(Broschüre zum Ideenwettbewerb) PDF-Datei, 2,83 MB

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Künstlerischer Ideenwettbewerb
Der Gestaltungswettbewerb zum Blauen Kran fand im Frühjahr 2015 in
Offenbach statt. Die Umsetzung des Gewinnerentwurfs Kran der Künste von
Wolfgang Winter und Berthold Hörbelt wird im Jahr 2016 erfolgen. Als eine
Basisvoraussetzung zur Umsetzung galt es, einen Entwurf zu gestalten, dessen
Instandhaltung mit geringen Wartungs- und Pflegemaßnahmen verbunden ist.
Die Höhe der Investitionskosten sollte bei maximal 250.000 € liegen.
Künstler
Jury
Tamara Grcic +
Büro Uwe Fischer
(Frankfurt am Main)
Der Blaue Kran
Daniela Matha
Geschäftsführerin der Mainviertel Offenbach GmbH & Co. KG
und der OPG Offenbacher Projektentwicklungsgesellschaft mbH,
Offenbach am Main
Observatorium
(Rotterdam)
Peters Panorama
Klaus Wichert/Katja Imhof
Geschäftsführer/Landschaftsarchitektin, Regionalpark Ballungsraum
Rhein-Main GmbH (1 Stimme), Flörsheim am Main
Ooze Architects
(Rotterdam)
mit Marjetica Potrcˇ
(Ljubljana)
Die Blaue Sonne
Markus Eichberger
Leiter des Bereichs Stadtentwicklung und Städtebau,
Stadt Offenbach am Main
Winter/Hoerbelt
(Frankfurt am Main)
Der Kran der Künste
Elke Gruhn
Künstlerische Leiterin des Nassauischen Kunstvereins, Wiesbaden
Prof. Wolfgang Luy
Hochschule für Gestaltung, Offenbach am Main
Peter Cachola Schmal
Direktor des Deutschen Architekturmuseums, Frankfurt am Main
In Kooperation mit dem Regionalpark Rhein-Main und dem Land Hessen
OPG Offenbacher Projekt-
OPG – Partnerin der Stadt Offenbach
entwicklungsgesellschaft mbH
Für den modernen Kreativ- und Wirtschaftsstandort Offenbach liefert die erfolgreiche
Senefelderstraße 162
Revitalisierung des früheren Industriehafens starke Impulse. Als 100-prozentige Tochter aus
63069 Offenbach am Main
dem Geschäftsfeld Immobilien der Stadtwerke Offenbach Unternehmensgruppe setzt das
Tel. 069 840004-600
Team der OPG im Auftrag der Stadt strategisch bedeutsame Entwicklungsprojekte um und
Fax 069 840004-119
trägt dazu bei, das Stadtbild Offenbachs positiv und zukunftsweisend zu verändern.
[email protected]
www.opg-of.de
Herausgeber: OPG Offenbacher Projektentwicklungsgesellschaft mbH, Offenbach am Main
ˇ S. 9 bis 11,
Konzept, Gestaltung: acre gmbh, Bildquellen: © Tamara Grcic: S. 5 bis 7, © Ooze Architects mit Marjetica Potrc:
© Observatorium Künstlergruppe Rotterdam: S. 12, S. 14, S. 15, © Winter/Hoerbelt: S. 1, S. 16, S. 18, S.19
Haftungsausschluss: Für die Richtigkeit und Vollständigkeit wird keine Haftung übernommen. Änderungen bleiben vorbehalten.
Die hier gemachten Angaben stellen kein vertragliches Angebot dar.
KUNST
IM HAFEN
DER IDEENWETTBEWERB
UM DEN BLAUEN KRAN
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EDITORIAL
Kunst im Hafen –
eine etablierte Symbiose
Ein Kran für gestern,
heute und für morgen
Heike Strelow
Bozica
Niermann
ˇ
Kuratorin Wettbewerb Blauer Kran Offenbach
Bereichsleiterin Projektentwicklung OPG Offenbach
Projektentwicklungsgesellschaft mbH
Im Zentrum des künstlerischen Ideenwettbewerbs »Kranstudie 630«
stand von Beginn an die Idee, durch die Umgestaltung des Blauen Krans
eines der wenigen erhaltenswerten Industrierelikte des Areals in ein in
sich geschlossenes und begehbares Kunstwerk zu überführen. Schon heute
ist der Blaue Kran in seiner exponierten Lage weit über das eigentliche
Hafengebiet hinaus im Stadtgebiet erkennbar und bildet einen spannenden
Kontrapunkt zur Frankfurter Skyline und der Offenbacher Innenstadt, aber
auch zum Feldberg und den Taunushängen.
Der Hafen Offenbach ist das größte am Wasser gelegene Entwicklungsareal in der Metropolregion Rhein-Main. Bei der Umgestaltung des
alten Industriehafens in ein neues attraktives Stadtviertel konnten nur sehr
wenige Industrierelikte erhalten werden. Eines davon ist der Blaue Kran.
In seiner Funktion als Wahrzeichen des Hafens soll er gestärkt und zu
einer begehbaren Landmarke künstlerisch umgestaltet werden, so dass
aus diesem Industriemonument ein neuer Identifikationspunkt für den
Hafen und die Stadt entstehen kann.
Vier international agierende KünstlerInnen und Künstlergruppen –
Tamara Grcic + Büro Uwe Fischer, Observatorium, Ooze Architects in
Zusammenarbeit mit Marjetica Potrcˇ sowie Winter/Hoerbelt – waren
im Rahmen eines beschränkten Auswahlverfahrens eingeladen, Ideen zu
entwickeln, die diese Sichtbarkeit noch betonen und den Kran dabei in
ein der Öffentlichkeit zugängliches Kunstwerk verwandeln.
Um die künstlerische Qualität, die wir uns für diesen Standort vorstellen und die zum Hafen und zu Offenbach als Kreativstandort passt, zu
gewährleisten, haben wir uns entschlossen, vier KünstlerInnen und Künstlergruppen zu einem Auswahlverfahren einzuladen. Denn Kunst macht den
öffentlichen Raum auf seine ganz eigene Weise erfahrbar. Die überzeugenden Ergebnisse des Wettbewerbs sehen Sie auf den folgenden Seiten.
Das erklärte Ziel der »Kranstudie 630« war von Anfang an ein künstlerisches Konzept, das sich durch eine hohe Gestaltungs- und Erlebnisqualität auszeichnet und zugleich auch eine große Öffentlichkeitswirkung erzeugt. Der Kran als Hochpunkt sollte so umgebaut und umgestaltet werden,
dass eine Aussichtsplattform entsteht und er öffentlich begehbar ist. Der
künstlerische Eingriff soll den Kran dabei in eine andere Bedeutungsebene
überführen, ihn allerdings grundsätzlich in seinem Bestand erhalten. Dabei
geht es bei dieser Öffnung des Krans für die Bürger jedoch weniger um
die Idee der »Sensation« als vielmehr um ein Identität stiftendes Moment.
Wichtig ist, dass das neu entstehende Kunstwerk im Kontext des Offenbacher Hafens ein größtmögliches Maß an Authentizität besitzt.
Wir konnten die Regionalpark Ballungsraum RheinMain GmbH
und das Land Hessen von unserer Idee überzeugen und so gemeinsam
die Realisierung dieses besonderen Projekts ermöglichen.
Alle vier eingeladenen KünstlerInnen und Künstlergruppen haben
spannende Konzepte entwickelt, die mit diesem Heft gewürdigt werden
sollen. Überzeugt hat die Jury, die sich aus Fachleuten aus den Bereichen
Kunst, Architektur und Stadtentwicklung zusammensetzte, jedoch das Konzept des Künstlerduos Winter/Hoerbelt. Sie hob in ihrer Begründung den
bildhauerischen Ansatz des Konzeptes, aber auch die auf Authentizität
und Identifikation setzende formale Sprache der Umgestaltung des Krans
hervor. Den beiden Künstlern ist es mit ihrem Entwurf gelungen, den Kran
aus seiner früheren Funktion hin zu einer neuen Nutzung als Wahrzeichen
für ein neues Stadtquartier zu überführen, das den Übergang des alten
Hafens in ein modernes Stadtviertel symbolisiert.
Der Blaue Kran –
über die Landschaft vernetzt
Katja Imhof
Landschaftsarchitektin
Regionalpark Ballungsraum Rhein-Main GmbH
Skyline und Flughafen, Börse und EZB: Das Rhein-Main-Gebiet liefert
starke Bilder für Deutschlands Wirtschaftskraft. Die überraschend grünen
Stärken der Region, die Qualität und Attraktivität der Stadtlandschaft sind
im Regionalpark RheinMain zu finden. Fast vier Millionen Menschen bietet
er Erholung vor der Haustür. Obwohl viele neue Einwohner zuziehen und
sich hier alle Verkehrswege kreuzen, ist es gelungen, kontrastreiche Landschaften zwischen den Städten zu bewahren.
Zwischen Rheingau und Spessart, Taunus und Hessischem Ried
erschließen 550 Kilometer Regionalparkrouten diese Landschaft. Gemeinsam mit vielen Partnern hat der Regionalpark Naturschätze bewahrt und
Landmarken restauriert. Aussichtspunkte, Kunstinterventionen und Spielangebote eröffnen neue Perspektiven.
Als historisches Industrierelikt und begehbare Landmarke verkörpert
der Blaue Kran die Idee des Regionalparks aufs Beste. Außerdem bereichert er das Routennetz um einen Attraktionspunkt mit wahrlich regionaler
Dimension: Von Offenbach über Frankfurt bis zum Feldberg im Taunus
reicht der Blick, den Besucher von der neuen Plattform aus erleben können.
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E N T W U R F TA M A R A G R C I C + B Ü R O U W E F I S C H E R
D ER BLAUE KRAN
Tamara Grcic +
Büro Uwe Fischer
Textquelle Künstlerin
Der Blaue Kran verkörpert als Relikt aus dem ursprünglichen Industriehafen eine »alte Welt«, in der schwere
Materialien hin- und hertransportiert wurden. Mit zwei Maßnahmen wollen wir den ausgedienten Kran beleben und ihn im übertragenen Sinn in eine »neue Form von Bewegung« versetzen.
1 Der Kran wird begehbar. Ein choreographierter Weg mit drei aufsteigenden Aussichtsplattformen
auf unterschiedlichen Höhen und in unterschiedliche Himmelsrichtungen gerichtet legt sich von außen
um den Kran und ermöglicht unterschiedliche Ausblicke und Weitblicke.
2 Töne, Geräusche und Stimmen zirkulieren zwischen den unterschiedlichen Plattformen in zwei
Röhrensystemen, die unterhalb der Konstruktion verlaufen.
Der stillgelegte Kran wird somit von einem neuen, leichten, schnellen und flüchtigen Material erfüllt und
»bewegt«. Statt schwerem Material werden jetzt akustische Botschaften von unten nach oben und von oben
nach unten transportiert. Es gibt zwei unterschiedliche Tonsysteme in zwei Farben, die sichtbar unterhalb
der Stahlkonstruktion verlaufen. Durch die grünen Röhren werden eingespielte Tonstücke transportiert und
sind, wenn man das Ohr an die offenen Röhren auf den einzelnen Plattformen hält, zu hören. Oben aus der
Kanzel werden Beobachtungen von Sternformationen und Planeten nach ganz unten geschickt. Von unten
werden Geschichten von den Menschen, die Samen in die Erde setzen, aus dem Urban Gardening Project
erzählt und man hört Schritte. So entstehen unterschiedliche, akustische Zonen, diese tauchen wie Boten
unterschiedlicher Welten auf. Jede Plattform erhält einen Klang oder eine Erzählung von einem anderen Ort.
Unten am Kran hört man etwas vom Kosmos und den Sternen, weit oben hört man vom Pflanzen in die Erde.
Zwischen der ersten und zweiten Plattform findet auch ein »Ortswechsel« statt. Während man auf den
Main von der oberen Plattform aus blickt, hört man unterschiedliche Sprachen und Stimmen. Viele Sprachen,
die es in Offenbach gibt, kommen in diesem Stimmenkanon vor. Auf der untersten Plattform, die Richtung
Hafentreppe gerichtet ist, hört man die Rufe und den Flügelschlag von vorbeiziehenden Zugvögeln. Durch
die unterschiedliche Besetzung mit Tonstücken verschiebt sich auf den verschiedenen Plattformen die Wahrnehmung, Ton und Ausblick ergeben neue Beziehungen und Eindrücke.
Ein Austausch zwischen Oben und Unten, Himmel und Erde, zwischen Mensch und Natur/Kosmos,
zwischen Lokalem und Globalem wird initiiert. Das andere, gelbe Röhrensystem ist offen und bespielbar
für die Stimmen der Menschen, die sich gegenwärtig am Kran aufhalten. Ihre Stimmen können hier zirkulieren, von oben nach unten und umgekehrt. Von der obersten Plattform kann man in die gelbe Rohröffnung
hineinsprechen, flüstern, rufen, Kontakt aufnehmen und sich austauschen mit den Menschen, die weiter unten
oder ganz unten stehen. Genauso kann man sein Ohr an die Öffnung legen und (zu)hören. Kommunikation
zwischen den unterschiedlichen Standorten kann hier stattfinden. Durch den zirkulierenden Ton kann der
Blaue Kran zu einem Zeichen für Austausch und Kommunikation in einer »neuen Welt« werden.
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E N T W U R F TA M A R A G R C I C + B Ü R O U W E F I S C H E R
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Kanzel ist nachts erleuchtet
1
Himmel
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Erde
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Menschen aus Offenbach
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Weite
1
Himmel
3
Menschen aus Offenbach
AUSRICHTUNG:
AUSRICHTUNG:
Wege und Park
Main/Frankfurt/Taunus
TON:
TON:
Beobachtungen vom
Sternenhimmel und von Planeten
Stimmenkanon verschiedener
Sprachen
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Weite
Erde
AUSRICHTUNG:
AUSRICHTUNG:
Hafenbecken mit Hafentreppe
Taunusstraße/Wohnbebauung ehemaliges
Hafengarten-Projekt
TON:
TON:
Flügelschlag/Rufe von Zugvögeln
Geschichten vom Einpflanzen in die Erde
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E N T W U R F O O Z E A R C H I T E C T S + M A R J E T I C A P O T R Č
BLAUE SONNE
Ooze Architects (Eva Pfannes &
Sylvain Hartenberg) +
Marjetica Potrc
Textquelle Künstler
Der Blaue Kran ist ein Relikt vergangener Zeiten. Er ist ein bekanntes Wahrzeichen der Hafenindustrie, die
der Stadt Offenbach im 20. Jahrhundert ihre Identität gab. Das Projekt Blaue Sonne erfindet die Symbolik
des Blauen Krans neu: Er wandelt sich vom Überbleibsel zum Sinnbild eines neuen Zeitalters, das sich auf
die Menschen und eine neue Lebenskultur im Einklang mit der Natur und deren Ressourcen fokussiert.
Die Blaue Sonne fügt fünf Aussichtsplattformen zum bestehenden Blauen Kran im Offenbacher Hafen
hinzu. Jede bietet eine andere Aussicht über die Stadt und das Umland. Die Plattformen sind als Fortführung des öffentlichen Raumes zu verstehen. Immer abwechselnd schmiegen sich Treppen und Plattformen
an den Kran. Als neues Herzstück und Energiezentrum ergänzen Solarpaneele den Umbau, die oberhalb
der Plattformen am ehemaligen Führerhaus des Krans angebracht sind. War er früher da, um Industriewaren zu bewegen, wird der Blaue Kran nun zum »Energieträger«. Die Solarkraft haucht dem Kran nicht nur
neues Leben ein, sondern weist ihm auch neue Funktionen zu: Er ist nicht länger Teil der alten, überholten
industriellen Infrastruktur. Er gehört nun zur fortschrittlichen, grünen Energieversorgung. Daraus ergibt sich
auch sein neuer Name: Aus dem Blauen Kran wird die Blaue Sonne.
Die Versorgung mit grüner Energie ermöglicht temporäre öffentliche Events vor Ort. Diese können
zu einem wichtigen Instrument werden, die den Platz um den Kran und den Kran selbst in das Leben der
Offenbacher integrieren. Soziologen haben festgestellt, dass jede Gruppe, die von der Gesellschaft wahrgenommen werden möchte, einen eigenen Versammlungsort braucht. Die Blaue Sonne hilft dabei, einen
solchen Ort zu schaffen: Das Projekt nutzt den Blauen Kran und den Platz darunter, um die Vergangenheit
und die Zukunft des Stadtteils zu würdigen. Es gestaltet und feiert die neue Identität der Gegend zugleich.
Die fünf unterschiedlich großen Aussichtsplattformen sind über freischwebende Treppen zu erreichen, die eng am Kran hinaufführen. Die Besucher steigen zwischen der zum Anfassen nahen Stahlkonstruktion des Krans auf der einen und dem freien Weitblick auf der anderen Seite empor. Jede Plattform hat
ihre eigene Aussicht zu bieten: den Blick über den Fluss, die Stadt, Frankfurts Skyline in der Ferne und am
Horizont den Taunus – im Licht des Sonnenuntergangs ein kaum zu überbietendes Panorama.
Die im oberen Teil des Krans installierten Photovoltaik-Elemente wandeln die Strahlen der Sonne in
Energie um. Der gewonnene Solarstrom ermöglicht Freizeitangebote rund um den Kran, wie beispielsweise einen Internet-Hotspot. Bei Bedarf könnten die Kapazitäten auch optional erweitert werden,
ausreichend um ein Landschaftsprojekt am Boden zu versorgen. Die Gewinnung und Verwaltung der
Solarenergie vor Ort wird einen wichtigen Beitrag zur Gemeinschaftsbildung leisten.
Die Treppen und Plattformen sind eine Stahlkonstruktion – wie auch der Blaue Kran selbst. Das
gleiche Material verbindet alt und neu, wohingegen die neue organische Struktur im Kontrast zum alten
geometrischen Industriekonstrukt steht, im Zusammenwirken aber ein zeitgemäßes, harmonisches Bauwerk
schafft. Das neue Design bewahrt die visuelle Unversehrtheit des Blauen Krans, während sie das Verschmelzen von alt und neu hervorhebt. Die Kontinuität des Lebens, ausgehend von der Vergangenheit als
Hafen, hin zu einer neuen Identität mitten in der Entstehungsphase.
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E N T W U R F O O Z E A R C H I T E C T S + M A R J E T I C A P O T R Č
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PETERS PANORAMA
Observatorium
Textquelle Künstler
Der Blaue Kran ist eine Maschine. Maschinen werden von Menschen gebaut und von Menschen genutzt.
Die Geschichte des Blauen Krans handelt daher auch von Menschen. Der Blaue Kran war das Haus eines
Kranführers. Der Kranführer erfuhr täglich, was die Besucher in der Zukunft erfahren werden. Hoch über
der Erde, über dem unnachgiebig fließenden Wasser und mit Blick auf eine sich dauernd ändernde urbane
Landschaft, in der Ferne die wachsende Skyline von Frankfurt.
Vielleicht war sein Name Peter.
Observatorium möchte die Geschichte des letzten Kranführers, Herrn Peter, kombinieren mit einer
Skulptur, in der man hochgeht und sich die Landschaft im Panorama (360 Grad) anschauen kann –
genauso wie der Kranführer sich auch drehen konnte. Observatorium sieht den Blauen Kran als ein Artefakt/Kunstwerk an sich. Der Kran ist das Anschauen wert. Er ist der Mittelpunkt des Hafens und sollte
auch so erlebt werden. Man sollte den Kran nicht ändern. Nicht im Hinblick auf seine Farbe und schon
gar nicht verschwinden lassen hinter einer geschlossenen Fassade. Die Schönheit des ehemaligen Alltags
sollte bewahrt bleiben.
Man muss nicht auf dem Kran selbst laufen können. Man soll im Kreis um ihn herumlaufen. Eine
Promenade, wo man sowohl auf Bodenniveau als auch in der Höhe laufen kann und wo man den Blick
richtet, entweder auf den Kran oder die Landschaft, wo man auf natürliche Art, langsam hochgehend,
immer die Perspektive wechselt: Peters Panorama und die Ringpromenade.
S CH A U K A S T E N So, wie ein Gemälde einen Rahmen hat, so kann ein Artefakt einen Sockel haben
oder man kann versuchen, das Artefakt zu umfassen mit einem transparenten, dreidimensionalen Rahmen.
Im Offenbacher Hafen wurde Öl in Öltanks gelagert. Wenn man einen Öltank von seiner Haut befreit,
entsteht ein Schaukasten, der das industrielle Erbe des Offenbacher Hafens nochmals betont.
G E D I C H T Saskia Hennig von Lange schreibt ein Gedicht auf das Geländer der Ringpromenade.
Ein Gedicht von 100 bis 200 Wörtern, das die Geschichte des letzten Kranführers erzählt und in das
Geländer wie in einen Hochzeitsring eingraviert wird. So symbolisiert der Text auf dem ringförmigen
Geländer die Hochzeit zwischen Menschen und Ort, zwischen Geschichte und Zukunft, zwischen nah
und fern. Die sogenannte Ringpromenade verbindet getrennte Welten.
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DER KRAN DER KÜNSTE
Winter/Hoerbelt
Textquelle Künstler
Eine Baggerschaufel bewegt sich im Raum über die X-, Y- und Z-Achsen und ist somit ein Paradebeispiel
für Raumvorstellungen, einen zentralen Aspekt der Bildhauerei. Was aber, wenn ein Kran still und verlassen vor sich hin dämmert? Kunst lebt ja auch von der sinnlichen Erfahrung. Kann eine stillgelegte Maschine genug davon vermitteln und den Betrachtern und Besuchern einen anregenden Aufenthalt bieten?
Ein Dialog einer alten Maschine mit einer bald neugestalteten Parklandschaft, dies alles unmittelbar
am Wasser des Mains, an einem Ort, der zu früheren Zeiten ein lärmiger Industriehafen zum Umschlag
von Rohstoffen war. Nun vielleicht ein Stillleben aus Natur und Technik. Die an der Oberfläche veredelte
Baggerschaufel, die dann, anstatt immerfort Kies zu schaufeln, die Umgebung widerspiegelt und somit
in anderer Form Bewegung vermittelt. Der Kran aus Proportionsgründen nun unterteilt in Sockel, Mittelbau und Kopf. Die Sockel-Kubatur als Träger einer Plattform in luftiger Höhe, die groß ist und Platz zum
Ausruhen bietet und von der man weit schauen kann; ein Belvedere, das über eine einladende Treppe zu
erreichen ist. Die Treppe, deren Gestaltung sich dem Ausleger des Krans anpasst. Der Sockel durch die
Verdoppelung der Fahrbrücke ausgeprägt als Raum mit wunderbaren Proportionen. Der für das Publikum
nicht mehr zu erreichende Kranaufbau oberhalb des Drehkranzes – als sicherer Ort für die Vögel, denen
hier ein adäquater Lebensraum geschaffen wird. Der Ausleger des Krans – dann weiter aufgerichtet und
im Dialog mit den umgebenden Gebäuden eine Höhe markierend. Die zurückhaltende und Ruhe ausstrahlende abendliche Beleuchtung und daraus resultierend die Spiegelung des Krans auf der Wasserfläche.
Alle Eingriffe folgen der vorgegebenen Sprache der Materialien und der zum Kranbau angewendeten Verarbeitungsmethoden. Der Kran wird für Besucher in vielfältiger Weise erschlossen, bleibt aber
in seinem Wesen und als etwas Selbstverständliches erhalten. Als Industriedenkmal und als ein Ort, der
im Gefüge der Stadt schön, einladend und markant ist und der weithin sichtbar die Umgebung und den
Raum definiert. Ganz im Sinne der kleinen Lusttempel und Lese-Pavillons, die man vielleicht auch als
»Follies« sehen kann und die sich im Offenbacher Stadtraum, in den Parks, auffallend oft entdecken
lassen. Gab es jemals einen Kran als Folly? – Dann wird’s Zeit.
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