Junior-Forschungsgruppe Salus: Stadt als gesunder Lebensort unabhängig von sozialer Ungleichheit Diskursives Ringen um ein gesundes Wohnumfeld Lisa Waegerle Betreuerin: Prof. Dr.-Ing. Sabine Baumgart Fachgebiet Stadt- und Regionalplanung / Fakultät Raumplanung Kurzdarstellung und Ziele Die Dissertation¹ mit dem Arbeitstitel „Diskursives Ringen um ein gesundes Wohnumfeld“ analysiert Denkmuster über ein gesundes Wohnumfeld. In zwei Fallstudien der Stadtteile in Peñalolén, Chile und Barrio Logan, USA, soll anhand eines konkreten Planungsanlasses (siehe Tabelle) nachgezeichnet werden, wie Denkmuster über ein gesundes Wohnumfeld entstehen und von welchen Akteuren diese auf welchen geographischen Maßstabsebenen mit welchen Interessen verwendet werden. In einem weiteren Schritt soll aufgezeigt werden, welche Denkmuster und Forderungen Basisorganisationen in den beiden untersuchten Stadtteilen über ein gesundes Wohnumfeld haben und inwieweit sie diese in der Stadtplanung zum Ausdruck bringen (können). Hierdurch sollen erste Einsichten darüber ermöglicht werden, welche Veränderungen in Governance-Strukturen notwendig sind, um einer Anerkennung normabweichender Denkmuster über ein gesundes Wohnumfeld näherzukommen. Anhand der internationalen Fallstudien sollen theoretische wie auch empirische Rückschlüsse gezogen und die deutsche Stadtplanungsdebatte bereichert werden. Die Ergebnisse aus den Fallstudien sollen innerhalb der Junior-Forschungsgruppe „Stadt als gesunder Lebensort unabhängig von sozialer Ungleichheit“ (Jufo-Salus) im Rahmen eines Planspiels auf das deutsche Stadtplanungssystem bezogen werden. Internationale Fallstudien Peñalolén (Santiago de Chile) Barrio Logan (San Diego, USA) Rahmenbedingungen: Rahmenbedingungen: • Innenstadtnaher Bezirk mit starker sozio-ökologischer Segregationi • Risiko einer ökologischen Gentrifizierung • Gemengelagen: Kleinindustrie befindet sich direkt neben Wohnsiedlungen • Die meisten Grünflächen sind privat • Innenstadtnaher Stadtteil mit hohem Anteil ökonomisch armer Bevölkerung • Risiko einer ökologischen Gentrifizierung • Gemengelagen: Gemengelagen: Schwerindustrie und Autobahnen befindet sich direkt neben Wohnsiedlungen Planungsanlass: • Modifizierungsprozess des kommunalen Regulierungsplans (2008-2011) • 2011: Zivilgesellschaft sammelt mehr als 5000 Stimmen und initiiert Referendum im Stadtteil • 2011: Die Mehrheit der BewohnerInnen im Bezirk stimmte gegen den Plan Planungsanlass: • Partizipativer Modifizierungsprozess des Kommunalplans (2008-2013) • 2013: Stadtrat stimmt für den neuen Plan; Industrie startet Unterschriften -kampagne gegen den Plan • 2014: Referendum in ganz San Diego: Die Mehrheit stimmte gegen den Plan Theoretischer Rahmen Den theoretischen Rahmen der Arbeit bildet das Konzept der „Umweltgerechtigkeit“, das in der Dissertation mit Teilaspekten des Konzeptes „Buen Vivir“ erweitert wird (Bolte et al. 2012; Gudynas 2011). Angelehnt an die Theorie „Spaces for Participation“ und an Raúl Zibechi` Konzept los de Abajo („die Leute von unten“) wird in dem Dissertationsvorhaben davon ausgegangen, dass zivilgesellschaftliche Akteure selbst Handlungsspielräume kreieren, um ihre Forderungen zum Ausdruck zu bringen (created arena) (Cornwall 2002; López et al. 2014; Zibechi 2011). In Bezug auf Foucaults Gouvernementalitätskonzept wird angenommen, dass je nach Zeitraum bestimmte Denkmuster über gesundheitsförderliche Stadtplanung vorherrschen und währenddessen alternative Forderungen an ein gesundes Wohnumfeld ungehört bleiben (können). Für die Frage, welche Denkmuster über gesundes Wohnumfeld vorherrschen, welche Akteure diese mit welchen Interessen verwenden und reproduzieren, soll das Verhältnis verschiedener Maßstabsebenen (Scales) und sozialer Interaktionen (Places) zueinander in den Blick genommen werden (Belina 2013; Harvey 2013; Kurtz 2003; Lefebvre 1991; Massey 2005; Mayer 2008; Swyngedouw 2004). Zentral ist die Annahme, dass politische Prozesse sowie gesellschaftliche Strukturen veränderbar sind (Foucault 1978; Glasze/ Mattissek 2009; Laclau/ Mouffe 1999). of Foto: Lisa Waegerle Foto: Lisa Waegerle Bau eines Nachbarschaftstreffs in Peñalolén auf Basis von Selbstverwaltung Gründung und selbstverwaltete Organisation einer Planungsgruppe in Barrio Logan Vorläufige Ergebnisse • Santiago und San Diego weisen ähnliche sozialräumliche Segregationen auf, die gesellschaftlich hergestellt und produziert werden. Eine Unterscheidung zwischen marginalisierten Stadtteilen des Globalen Nordens und Globalen Südens muss kritisch hinterfragt werden. • Basisorganisationen können in beiden Stadtteilen eine breitere Beteiligung verschiedener Personen-(gruppen) in Planungsprozessen bewirken als die Stadtverwaltung. • Basisorganisationen fördern ein gesundes Wohnumfeld durch Selbstverwaltung (u.a. durch Zurückgewinnung von Freiflächen, informellen und formellen BildungsangeMethodik und Herangehensweisen: boten sowie Schaffung alternativer Institutionen). • Iden Literatur Belina, Bernd (2013): Raum. Münster: Westfälisches Dampfboot. Cornwall, Andrea (2002): Making Spaces, Changing Places: Situating Participation in Development, IDS Working Paper 170. IDS: Brighton. Dooling (2009): Ecological gentrification: A research agenda exploring justice in the city. International Journal of Urban and Regional Research 33(3):621-639. Foucault, Michel (1978): Dispositive der Macht. Über Sexualität, Wissen und Wahrheit. Berlin: Merve. Glasze, Georg ;Mattissek, Annika (2009): Handbuch Diskurs und Raum. Theorien und Methoden für die Humangeographie sowie die sozial- und kulturwissenschaftliche Raumforschung. Bielefeld: transcript Gudynas, Eduardo (2011): Buen vivir: germinando alternativas al desarrollo. América Latina en Movimiento, Vol. 462. Harvey, David (2013): Rebellische Städte. Vom Recht auf Stadt zur urbanen Revolution Berlin: Suhrkamp Verlag. Bolte, Gabriele/ Bunge, Christiane/ Hornberg, Claudia/ Köckler, Heike/ Mielck, Andreas (2012): Chancengleichheit bei Umwelt und Gesundheit: Konzepte, Datenlage und Handlungsperspektiven.Bern: Verlag Hans Huber. Kurtz, Hilda E. (2003): Scale frames and counter-scale frames: constructing the problemof environmental injustice. In: Political Geography 22 (8). S. 887-916. Laclau, Ernesto/ Mouffe, Chantal (1999): Hegemony & Socialist Strategy. Towards a Radical Democratic Politics.London: Verso. Lefebvre, Henri (1991): The Production of Space. Oxford, UK, Cambridge, USA: Blackwell. López Morales, Ernesto; Gasic Klett, Ivo; Meza Corvalán, Daniel (2014): Actores sociales y políticos contestando un modelo de urbanismo pro-empresarial: el ‘lado B’ de la renovación urbana de Santiago de Chile. URL: http://www.ub.edu/geocrit/coloquio2014/Ernesto%20Lopez%20Morales.pdf (13.05.2015). Massey, Doreen (2005): For Space. Los Angeles: Sage. Mayer, Margit (2008): Multiskalare Praxen städtischer sozialer Bewegungen. In: Wissen, Markus; Röttger, Bernd; Heeg, Susanne (Hrsg.): Politics of Scale. Räume der Globalisierung und Perspektiven emanzipatorischer Politik. Münster: Westfälisches Dampfboot. S. 268-289. Swyngedouw, Erik (2004): Globalisation or ‘Glocalisation’? Networks, Territories and Rescaling. In: Cambridge Review of International Affairs (17) 1. S. 25-48. Zibechi, Raúl (2011): Territorien des Widerstands. Eine politische Kartografie der urbanen Peripherien Lateinamerikas. Berlin und Hamburg: Assoziation A. 1 Das Dissertationsvorhaben wird im Rahmen der Junior-Forschungsgruppe „Stadt als gesunder Lebensort unabhängig von sozialer Ungleichheit“ an der TU Dortmund bearbeitet, die durch die Fritz und Hildegard Berg-Stiftung gefördert wird. Junior-Forschungsgruppe Salus www.jufo-salus.de Kontakt: Lisa Waegerle, TU Dortmund | August-Schmidt-Str.10 | 44227 Dortmund | F:+49 (0)231/755-7997 Email: [email protected]
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