1 Der Arzler ist Perfektionist. Als Schnapsbrenner steht er für höchste Qualität, das schlägt sich in stattlichen Verkaufspreisen nieder. Sein Innsbrucker Muskateller muss ebenfalls hohen Ansprüchen genügen. Der Jahrgang 2013 ist ausverkauft, 2014 wurde wegen des verregneten Sommers gar kein Wein produziert. Die Trauben dienten stattdessen der Schnapsproduktion. Auch die Zigarren sollen überzeugen. „Als Begleitung für ein Stamperl Wildkirschenschnaps“, wie Leismüller schon heute frohlockt. Verkaufen wird er die selber gerollten Tirol-Zigarren aber nicht. Denn das untersagt das Tabakmonopol des Staates: „Die Zigarren werde ich selber rauchen oder verschenken.“ Als Zigarrenmacher kann Leismüller auf die Unterstützung eines Naturburschen setzen: Johannes Rauch, Winzer aus St. Peter am Ottersbach in der Südoststeiermark, baut in der Heimat ebenfalls Zigarrentabak für den Eigenbedarf an. Er ist Leismüller an Erfahrung voraus und hat schon eine Tabakernte hinter sich. Stolz reicht Rauch selbst gerollte Zigarren zum Anfassen und Beschnuppern herum. Der Steirer ist für Leismüller aber weit mehr als nur ein Gleichgesinnter zum Fachsimpeln: Er ist auch der Schwiegersohn in spe. Nächstes Jahr wird Rauch (30) Leismüllers Tochter Kathrin (ebenfalls 30) heiraten. Eine Achse Tirol-Steiermark auf mehreren Ebenen nimmt Gestalt an. Leismüller und Rauch sind eigentlich Nichtraucher. Doch das gelegentliche Paffen einer Zigarre ist für sie Ausdruck höchsten Genusses. Vielleicht auch deshalb, weil beide wissen, wie viel Aufwand nötig ist, bevor der Rauch aufgeht. Reichlich Arbeit vor dem Genuss 2 3 Reife Blätter werden ab dem Spätsommer geerntet. Ihre Nikotinstärke variiert, je nachdem, wo an der Pflanze, oben oder unten, sie gewachsen sind. „Das richtige Verhältnis zwischen den verwendeten Tabakblättern bestimmt den Geschmack einer Zigarre ganz wesentlich“, gibt Rauch zu verstehen. Als ausgebildeter Kellermeister bemüht er den Wein als Vergleich: „Das ist wie bei einer Cuvée: Da kommt es auch auf das Verhältnis zwischen den verschiedenen Rebsorten an, die man zu einem Wein zusammenfügt.“ Und wie beim Wein ist auch beim Zigarrentabak Geduld gefordert. Nach der Ernte landen die Tabakblätter über den Winter auf dem Dachboden – zum Trocknen. Danach durchlaufen sie einen Umwandlungsprozess, die Fermentierung. Die Blätter verbringen dazu zwei 16 · Lifestyle Monate in einer speziellen Box, bei 80 Grad Luftfeuchtigkeit und mindestens 45 Grad Hitze. Sie erhalten dabei die typisch dunkelbraune, ledrige Anmutung. Dann steht ein zweites Mal Trocknen auf dem Programm. Schließlich wird der Tabak ein Jahr lang gelagert, um nachreifen zu können. Rauch verwendet dazu seinen stets gleich temperierten Weinkeller. Erst jetzt ist es so weit: Die Tabakblätter werden zu Zigarren gerollt. Das ist wieder ein Kapitel für sich. „Meine ersten Versuche waren unbrauchbar“, erinnert sich Rauch mit breitem Grinser. „In den Zigarren war so viel Tabak, dass man gar nicht daran ziehen konnte.“ Inzwischen hat der angehende Experte den Dreh, ganz wörtlich, jedoch heraußen. Pro Tabakstaude gehen sich maximal eineinhalb Zigarren aus. 10 bis 15 Blätter werden pro Stück verwendet, nicht in Stücken, sondern in ihrer ganzen Länge. „Longfiller“ nennt man diese Technik, erläutert Rauch. Der junge Mann aus der grünen Mark wirkt mit dem Experiment Tabakanbau zufrieden: „Ich will nicht unbescheiden klingen, aber meine Zigarren haben mir nicht schlechter geschmeckt als solche aus Kuba.“ Edi Leismüller nickt anerkennend. Wer ihn kennt, weiß, was er denkt: Seine Tirol-Zigarren sollen ebenso gut werden. Mindestens. (Markus Schramek)
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