Bericht über mein Auslandssemester an der Staatlichen Lomonossov Universität Moskau Verfasst von Daniel Kindsvater Reisezeitraum: 8. März 2015 bis 30. Juni 2015 Angetreten bin ich die Reise am Sonntag den 8. März 2015, ein offizieller Feiertag in Russland. Nach dem ich vom Domodedovo Flughafen mit dem Taxi zum Hauptgebäude der Universität gefahren bin, wurde ich von einer Studentin empfangen, die damit beauftragt war mir mein Zimmer zu zeigen, mir einen Schlüssel zu geben und einen temporären „Propusk“ (Durchlass) auszuhändigen, mit dem man das Territorium der Universität und das Wohnheim betreten konnte. An den Eingängen zum Hauptgebäude sind Wachleute postiert, bei denen man seinen „Propusk“ immer vorzeigen muss. Das Hauptgebäude ist in mehrere Sektoren unterteilt und einige der Sektoren sind Studentenwohnheime. In diesen Studentenwohnheimen muss man ebenfalls seinen Durchlass vorzeigen. Mein Zimmer befand sich in Sektor „W“ auf der sechsten Etage. In dieser Etage sind fast ausnahmslos Austauschstudenten wohnhaft. Das Wohnheim ist in kleine Wohnungen unterteilt, welche aus einer kleinen Toilette, Bad und zwei Zimmern bestehen. Darüber hinaus gab es auf jeder Etage zwei Küchen. Alle Austauschstudenten erhalten ein Zimmer für sich allein, was bei den einheimischen Studenten nicht üblich ist. Ich teilte mir die kleine Wohnung mit einem Studenten aus Deutschland. Fast alle Austauschstudenten wurden mit Landsleuten in eine Wohnung einquartiert, was zwar schlecht fürs Üben der russischen Sprache war, jedoch sicherlich viele zwischenmenschliche Probleme erspart hat. In den darauffolgenden Tagen galt es, einige bürokratische Angelegenheiten zu klären. Mein deutscher Zimmernachbar, welcher bereits seit September einen Austausch absolvierte, half mir dabei alle Büros etc. zu finden. Zu aller erst musste ich zu Frau Julia Voronovich, welche für Austauschprogramme für deutsche Studenten zuständig ist. Ich bekam gesagt, was zu erledigen ist. Ich musste Passfotos besorgen, um einen Studentenausweis und einen dauerhaften „Propusk“ zu erhalten. Dies war kein Problem, das Hauptgebäude der Universität ist gut ausgestattet. Dort gibt es mehrere kleine Läden in denen man Lebensmittel kaufen kann, kleine Läden mit Klamotten und Accessoires, eine Wäscherei, einen Blumenladen, ein Schreibwarengeschäft, eine Apotheke, mehrere Bankautomaten, ein Restaurant, einen Friseur, einen Schönheitssalon, drei Mensen, mehrere Stände an denen es Tee und kleine Mahlzeiten gab, eine Poststelle und schlussendlich ein Fotogeschäft in dem ich blitzschnell meine Passbilder bekam. Neben den bürokratischen Angelegenheiten im Hauptgebäude musste ich noch einige Angelegenheiten im Gebäude der Fakultät „WMK“ (das russische Äquivalent zur Fakultät für Informatik) erledigen. Dieses Gebäude befindet sich glücklicherweise nicht weit vom Hauptgebäude, was nicht für alle Fakultäten der Universität zutrifft. Dort wurde ich herzlichst vom international Office empfangen. Jede Fakultät an der Moscow State University (MSU) hat eine eigene Abteilung für internationale Angelegenheiten. Neben der Möglichkeit jede beliebige Vorlesung zu besuchen, hat mir das international Office noch einen Russischunterricht angeboten. Es handelte sich dabei um Einzelunterricht bei zwei verschiedenen Lehrerinnen jeweils 3 Stunden pro Woche. Zusätzlich besuchte ich einen Kurs über russische Literatur mit zwei anderen Austauschstudenten aus Deutschland. Dieser umfasste 2 Stunden pro Woche. Neben den Russischkursen besuchte ich die Informatikvorlesungen „Computer Vision“ und „Game, Knowledge and Cooperation Management“, wobei erstere auf russisch gehalten wurde und zweitere auf englisch, da es sich bei dem Dozenten um einen Gastdozenten aus Japan handelte. 1 Das studentische Leben allgemein war sehr interessant und angenehm. Es waren Austauschstudenten aus allen Ecken der Welt anzutreffen, z.B. Frankreich, Italien, Irland, Tschechien, Polen, Spanien, Brasilien, USA, China, Österreich. Dies ermöglichte mir einen einmaligen interkulturellen Austausch. Auch der Austausch mit russischen Studenten kam nicht zu kurz. Der russische Deutschlehrer und Leiter des Russisch-Deutschen Instituts Vladislav Baschkirov lud mich ein, den Deutschunterricht an der Universität zu besuchen um sich dort mit russischen Studenten auszutauschen. Das Knüpfen von Kontakten fiel mir allgemein sehr leicht, was durch soziale Netzwerke wie Facebook und VKontakte (das russische Äquivalent zu Facebook, in Russland weiter verbreitet als Facebook) zusätzlich erleichtert wurde. Meine Freizeit gestaltete sich vielseitig. Ich ging beispielsweise sportlichen Aktivitäten wie Basketball, Fußball, Volleyball, Schwimmen und Radfahren nach. Die Universität bietet dazu reichlich Möglichkeiten. Direkt neben dem Hauptgebäude der Universität befinden sich mehrere Fußballfelder, Basketballplätze, Volleyballfelder, Eishockeyfelder, ein kleines Stadion und einen Verleih, bei dem Fahrräder, Inlineskater, Skier, Schlittschuhe und Eishockeyschläger verliehen werden. Im Hauptgebäude selbst befindet sich darüber hinaus ein Schwimmerbecken und ein Fitnessraum. Glücklicherweise war besonders Ende Mai und im gesamten Juni überwiegend sonniges Wetter, wodurch all diese Angebote reichlich in Anspruch genommen werden konnten. Einen weiteren großen Teil meiner Freizeit nahmen Stadtbesichtigungen und Ausflüge in Anspruch. Ich besuchte alle wichtigen Sehenswürdigkeiten in Moskau wie z.B. den roten Platz, den Kreml, die Tretjakow-Galerie, den Park und gleichzeitig Messegelände „WDNH“, die alte Zarenresidenz Kolomenskoje, den Palast und Park Zarizino und viele weitere Sehenswürdigkeiten. Außerdem ließ ich mir nicht die einmalige Gelegenheit nehmen, das Ballettstück „Silfida“ im Bolschoi Theater zum unglaublich günstigen Studententarif von 100 Rubel (umgerechnet etwa 1,60 EUR) zu besuchen. Was klassische Musik betrifft, gab es ebenfalls Möglichkeiten, die ich nicht ungenutzt ließ. Ich besuchte ein Orchester im Hauptgebäude der Universität und ein Konzert vom Universitätschor im Tschaikowsky Auditorium. Der Universitätschor ist sehr beeindruckend und tritt bei vielen großen Festlichkeiten in Moskau auf. Zum Beispiel sang der Chor auf dem Roten Platz am Tag des Sieges (9. Mai), welcher ein sehr wichtiger Feiertag in Russland ist und an dem absoluter Ausnahmezustand in Moskau herrscht. Überall in der Stadt fanden Konzerte und andere festliche Aktivitäten statt, eine beeindruckende Militärparade wurde auf dem Roten Platz abgehalten, große Massen an Menschen waren unterwegs und Abends wurde der Feiertag mit dem kolossalsten Feuerwerk abgeschlossen das ich je gesehen habe. Es wird sogar ein auf Silberiodid basierendes Hagelabwehrsystem eingesetzt, welches auf Moskau zukommende Regenwolken bereits vor Moskau abregnen lässt, wodurch am 9. Mai sonniges Wetter garantiert ist. Dasselbe System kommt auch am 12. Juni (Tag Russlands) zum Einsatz. Eine weitere interessante Erfahrung war der Besuch der Fernsehshow „Vetscherny Urgant“. Dabei handelt es sich um eine humorvolle late-night talk show moderiert von Ivan Urgant, bei der Stars aus aller Welt zu Gast kommen. Neben den Aktivitäten in Moskau unternahm ich zusammen mit anderen Austauschstudenten eine Zugreise nach Kazan und eine Flugreise auf die Krim. Kazan ist eine sympathische, typisch russische Stadt, die Moskau sehr ähnelt, jedoch deutlich kleiner ist. Der Ausflug auf die Krim war sehr schön und angenehm. Es war sehr warm und sonnig. Wir bereisten die Städte Simferopol, Jalta, Sevastopol, Aluschta und Alupka. Dabei besuchten wir alle wichtigen Sehenswürdigkeiten. Das meiner Meinung nach absolute Highlight war die Besteigung des Berges Ai-Petri. Die Landschaft war beeindruckend schön und in den Bergen leben noch auf relativ traditionelle Art und Weise Tataren, welche Nutztiere wie Pferde und Schafe halten. Sie betreiben Restaurants und bieten Ausritte auf Pferden an. Eines der Restaurants besuchten wir und genossen ein ausgezeichnetes Mahl bestehend aus Schafsschaschlik, hausgemachtem Wein, frisch gebackenem Brot und traditionellen tatarischen Nachspeisen. Die allgemeine Atmosphäre auf der Krim war sehr ruhig und entspannt, die Menschen sind sehr gastfreundlich und offen. Abgesehen von den 2 Sehenswürdigkeiten und der schönen Landschaft ist die Krim auch ein Ort, an dem man einen guten Strandurlaub verbringen kann. Mein allgemeines Fazit fällt sehr positiv aus. Dieses Auslandssemester hat in vielerlei Hinsicht meinen Horizont erweitert und war eine außergewöhnliche Erfahrung. Ich kann nur jedem empfehlen ein Auslandssemester an der Moscow State University zu absolvieren, dem sich diese Möglichkeit bietet. Die Moscow State University hat mit vielen deutschen Universitäten eine Partnerschaft, was einen solchen Austausch vereinfacht. Mit Sicherheit sind auch Auslandssemester an anderen Universitäten der Welt eine Erfahrung wert, weswegen ich nur empfehlen kann sich frühzeitig zu informieren. 3
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