Rohr-in-Rohr soll´s richten

( ·~r verschweißen Mitarbeiter der Firma Alfes & Sohn gerade das allerletzte Stück der mehrere Hundert Meter langen Rohrleitung.
adchste Woche wird sie in einem Rutsch in die vorhandene, aber defekte Betonleitung hineingezogen.
Foto: Nicole Klappert
Rohr-in-Rohr soll's richten
RAUMLAND
Dafür mussten zahlreiche
Einzelteile aneinander
geschweißt werden.
(
nik • Es ist kaum zu übersehen: Seit
paar Tagen schlängelt sich in Raumt .d, kurz vor Bad Berleburg, ein sehr
langes, weißes Rohr über die ·Grünfläche
entlang der Eder.
Der Bandwurm wirft natürlich Fragen
auf: Eine Pipeline für Raumland? Modeme Kunst im Grünen? Ein überdimensionierter Amphibientunnel? Manfred
Hackler, bei der Stadt Bad Berleburg mit
der Planung und Bauleitung im Abwasserbereich betraut, bringt auf Anfrage der
Siegener Zeitung Licht ins Dunkel: Die
Mitte der 80er gelegte Entsorgungsleitung
für Berghausen und Teile von Raumland
sei in die Jahre gekommen. Mit anderen
Worten: In dem Betonrohr traten Risse
P;"\
Defekte Entsorgungsleitung wird graben.los repariert
auf, was sich auch deshalb als problematisch erweist, weil die im Fachjargon Talsammler genannte Leitung in den Erlerauen im Grundwasser liegt.
Statt das Ganze nun komplett auszutauschen, hat man sich bei der Stadt Bad
Berleburg für eine Variante entschieden,
von der man sich, so Hackler, sehr viel
verspreche: Die Betonleitung wird quasi
geflickt. Nicht mit Stückwerk natürlich,
sondern vergleichbar mit der Reparatur
eines defekten Fahrradreifens. Der Vorteil: Für dieses Verfahren muss nicht neu
gegraben werden. Und hier kommt die
lange .Pipeline" ins Spiel, die in Wirklichkeit aus vielen, rund sechs Metedangen
Stücken Kunststoffrohr besteht, die aneinandergeschweißt wurden.
Das nahm ungefähr eine Woche in Anspruch, und weil im letzten Moment ein
Stück dazu kam, dauerte es sogar ein bisschen länger als geplant, wie die Siegener
Zeitung bei einem Baustellenbesuch erfuhr. In der nächste Woche wird ein Me-
tallgestänge durch ein Kopfloch in die defekte Betonleitung geführt und an das
neue Rohr gehängt, das dann wiederum
durch das Betonrohr gezogen wird. Zunächst auf einer Länge von 265 Metern, in
einem weiteren Schritt über 130 Meter.
Klingt einfacher, als es ist, schließlich
verfügt das n~ue Kanalrohr über eine
Wanddicke von über drei Zentimetern.
Das Einziehen, so Hackler, .soll innerhalb eines Tages passieren". Mit der Aufgabe betraut wurde das Wendener Unternehmen Alfes und Sohn, eine von vier
Firmen in Deutschland, die auf grabenlose Kanalerneuerung spezialisiert sind.
Die Anwohner, deren Abwässer durch
den Kanalsammler der Kläranlage Raumland zugeführt werden, werden von den
Arbeiten in keinsterWeise beeinträchtigt.
Möglichst wenig beeinträchtigt werden
sollte auch die Natur von dem Unterfangen: Deshalb hat man mit der Montage
und Verlegung des Rohres bis nach den
Schnittarbeiten gewartet.
·
FREITAG 113. JUNI 2014
w ·I TTOENST·E IN·E R ZEITUNO
WP JJr. tfgS"
Wie eiri langer Gartenschlauch an einem Stück
·In die Abwasserleitung vor Raumland.
wird heute ein 222 Meter
langes und dichtes
Rohr eingezogen
.
.
. .
Von Christoph Vetter
"eigentlich zu viel Wasser· an der
Kläranlage Raumland ankam", sagt
Hackler, der .für Planung und Bauleitung im Abwasserbereich zustän- ·
dig ist. Seinen Angaben zufolge
dürlte der ·w asserübersch:uss aus
der Eder s~en, verläuft: der Talsammler doch parallel zum Fluss im
Grundwasser, also unter EderNiveau.
Raumland. Eine kleine Kamera hat's
herausgefunden: Die Abwasserleitung von Berghausen biszur"Kläranlage unterhalb von · Raumland ist
nicht mehr ganz dicht - und zwar an
den die Rohre verbindenden Muffen. Diese Fehler wurden nach Angaben von Manfred Hackler (Stadtwerke Bad BerlebÜrg) bereits vor
anderthalb Jahren entdeckt - bei .,,5chlingernder Darm"
Überprüfungen im -Rahmen der so Anstatt die defekten Rohre und
"Kanalselbstüberwa" Muffen nun ap mehreren Stellen ·
genannten
aufzugl-aben, auszutauschen und
chungsverordnung".
Als die Kamera die betreffenden wieder zu zu baggern, hat ·sich die
Stellen erfasst hatte, ließ sich erklä- Stadt für ein anderes Verfahren entren, dass über-' den Talsammler schieden, dessen Durchruhtung seit
einiger Zeit in den Ederwiesen zwischen Markhausen und Berleburg
sichtbar ist. Dort .liegt nun ein 222
Kanal verläuft unter dem
Niveau des Ederflusses
Meter langer, sich "schlingernder
Darm", _wie Manfred ~ackler
~ Der Talsammler von Berghauschmunzelt. Aber von dieser Techsen nach Raumland hat einen
nik verspricht sich der Bauleiter
Durchmesser von 700 mm.
"eine nachhaltig stabile und dichte
Leitung'~. Immerhin wurde dieser
Lindwurm aus etlichen, sechs Me""': Diese A.bwasserleitung verläuft im Grundwasser ünter dem
ter langen und in der Wandung drei ·
Niveau der Eder.
Zentimeter dicken PE-Einzelteilen
aneinander geschweißt. "Das ist
-, Die Kosten de"r Maßnahme lie·
jetzt wie ein Gartenschlauch an
gen bei 250 000 Euro.
einem Stück", vergleicht Hackler.
Noch schlängelt sich dieser Kunst- .
Vorarbeiter Timo Feld (Altes & Sohn, HDnsbom) am Kopf der .Ober 220 Meter tangen Schlange. Heute soll das Rohr mit einer
HydrauUkmaschine in den Kanal gezogen werden.
FOTO: CHRISTOPH VETTER
stoff-Schlauch in den Ederwiesen aber er- soll möglichst rasch in das
vorhandene Rohrsystem eingezogen werden.
Sammler zurzeit sehr voll. Wir müs- den Haushalten der Ortschaften
sen warten, bis weniger Wasser drin Berghausen, Weidenbausen, Hemist." Vorarheiter Timo Feld hofft schlar und Raumland, die an den
dennoch,
dass
die
Hy- · Sammler angesch~ossen sind, wird
draulikmaschine am heutigen Frei- sich die 250 000 Euro teure Reno·Abhängig vom Wetter
tag den Lindwurm in den Kanal zie- vierung nicht bemerkbar machen.
Der Zeitpunkt ist jedoch abhängig hen kann. "Dann können wir mit ,;Der ganz normale Betrieb ist bei
vom Wetter. Hackler: "Nach dem . dem anderen, 160 Meter langen PE- der Umstellung gewährleistet", verRegen der letzten Tage ist der · Rohr beginnen", kündigt Feld an. In spricht M anfred Hackler.