Wozu Worte nicht fähig sind

M o n t a g , 2 . N o v e m b e r 2 0 1 5 – N r. 2 5 2
S TA D T S C H W E I N F U R T
VZS
SWT - Seite 29
Werke der Barmherzigkeit: Das Altarbild der Rummelsberger Kirche zeigt, wozu Christen aufgerufen sind: Durstige tränken, Gefangene besuchen, Tote bestatten, Kranke heilen, Fremde beherbergen, Hungrige
FOTO: URSULA LUX
speisen und Nackte kleiden.
Die sieben Werke der Barmherzigkeit
Der Rektor der Rummelsberger Diakonie, Günter Breitenbach, mahnt mehr Offenheit an – gerade in der Flüchtlingskrise
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Von unserer Mitarbeiterin
URSULA LUX
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Bis auf den letzten
Platz gefüllt war die Johanniskirche
beim Gottesdienst zum Reformationstag. Die evangelischen Christen
gedenken an diesem Tag der Reformation, die nach der Überlieferung
mit dem Thesenanschlag Martin Luthers an die Wittenberger Schlosskirche begann.
Als Festprediger war in diesem Jahr
der Rektor der Rummelsberger Diakonie Günter Breitenbach eingeladen. Gemäß dem Aufgabenbereich
seiner Einrichtung, die von der Jugendarbeit bis zur Alten- und Krankenpflege das ganze Spektrum
menschlichen Lebens begleitet, widmete sich Breitenbach dem Thema:
„Fragt Gott nach unseren Werken?“
Dabei diente ihm das Altarbild der
Philippuskirche in Rummelsberg als
Aufhänger. Es zeigt sieben Diakone,
SCHWEINFURT
die die sieben Werke der Barmherzigkeit ausführen: Durstige tränken, Gefangene besuchen, Tote bestatten,
Kranke heilen, Fremde beherbergen,
Hungrige speisen und Nackte kleiden. Viele der in Rummelsberg ausgebildeten Diakone könnten sich mit
diesem Bild identifizieren, meinte
Breitenbach, der die Einrichtung kurz
vorstellte. Zurzeit begleite man 600
minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, 50 neue Mitarbeiter wurden
eingestellt, der Bedarf an diakonischem Handeln wachse stetig.
Es sei den Schweinfurtern zuzumuten, „dass man am Reformationstag
mal nach den guten Werken fragt“,
meinte der Prediger. Es sei die gemeinsame Aufgabe aller Christen,
mit den Gaben, die sie hätten, zu den
Menschen zu gehen und zu helfen.
„In ihnen begegnet uns Jesus“, betonte Breitenbach und zitierte das Neue
Testament, in dem Jesus sagt: „Was
ihr dem geringsten meiner Brüder ge-
Wonach fragt Gott? Nicht nur die
Gnade, auch das Tun des Menschen
werde am Ende vor Gott wichtig
sein, meinte Günter Breitenbach,
Chef der Rummelsberger Diakonie.
tan habt, das habt ihr mir getan.“
An der Frage der guten Werke
komme man nicht vorbei, so Breitenbach. Es gehe um „die Menschwerdung Gottes im Menschen, unsere Menschwerdung als Menschen.“
Der Glanz der Gegenwart Gottes
werde nur da sichtbar, wo wir mit
vollem Herzen für andere da sind.
Und er ist sicher, die einzige Frage
beim Jüngsten Gericht werde die
nach den guten Werken sein.
In der evangelischen Kirche sei
dies lange Zeit vernachlässigt worden, bedauerte der Prediger. Man
habe darauf vertraut, dass der Glaube von sich aus Frucht bringe. Aber
„der Rechtfertigung zum Trotz: Am
Ende zählen eben doch die guten
Werke“, meinte Breitenbach. Er
spielte damit auf eine jahrhundertealte Verschiedenheit der beiden großen Konfessionen an.
In den Kirchen der Reformation ist
es allein Gott, der die Menschen
rechtfertigt. Allein durch den vertrauenden Glauben des Menschen
schenkt Christus Heil. In den katholischen und orthodoxen Kirchen kommen zur Rechtfertigung vor Gott aber
auch die „Werke“ dazu. Dies führte in
den Konfessionen oft zu Einseitigkeiten, die der Prediger an diesem Reformationsfest zurechtrückte. „Was wird
am Ende sein?“, fragte Breitenbach:
„Gnade und Barmherzigkeit – was
denn sonst.“ Der Menschensohn, so
glaubt er, komme nicht an der Frage
nach den Werken vorbei.
Es sei erschreckend, wie konkret
die Forderung nach den Werken der
Barmherzigkeit gerade in unseren
Tagen geworden ist, sagte der Rektor
der Diakonie. Täglich erreichten uns
schreckliche Bilder aus Syrien, dem
Mittelmeer, von Flüchtlingen an
Grenzzäunen. Wo die Grundrechte
menschlichen Lebens nicht gewährleistet sind, kann ein Mensch nicht
bleiben, machte Breitenbach klar.
Natürlich müsse man auch an die
Grenzen des eigenen Wollens und
Könnens denken, schränkte er ein,
aber die Lage sei nun einmal da und
verlange eine Antwort. Er zollte all jenen Respekt, die sich engagieren und
einsetzen, dabei dürfe ruhig auch geschimpft werden, „wenn das Gute
dennoch geschieht, soll’s uns recht
sein.“ Was man im Augenblick gar
nicht brauchen könne, sei diese
grundsätzliche Abwehrhaltung. „Wer
den Gottesglauben anderer für eine
Bedrohung hält, sollte sich wenigstens nicht aufs christliche Abendland
berufen“, forderte Breitenbach.
Christus ist auf der Seite derer, die
leiden, erinnerte der Prediger. Sich
um Verletzte und Gequälte kümmern, das heile auch die eigenen
Wunden. „Die sieben Werke der
Barmherzigkeit zeigen, worum es
wirklich geht und was es heißt, ein
wahrer Mensch zu sein“, schloss
Breitenbach.
Ein Insektenhotel fürs Wilhelm-Löhe-Haus
Celtis-Schüler bringen mit Gartenprojekt mehr als nur ein wenig Grün ans Altenheim
Insektenhotel am Seniorenheim: Die Schüler des P-Seminars Biologie stellten ihr Gartenprojekt vor.
FOTO: UWE EICHLER
SCHWEINFURT (ue) „Die Tomaten
müssen jetzt aber bald geerntet werden“, sagt eine Heimbewohnerin,
auf den Rollator gestützt, in die Runde: Auch wenn die Früchte in einem
Wintergarten heranreifen, extremen
Frost überstehen sie deswegen trotzdem nicht. Das Interesse war sichtlich groß unter 20 Seniorinnen und
Senioren des Wilhelm-Löhe-Hauses,
als das Gartenprojekt der CeltisSchüler eingeweiht wurde.
Schließlich haben in der älteren
Generation noch viele den grünen
Daumen und ein Gespür für die Natur. Thema des Projekt- oder P-Seminars war eigentlich die Biologie:
Einbrecher nimmt
Tasche und Handy mit
Einen Einbruch meldet die Polizei
aus der Oskar-von-Miller-Straße.
Dort war in der Nacht auf Donnerstag ein Unbekannter in ein Einfamilienhaus eingestiegen. Offenbar, so
die Polizei, hatte der Täter die Haustüre aufgebrochen. Seine Beute: eine
Handtasche und ein Handy. Den
Schaden schätzt die Polizei auf
mehrere hundert Euro. Tatzeit: zwischen Mittwoch, 22.30 Uhr, und
Donnerstag, 7.30 Uhr.
Fahrradfahrer bei Beinahe-Unfall
leicht verletzt
Um den Zusammenstoß mit einem
Auto zu verhindern, hat ein Fahrradfahrer an der Einmündung Nikolaus-Hofmann-Straße/Franz-LisztStraße am Freitagvormittag so stark
gebremst, dass er stürzte. Der Radfahrer wurde mit leichten Verletzungen ins Krankenhaus gebracht.
Der 89-Jährige Autofahrer hatte den
Radler auf der Vorfahrtsstraße übersehen und war abgebogen.
Mit 3,6 Promille
am Steuer
In der Roßbrunnstraße zog die Polizei Samstagmittag einen Autofahrer
aus dem Verkehr. Laut Alkotest
hatte der Mann 3,6 Promille intus.
Nach diesem Ergebnis musste der
Fahrer zur Blutentnahme, so die
Polizei.
des Celtis-Gymnasiums, sowie P-Seminarleiter Jürgen Fischer dabei.
Die Schülerinnen der Oberstufe
Antonia Derleth und Evelyn Dahl
stellten die naturnahe „Gartenkunst“
vor, die durch Gärtnereien der Region
unterstützt wurde. Björn Roßberg
und Johannes Heinz berichteten zur
Organisation des Projekts. Jedes P-Seminar-Mitglied hatte sein eigenes
Arbeitsfeld: Miriam Steinmüller etwa
das Hochbeet. Ein Barfußpfad wurde
angelegt, der alle Sinne vom Kopf bis
zu den Sohlen belebt (vorgestellt von
Theresa Steinlein und Leah Fry),
außerdem das Tomatenhaus, das
Christian Kirst betreut hat. Dazu
kommt eine Kräuterschnecke von
Nathalie Rudolph, Zwergobstbäume,
das Thema von Clarissa Ramos, ein
Vogelfutterhäuschen, etwa für Rotkehlchen, Blau- oder Kohlmeisen.
„Architekt“: Alexander Leistentritt.
Maria Bauer und Maria Weber
haben ein Blumenbeet geschaffen, in
dem nun unter anderem Winterschneeball, Storchenschnabel oder
Ballhortensie gedeihen. Leon Zimmermann hat seinem Namen alle Ehre gemacht, mit einem Insektenhotel.
Lennart Mayer baute Nistkästen. Die
Senioren bedankten sich mit Rosen
bei den Gärtnern mit dem grünen
Daumen in der nächsten Generation.
Wozu Worte nicht fähig sind
Polizeibericht
Diebstahl
im Zeitraffer
Die Zeitrafferkamera, die an einer
Baustelle in der Helsinkistraße angebracht ist, soll eigentlich den Baufortschritt dokumentieren. Alle paar
Sekunden wird ein Bild geschossen
– am Freitag gegen 18.20 Uhr gab es
Livebilder von einem Diebstahl. Unbekannte waren mit einem Baufahrzeug auf das Gelände gefahren und
hatten eine Stehleiter und eine
Maurertreppe gestohlen. Schritt für
Schritt fotografiert von der Zeitrafferkamera.
Heimleiter Matthias Matlachowski
hatte die benachbarte Schule anfänglich um ein „Insektenhotel“ gebeten,
eine Art Nistkasten für Bienen, Käfer,
Ohrenhöhler oder Wespen, ausstaffiert etwa mit Rindenmulch oder
Schilfrohr. Daraus wurde dann
schnell eine Verschönerung und Umgestaltung des ganzen Gartenbereichs in der Gymnasiumstraße.
Seniorenheim und Celtis arbeiten
eben seit Jahren zusammen, in unmittelbarer Nachbarschaft. Bei der
Übergabe waren entsprechend Jochen Keßler-Rosa als Vorstand des
Heimträgers, der Diakonie Schweinfurt, Rainer Herzing als Schulleiter
Karin Lorenz aus Niederwerrn malt Emotionen – Ausstellung in der Bank Schilling eröffnet
SCHWEINFURT (sia)
Ihre Stimmungen spiegeln sich in ihren Bildern wider. Wenn Karin Lorenz wütend ist,
malt sie rot und schwarz. In schwarzgrauen Farben sucht sie Hoffnung.
Denn immer taucht in den düsteren
Bildern ein Licht auf. In der Bank
Schilling in der Rückertstraße stellt
die Niederwerrnerin derzeit aus.
„Ich lasse mich in keine Schublade
quetschen“. Was Lorenz bei der Vernissage in den Räumen der Bank den
etwa 100 Gästen erklärte, konnten
diese bestätigen. Gegenständliches
und Abstraktes, Landschaften oder
Porträts, männlicher Akt oder brennendes Athen: „Vielfalt statt Eintönigkeit“ nannte Claudia Cebulla, Leiterin der Gadengalerie Geldersheim,
in ihrer Laudatio die Bandbreite der
24 ausgestellten Bilder.
Als ein „Ventil“ hatte die gelernte
Hauswirtschaftsmeisterin Karin Lo-
Feuer & Asche: Düster-leuchtend ist ein Teil der Acrylbilder, die Karin
Lorenz in der Bank Schilling in der Rückertstraße ausstellt. FOTO SILVIA EIDEL
renz vor vielen Jahren die Malerei für
sich entdeckt. Als eine Möglichkeit,
das auszudrücken, wozu Worte nicht
fähig sind. Zunächst Aquarelltechnik,
dann Zeichnungen und schließlich
Acryl- und neuerdings Materialbilder
sind ihre Art, zu verarbeiten, mitzuteilen, zu entspannen. Als Mutter
eines schwerstbehinderten Sohnes
holt sie sich nach eigenen Worten in
der Kunst die Kraft. Zuweilen kräftig
in den Farben und der Pinselführung,
zuweilen sparsam und reduziert auf
das Notwendigste machen die Gemälde neugierig. „Ich male, wie ich
Lust habe“, sagt Karin Lorenz.
Zu sehen ist die Ausstellung zu
den Öffnungszeiten der Bank Schilling von Montag bis Freitag, 9 bis
12.30 Uhr sowie Dienstag und Mittwoch von 13.30 bis 16.30 Uhr, Donnerstag von 14 bis 17 Uhr und Freitag von 13.30 bis 16 Uhr.