Rede von Herrn Bürgermeister Kessler zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Herrn Hartwig Klußmann, am Montag, den 23.11.2015 um 10.00 Uhr im kleinen Sitzungssaal im Rathaus Sehr geehrter Herr Klußmann, sehr geehrte Frau Klußmann, werte Familie Klußmann, werte Gäste, ich heiße Sie Herr Klußmann, zusammen mit Ihrer Familie und den Gästen herzlich im Rathaus willkommen und freue mich, Ihnen diese hohe Auszeichnung heute überreichen zu können. Ordensverleihungen gehören zu den schönsten und dankbarsten Momenten hier im Rathaus. Die Ausgezeichneten fühlen sich bestärkt, weil sie mit ihren Leistungen wahrgenommen, in den Focus gestellt und anerkannt werden. Ich selbst bin dankbar, weil ich bei diesen Anlässen zeigen kann: Peine ist reich an leidenschaftlichen Menschen und an guten Taten. Da erlebt man Peine, die eigene Stadt als Schatzkammer. „Frage nicht, was der Staat für dich tut. Frage, was du für den Staat tun kannst.“ Wer kennt sie nicht, diese zentrale Passage aus der Antrittsrede des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy? Aber wer fragt tatsächlich, was er für das Gemeinwesen, in dem er lebt, was er für die Gesellschaft, für andere tun kann? Zu den Menschen, die so fragen und auch danach handeln, gehören Sie, sehr geehrter Herr Klußmann. Mit Ihrem Elan und Ihrer Zielstrebigkeit und nicht zuletzt mit Ihrer Beharrlichkeit haben Sie einiges erreicht. Sie packen Seite 1 beherzt zu und fordern das ein, was Ihnen wirklich am Herzen liegt. (Auch wenn es manchmal ein bisschen länger dauert, bis das Ziel erreicht ist.) Beherzt zugepackt haben Sie zum Beispiel, als ein Handtaschenräuber in der Peiner Innenstadt Ihren Weg kreuzte und eine unbescholtene Bürgerin in Angst und Schrecken versetzte. Durch Ihr Eingreifen wurde er zur Strecke gebracht. Es gibt Mitmenschen die in solchen Situationen wegschauen, Sie nicht! Wobei es hier NUR um eine Handtasche und Geld ging; als Sie aber den Haarschopf des damals zweijährigen Tarek im Wasser sahen, ihn hinauszogen und mit einer Atemspende versorgten, ging es im wahrsten Sinne des Wortes um Leben und Tod. In einer solchen Situation einfach zu handeln und damit ein kleines Menschenleben zu retten erfüllt einen selbst sicher mit Stolz. Von den Mitmenschen wird man jedoch belohnt, belohnt mit Respekt und Anerkennung. Herr Klußmann, vom Bundespräsidenten wurden Sie natürlich nicht nur für Situationen geehrt, die Ihnen zufällig passieren und in denen Sie intuitiv das Richtige tun. Natürlich ist auch die langjährige kommunalpolitische Tätigkeit Grund der heutigen Ehrung. Mit der Kommunalwahl im Jahr 1981 zogen Sie in den Peiner Rat ein und bestimmen seither in der Opposition die Geschicke unserer Fuhsestadt mit. Seite 2 Ihr Ratsmandat haben Sie bis heute mit persönlichem Einsatz, gewissenhaft und fleissig zum Wohl der Stadt Peine ausgeübt und dies sowohl als Fraktionsmitglied als auch als Fraktionsvorsitzender der CDUStadtratsfraktion und später auch als Fraktionsmitglied bzw. als Vorsitzender der GuB/FDP/Piraten-Stadtratsfraktion. In welchen Ausschüssen und Aufsichtsräten Sie von wann bis wann tätig waren, wissen Sie nur zu gut. Und die anderen Anwesenden möchte ich nicht mit so vielen Zahlen langweilen. In mehr als drei Jahrzehnten Ihrer Ratstätigkeit hat sich in Peine viel verändert. Straßen, Wege und Plätze haben eine andere Gestalt angenommen. Die heutige bestehende Infrastruktur haben die Bürgerinnen und Bürger nicht zuletzt zahlreichen heißen Debatten und Diskussionen im Peiner Rat zu verdanken. Die Gewerbeflächen rund um Peine wurden weiter erschlossen und auch die Vorlagen zur Erbauung der Unternehmensparks wurden ebenso wie der Bau der Stahlwerksbrücke von Ihnen mit diskutiert; um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Herr Klußmann, Ihre politische Karriere im Peiner Rat hat in der CDU begonnen und hier waren Sie alles andere als nur ein Mitläufer. Als Fraktionschef von 1993 bis 2001 waren Sie stets ein ernst zu nehmender Oppositionsführer. Sie haben sich bewegt, um etwas zu bewegen. Besonderes Vertrauen hatte die eigene Partei in Sie gesetzt, als Sie 1996 zum Bürgermeisterkandidaten „nominiert“ wurden. Seite 3 Für Ihre damalige Aussage gegenüber der örtlichen Tagespresse zu möglichen Gegenkandidaten: „Ich trete nicht gegen jemanden, sondern für unsere Politik und die Bürger an.“ -verdienen Sie Anerkennung. Denn genau darum geht es! Der Bürger wählt den Kandidaten einer Partei, weil er ihm das Amt zutraut. Der Wähler glaubt, dass dieser Kandidat das Beste für die Bürger rausholen kann. Es geht nicht darum, den Kandidaten der anderen Partei während des Wahlkampfes zu demontieren. Im Mai 2006 haben Sie dann die Kandidatur für die CDU bei den Stadtratswahlen zurückgezogen und sind danach nach 37 Jahren Parteizugehörigkeit aus der CDU ausgetreten. Offenbar gab Ihnen – aus Ihrer Sicht wohlbemerkt – die CDU nicht genügend Spielraum. Oder sind Sie letztendlich doch eher Einzelkämpfer als Teamplayer? Der damals vermutete Rückzug aus der Politik trat nicht ein und Sie gründeten eine neue Partei, die „Gemeinschaft unabhängiger Bürger“. Dort bestimmen Sie die Politik offenbar weitgehend allein - im aktuellen Rat bilden Sie eine Verbindung mit der FDP und dem Piraten. Ich gestehe zu, Oppositionsarbeit ist ein hartes Brot – man muss schon gut sein, um Fehler der Regierenden aufzudecken bzw. neue Themen anzuschieben. Seite 4 Oppositionsarbeit ist aber essentiell für eine demokratische Institution und solange sie sachlich und konstruktiv verläuft, ist sie eine Bereicherung für das Gemeinwesen und die Bevölkerung in der Auseinandersetzung mit den aktuellen Themen. Dazu tragen Sie bis heute engagiert und ausgesprochen fleißig bei. Aber getreu dem Motto “Steter Tropfen höhlt den Stein“ sind sowohl Sie, als auch Ihre Fraktionskollegen beharrlich und engagiert dabei, die Entscheidungen der Vertretung kritisch zu begleiten. Beharrlichkeit, ist zweifelsohne eine Eigenschaft, die in Ihre Charakterbeschreibung gehört. Es ist Ihnen im Sinne der Sache egal, wenn der eine oder andere mit den Augen rollt und dem Nachbarn zu wispert: „Jetzt fängt der wieder damit an.“ Solange es noch Hoffnung gibt -und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt- sind sie engagiert und suchen Argumente, die die anderen überzeugen. Einige Male hatte dieses Vorgehen auch Erfolg. Mit guten Argumenten haben Sie Weggefährten –parteiübergreifend- überzeugt und so eigene Ideen und Anträge umgesetzt. Sehr geehrte Damen und Herren, die eben genannten Dinge, die Äußerung und die Einbringung dieser Ideen stehen im Zusammenhang mit der kommunalpolitischen Arbeit von Herrn Klußmann. Aber wie er selber sagt, hat ihm der Bundespräsident das Seite 5 Bundesverdienstkreuz nicht verliehen, weil er seit mehr als drei Jahrzehnten Ratsherr ist. Nein, unter anderem darf ich Ihnen, Herr Klußmann das Verdienstkreuz heute überreichen, weil Sie in der Vergangenheit großes soziales Engagement an den Tag gelegt haben. Zugegeben die 11-jährige Tätigkeit als Bezirksvorsitzender des Verbandes der Lehrer an Wirtschaftsschulen stand im Zusammenhang mit Ihrem Beruf, trotzdem band die Aufgabe Zeit und verlangt Engagement. Die unentgeltliche Nachhilfe für die Fachoberschüler Wirtschaft oder die Schwimmbegleitung von Kindergarten- und Grundschulkindern rechtfertigen allein für sich genommen auch nicht die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes. Es ist die Summe des gesamten ehrenamtlichen Engagements, die zu dieser Ehrung führt. Ganz besonders möchte ich in diesem Zusammenhang Ihre Arbeit als Familienlotse erwähnen. Gestatten Sie mir, dass ich den Eingangssatz des Projektberichtes von der Nds. Sozialministerin Aygül Özkan aus dem Jahre 2011 kurz vorlese: „Der typische „Erziehungslotse“ ist laut Studie weiblich, circa 50 Jahre, lebt mit dem Ehepartner und zwei Kindern zusammen.“ Insofern sind Sie ein untypischer Erziehungslotse! Seite 6 In jedem Fall braucht man als Familienlotse eine große Portion Lebenserfahrung. Man muss mit beiden Beinen fest im Leben stehen. Man benötigt die Kompetenz zuhören zu können, Tipps und lebenspraktische Hilfe zu geben, ohne dass es wie Bevormundung aussieht. Familienlotsen werden eingesetzt wo eine sozialpädagogische Hilfe noch nicht erforderlich ist. Trotzdem oder gerade deshalb reichen Lebenserfahrung, Einfühlungsvermögen und eine gesunde Portion Menschenverstand bei Weitem nicht aus. Jeder der sich als Familienlotse engagieren möchte, muss an einem Grundkurs teilnehmen, in dem er sich mit rechtlichen Grundlagen und praktischen Auswirkungen beschäftigt, die für diese Arbeit unerlässlich sind. In diesem Kurs bekommt man das nötige Rüstzeug, um mit schwierigen Situationen umzugehen. Das macht den Familienlotsen stark für seine Aufgabe. Diese Ausbildung ist wichtig, denn jede Familie, die den Mut hat einen Fremden hinter die eigenen Kulissen schauen zu lassen, muss auch qualifizierte Hilfe bekommen. Wobei Familienlotsen nicht die Aufgabe haben, Familien zu sagen wie sie zu leben haben. Es geht es um Unterstützung in Alltagssituationen. Es geht um Hilfe zur Selbsthilfe. Familienlotsen werden dort eingesetzt, wo eine Familie in eine Notlage gekommen ist; eine Krisen- oder besondere Belastungssituation zu bewältigen hat. Herr Klußmann, Sie gehören zu den Peiner Familienlotsen der ersten Stunde. Als vor fünf Jahren das Projekt für Peine ins Leben gerufen wurde, waren Sie bereits dabei. Sie haben den erforderlichen Grundkurs absolviert. An den regelmäßigen Dienstbesprechungen im Kreis der Seite 7 Ehrenamtlichen nehmen Sie teil und tragen maßgeblich zum Erfahrungsaustausch bei. Sie leisten in diesem Bereich eine engagierte, einfühlsame und sachdienliche ehrenamtliche Familienbetreuung. Bei der Durchsetzung von Ansprüchen für die jeweilige Familie bleiben Sie hartnäckig am Ball, vergessen aber nie, dass Ihre alltagsorientierte Betreuung in Ergänzung zu professionellen Hilfeleistungen erfolgen muss. Meine Damen und Herren, Herr Klußmann hat einem russisch-stämmigen Jugendlichen Hausaufgabenhilfe erteilt. Außerdem hat er jahrelang eine schwerkranke alleinerziehende Mutter unterstützt, indem er mit dem Sohn zum Sport gefahren ist. Darüber hinaus hat er für die Kleinfamilie eine behindertengerechte Wohnung organisiert und zur besseren Integration der Familie hat er ein Nachbarschaftsfest organisiert. Er hat Anträge gestellt und Ansprüche durchgesetzt. Weiterhin hat er einer türkischen alleinerziehenden Frau bei der Schuldenregulierung geholfen, nachdem diese von ihrem Mann verlassen wurde. Nicht unerwähnt bleiben soll auch die Unterstützung eines jugendlichen Flüchtlings bei Behördenangelegenheiten. Es ist anzuerkennen, dass Sie, Herr Klußmann, als „Pionier“ unter den Familienlotsen bis heute bei der Stange geblieben sind, dass Sie nicht erst mit beiden Beinen in die Aufgabe springen, um dann nach und nach den Rückzug anzutreten. Seite 8 Herr Klußmann, unser Bundespräsident Joachim Gauck hat Ihnen „Das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ verliehen. Die Verdienstmedaille ist Ausdruck der Wertschätzung und der Anerkennung der besonderen Verdienste um das Gemeinwohl. Ich freue mich mit Ihnen über diese hohe Auszeichnung, die ein sichtbares Zeichen des Dankes ist. Der Staat kann nicht alles leisten. Nicht nur, weil er die Mittel dazu gar nicht hat, sondern auch, weil vieles vor Ort von den Betroffenen selbst am besten geregelt wird, und nicht zuletzt, weil sich Mitmenschlichkeit nicht verordnen lässt. Bewiesene Mitmenschlichkeit und bewiesener Gemeinsinn geben jeder Gesellschaft Halt und Stabilität. Kurz gesagt: Bürgerschaftliches Engagement macht unsere Gesellschaft wärmer und lebenswerter. Von daher ist es nicht nur recht und billig sondern auch richtig und wichtig Menschen auszuzeichnen, die im Sinne der Gemeinschaft wirken. Ich komme nun zur Aushändigung des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und der Verleihungsurkunde und möchte Ihnen, sowohl persönlich, als auch im Namen des Rates und der Verwaltung der Stadt Peine hierzu recht herzlich gratulieren. Die Verleihungsurkunde trägt folgenden Wortlaut: Seite 9 In Anerkennung der um Volk und Staat erworbenen besonderen Verdienste verleihe ich Herrn Hartwig Klußmann Peine Das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 24. August 2015 Der Bundespräsident, gez. Joachim Gauck (Anheften des Ordens Überreichung der Urkunde) Herr Klußmann, Sie gestatten, dass ich Ihre Gattin ebenfalls zu mir nach vorn bitte. Sehr geehrte Frau Klußmann, ich weiß, dass die Erfüllung ehrenamtlicher Aufgaben oftmals nur mit dem Verständnis des Partners aber auch mit dem Verzicht auf gemeinsame Stunden einhergeht und möchte daher die Gelegenheit nutzen und Ihnen danken, dass Sie das ehrenamtliche Engagement Ihres Gatten über so viele Jahre begleiteten und unterstützen. Als äußeres Zeichen der Wertschätzung möchte ich Ihnen diesen Blumenstrauß überreichen. (Überreichen des Blumenstraußes an Frau Klußmann) Seite 10
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