Reiterhof fürchtet um Existenz - Reit

Flüchtlinge
Reiterhof fürchtet um Existenz
02.03.2016 | 11:00 Uhr
Wie geht’s weiter auf der Gräfin-Imma-Straße? Die Inhaber des Reiterhofs (links mit
Pferden) sowie einige Anwohner machen sich Sorgen.Foto: Dietmar Wäsche
Bochum-Stiepel. Stadt plant, auf zwei Weideflächen an der Gräfin-Imma-Straße rund 450
Flüchtlinge unterzubringen. Bezirksvertretung bringt neue Standorte ins Rennen.
So ruhig, so still, so friedlich: Die Gräfin-Imma-Straße nahe der Dorfkirche gehört gewiss zu
den beschaulichsten Ecken dieser Stadt. Doch mit der Ruhe könnte es hier bald vorbei sein, so
fürchten einige Stiepeler.
Denn die Stadt plant, zwei Weideflächen gegenüber des Reiterhofs Monstadt als
Großunterkunft für Flüchtlinge herzurichten. 450 Asylsuchende könnten demnächst auf dem
Acker mitten im Grünen in Containern untergebracht werden. Die Anwohner sind in Sorge,
der Reiterhof fürchtet gar um seine Existenz.
„Wir haben überhaupt nichts gegen die Unterbringung von Flüchtlingen hier in Stiepel“,
meint Anwohner Heinz-Jürgen Hensing. „Doch diesen Standort halten wir dafür für gänzlich
ungeeignet.“
Kein Bus, kein Bürgersteig
Hensing zählt eine Reihe von Gründen auf, die aus seiner Sicht gegen ein Containerdorf just
an dieser Stelle sprechen. So seien die Flüchtlinge hier „praktisch abgeschoben“, sagt er.
„Hier fährt kein Bus, es gibt keine Geschäfte, keinen Spielplatz, kein Sportplatz, wir haben
nicht mal einen Bürgersteig.“
Auch die Erschließung des Geländes halten die Anwohner für problematisch. Eine
Abwasserleitung sei nicht vorhanden, das öffentliche Kanalnetz weit entfernt. Hensing warnt
zudem vor möglichen Überflutungen des Geländes bei Starkregen im Sommer. „Das kommt
immer wieder vor.“
Reiterhof in Sorge
Dunkle Wolken sieht der Reiterhof Monstadt auf sich zukommen, der eine Hälfte der
fraglichen Fläche von der Stadt gepachtet hat. Allerdings könne die Stadt den Pachtvertrag
innerhalb von nur drei Monaten kündigen, erzählt Inhaberin Janine Frielinghaus. „Seit über
20 Jahren nutzen wir diese Fläche als Weide für die artgerechte Haltung unserer Pferde“, sagt
sie. „Da aber in naher Umgebung keine Alternative für eine Weidefläche besteht, wäre dies
für uns ein existenzvernichtender Eingriff.“
Denn ohne ausreichend Weidefläche würden viele Kunden ihre Pferde woanders unterstellen.
Auch sehen die Reiter die Gefahr, dass ihre Tiere durch die ansteigende Lärmkulisse bei über
400 Menschen in nächster Nähe schnell panisch werden könnten. „Dies widerspricht völlig
den Richtlinien der Landwirtschaftskammer NRW zur Pferdehaltung“, sagt Frielinghaus.
Ältestenrat schlägt neue Standorte vor
Die Anwohner haben ihre Sorgen nun gebündelt an Oberbürgermeister Thomas Eiskirch
geschickt und planen die Einrichtung einer Bürgerinitiative. Als weitaus geeigneteren
Standort einer Flüchtlingsunterkunft in Stiepel schlagen sie die Straße Im Sonderfeld vor.
Während einer Sondersitzung des Ältestenrats der Bezirksvertretung Süd wurden gestern zwei
neue Standorte ins Spiel gebracht: In der Hei und Unterfeldstraße. „Diese hätten den Vorteil,
längst nicht so abgelegen zu sein wie die Gräfin-Imma-Straße“, sagt Bezirksbürgermeister
Helmut Breitkopf (SPD). Der Auftrag an die Fachverwaltung lautet nun, diese Standorte zu
prüfen und dem Bezirk bei der Sitzung am 15. März vorzustellen. Am 17. März will der Rat
abschließend urteilen.
Townsend: „Wahl der Standorte ist flexibel“
Stadtdirektor Michael Townsend erklärt auf Nachfrage, bei der Wahl der Standorte „flexibel“
zu sein. „Wenn uns von der Bezirksvertretung gleichwertige Alternativen genannt werden,
wird die Verwaltung sie prüfen.“ Im Süden würden derzeit rund 1000 Flüchtlinge leben.
„Dies ist stadtweit gerecht verteilt“, so Townsend. „Das Gerücht, im Süden würden weniger
Flüchtlinge wohnen als in anderen Bezirken, stimmt nicht.“
Sven Westernströer