Handlungsvorschläge zu unterlegen. Zudem sollen Vorschläge für Pilotprojekte erarbeitet werden, die der konkreten Umsetzung der Handlungsvorschläge dienen können. Für das Arbeitspaket 3 sind deshalb folgende Aufgaben zu leisten: 1. Abgeleitet aus den Ergebnissen von Arbeitspaket 1 und Arbeitspaket 2 sollen Handlungsbedarfe ermittelt werden. Dabei sind ggf. zu verbessernde Rahmenbedingungen unter Berücksichtigung bestehender Strukturen der beteiligten Verbände/Selbstverwaltung im Gesundheits- /Pflegewesen einzuschließen. Hierbei ist auch die mögliche Nutzbarkeit der Telematikinfrastruktur (in ihrer Gesamtheit oder ihren Komponenten) zu berücksichtigen. Bereits umgesetzte Maßnahmen, bei denen es keine oder nur geringe Unterschiede zwischen Ist-Zustand und Anwenderbedarfen gibt, sind als Best Practices bzw. Good Practices gesondert darzustellen. 2. Strukturierte Darstellung der identifizierten Handlungsbedarfe in vom Auftragnehmer zu entwickelnden Handlungsfeldern. 3. Erstellung von Handlungsvorschlägen, welche die Handlungsbedarfe und Handlungsfelder adressieren, jeweils einschließlich einer Bewertung hinsichtlich der Berücksichtigung von zeitlichem und monetärem Aufwand, Umfang und Dringlichkeit der Umsetzung anhand der in Arbeitspaket 2 identifizierten Kriterien aus den Workshops. 4. Darstellung von aus 3. abgeleiteten Vorschlägen für Pilotvorhaben zur konkreten Umsetzung der Handlungsvorschläge. 5. Begründete Empfehlung eines Pilotvorhabens, das ggf. nach öffentlicher Ausschreibung in einer gesonderten Fördermaßnahme umgesetzt werden soll. Die Ergebnisse aus den Arbeitspaketen 1 und 2 sind dem Auftraggeber jeweils als Zwischenbericht, die Gesamtergebnisse als fundierter Schlussbericht vorzulegen. Zu Beginn des Auftrags ist ein Abstimmungsgespräch mit dem Auftraggeber vorzusehen. Über die vier Expertensitzungen/-workshops (siehe Arbeitspaket 2) hinaus sind an der Bearbeitung der Arbeitspakete Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen zu beteiligen, die vom BMG im Abstimmungsgespräch benannt werden. Darüber hinaus einzubeziehende Organisationen (Benen- 4 Anlage A nung/Identifizierung im Projektverlauf) sind dem BMG gegenüber vor Einbeziehung zu benennen. Das BMG entscheidet dann – in Abstimmung mit den bereits vertretenen Organisationen – über deren Einbeziehung. Die Gespräche, die mit den beteiligten Organisationen geführt werden, sind vom Auftragnehmer in Form von Ergebnisprotokollen zu dokumentieren. Genderaspekte sind angemessen zu berücksichtigen. Alternativ ist zu begründen, wenn Genderaspekte für die Bearbeitung des Auftrags keine Bedeutung haben. 5
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