iv-positionen September 2015 NÖ

DAS MAGAZIN FÜR MITGLIEDER
September 2015
P.b.b. Verlagspostamt 1030 Wien, Zulassungsnr. 03Z034897M
Arbeitsmarkt
neu denken
Foto: istockphoto.com/maxsattana
Österreich braucht dringend einen echten
Kurswechsel in der Arbeitsmarktpolitik.
Nur dann können die Unternehmen
bestehende Jobs sichern und neue schaffen.
Interview mit Staatssekretär
Harald Mahrer
Seite 2
Gastkommentar Ortner: Wenn
der Costa Concordia-Kapitän
das Staatsschiff lenkt Seite 10
Niederösterreich: Alle Kraft
der Bildung
Seite 18
Interview
„Die heißen Eisen will
niemand gerne angreifen“
INTERVIEW Positive Veränderungen in Österreich herbeizuführen, ist zwar schwieriger
als gedacht. Stillstandsverwaltung ist für Staatssekretär Harald Mahrer aber jedenfalls
keine Option, denn Österreich könne nicht ewig vom Erfolg vergangener Tage leben.
Staatssekretär Harald Mahrer im Interview
Herr Staatssekretär, Sie sind nun seit einem Jahr
im Amt. Ein erstes Fazit?
Es war ein Jahr, in dem wir seitens der
ÖVP einiges bewegen – denken Sie an
unsere Innovationsfokussierung und an
das neue Crowdfunding-Gesetz – und
standortschädliche Träumereien abwenden konnten. Aber ein offenes Wort aus
persönlicher Sicht: Gute Ideen politisch
umzusetzen, positive Veränderungen her-
FACTBOX
• Geboren am 27. März 1973 in Wien
• Studium der Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien, Doktoratsstudium der
Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Wien
• 1995 bis 1997 Vorsitzender der Österreichischen Hochschülerschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien
• 2006 bis 2010 Geschäftsführender Gesellschafter der Pleon Publico Public Relations GmbH
• 2010 bis 2012 Geschäftsführender Gesellschafter der cumclave Unternehmensberatung GmbH
• 2010 bis 1. September 2014 Geschäftsführender
Gesellschafter der HM Tauern Holding Beteiligungsgesellschaft m.b.H.
• Seit 1. September 2014 Staatssekretär für
Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft
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Klingt ernüchternd. Aber woran liegt es, dass immer noch so viele Reformprojekte brach liegen?
Wir verdienen sechs von zehn Euro im Export, und das dank unserer Unternehmen
und Industrie. Durch diese Stärke wird
aber die strukturelle Schwäche zugedeckt.
Bei uns haben noch nicht alle verstanden,
dass wir nicht ewig vom Erfolg vergangener Tage leben können. Was wir brauchen,
sind Impulse für die Wirtschaft, um Jobs zu
schaffen. Und es müssen Strukturmängel
behoben werden – vom Pensionssystem
über die Verwaltung bis hin zur maßlosen
Überregulierung. Die heißen Eisen will
niemand gerne angreifen, das ist aber ein
absolutes Muss. Alles andere wäre verantwortungslose Stillstandsverwaltung.
Wo sehen Sie den dringendsten Handlungsbedarf?
Ohne Zweifel am Arbeitsmarkt! Wir haben die paradoxe Situation, dass wir Rekordbeschäftigung und -arbeitslosigkeit
gleichzeitig haben. Jeder Arbeitslose ist
einer zu viel. Die logische Konsequenz ist
weniger Staat und mehr unternehmerische
Freiheit. Das heißt: Lohnnebenkosten
spürbar senken, flexiblere Arbeitszeiten
ermöglichen und das Bürokratiemonster
bändigen.
Stichwort Bürokratie: Vizekanzler Mitterlehner hat
im Zuge des Reformdialogs das Projekt „Motivierender Staat“ vorgestellt. Dabei setzt man auf
Nudging. Was ist davon zu erwarten?
Wir haben uns Nudging in Großbritannien
sehr genau angesehen. Dort hat sich das
Prinzip total bewährt. Es hat sich gezeigt,
dass smart gesetzte Motivationsanreize als
Orientierungshilfe für persönliche Entscheidungen oft besser wirken als Zwang
und Gesetze. Diesen Ansatz wollen wir
mit Pilotprojekten testen, die wissenschaftlich begleitet und abschließend evaluiert
werden. Stimmt das Ergebnis, können wir
die Projekte fortsetzen. Faktenbasiertes
Arbeiten ist das Credo.
In welchen Bereichen würden Sie Nudging
einsetzen?
International erprobt ist es vor allem bei
Steuer-, Umwelt-, Bildungs- und Gesundheitsthemen. Aber das Prinzip funktioniert
in vielen Bereichen.
Stichwort Digitalisierung: Chance oder Gefahr
für unsere Jobs?
Ganz klar: eine riesige Chance! Die Digitalisierung stellt ganze Wertschöpfungsketten auf den Kopf – Stichwort Industrie 4.0.
Statt davor zu warnen, dass das Internet
in die Fabriken einzieht, wäre es besser
nachzudenken, was Arbeit in Zukunft
heißt und welche Chancen uns die Digitalisierung bietet. Da gibt es andere Modelle
als die Wertschöpfungsabgabe, Überstunden-Euro und Arbeitszeitverkürzung.
Die da wären?
In einigen Bereichen werden Menschen
durch Roboter unterstützt oder ersetzt,
das ist unbestritten. Anderswo werden
neue Jobs entstehen. Die Herausforderung wird sein, niedrig Qualifizierte auf
höheres Niveau zu bringen. Wir brauchen künftig mehr Generalisten, die
flexibel sind für neue Aufgabenprofile
sowie ein modernes Arbeits(zeit)recht,
das diese Flexibilität zulässt. Denn sozial
ist nicht die unbedingte Umverteilung,
sondern sozial ist, was Arbeit schafft.
Daher rückt die Bildungsfrage ins Zentrum unserer Anstrengungen.
Foto: ACR-Schnür-Brunnbauer
beizuführen, ist in Österreich noch schwieriger als ich angenommen hatte. Die Reformträgheit überwiegt. Es laufen zu viele
Bedenkenträger herum, keiner will raus
aus der Komfortzone.
Editorial
Keine
Ausreden
mehr
Die Bevölkerung misst der Industrie wachsende Bedeutung zu. Die Politik sollte
es ihr gleichtun.
dafür ein, dass die Betriebe entlastet und nicht weiter belastet werden. Sie
plädieren für die Förderung von Innovationskraft und steuerliche Erleichterungen
angesichts des Standortwettbewerbs.
„Die Industrie“: Das sind in ideologischen Kategorien oft auch „die Reichen“,
„die Millionäre“ oder Konzerne, denen man so viel wie möglich wegsteuern
Damit gibt es auch für die Politik keine Ausreden mehr, in der Standortpolitik
muss. Österreichs Bevölkerung hat von der Industrie erfreulicherweise ein an-
das Ruder herumzureißen. An die Stelle von einseitigen ideologischen Zuschrei-
deres sowie wesentlich realistischeres Bild - und zieht daher auch ganz andere
bungen, denen die Fakten- und auch die Meinungsgrundlage fehlen, müssen
Schlüsse. Eine neue GfK-Umfrage zeigt:
bestmögliche Rahmenbedingungen für die Industrie und ihren Leistungen treten.
An ihnen führt kein Weg vorbei, um Innovation und Wachstum zu gewährleisten
•
56 Prozent halten die Bedeutung der Industrie für Wachstum und Wohl-
sowie dringend benötigte Arbeitsplätze zu schaffen (siehe auch die aktuelle
stand in Österreich für „sehr wichtig“. Dieser Wert ist seit 2012 um fast
Titelgeschichte).
zehn Prozentpunkte gestiegen.
Zudem können sie als Beiträge zur Gestaltung unserer Zukunft genutzt wer•
58 Prozent („trifft sehr zu“) sehen in der Bürokratie große Hürden für die
den, wie dies etwa auch in der ersten großen Industrie-Konferenz „Menschen.
Industrie und plädieren für eine rasche Vereinfachung. Dieser Wert ist seit
Unternehmen. Zukunft“ am 24. September 2015 im Wiener Haus der Industrie
2005 um 15 Prozentpunkte gewachsen.
deutlich wird. Eine starke, innovative Industrie ist in jeder Hinsicht die Lösung
für Österreichs Zukunft. Die Menschen in diesem Land wissen das.
•
52 Prozent („trifft sehr zu“) befürworten eine stärkere Förderung von Forschung und Entwicklung als Basis für neue Technologien und Produkte.
Ihr
Hier ist seit 2011 eine Steigerung um sieben Prozentpunkte zu verbuchen.
Diese Daten zeigen eines sehr eindrucksvoll: Die Industrie genießt in der Bevölkerung beste (Meinungs-)Konjunktur. Die Österreicherinnen und Österreicher
bekennen sich in der Mehrheit zur Industrie und sind sich ihrer enormen Bedeutung für Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze immer bewusster. Sie treten
Christoph Neumayer, Generalsekretär
IMPRESSUM
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Herausgeber, Medieninhaber und Redaktion: Vereinigung der Österreichischen Industrie (Industriellenvereinigung), Schwarzenbergplatz 4, 1031 Wien, Tel.: 01/711 35-2301, Fax: 01/711 35-2313,
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industrielle und im Zusammenhang mit der Industrie stehende Unternehmen sowie deren Eigentümer und Führungskräfte in freier und demokratischer Form zusammenzufassen; ihre Interessen besonders in beruflicher, betrieblicher und
wirtschaftlicher Hinsicht auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zu vertreten und wahrzunehmen, industrielle Entwicklungen zu fördern, Rahmenbedingungen für Bestand und Entscheidungsfreiheit des Unternehmertums zu
sichern und Verständnis für Fragen der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu verbreiten.
Foto: fotovonzinner/IV
Chefredaktion: Dr. Raphael Draschtak, Andrea Gabmeyer. Redaktionelle Mitarbeit: Mag. Martin Amor, Mag. Robert Albrecht, BA. Lektorat: Mag. Brigitte Mayr. Verantwortlich für den Inhalt: MMag. Mathias Burtscher,
DI Dr. Joachim Haindl-Grutsch, Mag. Johannes Höhrhan-Hochmiller, Mag. Josef Lettenbichler, Dr. Claudia Mischensky, Mag. Gernot Pagger, Dr. Ingrid Puschautz-Meidl, Mag. Michaela Roither, Mag. Irene Schulte. Für den Inhalt der letzten drei
Seiten zeichnet die jeweilige Landesgruppe verantwortlich. Grafik: Matthias Penz, Doris Grussmann.
Druck: Ueberreuter Druckzentrum GmbH, 2100 Korneuburg. Erscheinungsort: Wien. Offenlegung nach § 25 des Mediengesetzes: iv-positionen erscheint 10x jährlich in einer Auflage von 8.300, Unternehmensgegenstand: Information zu
industrie- und gesellschaftspolitischen Themen für Mitglieder der Industriellenvereinigung und Meinungsträger in Österreich. Siehe auch unter www.iv-net.at/b80
Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf geschlechtsspezifische Endungen verzichtet. Die verwendeten Bezeichnungen beziehen sich auf beide Geschlechter gleichermaßen.
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Coverstory
Gegensteuern
am Arbeitsmarkt
„Das Land braucht Aufbruchsstimmung –
der Kern dabei ist: Arbeitsplätze,
Arbeitsplätze und nochmal Arbeitsplätze,
um allgemeinen Wohlstand und sozialen
Zusammenhalt auf Dauer zu sichern.“
IV-Präsident Georg Kapsch
stieg im Vergleich zum Juli des Vorjahres
beträgt 7,2 Prozent. „Wir müssen dringend
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gegensteuern. Doch von der Politik kommen vielfach völlig falsche Signale und
Forderungen, wie etwa die Erhöhung der
Lohnnebenkosten, Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung, genereller sechsten
Urlaubswoche, Überstundeneuro oder
gesetzlichen Quotenmodellen für Ältere
und Lehrlinge“, kritisiert IV-Präsident
Georg Kapsch. Das ist gerade deshalb der
falsche Weg, als etwa die Arbeitskosten
in Österreich zwischen 2008 und 2014 um
enorme 21 Prozent gestiegen sind.
Weniger Standortqualität, mehr
Arbeitslose
Während Österreich die längste Zeit
gegenüber anderen EU-Ländern einen
Wachstumsvorsprung hatte, ist dies heute
nicht mehr der Fall. Durch verschlepp-
Fotos: IV-OÖ/Krügl, istockphoto.com/Yuri
D
ie Lage am österreichischen Arbeitsmarkt ist
problematisch. Die Arbeitslosenrate steigt und
steigt. Laut Angaben des
Sozialministeriums waren im Juli 376.522
Menschen ohne Beschäftigung. Der An-
Coverstory
REFORM Die steigende Arbeitslosigkeit wird immer mehr zum
Problem für Österreich. Für einen echten Turnaround braucht es
mutige Veränderungen. In ihrem Arbeitsmarktpaket bringt die
Industriellenvereinigung auf den Punkt, was zu tun ist.
te Reformen sinkt die Standortqualität
kontinuierlich. Das aktuelle IMD-Ranking veranschaulicht den Erosionsprozess: Unter 61 teilnehmenden Ländern
ist Österreich auf Platz 26 zurückgefallen.
Vor acht Jahren lag Österreich noch auf
Rang elf. Besonders schlecht schneidet
der Standort bei den Indikatoren Höhe
der Einkommensteuer verglichen mit
dem BIP pro Kopf (60. Platz und damit
Vorletzter), wirtschaftlicher und sozialer
Reformbedarf (60. Platz) sowie Anpassungsfähigkeit der Politik am wirtschaftliche Herausforderungen (59. Platz) ab.
Ein wenig überraschendes Resultat, so
Kapsch: „Die Unternehmen sind verunsichert. Das wirkt sich auf die Investitionen
und den Arbeitsmarkt direkt aus. Das
Land braucht Aufbruchsstimmung – der
Kern dabei ist: Arbeitsplätze, Arbeitsplätze und nochmal Arbeitsplätze, um
allgemeinen Wohlstand und sozialen Zusammenhalt auf Dauer zu sichern.“
Einbruch bei Investitionen
Erhebungen der Industriellenvereinigung
zeigen: Es ist ein regelrechter Einbruch
bei den Ausrüstungsinvestitionen zu verzeichnen. Erweiterungsinvestitionen stagnieren auf niedrigem Niveau bei 21 Prozent – in Deutschland sind sie hingegen
mit rund 35 Prozent das dominierende
Motiv vor Ersatzinvestitionen. In Österreich werden in erster Linie Ersatz- (41
Prozent) und Rationalisierungsinvestitionen (27 Prozent) vorgenommen. Kapsch:
„Österreich geht das Geld für die Zukunft
aus. Nur mehr ein Viertel aller Bundes-
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Coverstory
Endlich umdenken
Wo Österreich umdenken und endlich
richtig handeln muss, ist aus Sicht der IV
klar: mehr Freiheit und Flexibilität. Die
österreichische Wirtschaft braucht ein
Mindestmaß an Flexibilität und unternehmerischer Freiheit, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können.
Neumayer: „Unsere Unternehmen leiden
unter einer Vielzahl sinnloser Auflagen
und Regulierungen, was ihre Wettbewerbsfähigkeit schwächt und negative
Folgen für die Beschäftigung im Land
hat.“ Konkret braucht Österreich etwa
ein Sammelgesetz, das die schädlichsten
und investitionshemmendsten bürokratischen Regelungen beseitigt. Parallel
zur Bundesebene
sollen auch in al„Ungleichheit hat
len
Bundeslänviele Gesichter. Der
dern Entbürokrawichtigste, größte und
tisierungspakete
auf Landesebene
nachhaltigste Grund
erlassen werden.
für Ungleichheit liegt in
„Der Staat muss
der Bildung und in der
sich auf seine
daraus resultierenden
Kernaufgaben
Chancenungleichheit.“
konzentrieren. Es
Hannes Androsch, Finanzminister a.D.
gibt viele Aufgaben, die der Staat
nicht
erfüllen
muss. Wir brauchen eine Evaluierung der
Staatsaufgaben. Unser Föderalismus, wie
wir ihn leben, kostet ein Vermögen“, stellt
IV-Präsident Kapsch klar.
Mehr auf Betriebsebene lösen: Gerade in
konjunkturell herausfordernden Zeiten
muss ein Um- und Andersdenken einsetzen, um den Unternehmen die Rahmenbedingungen zu ermöglichen, die sie
für erfolgreiches Wirtschaften und neue
Arbeitsplätze brauchen. „Wenn man Arbeitsplätze schaffen will, ist eine Flexibi-
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lisierung der Arbeitszeit auf betrieblicher
Ebene die richtige Maßnahme“, erklärt
IV-Generalsekretär Neumayer.
Mehr Attraktivität für Erwerbstätigkeit:
Leistung und Eigeninitiative müssen belohnt sowie Eigenverantwortung gefördert werden. IV-Präsident Kapsch: „Wer
Leistung erbringt, soll nicht das Gefühl
haben müssen, der Dumme zu sein.“
Reformen für den Arbeitsmarkt
Vor diesem Hintergrund hat die Industriellenvereinigung ein arbeitsmarktpolitisches Reformpaket entwickelt (sh. Kasten), das neben der Modernisierung der
Arbeitszeit u.a. eine substanzielle Reduktion der Lohnnebenkosten vorsieht. Spielraum dafür besteht etwa im Bereich des
Familienlastenausgleichsfonds (FLAF),
des Insolvenz-Entgeltfonds (IEF) und
der Unfallversicherung (UV). IV-Ziel ist
eine schrittweise, deutliche Lohnnebenkostensenkung insbesondere durch die
Reduktion des FLAF-Beitrags um einen
Prozentpunkt von derzeit 4,5 auf 3,5 Prozent. Notwendig sind aber auch praktikablere tägliche Höchstarbeitszeitgrenzen
und eine bessere, praxisnähere Verteilung
der Normalarbeitszeit.
Vorbild Deutschland
Dass eine Entfesselung des Arbeitsmarktes von unzeitgemäßen Bestimmungen der richtige Weg ist, zeigt das Beispiel Deutschland. Das Land konnte seine
Arbeitslosenquote in den letzten zehn
Jahren substanziell senken. Das Centre
for Research and Analysis of Migration
(CReAM) kam in einer Studie („From
Sick Man of Europe to Economic Superstar: Germany’s Resurgent Economy“)
zum Schluss, dass der wirtschaftliche Aufstieg Deutschlands seit den 1990er-Jahren
in besonderem Maß auf die Flexibilität
des deutschen Lohnfindungssystems zurückzuführen ist. Insbesondere die zunehmende Verlagerung der Lohnverhandlungen von der überbetrieblichen auf die
betriebliche Ebene hat die Verbesserung
der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands
wesentlich unterstützt. Die Hartz-Reformen haben dazu beigetragen, dass die
Anzahl der Arbeitslosen in der Grundsicherung in Deutschland seit 2005 um fast
ein Drittel gesenkt werden konnte.
In Österreich wurden solche strukturellen Verbesserungen im Zuge der Ein-
Foto: Androsch
ausgaben sind Zukunftsinvestitionen.“
Und während bei der Arbeitslosigkeit im
EU-Schnitt ein Rückgang zu beobachten
ist, weist Österreich im Jahresvergleich
nach Finnland den zweithöchsten Anstieg in der gesamten Europäischen Union auf – und liegt aktuell nur mehr auf
Rang sechs. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer bringt das Problem auf
den Punkt: „Die Entwicklungen auf dem
Arbeitsmarkt sowie der Investitionen in
Österreich sind ein zeitlich verzögertes
Spiegelbild standortpolitischer Versäumnisse.“
Coverstory
IV-Präsident Georg Kapsch und der Unternehmer und ehemalige Finanzminister Hannes Androsch skizzierten bei einem Pressegespräch in Alpbach die wichtigsten
Reformnotwendigkeiten für Österreich.
führung der bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht durchgeführt. Die
Notstandshilfe wird weiterhin grundsätzlich zeitlich unbegrenzt gewährt. Die
Zahl der Notstandshilfebezieher ist in
Österreich zuletzt besonders stark angestiegen. Einen wesentlichen Unterschied
spüren die Unternehmen direkt bei den
Arbeitskosten: Während der Arbeitslosenversicherungsbeitrag in Deutschland
in den letzten Jahren auf drei Prozent
(Aufteilung je zur Hälfte auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer wie in Österreich)
gesenkt wurde, beträgt er in Österreich
weiter sechs Prozent.
MINT-Chancen nutzen
Foto: Johannes Zinner
Mit Blick auf die Zukunft ist entscheidend, dass sich Angebot und Nachfrage
am Arbeitsmarkt besser finden. In Europa könnten bis 2025 vier Millionen neue
Jobs im technischen Bereich entstehen.
In Österreich stellt der MINT-Bereich
in den nächsten Jahren den Großteil
jener Berufsgruppen mit dem höchsten
Jobwachstum dar. Ihm werden bis zu
vier Prozent Zuwachs prognostiziert.
Insgesamt werden bis 2020 fast 40.000
neue MINT-Jobs entstehen.
IV-Präsident Kapsch: „Um Industrie 4.0
als Chance für den Standort nützen zu
können, ist der Ausbau von MINT- und
IT-Kompetenzen der Schlüssel dazu. Die
benötigten Qualifikationen im MINT-
und IKT-Bereich werden weiter zunehmen.“ Derzeit haben aber schon acht von
zehn Industrieunternehmen Rekrutierungsprobleme in Zukunftsbereichen wie
Technik, Produktion oder F&E.
Die Industrie fordert neben der Arbeitsmarkt- auch die Bildungspolitik zur Lösung der Beschäftigungsprobleme: Sie
muss u.a. für einen begeisternden schulischen MINT-Regelunterricht sorgen,
das Erfolgsmodell HTL forcieren sowie
die MINT-Hochschulbildung ausbauen
und attraktivieren. Dass Bildung ein entscheidender Ansatzpunkt für die nachhaltige Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
ist, sollte außer Frage stehen: Mehr als 47
Prozent der Arbeitslosen haben keine die
Pflichtschule übersteigende Schulbildung
aufzuweisen. Für IV-Präsident Kapsch
ist klar: „Es muss uns gelingen, der Gesellschaft zu erklären, dass Bildung einen
Wert an sich hat.“
„Ungleichheit hat viele Gesichter. Der
wichtigste, größte und nachhaltigste
Grund für Ungleichheit liegt in der Bildung und in der daraus resultierenden
Chancenungleichheit“, betonte der Vorsitzende des Rates für Forschung und
Technologieentwicklung, Hannes Androsch, bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Kapsch in Alpbach, wo er auch
die „provinziell geistige Windstille“ im
Land kritisierte.
Fazit von IV-Präsident Georg Kapsch:
„Eine deutliche, nachhaltige Abnahme
der Arbeitslosigkeit gibt es nur bei einer
deutlichen Zunahme des Reformtempos
in der Arbeitsmarkt-, Standort- und Bildungspolitik. Aber wir sollten nicht im
derzeitigen Zug Gas geben, sondern den
Zug wechseln.“
FACTBOX
Das IV-Arbeitsmarktpaket
auf einen Blick
•
Substanzielle Senkung der Lohnnebenkosten
insbesondere beim Familienlastenausgleichsfonds (FLAF), dem InsolvenzEntgeltfonds (IEF) und der Unfallversicherung (UV)
•
Stärkung der Gestaltungsmöglichkeiten
auf Betriebsebene insbesondere im Arbeitszeitrecht
•
Praxisgerechte Kurzarbeitsregelung
•
Reform der Notstandshilfe bzw. Integration
in die Mindestsicherung
•
Weiterentwicklung der Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitssuchende, etwa bei
den Wegzeiten
•
Mehr Effizienz und Effektivität der AMS-Förderinstrumente durch stärkeren Fokus auf
beschäftigungsfördernde Maßnahmen
•
Verstärkter Einsatz von Eingliederungsbeihilfe und Kombilohn
•
Förderung der betriebsnahen Qualifizierung
für höheren Arbeitsmarkterfolg
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7
Junge Industrie
Mut zu schwierigen Entscheidungen
ALPBACH Im Rahmen der „Politischen Gespräche“ des Europäischen Forums
Alpbach diskutierte der Vorsitzende der JI-Wien Nikolaus Griller über
„Österreich in der EU: 20 Jahre Erfahrungen und Erwartungen“.
B
etrachtet man die momentane
Situation der Europäischen
Union, hätten sich die Erwartungen an das Projekt EU nicht
erfüllt, so Heinz Zourek, Generaldirektor der EU-Kommission für Steuern und
Zollunion, im Rahmen der Diskussion
mit Bundesminister Sebastian Kurz, Leo
Kaserer von der Arbeiterkammer Tirol sowie dem ehemaligen Finanzminister a.D.
Ferdinand Lacina. Ab dem Jahr 2008 seien
Probleme herangewachsen, für die keine
Rahmenbedingungen geschaffen worden
waren, weshalb die EU vor scheinbar unlösbaren Herausforderungen stehe, so
Zourek weiter. Statt nur über den Problemen zu brüten, sollte man die Zukunftsperspektiven aufzeigen und hervorheben,
meinte Griller. „Entweder man geht die
Probleme gemeinsam an und arbeitet
noch enger zusammen, was in diesem Fall
mehr Integration bedeutet, oder man sagt
Stopp“, so der JI-Wien-Vorsitzende.
Vorteile der EU überwiegen
Im Rahmend der Alpbacher Wirtschaftsgespräche
wurde auch über die Zukunft der EU debattiert.
Tatsächlich dürfe die Desintegration aber
keine Option sein. Griller: „Die positiven
Auswirkungen des EU-Beitritts für Österreich überwiegen die negativen bei
Weitem“. Ohne EU-Mitgliedschaft hätte
sich die österreichische Wirtschaft nicht so
entwickeln können, wie mit EU als Stärkung im Rücken, waren sich die Podiumsteilnehmer einig. Griller betonte jedoch,
dass er in der Politik oft den Mut vermisse,
schwierige Probleme anzugehen, denn
nichts sei schlimmer als gar keine Entscheidung zu treffen. So seien die aktuellen
Themen Flüchtlingsstrom oder Griechenlandkrise weit leichter zu bewältigen, als
sie in der öffentlichen Diskussion dargestellt würden. Man habe vor allem die Notwendigkeit von gravierenden Reformen
unterschätzt, was nun zu Lasten jüngerer
Generationen gehe – die Pensionsproblematik falle auf die Jugendlichen zurück
und die Arbeitsmarktsituation verschlechtere sich zusehends. Hier sah Griller auch
das Problem des fehlenden Interesses der
Jugend an der EU. „Wir müssen Politik
und vor allem die EU besonders für junge
Menschen wieder attraktiv machen. Diese
politische Krise ist gefährlich, da sie Populismus die Tür öffnet. Was wir brauchen,
sind politische Vertreter, die mit beherzten
Entscheidungen und Visionen die EU als
das darstellen, was sie ist: das beste Mittel,
unseren Standort und unsere Lebensqualität nachhaltig abzusichern “, so Griller.
Das Ziel laute somit: Tax Freedom Day am
30. Juni 2020.
BELASTUNG Bis zum 21. August haben Herr und Frau Österreicher in diesem Jahr
ausschließlich für den Staat gearbeitet. Das geht aus einer Studie des Austrian
Economics Center in Kooperation mit dem Karl-Bräuer-Institut hervor.
D
amit wurde also heuer
erst am 21. August jener
Tag erreicht, ab dem für
die eigene Tasche gearbeitet wird. Im letzten
Jahr war dieser am 12. August, ein Jahr
davor am 31. Juli. Damit belegt Österreich
mittlerweile den zweithöchsten Platz im
europaweiten Vergleich der Lohn- und
Lohnnebenkosten. Innerhalb eines Jahres hat sich Österreich im Ländervergleich somit um einen weiteren Platz nach
„vorne“ gearbeitet und wird nur noch von
Belgien übertroffen.
8 iv-positionen | September 2015
Aus diesem Anlass forderte der Vorsitzende der JI-Steiermark, Alfred Freiberger, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Jungen Wirtschaft
Steiermark eine Trendwende. Die aktuelle Situation am Standort und der
Erfolg der jungen Unternehmer von
heute bestimmen den Wohlstand der
Bevölkerung von morgen. Beide Jugendorganisationen fordern daher, die Belastungen in den nächsten fünf Jahren
auf ein halbes Jahr zu reduzieren. Das
konkrete Ziel laute somit: Tax Freedom
Day am 30. Juni 2020.
V.l.n.r.: Alfred Freiberger (JI) und Christoph Kovacic
(JW) fordern dringend eine Entlastung bei Steuern
und Abgaben.
Fotos: Dragan Tatic, Fischer
Tax Freedom Day wieder später
Junge Industrie
Neues Miteinander
gesucht
Die nächsten Jahre werden drüber entscheiden,
wohin sich die Europäische Union entwickeln wird.
Viele Herausforderungen können nur gemeinsam
gelöst werden. Das setzt aber auch ein gewisses
Maß an Vernunft voraus.
nicht von der Welt abnabeln. Die österreichischen
brauchen wir sie alle. Ob bei der immer noch unsi-
Unternehmen müssen am Weltmarkt bestehen.
cheren Zukunft des Euro oder auch bei der Frage
Deswegen sind Standortfaktoren eben wichtig
der zukünftigen Ausgestaltung der Institutionen der
und ist es eben nicht egal, wie wettbewerbsfähig
EU, Stichwort Brexit: In den kommenden Jahren
Europa ist. Genauso kann aber z.B. auch ein Land
müssen wir entscheiden, wohin die Reise gehen
alleine nicht das Klima retten: Solange nicht ein
soll. Dafür muss Europa aber auch wieder neue
Ökonomische oder standortpolitische Themen ei-
Klimaschutzabkommen auf internationaler Ebene,
Kompromisse suchen, ein neues Miteinander fin-
genen sich meist wenig, um Emotionen zu wecken
verpflichtend für alle, zustande kommt, führt eine
den. Das wird allen ein gehöriges Maß an Vernunft
und die Menschen für eine Sache zu begeistern bzw.
überzogene, populistische EU-Klimapolitik nur zu
abverlangen – denn aktuell ist von europäischer
zu mobilisieren. Insofern ist es fast zu begrüßen,
weniger Jobs aber zu keiner Klimaverbesserung.
Einigkeit wenig zu spüren.
dass die aktuelle Flüchtlings-Thematik wirklich allen
Menschen direkt vor Augen führt, dass manche
Die EU wird von der Politik meist eher gerne zum
Herausforderungen nicht mehr von einem Staat
Sündenbock für unbeliebte Entscheidungen ge-
alleine geschultert werden können. Die EU muss hier
macht. Es ist ja auch praktisch, unbeliebte Maßnah-
eine gemeinsame Lösung finden – und das ist alles
men „denen in Brüssel“ in die Schuhe zu schieben.
andere als leicht. Gerade beim Thema Flüchtlinge
Dabei kann und könnte die EU Lösungskompetenz
gehen die Emotionen hoch, sind Populismus und
beweisen. Es ist eine Binsenweisheit, dass eine
Nationalismus weit verbreitet. Nationaler Egoismus
starke EU auch die einzelnen Mitgliedstaaten stärken
und das Bauen von Grenzzäunen sollten aber etwas
würde. In der Welt werden wir unsere Interessen nur
sein, was wir mit der EU in Europa überwinden
gemeinsam erfolgreich vertreten können.
Herzlichst Eure
wollten und sollten. Genauso wie man sich gegen
globale Flüchtlingsbewegungen nicht so ohne weite-
Lösungskompetenz auf europäischer Ebene brau-
Therese Niss,
res abschotten kann, so können wir uns auch sonst
chen kurzfristig vor allem die Flüchtlinge, langfristig
Bundesvorsitzende der Jungen Industrie
Politik transparent für jedermann
D
Foto: JI
ie Junge Industrie Salzburg hat gemeinsam mit
dem
Beratungsunternehmen Kovar & Partners die Webplattform
www.transparentepolitik.at geschaffen,
um konkrete politische Ziele und ihre
Umsetzung nachverfolgbar zu machen.
„Unser Ziel ist, dass sich mündige Bürger
selber ein Bild von den jeweiligen Zielen der Parteien machen können; ohne
Geschwafel und PR-Talk der Parteien.
Wir glauben, dass jeder Bürger selbst
entscheiden kann, ob die Politik nur leere Worthülsen verbreitet oder sich doch
ambitionierte Ziele setzt, die das Land
positiv verändern könnten“, sagt JI-Salz-
burg-Vorsitzender Andi Wimmer. „Den
Mitgliedern der Jungen Industrie liegt die
Zukunft Salzburgs und Österreichs am
Herzen und ein wichtiger Aspekt davon
ist das politische Geschehen im Land.
Das Projekt ,Transparente Politik‘ soll
fair und unabhängig über die Landespolitik informieren und jedem interessierten
Bürger die Möglichkeit geben, sich selber
ein Bild von den Parteien und ihren Inhalten zu machen“, schildert Wimmer die
Beweggründe für das Projekt.
„Die einzige Vorgabe war, dass die Ziele
messbar sein sollten“, erklärt Andi Wimmer. Das Ergebnis ist für jedermann
online auf www.transparentepolitik.at
abrufbar und wird regelmäßig einem
Update unterzogen. „Besonders wichtig
war es uns bei diesem Projekt, dass die
Beurteilung der politischen Ziele völlig
wertfrei und sachlich erfolgt“, betont der
JI-Vorsitzende.
Die neue Webplattform www.transparentepolitik.at
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9
Kommentar von außen
Wenn der Costa ConcordiaKapitän das Staatsschiff lenkt
Österreichs politische Eliten erwecken nicht wirklich
Man muss kein hauptamtlicher Nörgler und Schwarz-
zwar nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern
den Eindruck, den Herausforderungen der Zukunft
gewachsen zu sein.
maler sein, um zum Schluss zu kommen: Die Diskre-
jetzt. Und dass Österreich zwar eines der teuersten
panz zwischen den Problemen, in denen wir schon
Schulwesen der Welt betreibt, damit aber eher
stecken (oder demnächst stecken werden) und der
nicht sicherstellen kann, dass dessen Absolventen
Dass die Bundesregierung zur professionellen Lö-
Kapazität der Regierenden, diese Probleme auch nur
ausreichend gescheit und tüchtig sind, um a) die
sung oder zumindest Linderung der akuten Migra-
leidlich zu lösen, ist so groß wie schon lange nicht. Zur
Pensionen der künftigen Rentnergenerationen zu
tions-Krise eine erfahrene Führungspersönlichkeit
Bewältigung jener existenziellen Herausforderungen,
erarbeiten, und b) gleichzeitig jene Schulden ab-
zum „Asyl-Manager“ bestellt hat, ist eine feine
vor denen die einstige „Insel der Seligen“ heute steht,
tragen zu können, die wir ihnen freundlicherweise
Sache, die Regierung allein war mit der Thematik ja
ist diese Regierung ungefähr so gut vorbereitet wie
hinterlassen werden, ist ebenfalls Allgemeingut,
offenkundig ein wenig überfordert.
das Bundesheer auf einen Atomkrieg mit Russland.
ohne dass Besserung sichtbar wäre.
Da professionellen Beistand zu suchen, ist nur
Dass Österreich heute in nahezu allen wichtigen
Und als wäre all das nicht schon beunruhigend
konsequent. Dieser Logik folgend, sollte die Bun-
wirtschaftlichen Kennzahlen vom Wirtschafts-
genug, ist gut möglich, dass all diese Probleme in
desregierung nun freilich möglichst flott auch einen
wachstum über die Arbeitslosenrate bis zur Staats-
ein paar Jahren geradezu winzig klein erscheinen
„Arbeitsmarkt-Manager“ einsetzen, einen „Staats-
quote bestenfalls noch mittelmäßig dasteht, mit viel
werden. Jedenfalls verglichen mit dem, was auf uns
schulden-Manager“, einen „Schulreform-Manager“,
Raum weiter nach unten, ist mittlerweile bis zum
zukommen könnte: Jobs für ein paar hunderttau-
„Zur Bewältigung jener existenziellen
Probleme, vor denen die einstige
„Insel der Seligen“ heute steht, ist diese
Regierung ungefähr so gut vorbereitet
wie das Bundesheer auf einen Atomkrieg
mit Russland.“
Christian Ortner, freier Journalist
send Zuwanderer zu schaffen, Wohnungen für diese
Menschen zu errichten und den Sozialstaat nicht an
Überforderung kollabieren zu lassen. Die Vorstellung,
all diese möglichen gravierenden Probleme der
näheren Zukunft mit dem derzeit handelnden politischen Personal oder dessen baugleichen Nachfolgern bewältigen zu müssen, ist ungefähr so
beruhigend wie die Idee, seine Altersversorgung
mittels Brieflosen bestreiten zu wollen.
Überdruss beschrieben – doch davon, dass diese
Problemlösung geht, konnte kürzlich der Chef ei-
nungsmarkt-Manager“, einen „Manager der inneren
Regierung irgendeinen nennenswerten Plan hätte,
nes namhaften Unternehmens erfahren, der einem
Sicherheit“, einen „Gesundheits-Manager“, einen
daran etwas zu ändern, ist bislang nichts bekannt
Mitglied dieser Regierung eine erhebliche und nicht
„Pensions-Manager“ und noch ein Dutzend andere
geworden. Dass Österreichs Regierung derzeit
zu rechtfertigende steuerliche Belastung vortrug und
Manager für die zahllosen offenen Baustellen, die
– entgegen dem weitverbreiteten Gesudere über
um deren Linderung bat. Das sei schon möglich,
von dieser Regierung mehr lustlos verwaltet, denn
das vermeintliche neoliberale, menschenveracht-
entgegnete ihm der Politiker, aber ganz unmöglich
proaktiv betrieben werden. Und dazu vielleicht noch
ende „Spardiktat“ – jeden Tag 30 Millionen neue
vor der Wahl in Wien, da könne man nicht als Freund
einen „General-Manager“, der die Arbeit der Fach-
Schulden aufnehmen muss, um ihre Ausgaben
der Unternehmer dastehen, auch wenn die Sache
manager koordiniert und leitet. (Die naheliegende
bedecken zu können, ist ebenfalls kein Staatsge-
durchaus Sinn mache.
Frage, wozu wir dann eigentlich noch eine Regierung
heimnis, scheint aber auch nicht wirklich Grund
und einen Bundeskanzler brauchen, stellen wir jetzt
genug zu sein, ein Konzept zu entwickeln, wie
So werden wir die Probleme, die vor uns stehen,
aus Gründen des Taktes und Mitgefühls nicht.)
dieser unverantwortliche Unfug abzustellen sei, und
ganz sicher brillant lösen, ganz sicher.
10 iv-positionen | September 2015
Fotos: Ortner, istockphoto.com/pabkov
Mit welcher Einstellung diese Regierung an die
einen „Wirtschaftswachstum-Manager“, einen „Woh-
5 Fragen
Porträt
an
DI Alexander Tessmar-Pfohl
Aufsichtsratsvorsitzender der Sattler AG
1
Warum engagieren Sie sich als Bundesvorstandsmitglied in der Industriellenvereinigung?
Schon aus Familientradition liegt mir
die Industriellenvereinigung am Herzen,
mein Vater hat viel Zeit und Kraft in die
IV gesteckt. Für mich ist die IV die unabhängigste Interesensvertretung für Unternehmer in Österreich. Es ist für mich Ehre
und Ansporn, die Funktion als Vorstandsmitglied übernehmen zu dürfen.
2
Foto: Sattler AG
Was sind die drei wichtigsten standortpolitischen Herausforderungen für das
Industrieland Österreich?
Die wichtigste Herausforderung ist aus
meiner Sicht die Bildungspolitik. Ich
denke, es gibt keinen anderen Bereich der
Politik, der so unmittelbar die künftige
Entwicklung eines Staates beeinflusst. Es
fällt mir schwer zu verstehen, wie verantwortungslos mit der Zukunft unserer Kinder und damit des Landes umgegangen
wird. Unseren guten Lebensstandard in
jeglicher Hinsicht können wir nur mit bester Bildung halten.
Ebenso wichtig ist es, die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs im europäischen und
internationalen Kontext wieder zu verbessern und verlorenes Terrain gutzumachen.
Ständiges Schönreden von eindeutig negativen Indikatoren und Trends schadet der
Glaubwürdigkeit Österreichs und bringt
sicherlich keine Arbeitsplätze. Einen wesentlichen Beitrag dazu – drittens – sehe
ich in einer echten Verwaltungsreform,
die auch vor einer sinnvollen Neuordnung
des heimischen Föderalismus nicht Halt
macht.
3
Was macht Ihr Unternehmen erfolgreich?
Die Sattler AG ist deshalb so erfolgreich, weil wir eine einzigartige
Palette an Produkten und Leistungen,
angefangen von technischen Textilien bis
hin zu Membranen und Speziallösungen
im Anlagenbau, anbieten können. Ermöglicht wird dieser Erfolg durch das
Engagement und die gute Ausbildung
unserer Mitarbeiter, die Spitzenprodukte
und Spitzenleistungen auf Grundlage des
von uns seit vielen Jahrzehnten weiterentwickelten Know-hows schaffen.
4
Wie sehen Sie die Zukunft der österreichischen Industrie und der mit ihr verbundenen Sektoren?
Der größte und damit wichtigste Arbeitgeber im Land ist zweifellos die Industrie.
Ohne Industrie ist kein Wohlstand in Österreich möglich. Alle Veränderungen,
die der Wettbewerbsfähigkeit heimischer
Unternehmen im internationalen Kontext
schaden, gefährden eine positive Entwicklung des Landes. Wenn folglich die Mehrheit bereit ist, vernünftig über die Zukunftsgestaltung zu diskutieren, glaube ich
an eine gute Zukunft der österreichischen
Industrie.
5
Wie gestalten Sie Ihre Freizeit?
Meine Freizeit verbringe ich am
liebsten mit meiner Familie, meiner
Frau und unseren vier Kindern im Alter
von neun, acht, sechs und knapp vier Jahren. Meine Hobbys sind Sport (Tennis,
Rad und Ski fahren) sowie die Jagd. Außerdem genieße ich es, Zeit mit Freunden
und Bekannten zu verbringen.
FACTBOX
Nach erfolgreichem Abschluss des
Studiums zum Wirtschaftsingenieur an der ETH Zürich sammelte
DI Alexander Tessmar-Pfohl erste
praktische Erfahrungen bei der Atomic
Austria GmbH in der Produktionsleitung. Im Jahr 2004 trat er ins Familienunternehmen SATTLER AG ein.
2007 rückte er in den Vorstand auf
und übernahm zuletzt die Aufgaben
Investitionen, Technologieentwicklung und Business Development der
Gruppe. Mit 14. April 2015 folgte
er seinem verstorbenen Vater,
Dkfm. Dr. Werner Tessmar-Pfohl, als
Aufsichtsratsvorsitzender der Sattler
AG nach.
www.sattler-global.com
September 2015 | iv-positionen
11
Neustart Schule
Gemeinsam für bessere Bildung
BLOCKADE Bildung ist und bleibt der beste Schutz gegen Arbeitslosigkeit sowie
das Fundament des Wohlstandes. In Österreich gilt es, langjährige Blockadehaltungen in der Bildungspolitik zu durchbrechen.
INFORMATION
NEUSTART SCHULE ist eine Initiative
der Industriellenvereinigung und ihrer
Partner
Bildung Grenzenlos, Bundesjugendvertretung,
Caritas Österreich, Diakonie Österreich, Hilfswerk
Österreich, Initiative Neues Lernen/Köck Privatstiftung, Jedes Kind, Junge Industrie, Leonardino
+ Galilea, ÖDKH, Österreichisches Rotes Kreuz,
PBÖ, Plattform EduCare, Teach for Austria, Verein
Wirtschaft für Integration, Volksbegehren Bildungsinitiative, Das Wiener Kindertheater, Wissensfabrik,
zoom Kindermuseum
Tina Dworschak
[email protected]
Web-Tipp:
www.neustart-schule.at
www.facebook.com/neustartschule
12 iv-positionen | September 2015
R
und ein Fünftel der österreichischen Jugendlichen
kann mit 15 Jahren entweder nicht ausreichend
lesen oder rechnen. Mehr
als 47 Prozent der Arbeitslosen haben
keine die Pflichtschule übersteigende
Schulbildung aufzuweisen. Trotz der
alarmierenden Zahlen kommen wir nicht
aus den ideologischen Grabenkämpfen
heraus und arbeiten uns seit Jahrzehnten
an bildungspolitischen und verfassungsrechtlichen Machtfragen (Bund-Länderzuständigkeiten) ab: Österreich traut sich
nicht, die seit Jahren bekannten Bildungsbaustellen endlich zu bearbeiten.
Gemeinsam etwas bewegen mit
Neustart Schule
Vor einem Jahr hat deshalb die IV gemeinsam mit namhaften Partnern die
Initiative Neustart Schule ins Leben gerufen. Die Partner fordern über die gemeinsame Plattform eine Neukonzeption
des österreichischen Bildungssystems mit
gerechten Bildungschancen, individueller Förderung und Bildungsqualität auf
höchstem Niveau. Die Initiative zählt bereits knapp 17.000 Unterstützer und kon-
zentriert sich dabei auf die Reform der
Pflichtschule und der Elementarbildung.
„Wir wollen dem jahrelangen Stillstand in
der Bildungspolitik ein Ende setzen. Die
Zeit des Reparierens, Korrigierens und
Nachjustierens ist vorbei. Was es in Österreich braucht, sind keine Reförmchen,
sondern ein grundlegend neues Konzept
des Bildungssystems“, so die Koordinatorin der Initiative Tina Dworschak.
Ein bildungspolitisch intensiver
Herbst steht bevor
Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, bis 17. November Vorschläge für
eine Reform der Schulorganisation vorzulegen: Schulautonomie, Aufwertung
der Elementarpädagogik, neue Schulverwaltung sind die Stichworte dazu. Wenn
dieser Schritt gelingt, könnte der erste
Baustein einer umfassenden Bildungsreform gesetzt sein. Neustart Schule-Mitinitiator Christian Friesl (IV): „Das Thema
Schulorganisation ist aber erst der Startschuss für weitere Reformschritte wie die
Neukonzeption der Pflichtschulen, Maßnahmen gegen die soziale Selektion oder
die Aufwertung der Pädagoginnen und
Pädagogen.“
Foto: Neustart Schule
Schüler und Pädagogen des Werkschulheimes Felbertal in Salzburg wünschen
sich Autonomie, Förderung von Stärken
– und dass Schule Freude macht.
Interview
Kompetenzcheck für
den Arbeitsmarkt
SPRACHE Im Zusammenhang mit Flüchtlingen werden meist nur Probleme statt
Chancen thematisiert. Petra Draxl, Landesgeschäftsführerin des AMS Wien, möchte das durch ein Pilotprojekt zur Feststellung der Berufsqualifikation ändern.
Foto: AMS/Petra Spiola
Worum geht es in Ihrem Pilotprojekt?
Mit Ende Juni waren in Österreich 17.777
Asylberechtigte beim AMS Österreich
vorgemerkt, 11.908 davon in Wien. Die
Aufgabe des AMS ist es, diese Menschen
rasch in den Arbeitsmarkt zu integrieren
und ihre Kompetenzen zu erschließen. Die
Idee ist, damit nicht zu warten, bis Deutschkurse greifen können. Das AMS Wien hat
daher Ende August ein Pilotprojekt für
rund 1.000 asylberechtigte Personen gestartet. Muttersprachliche Coaches klären
in fünfwöchigen Kursen in Gruppen- und
Einzelcoachings gemeinsam mit den Teilnehmern ab, welche beruflichen Qualifikationen sie mitbringen.
Worin sehen Sie im Moment die größte Herausforderung im Zusammenhang mit dem Pilotprojekt?
Das Pilotprojekt ist Teil eines Arbeitsmarktpakets für Migranten, zu dem u.a.
auch die Aufstockung der Mittel für
Deutschkurse gehört. Die Kompetenzcheck-Kurse werden in vier Sprachen
(Russisch, Farsi, Arabisch, Französisch)
angeboten – eine Neuerung für das AMS.
Auch auf den kulturellen Hintergrund
der Flüchtlinge wird Rücksicht genommen, Frauen und Männer werden zum
Teil getrennt unterrichtet. Neben der
Abklärung bereits erworbener Vorerfahrungen und Qualifikationen finden
Beratungsgespräche zur Anerkennung
von Bildungsabschlüssen statt. Dabei soll
dort angesetzt werden, wo bereits Vorwissen vorhanden ist. Gerade bei besser
qualifizierten Teilnehmern werden Angebot und Nachfrage oft zusammenpassen.
So sind etwa Ärzte, Pflegepersonal oder
Ingenieure unter den Asylberechtigten.
Bei weniger gut qualifizierten Personen
wird es – wie bei anderen Jobsuchenden –
darum gehen, Möglichkeiten der Höherqualifizierung zu finden.
Macht es generell Sinn, bereits bei jenen die
Qualifikation zu erheben, die als Asylwerber ein
Verfahren angestrebt haben, aber noch keinen
positiven Asylbescheid erhalten haben?
Unser Pilotprojekt ist eher für jene gedacht, die bereits einen positiven Asylbescheid haben. Diese Menschen haben
dauerhaftes Aufenthaltsrecht und vollen
Zugang zum Arbeitsmarkt. Den betreuenden NGOs stellen wir über die Koordinationsstelle für Flüchtlingswesen u.a.
unseren Kompetenzcheck zur Verfügung,
sodass diese auch schon mit Asylwerber
in diese Richtung arbeiten können. In
Wien konnte man die Deutschkurse auf
insgesamt ca. 22.000 Plätze für dieses Jahr
aufstocken. MA17, Volkshochschulen
und vom AMS Wien beauftragte Beratungsstellen helfen hier zusammen.
Zusätzlich gibt es auch für asylsuchende Jugendliche die Möglichkeit, eine Lehre zu absolvieren,
können Sie auch dazu ein paar Zahlen ergänzen?
Junge Asylsuchende bis zum 25. Lebensjahr dürfen in sogenannten Mangelberufen eine Lehrausbildung absolvieren, falls
vom AMS eine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden kann. Zurzeit sind in
Österreich knapp über 100 junge Asylsuchende als Lehrlinge beschäftigt, die
meisten davon im Gastgewerbe.
An wen können sich Unternehmen wenden, falls
sie Asylberechtigte beschäftigen oder jugendliche
Asylwerber für eine Lehre einstellen möchten?
Das Service für Unternehmen des AMS
ist die richtige Anlaufstelle für Betriebe,
die Personal suchen bzw. einen Lehrling
aufnehmen möchten. In der Landesgeschäftsstelle des AMS Wien gibt es aber
auch eine zentrale Ansprechstelle für alle
Bereiche des Ausländerbeschäftigungsverfahrens.
FACTBOX
Petra Draxl: „Das AMS erhebt die beruflichen
Qualifikationen von asylberechtigten Flüchtlingen
in deren Muttersprache.“
• Studium der Pädagogik, Psychologie und Soziologie an der
Karl-Franzens-Universität in Graz
• Leitung des Jugendbeschäftigungsprojekts Insel
• Geschäftsführerin des Instituts
für Arbeitsmarktbetreuung und
-forschung
• Ab 1990 tätig u.a. bei ÖSB Consulting, in der Bundesgeschäftsstelle
des AMS sowie im BMASK
• 2012 Bestellung zur Landesgeschäftsführerin des AMS Wien
September 2015 | iv-positionen
13
Panel 50
Österreich AG – Bilanz
einer Werterosion
ZEHN JAHRE PANEL 50 Das IV-Strukturbarometer bildet die Entwicklung der
österreichischen Standortqualität ab. Angesichts ernüchternder Ergebnisse
kein Grund zum Feiern.
„Prosperität
bräuchte eine
mutiger gestaltende
Politik.“
Christian Helmenstein, IV-Chefökonom
INFORMATION
Christian Helmenstein
[email protected]
Web-Tipp:
www.iv-net.at/bm39
14 iv-positionen | September 2015
Negativdynamik lange Zeit negiert
Dass es so lange gedauert hat, bis der
Negativtrend im wirtschaftspolitischen
Diskurs die ihm gebührende Aufmerksamkeit erhielt, hat mehrere Gründe.
Zum einen vermochte der Standort lange
Zeit von seiner in der ersten Halbdekade des neuen Jahrhunderts errungenen
Wettbewerbsstärke zu zehren – man
denke beispielsweise an die Senkung der
Körperschaftsteuer und andere Maßnahmen. Zum anderen brauchte es seine
Zeit, bis andere Länder die dortigen Reformmaßnahmen auf den Weg gebracht
hatten und diese ihre Wirkung zu entfalten begannen, etwa die Agenda 2010 in
Deutschland. Und nicht zuletzt wurde
die Negativdynamik lange Zeit schlicht
negiert – sei es durch den Hinweis auf
bekannte Schwächen der internationalen
Rankings oder auf die im europäischen
Vergleich bis zum Vorjahr hervorragende
Position Österreichs am Arbeitsmarkt.
Allerdings würde die wachstumsdämpfende Wirkung der nachlassenden Wettbewerbsfähigkeit überschätzt, führte
man die in Österreich seit zwei Jahren
herrschende Stagnation (BIP-Wachstum
2013 und 2014: 0,2 Prozent bzw. 0,3 Prozent) allein darauf zurück. Zusätzlich
zu der fortschreitenden Standorterosion ging von einer ganzen Reihe diskretionärer politischer Maßnahmen eine
verheerende Wirkung aus. Erst als die
Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen
in Österreich grundsätzlich in Zweifel
geriet, setzte die Investitionskrise ein.
Selbst wenn es gelänge, diese in naher
Zukunft durch eine standortfreundliche
Politik zu überwinden, würden die unterbliebenen Investitionen noch über Jahre
hinweg als entgangenes Produktionspotenzial und verlorene Beschäftigungschancen nachwirken.
Standortkapital massiv gesunken
Der Verlust des politischen Standortkredits zeigt sich insbesondere bei
politiknahen Kategorien wie dem öffentlichen Haushalt. Bei der Lösungsorientierung der nationalen Politik und
ihrem Erscheinungsbild liegt sogar eine
Situation sui generis vor – kein anderer
Bereich weist eine derartige Wertvernichtung auf. Ließe sich das politische
Standortkapital vergleichbar dem Wert
einer Aktie bestimmen, hätte sich diese
ausgehend von einem Betrag von 100 im
Jahr 2005 inzwischen zu einer PennyStock gewandelt.
Foto: IV/Prantl
D
ie Erosion der österreichischen Standortqualität ist kein neues
Phänomen. Nicht erst
seit Österreich in den
internationalen Rankings von IMD und
WEF an Terrain verliert, sondern tatsächlich schon über eine ganze Dekade
hinweg hat sich die Standortattraktivität
des Landes kontinuierlich verschlechtert. Fielen die Einbußen in den Jahren 2005 und 2006 marginal aus, kam
es im darauffolgenden Jahr zu einem
regelrechten Einbruch. Während einer
kurzen Phase im Gefolge der Großen
Rezession, als es gelang, Österreich
besser als andere vergleichbare Länder
durch die Krise zu manövrieren, erfing
sich das Barometer etwas, doch setzte
nach überwundener Akutphase wieder
eine bis heute anhaltende Abwärtsdynamik ein. Beim aktuellen Umfragetermin wurde ein neuerlicher Tiefstand der
Standortqualität verzeichnet.
Panel 50
Gut bei Infrastruktur
Gesamthaft betrachtet war die erste Dekade des Panels 50 – bis heute anhaltend
– durch eine Auseinanderentwicklung
der einzelnen Maßnahmenbereiche geprägt. Die überwiegende Zahl der Bereiche befindet sich zum Teil erheblich
im Minus, nur wenige liegen im Plus.
Bei den positiven Ausnahmen punktet
Österreich mit einer guten Ausstattung
an Verkehrsinfrastruktur, bei der Vernetzung der tertiären Bildungseinrichtungen mit der Wirtschaft und bei den
Telekommunikationskosten.
Neben den themenspezifischen Verläufen
zeigen sich unterschiedliche Wahrnehmungsprofile der vier Respondentengruppen. Generell wird die Standortqualität
von der Industrie pessimistischer, von den
Verbänden optimistischer wahrgenommen. Besonders ausgeprägt fallen die Unterschiede bei der Flexibilität der Arbeitszeit und den Kosten des Umweltschutzes
aus. Bemerkenswert ist auch, dass die Finanzwirtschaft den Verlauf kapitalmarktbezogener Indikatoren (Kapitalmarktinfrastruktur, Kapitalmarktregulierung, Finanzierungsbedingungen) positiver einschätzt als die übrigen Respondenten-
gruppen. Dieser Befund legt die Interpretation nahe, dass anders als im direkt
betroffenen Sektor selbst die mit hohen
Belastungen verbundenen Regulierungen
einerseits und die systemische Stabilität
des Sektors andererseits noch nicht im
gleichen Ausmaß in Zusammenhang gebracht werden. Nicht zuletzt überrascht,
dass die Respondenten aus der Wissenschaft die Lebensqualität in Österreich
als einzige Gruppe schlechter als im Vergleich zur Ausgangslage vor zehn Jahren
beurteilen.
FACTBOX
All dies deutet auf eine stark subjektiv
geprägte Wahrnehmung der Standortqualität in Abhängigkeit vom Grad der
eigenen Betroffenheit hin. Ergebnisse
von Perzeptionsbarometern sollten daher nur unter Berücksichtigung diverser
Caveats, insbesondere hinsichtlich der
Respondentenauswahl, interpretiert werden. Allerdings fällt das Verdikt somit
umso nachdrücklicher aus, wenn sämtliche Respondentengruppen dieselbe
Wahrnehmung bekunden: Die Standortpolitik ist den Erwartungen im letzten
Jahrzehnt nicht gerecht geworden. Prosperität bräuchte eine mutiger gestaltende
Politik.
Im Jahr 2005 als längerfristig ausgerichtetes Strukturbarometer etabliert,
ergänzt Panel 50 das auf kurzfristige
Schwankungen abstellende IV-Konjunkturbarometer. Auch nach einer
Dekade besteht die Alleinstellung
des Panel 50 als Perzeptionsbarometer der österreichischen
Standortqualität in Konzeption und
Reichweite fort. Bei einer Responsquote von bis zu 95 Prozent gebührt
den gut 50 Panelisten aus Industrie,
Finanzwirtschaft, Wissenschaft
und Verbänden ein besonderer
Dank, denn Teilnahmekontinuität
ist für die Qualität der Analysen von
elementarer Bedeutung. Thematisch
umfasst das Barometer 43 Maßnahmenbereiche.
ZEHN JAHRE PANEL 50
Respondentengruppen – Gesamtindikator – Maßnahmenbereiche
16 %
Verbände
41 %
18 %
Finanzwirtschaft
Infrastruktur
Arbeitsmarkt
Forschung & Entwicklung
Sozialsystem
Öffentliche Verwaltung
Lebensqualität & Umweltschutzkosten
Bildung
Kapitalmarkt
Energie
Sozialkapital
Öffentlicher Haushalt
1.000
Wissenschaft
Industrie
25 %
100
100
10
Quelle: IV
10
1
Q2/05 Q2/06 Q2/07 Q2/08 Q2/09 Q2/10 Q2/11 Q2/12 Q2/13 Q2/14 Q2/15
0
Q2/05
Q2/06
Q2/07
Q2/08
Q2/09
Q2/10
Q2/11
Q2/12
Q2/13
Q2/14
Q2/15
September 2015 | iv-positionen
15
Veranstaltungen
Wo sich Entscheider fit für die Zukunft machten
WIENER STRATEGIEFORUM Strategie wird für die österreichischen Unternehmen zur
Herausforderung. Ein neues Veranstaltungsformat stellt diese Entwicklung nun in
den Fokus.
A
Diskussionsrunde (v.l.n.r.): Franz Schellhorn (Agenda Austria), Georg Kapsch (IV),
Günter Thumser (Henkel)
m 19. Mai
fand an der
WU
Wien
die Premiere des Wiener Strategieforums
unter starker Beteiligung der österreichischen Wirtschaft statt.
„Es war an der Zeit, in
Österreich ein Format
zu schaffen, bei dem
sich
Top-Manager,
Wissenschaftler und
Unternehmer in geeigneter Atmosphäre
zu aktuellen Herausforderungen auf den
Themengebieten Strategie und Innovation austauschen können“, erklärt Werner
Hoffmann, Professor an der WU Wien,
in seiner Funktion als Mastermind des
Wiener Strategieforums. Unter den 150
handverlesenen Gästen befanden sich
zahlreiche Vorstände und Geschäftsführer österreichischer Konzerne, die
mit internationalen Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zu relevanten Zukunftsthemen wie „Digitalisierung“, „Energie und Industrie“ und
„Schaffung neuer Geschäftsmodelle“
diskutierten. Das Programm selbst – insgesamt 16 Vorträge und fünf Diskussionsrunden – bestritten hochkarätige Referenten wie z.B. Georg Kapsch, René
Obermann, Stephan Reimelt und Ulrich
Schumacher.
Nächstes Forum am 1. Juni 2016
Nach dem großen Erfolg ist der Termin
für das nächste Jahr bereits fixiert. Das
Wiener Strategieforum 2016 wird am 1.
Juni an der WU Wien stattfinden. Für das
nächste Jahr werden die Strategy-Talks zu
den Themen „Innovationsstrategien für
den Standort Österreich und Europa“,
„Mobilität“ und „Business Model Innovation“ anvisiert. Weitere Informationen:
www.strategieforum.at
Management im digitalen Zeitalter
D
ie „digitale Revolution“ ist in
aller Munde. Sie bringt viele
Chancen und Vorteile, doch es
ergeben sich auch neue Herausforderungen für das Management. Eine internationale Riege an führenden Management-Denkern und -Praktikern wird sich
daher am 5. und 6. November 2015 in der
Aula der Wissenschaften in Wien im Zuge
des 7. Global Peter Drucker Forums mit
grundlegenden Fragen zum Thema „Clai-
16 iv-positionen | September 2015
ming our Humanity – Managing in the Digital Age“ auseinandersetzen.
Mensch und Management im Fokus
Unter anderem geht es um folgende
Fragen: Ändert die neue digitale Infrastruktur die Grundlagen unserer Wirtschaftsordnung? Geht es noch um den
Menschen im Management? Laufen wir
Gefahr durch Maschinen ersetzt zu werden? Werden Big Data, Analytics und
Artificial Intelligence zunehmend Wissensarbeit und Management-Tätigkeit
übernehmen? Es geht um essenzielle Weichenstellungen für die Zukunft in Gesellschaft und Wirtschaft, die beim Drucker
Forum 2015 praxisnah und lösungsorientiert diskutiert werden. Die Details zum
Programm und eine Liste der Vortragenden finden Sie unter folgendem Link:
www.druckerforum.org, Info: Markus
Patscheider, [email protected]
Fotos: Wiener Strategieforum, Peter Drucker Society Austria
DRUCKERFORUM Die Technologierevolution ist im Vormarsch und erfasst zunehmend alle Lebensbereiche. Die Wissensarbeit bildet dabei keine Ausnahme.
Aktuell
Digitaler Wandel in der Industrie
ALPBACHER TECHNOLOGIEGESPRÄCHE 2015 „Marktumbrüche als eine Herausforderung und Chance für Innovation“ – darüber diskutierte die IV als Träger
des Vereins zur Förderung von Forschung und Innovation (VFFI) in Alpbach.
E
röffnet wurde der bis auf den
letzten Platz gefüllte Arbeitskreis durch eine Key Note
von Kurt Matzler, Universität
Innsbruck. Er ließ mit der These aufhorchen, dass die Zukunft der Innovation
digital, exponenziell und kombinatorisch
sei. Alles, was digitalisiert werden kann,
werde digitalisiert. Neue Geschäftsmodelle würden alte ablösen. Unternehmen
stünden vor der Herausforderung, ihre
Strategiearbeit nach innen und außen
stärker zu öffnen, um Freiraum für Neues
zu schaffen. In der Diskussion wurde die
Bedeutung von Kooperation zwischen
etablierten Unternehmen und Startups bekräftigt. Etablierte Unternehmen
bringen Erfahrung und Vertriebswege
ein, Start-up Ideen und Innovationsgeschwindigkeit.
Universitäten und KMU als Partner
Wesentlich sind zudem F&E- und Qualifizierungsmaßnahmen, um die Digita-
lisierung der Industrie, aufbauend auf
der starken industriellen Basis, in Europa als Chance zu nutzen. Am Podium
diskutierten: Marie-Helene Ametsreiter
(SpeedInvest), Wolfgang Anzengruber
(VERBUND AG), Georg Kopetz (TTTech), Kurt Matzler (Universität Innsbruck), Wilfried Steffen (Daimler AG)
und Werner Wutscher (New Venture
Scouting) unter der Leitung von VFFIVorsitzenden Peter Koren, Industriellenvereinigung.
TERMIN
29. Alpbacher Finanzsymposium
07.-09. Oktober 2015, Alpbach in Tirol
Die Unternehmen der Realwirtschaft stehen im Mittelpunkt des Alpbacher Finanzsymposiums, heuer mit dem Generalthema:
WIE EUROPA STANDORTVORTEILE FÜR UNTERNEHMEN SCHAFFEN WILL
Fotos: Michael Steindorfer, Gerhard Gattinger
Die IV bringt sich mit GS Christoph Neumayer und
IV-Chefökonom Christian Helmenstein thematisch
stark in das Alpbacher Finanzsymposium ein.
Erstmals gibt es heuer am Freitag, den 9. Oktober,
einen „IV-Vormittag“ mit folgenden unternehmensrelevanten Panel-Themen:
Wieviel (Dis)Integration verträgt die EU?
Consequences on enterprises from „opting out“
scenarios
Kapitalmarktunion: Qualitätsverbriefung als
Wachstumsmotor?
How enterprises may profit from „European“
securitisation
Alpbacher Zins- und Währungsprognose 2016
Where does Draghinomics lead us in 2016?
Detailinformationen und Anmeldung unter
www.alpbacherfinanzsymposium.com
Mitglieder der IV erhalten 10 Prozent Rabatt auf die Teilnahmegebühr.
September 2015 | iv-positionen
17
Niederösterreich
Alle Kraft der Bildung
SCHULE Österreichs Bildungssystem braucht endlich neuen Schwung, Talente dürfen nicht länger sinnlos vergeudet werden. Im Juli präsentierten die IV-NÖ und die
NÖ. Sozialpartner dazu ihre gemeinsamen Bildungspositionen.
B
Flächendeckende
Sprachstandsfeststellung
Ohne Beherrschen der deutschen Sprache ist eine volle Teilnahme am Unterricht nicht möglich, Talente können nicht
gefördert, Chancen nicht genützt werden.
Daher braucht es eine flächendeckende
Sprachstandsfeststellung bereits im ersten
von zwei verpflichtenden Kindergartenjahren – und das mit jährlicher Wiederholung. Denn je früher Defizite erkannt
und behoben werden können, umso reibungsloser kann der gesamte weitere Bildungsweg ablaufen. Sprachdefizite dürfen
nicht zum Dauer-Hemmschuh werden.
Individuelle Förderpläne auf Basis einer
Förderverpflichtung in Kindergarten und
FACTBOX
Bildungspapier mit Fokus auf drei
Schwerpunkten:
• Sicherstellung ausreichender Deutsch-Kenntnisse
• Ausbau kostenloser Ganztagsschulformen für
Sechs- bis 14-Jährige
• Verpflichtende Berufsorientierung für alle Schüler
der 7. und 8. Schulstufe
V.l.n.r.: IV-NÖ-Präsident Johann Marihart, Sonja Zwazl (WKNÖ), Markus Wieser (AKNÖ und ÖGB NÖ)
Schule sollen daher neben den Sprach- len“ mit einer verschränkten Abfolge von
standsfeststellungen sicherstellen, dass Unterricht, Lern- und Freizeit. So kann
die Kinder auf ein Sprachniveau kommen, besser auf individuelle Stärken der Kinder
das ein Folgen im Unterricht erlaubt. Die eingegangen werden und der Bedarf an
Sprachfördermaßnahmen müssen in- teurer außerschulischer Nachhilfe sinkt.
tensiv und integrativ in
der Regelklasse gesche„Sprache verstehen heißt besserer Lernerhen. „Sprache verstehen
folg und damit mehr Chancengerechtigkeit.“
heißt besserer Lernerfolg
und damit mehr ChanIV-NÖ-Präsident Johann Marihart
cengerechtigkeit“,
so
IV-NÖ-Präsident Johann
Marihart. Der Kindergarten nimmt dabei Berufsorientierung als Pflichtfach
eine Schlüsselrolle ein und bildet das Fun- Um den Jugendlichen den Übergang
dament für die frühe Förderung von Be- von der Pflichtschule zur weiteren schugabungen, einen erfolgreichen Übertritt lischen oder beruflichen Ausbildung zu
in die Schule und faire Bildungschancen.
erleichtern, scheint ein Pflichtfach „Berufsorientierung“ in der 7. und 8. Schulstufe aller Schultypen geeignet. Damit
Ganztägige Schule in verschränkter
würde der enormen Bedeutung dieser
Form
Ein Ausbau der Betreuungseinrichtungen zentralen Weichenstellung für das gefür unter Drei-Jährige und die ganztä- samte spätere Leben Rechnung getragige Schule in verschränkter Form unter gen. Individuelle Talente müssen mit
Rücksichtnahme auf die Erfordernisse Ausbildungs- und Berufswahl optimal
ermöglichen nicht nur eine bessere Ver- zusammengeführt, Schule und Berufseinbarkeit von Familie und Beruf und welt besser verknüpft werden.
damit eine echte Wahlmöglichkeit für berufstätige Frauen. Sie sind vor allem aus Diesen Impuls wollen AKNÖ, ÖGB NÖ,
pädagogischer Sicht wichtige Schritte, IV-NÖ und WKNÖ mit ihrem Bildungsdamit alle Kinder unabhängig von ihrer papier setzen. Denn neuer Schwung in
sozialen Herkunft die gleichen Bildungs- der Bildungspolitik bedeutet eine Weichancen vorfinden. Entscheidend ist je- chenstellung für neuen Aufschwung und
doch der Fokus auf „echte Ganztagsschu- eine erfolgreiche Zukunft.
18 iv-positionen Niederösterreich | September 2015
Foto: IV-Niederösterreich
ildungsfragen sind Zukunftsfragen für den Standort. Ein
hochqualifiziertes Bildungssystem ist dabei die Grundvoraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg, Wohlstand und Lebensqualität
von morgen. Auf Initiative der IV-NÖ haben daher unter dem Motto „Alle Kraft der
Bildung“ Arbeiterkammer (AKNÖ), Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB NÖ),
Wirtschaftskammer (WKNÖ) – und die
Industriellenvereinigung ein gemeinsames
Bildungspaket geschnürt. Im Mittelpunkt
des Positionspapiers stehen die Sicherstellung ausreichender Deutsch-Kenntnisse, um
dem Unterricht folgen zu können, der Ausbau kostenloser Ganztagsschulformen für
Sechs- bis 14-Jährige sowie die verpflichtende Berufsorientierung für alle Schüler der 7.
und 8. Schulstufe.
Niederösterreich
Die Zeichen der Zeit erkennen
und danach handeln
Wirtschaftsstandort NÖ für digitale Herausforderungen gerüstet.
onssysteme sowie die Vernetzung von Dingen und
aufgestellt – Ausbildung, Forschung und unterneh-
Diensten über Internet. Der Faktor Mensch steht
merische Aktivitäten konzentrieren sich dabei um be-
dabei jedoch immer im Mittelpunkt. Genau wie heute
stimmte Technologiefelder und prägen den Wandel
Die nachlassende Dynamik auf vielen Exportmärkten
werden auch morgen und übermorgen Menschen
zu einer wissensintensivierten Wirtschaftsstruktur.
einerseits und neue technologische Möglichkeiten
benötigt werden, welche die Produktion der Zukunft
Die Qualifikation von Mitarbeitern wird künftig einen
andererseits beschleunigen die Rolle der Digitalisie-
begleiten und steuern – all dies im Rahmen neuer
noch höheren Stellenwert als heute einnehmen. Die
rung als Impulsgeber für wirtschaftliches Wachstum.
Arbeitsformen. Diese Art der Veränderung ist ein
digitale Kompetenz von Unternehmen muss mit den
Zweifellos zählen sämtliche Entwicklungen rund
natürlicher Prozess, der vor Niederösterreich nicht
Anforderungen des Marktes Schritt halten.
um die zunehmende Digitalisierung unserer Welt
Halt macht und dem wir uns daher stellen müssen.
zu den stärksten Trends der Gegenwart – das
Völlig verkehrt wäre es jedoch, diese Entwicklung
Diesen Weg müssen wir weiter gehen und die
Schlagwort „Industrie 4.0“ ist heute in aller Munde.
als fehlgeleitet oder gar bedrohlich wahrzunehmen.
Zeichen der Zeit erkennen. Denn Ausbildung,
Wofür aber steht dieser – für manche immer noch
Ein solch negatives Herangehen würde sich als
Qualifikation, Forschung und Innovation sind die
rätselhafte – Begriff? Er steht für technologie- und
Bumerang für die blau-gelbe Wettbewerbsfähig-
tragenden Säulen für die Industrie von morgen und
unternehmensübergreifendes Zusammenwachsen
keit erweisen. Zumal sich gerade Niederösterreich
übermorgen.
von modernsten Informations- und Kommunikati-
keineswegs vor der Digitalisierung fürchten muss.
onstechnologien (IKT) mit Produkten und Prozessen
Ihr
in Produktion und Logistik. Kurz gesagt: für die
Unser Bundesland bereitet sich bereits intensiv auf
Vernetzung von Produkten, Daten und Menschen.
diese Art der neuen Herausforderungen vor. So
Dadurch steigen die Effizienz und die Flexibilität vor
wurde im Wirtschaftsressort des Landes eine eigene
allem von produzierenden Unternehmen.
Koordinationsstelle für Industrie 4.0 geschaffen.
Und auch die Infrastruktur wird im Rahmen einer
Dies geht einher mit der Entwicklung von innovativen
Breitbandinitiative bereits auf den neuesten Stand
Geschäftsmodellen und neu entstehenden Arbeits-
gebracht. Mit den Technopolen Krems, Tulln, Wiener
formen. Grundlage für Industrie 4.0 sind vernetzte,
Neustadt und Wieselburg ist Niederösterreich im
Johann Marihart,
echtzeitfähige und selbstoptimierende Produkti-
Bereich Forschung und Entwicklung hervorragend
Präsident der IV-Niederösterreich
Internationaler Lehrlingsaustausch „Cross Border“
als einzigartige Erfahrung für junge Menschen
Fotos: Andi Bruckner, IFA
I
nitiiert von der Industriellenvereinigung NÖ mit dem Wirtschaftsforum
Waldviertel, dem Verein Interkomm
sowie dem Verein IFA (Internationaler
Fachkräfteaustausch) konnte das im vergangenen Juni erfolgreich durchgeführte
Projekt „Cross Border- Internationaler
Lehrlingsaustausch“ durch einzigartige
und sehr wertvolle Erfahrung für junge
Menschen punkten. Im Rahmen eines
vierwöchigen Austauschs von Lehrlingen
aus dem Waldviertel mit facheinschlägigen Unternehmen in der Region Vogtland (Sachsen/Deutschland) gewannen
dabei sieben Auszubildende aus dem
Waldviertel spannende Einblicke in Arbeitsmethoden und -techniken über die
Landesgrenzen hinweg.
Von Unternehmensseite waren unter anderem die Firmen Agrana Stärke GmbH aus
Gmünd und Eaton Industries GmbH aus
Schrems mit Lehrlingen vertreten.
Binnen vier Wochen wurden nicht nur
wertvolle berufspraktische Erfahrungen
gesammelt – auch das Kennenlernen von
Land und Leuten stand auf dem Programm. Der IFA-Verein und das Landratsamt Vogtlandkreis in Plauen wurden mit
der Organisation und der Durchführung
des Aufenthalts betraut, gefördert wurde
das Projekt über das Erasmus + Programm.
Waldviertler Lehrlinge im Vogtland
September 2015 | iv-positionen Niederösterreich
19
Niederösterreich
NIEDERÖSTERREICH
Das war das Sommerfest der
Industriellenvereinigung NÖ
VERANSTALTUNG Rund 300 Mitglieder und Ehrengäste feierten beim traditionellen
Sommerfest der Industriellenvereinigung Niederösterreich – bereits zum vierten Mal
vor der wunderschönen Kulisse des Renaissanceschlosses Rosenburg im Waldviertel.
Industrie sichert Arbeitsplätze
„Der Motor für Wohlstand, Wachstum
und Arbeitsplätze, und vor allem angesichts schwierigster Rahmenbedingungen
– das ist und bleibt die niederösterreichische Industrie. Gemeinsam mit den
industrienahen und produktionsorientierten Dienstleistungen sichert die Industrie in Niederösterreich rund 297.000
Jobs. Daran sehen wir, dass wir es uns
nicht leisten können, die Industrie als
Wachstums- und Wohlstandsmotor zu
vernachlässigen“, betonte IV-NÖ-Präsident Johann Marihart. Auch Landesrat
Karl Wilfing, der die Grußadresse in Ver-
TERMINE
08.-10. Oktober 2015
Tage der offenen Tür der Industrie NÖ
11. November 2015 | 16:00 Uhr
Tag des Scheiterns
Haus der Industrie
tretung von Landeshauptmann Erwin
Pröll überbrachte, hob in seiner Rede
den hohen Stellenwert der Industrie für
Niederösterreich hervor. Dementsprechend, so räumte er ein, habe die Politik
Rahmenbedingungen zu gewährleisten,
die den heimischen Wirtschaftsstandort
stärken und damit Arbeitsplätze sichern.
Die IV-NÖ sei dabei ein wichtiger Partner
Industrietechnikerdiplom verliehen
Mit dem Titel „Industrietechniker“ und
der Verleihung des „Industrietechnikerdiplom“ wurde einmal mehr ein Zeichen der Anerkennung herausragender
Leistungen von technischen Fachkräften in der Industrie gesetzt. Über die
Auszeichnung freuen konnte sich heuer
Christoph Reisenbichler von der Busatis
Ges.m.b.H. in Purgstall.
Musik für den guten Zweck
Was aber wäre ein Sommerfest ohne Musik? Für die musikalische Begleitung des
Abends sorgten die „Swinging Leaders“.
Geleitet vom ehemaligen IV-Niederösterreich-Präsidenten Norbert Zimmermann und dem jetzigen IV-NÖ-Vizepräsidenten Peter Pichler wurde nicht
nur für die gute Stimmung, sondern vor
allem für den guten Zweck gespielt. Mit
seinem Projekt für pflegebedürftige Kinder konnte sich daher heuer der Malteser Care Ring über die dafür gespendete
Gage der Musiker freuen.
20 iv-positionen Niederösterreich | September 2015
IV-NÖ-Präsident Johann Marihart bei seiner
traditionellen Begrüßungsrede.
V.l.n.r.: Landesrat Karl Wilfing, Natalie Lottersberger,
Norbert Zimmermann, IV-NÖ-Geschäftsführerin
Michaela Roither, IV-NÖ-Präsident Johann Marihart
V.l.n.r.: Landesrat Karl Wilfing, Christoph Reisenbichler,
IV-NÖ-Präsident Johann Marihart
Fotos: Andi
Bruckner
T
rockenes
Sommerwetter,
angenehme Temperaturen
und eine sich über die Landschaft erhebende Rosenburg bildeten den Rahmen
für das Sommerfest der Industriellenvereinigung (IV) Niederösterreich am
25. Juni. Rund 300 Gäste aus Politik und
Wirtschaft genossen das historische Ambiente und den Ausblick über das Waldviertel.