Berater entwickelt pfiffige Bewegun

Stallbau
Berater entwickelt pfiffige
Sauenhalter, die die neue
AFP-Premiumförderung
nutzen wollen, müssen
Bewegungsbuchten einbauen. Doch praxistaugliche
Lösungen sind bislang rar.
Das will Berater Ludwig
Goldbrunner ändern.
A
b diesem Jahr fördert der Staat im
Rahmen des Agrarinvestitionsförderprogramms (AFP) nur noch
Schweineställe, die besonders tiergerecht sind. Das ist mit gravierenden Veränderungen im Abferkelbereich für diejenigen Sauenhalter verbunden, die über
die Basisförderung hinaus die um
20 %-Punkte höhere Premiumförderung
in Anspruch nehmen möchten, also insgesamt 35 % bis 40 %. Denn die Abferkelbucht muss dann mindestens 6 m2 groß
und so ausgelegt sein, dass der Ferkelschutzkorb nach dem Abferkeln dauerhaft geöffnet werden kann, damit sich
die Sau ungehindert umdrehen kann.
Doch bislang steckt die Entwicklung
sogenannter Bewegungsbuchten für ferkelführende Sauen noch in den Kinderschuhen. Nichtsdestotrotz fragen Landwirte, die mit der neuen Förderung
bauen wollen, zurecht, wie solche Bewegungsbuchten aussehen können.
Auch Ludwig Goldbrunner, Berater
am Amt für Ernährung, Landwirtschaft
und Forsten im niederbayerischen
Landshut wurde vor zehn Monaten mit
einer solchen Anfrage eines bauwilligen
Sauenhalters konfrontiert. Ab diesem
Zeitpunkt ließ den Stallbau-Experten
das Thema Bewegungsbuchten nicht
mehr los. Nach Feierabend und am
Wochenende tüftelte er in seiner Werkstatt an einer passenden Bucht.
Anforderungen an die Bucht: Folgende Grundsätze und Vorteile konventioneller Abferkelbuchten standen dabei
im Mittelpunkt seiner Planungen:
• Die Bucht muss die Auflagen der Premiumförderung erfüllen, das heißt
mindestens 6 m2 groß sein.
• Die Bucht soll leicht und rasch
zugänglich sein.
• Die Arbeitssicherheit des Stallpersonals muss jederzeit gegeben sein.
• Für Behandlungen muss die Sau einfach und schnell fixiert werden können.
• Die Ferkelverluste dürfen im Ver-
1
1 Leichter Zugang
Weil
die Buchtenabtrennung mit
einer Höhe von
50 cm gewohnt
niedrig ausfällt,
kann man den
Trog einfach vom
Abteilgang aus erreichen. Das trifft auch auf
das Ferkelnest zu.
Der Sauentrog mit Futterauslauf ist platzsparend
in der Ecke der Bucht
untergebracht. Dadurch
kann die Sau auch bei
geschlossenem Ferkelschutzkorb die gesamte
Länge der Bucht zum Liegen
nutzen. Neben dem Trog ist
eine Mutter-Kind-Tränke für
Sau und Ferkel installiert.
Hinter dem Trog verläuft ein
schmaler Zuluftkanal für
die Nasenlüftung der Sau.
So kann sie bei Bedarf
jederzeit frische Zuluft
„tanken“.
Mehr zu den Details und erfahren Sie auf der
nächsten Doppelseite.
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gleich zu konventionellen Buchten
nicht höher sein.
„Mit der Bucht möchte ich den Landwirten etwas an die Hand geben, die die
neue Premiumförderung nutzen wollen“, betont Ludwig Goldbrunner. „Auf
keinen Fall soll sie als Signal (miss-)verstanden werden, dass die Praxis flächendeckend die freie Abferkelung einführen kann oder demnächst muss!“
Testphase überzeugte. Ludwig Goldbrunner bastelte also in seiner Freizeit
– unterstützt von seinem Sohn – an
einer Bewegungsbucht. Den ersten Prototypen durfte schließlich eine ausselektierte Altsau zwei Wochen lang
„testen“. Die Bucht hielt den Belastungen Stand. „Ich war zudem positiv überrascht, wie sauber der Trog und die
Betonfläche blieben“, berichtet Ludwig
Goldbrunner. Lediglich einzelne Details z. B. im Trog- und Türbereich gefielen dem Berater nicht.
Die weitere Realisierung der Bewegungsbucht fand anschließend gemeinsam mit der Stalltechnik-Firma Weihmüller aus dem niederbayerischen
Bruckberg statt. Die Firma Weihmüller
wird die Bucht mit dem Namen „petra“
zudem künftig vertreiben.
Ein Sauenhalter hat bereits zwölf
Buchten geordert. Aktuell ist er dabei,
eine Bucht vorab auf Herz und Nieren
zu prüfen. Seine Erfahrungen werden
dann vor einer Serienanfertigung in die
Weiterentwicklung der Bewegungsbucht einfließen.
Wie die Bucht aufgebaut ist und wie
die Details im Einzelnen aussehen,
erfahren Sie auf dieser und den folgenden Seiten.
Regina Kremling
Fotos: Kremling
Bewegungsbucht
Ludwig Goldbrunner hat die Bewegungsbucht in seiner Freizeit entwickelt.
4 Gute Standsicherheit
4
Der Boden der Bewegungsbucht ist ähnlich wie
in einer „konventionellen“
Abferkelbucht gestaltet.
Lediglich der Anteil an
schlitzreduzierten Betonelementen ist erhöht. Das verbessert die Stand- und
Trittsicherheit der Sau.
Zudem trägt
die Betonfläche zum
natürlichen
Klauenabrieb
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und zur
Ableitung
von überschüssiger
Wärme der Sau mit bei.
Sollten die eingelegten
Betonelemente einmal
rau werden, kann man
sie sehr einfach und
kostengünstig auswechseln. Wichtig:
Die Unterkonstruktion ist unbedingt so zu
gestalten, dass sie
nicht federt.
Mehr zum Detail erfahren Sie auf der
nächsten Doppelseite.
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Stallbau
Aus den Kunststoff-Streifen lässt sich
schnell eine Nest-Umrandung formen.
Ein Seitenteil des Ferkelschutzkorbs lässt sich in den Führungsschienen in Richtung
Ferkelnest verschieben. So entsteht der Bewegungsbereich für die Sau.
Mit einem Handgriff löst man die Bolzen, um das Seitenteil zu verschieben.
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Ferkel
leicht fixieren
Als Liegebereich für die Saugferkel
kommt ein konventionelles Ferkelnest
zum Einsatz. Am besten eignet sich ein
längliches Ferkelnest, z. B. mit 1,6 m
Länge und 0,5 m Breite. Damit die Ferkel nach der Geburt den Weg ins Nest
schneller finden und nicht in einer
Buchtenecke „festsitzen“, kann man
flexible Kunststoff-Leitplanken in die
Führungsschiene auf der Buchtentrennwand einschieben und variabel
formen. Diese „Leitarme“ lassen sich
zudem zu einer Art Halbkreis formen,
mit dem man einzelne Ferkel beim
Split-Nursing oder den gesamten Wurf
vorübergehend fixieren kann.
Arbeitssicherheit gegeben
Im „geschlossenen“ Zustand ähnelt
der Sauenbereich einem klassischen
Ferkelschutzkorb, der nach oben offen
ist. Ein Seitenteil ist vorne fest mit
dem Trog verbunden und hinten mit
einem Fuß in der Unterkonstruktion
verankert. Es kann wahlweise mit
einem Ferkelabweiser ausgestattet
werden.
Das gegenüberliegende Seitenteil
läuft sowohl im vorderen als auch im
hinteren Buchtenbereich in je zwei
Führungsschienen und wird durch
Bolzen arretiert. Eine Teleskopvorrichtung sorgt dafür, dass es leichtgängig verschoben werden kann. So verwandelt sich der Ferkelschutzkorb in
einen Bewegungsbereich für die Sau.
Vorteil: Für das Verschieben muss
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Die Schiebetür läuft auf Kunststoffrollen.
Sie wird mit einem Federbolzen arretiert.
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der Standbereich der Sau nicht betreten werden. Die Arbeitssicherheit ist
dadurch gewährleistet. Zudem kann
man die Sau für Behandlungen jederzeit schnell und problemlos fixieren.
Zum Ein- und Ausstallen der Sauen
oder um z. B. Geburtshilfe zu leisten,
kann man den Ferkelschutzkorb mittels Schiebetür öffnen und schließen.
Die Tür lässt sich auf Kunststoffrollen
leicht hin- und herschieben. Sie wird
mit einem Federbolzen arretiert.
Wird die Sau rund um die Geburt im
Ferkelschutzkorb fixiert, hat sie einen
ca. 70 cm großen Abstand zum Ferkelnest. Das soll sich positiv auf das Wohlbefinden der Sau auswirken, die im
Vergleich zu den Ferkeln kühlere Temperaturen bevorzugt.
Die Kunststoff-„Leitarme“ sind in einer
auf der Trennwand angebrachten
C-Schiene verschiebbar gelagert.
Fotos: Kremling
Alle Stützen befinden sich außerhalb des
Bewegungsbereiches der Sau.
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Große
Lauffläche
Um die bei der Premiumförderung
geforderte Größe von 6 m2 zu erreichen, ist die Bewegungsbucht 2,5 m
breit und 2,4 m lang. Prinzipiell wären
– beispielsweise für Umbauten – aber
auch andere Breiten- und Längenmaße
vorstellbar, wobei man eine Mindestbreite von 2,3 m nicht unterschreiten
sollte.
Aus Sicht von Ludwig Goldbrunner
wäre es aber wünschenswert, wenn der
Staat in Bezug auf die Buchtengröße
mehr Toleranz zuließe. Speziell für
Umbauten wäre diese Flexibilität erforderlich, um Altgebäude optimal auslasten zu können.
In geöffnetem Zustand steht der
Sau eine Bewegungsfläche von mehr
als 3 m2 zur Verfügung. Beispiel: Ist
die Bucht insgesamt 2,4 m lang und
2,5 m breit, misst die Lauffläche
maximal 2,2 m x 1,5 m, also insgesamt
3,3 m2!
Um Erdrückungsverluste zu vermeiden, wurde an der vorderen Buchtenwand ein Abliegebügel angebracht.
Dadurch kann sich die Sau nur mit
Abstand zur Wand ablegen, sodass die
Ferkel noch durchschlüpfen können.
Auch die drei Stützen im hinteren
Bereich der Bucht sind gekröpft nach
außen ausgeformt, um Erdrückungs­
verlusten vorzubeugen.
Und der Fuß des Troges, der sich als
einzige Stütze noch im Bewegungs­
bereich der Sau befindet, kann bei
Bedarf durch eine Wandverstrebung
ersetzt werden. Zur Beschäftigung der
Sau dient eine Kette, die mit einem
lebensmittelechten Gewebeschlauch
ummantelt ist.
Als Beschäftigungsmaterial dient der Sau ein lebensmittelechter Gewebeschlauch,
der um eine feine Gliederkette gestülpt wurde.
STANDP UNKT
Handfestes statt Halbgares
Regina
Kremling,
top agrar-­
Redaktion
Viele Ferkelerzeuger haben den
Umstieg auf die Gruppenhaltung
tragender Sauen finanziell noch
nicht verdaut, da üben die Tierschützer bereits beim nächsten Thema
Druck aus: Sie fordern eine Bewegungsmöglichkeit für die Sauen im
Abferkelstall. Auch die Politik hat
die Bewegungsbuchten längst auf
dem Schirm und schreibt ihren Einbau im Rahmen der neuen AFP-Premiumförderung verpflichtend vor.
Dabei übersehen beide Gruppen
jedoch Entscheidendes: Noch gibt es
keine praxistauglichen Modelle für
Bewegungs- oder gar Freilaufbuchten!
Die Ferkelverluste liegen deutlich
über denen konventioneller Abferkelbuchten. Das ist allein schon aus Tierschutzgründen nicht tragbar. Vorschneller Aktionismus ist also völlig
fehl am Platz. Was die Sauenhalter
stattdessen brauchen, sind Konzepte,
die über einen längeren Zeitraum in
der Praxis erprobt wurden.
Berater Ludwig Goldbrunner zeigt,
wie es gehen kann. Statt eine halbgare
Idee verfrüht auf den Markt zu werfen, hat er im Austausch mit einem
Stall­einrichter und Praktikern sowie
mit viel Liebe zum Detail monatelang
an einer Bewegungsbucht getüftelt.
Vor seinem großen Engagement kann
man nur den Hut ziehen!
Jetzt muss sich seine Bucht in der
Praxis auf einem Sauen haltenden
Betrieb beweisen. Anhand der Erfahrungen des Landwirts soll anschließend der letzte Feinschliff erfolgen.
Erst wenn die Ergebnisse überzeugen, wird die Bucht in Serie gehen.
Schnell gelesen
• Sauenhalter, die die neue AFP-Premiumförderung nutzen möchten,
müssen den Abferkelstall mit Bewegungsbuchten ausstatten.
• Stallbau-Berater Ludwig Goldbrunner hat eine Bewegungsbucht ent-
wickelt, die viele Vorteile einer konventionellen Bucht weiterhin nutzt.
• Ein Seitenteil des Schutzkorbs lässt sich in Querschienen teleskop­
artig verschieben. So entsteht eine Lauffläche von mehr als 3 m2.
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