Art. 6 Grundsätze der Raumordnung

BayLplG: Art. 6 Grundsätze der Raumordnung
Art. 6 Grundsätze der Raumordnung
(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinn des Leitziels nach Art. 5 Abs. 1 und des Leitmaßstabs
nach Art. 5 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit
dies erforderlich ist.
(2) Grundsätze der Raumordnung sind:
1. Nachhaltige Raumentwicklung:
Im gesamten Staatsgebiet und in seinen Teilräumen sollen ausgeglichene infrastrukturelle, wirtschaftliche,
ökologische, soziale und kulturelle Verhältnisse angestrebt werden. Dabei sollen in allen Teilräumen die
nachhaltige Daseinsvorsorge gesichert, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation unterstützt,
Entwicklungspotenziale und eine raumtypische Biodiversität gesichert, Gestaltungsmöglichkeiten mittelund langfristig offengehalten und Ressourcen geschützt werden. Demographischen, wirtschaftlichen,
sozialen und anderen raumstrukturverändernden Herausforderungen soll Rechnung getragen werden. Auf
einen Ausgleich raumstruktureller Ungleichgewichte zwischen den einzelnen Teilräumen soll hingewirkt
werden.
2. Raumstruktur:
Die prägende Vielfalt des gesamten Landesgebiets und seiner Teilräume soll gesichert werden. Auf
Kooperationen innerhalb von Teilräumen und von Teilräumen miteinander soll mit dem Ziel der Stärkung
und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume hingewirkt werden. Es soll dafür Sorge getragen
werden, dass Verdichtungsräume und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die
Gesellschaft erfüllen können. Ländliche Teilräume sollen unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen
wirtschaftlichen und naturspezifischen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit
eigenständiger Bedeutung erhalten und entwickelt werden. Gebiete, zwischen denen intensive Lebensund Wirtschaftsbeziehungen bestehen oder entwickelt werden sollen, sollen zu Regionen
zusammengefasst werden. Gemeinden, die sich als Mittelpunkt der Daseinsvorsorge eines in der Regel
überörtlichen Verflechtungsbereichs eignen, können in den Raumordnungsplänen als Zentrale Orte
festgelegt werden. Die Zentralen Orte sollen so über das ganze Staatsgebiet verteilt werden, dass für alle
Bürger die Versorgung mit Gütern, Dienstleistungen und Infrastruktureinrichtungen des wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Bedarfs in zumutbarer Erreichbarkeit gesichert ist; dies gilt auch in dünn
besiedelten Teilräumen. Die Siedlungstätigkeit soll räumlich konzentriert und vorrangig auf vorhandene
Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur, insbesondere auf Zentrale Orte, ausgerichtet werden. Der
Freiraum soll erhalten werden; es soll ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames
Freiraumverbundsystem geschaffen werden. Die weitere Zerschneidung der offenen Landschaft und von
Waldflächen soll so weit wie möglich vermieden werden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum soll
begrenzt werden. Der Umfang einer erstmaligen Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und
Verkehrszwecke soll vermindert werden, insbesondere durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale
für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur
Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen.
3. Versorgungs- und Infrastrukturausstattung:
Der Erhalt und die bedarfsgerechte Weiterentwicklung der notwendigen Infrastruktureinrichtungen sind in
allen Teilräumen von besonderer Bedeutung. Überörtliche Einrichtungen der kommunalen Vorsorge sowie
der Bildung und Kultur, des Sozialwesens, der medizinischen Versorgung und des Sports, ferner der
Verwaltung und der Rechtspflege sollen bevorzugt in den Zentralen Orten gebündelt werden. Geeignete
räumliche Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren für die wohnortnahe
Versorgung der Bevölkerung sind von besonderer Bedeutung. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen soll
Rechnung getragen werden. Es sollen die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität
einschließlich eines integrierten Verkehrssystems geschaffen werden. Die Anbindung an überregionale
Verkehrswege und eine gute und verkehrssichere Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch
schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr sind von besonderer Bedeutung. Die
Voraussetzungen für die Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene
und Wasserstraße sollen verbessert werden. Raumstrukturen sollen so gestaltet werden, dass die
Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird. Eine gute Erreichbarkeit der
Zentralen Orte, insbesondere mit öffentlichen Verkehrsmitteln, soll gewährleistet werden. Ein barrierefreier
Zugang, insbesondere zu Infrastruktureinrichtungen, soll ermöglicht werden.
4. Energieversorgung:
Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche
Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen soll Rechnung getragen werden. Dabei
sollen die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine Steigerung
der Energieeffizienz und für eine sparsame Energienutzung geschaffen werden.
5. Wettbewerbsfähige Wirtschaftsstrukturen:
Die räumlichen Voraussetzungen für eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene
Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie für ein ausreichendes und vielfältiges Angebot
an Arbeits- und Ausbildungsplätzen sollen erhalten und entwickelt werden. Geeignete räumliche
Rahmenbedingungen für eine möglichst ausgewogene Branchenstruktur der gewerblichen Wirtschaft, für
eine ausgewogene Versorgung mit Handwerks- und sonstigen Dienstleistungsbetrieben sowie für die
Sicherung des Bestands und der Weiterentwicklung und die Neuansiedlung von leistungsfähigen kleinen
und mittelständischen Unternehmen sowie der Freien Berufe sollen gewährleistet werden. Insbesondere in
Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Landesdurchschnitt
wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist, sollen die
Entwicklungsvoraussetzungen gestärkt werden. Die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende
Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen
sollen geschaffen werden. Die räumlichen Voraussetzungen für eine nachhaltige Wasserwirtschaft und die
vorsorgende Sicherung der Versorgung von Bevölkerung und Wirtschaft mit Wasser in ausreichender
Menge und Güte sollen geschaffen werden. Die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und
Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion sollen erhalten und entwickelt
werden. Die Wettbewerbsfähigkeit der Tourismuswirtschaft soll gestärkt werden.
6. Landschaftsbild:
Das Landschaftsbild Bayerns soll in seiner Vielfalt, Eigenart und Schönheit bewahrt werden. Kultur- und
Naturlandschaften sollen erhalten und entwickelt werden. Historisch geprägte und gewachsene
Kulturlandschaften sollen in ihren prägenden kulturellen und ökologischen Merkmalen und mit ihren Kulturund Naturdenkmälern erhalten bleiben. Es sollen die räumlichen Voraussetzungen dafür geschaffen
werden, dass die Land- und Forstwirtschaft und der Naturschutz ihren Beitrag dazu leisten können, das
Landschaftsbild und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen.
7. Ökologische Funktionen des Raums:
Der Raum soll in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, des
Klimas, der Erholung sowie als Lebensraum der Tier- und Pflanzenwelt einschließlich der jeweiligen
Wechselwirkungen entwickelt, gesichert oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen,
wiederhergestellt werden. Wirtschaftliche und soziale Nutzungen des Raums sollen unter
Berücksichtigung seiner ökologischen Funktionen gestaltet werden. Naturgüter sollen sparsam und
schonend in Anspruch genommen werden. Das Gleichgewicht des Naturhaushalts soll nicht nachteilig
verändert werden. Grundwasservorkommen sollen geschützt, die Reinhaltung der Gewässer soll
sichergestellt werden. Wälder sollen in ihrer Funktion für Klima, Natur- und Wasserhaushalt sowie für die
Erholung erhalten und soweit erforderlich verbessert werden. Den Erfordernissen des Biotopverbunds soll
Rechnung getragen werden. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz soll vor allem durch Sicherung
oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen Sorge getragen werden. Der
Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft soll sichergestellt werden. Den räumlichen
Erfordernissen des Klimaschutzes soll Rechnung getragen werden, sowohl durch Maßnahmen, die dem
Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen.
Insbesondere in den Berggebieten soll dem Schutz vor Naturgefahren besondere Bedeutung
beigemessen werden. Die Funktionsfähigkeit der Schutzwälder im Alpenraum soll erhalten und soweit
erforderlich verbessert werden.
8. Verteidigung und Zivilschutz:
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes soll Rechnung getragen werden.
9. Integration im Bundesgebiet und im europäischen Raum:
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt im Bundesgebiet und im europäischen Raum
sollen gewährleistet werden. Die Zusammenarbeit im europäischen Raum, mit dem Bund und den
Ländern sowie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Teilräume und Regionen sollen unterstützt
werden.