15 / 7647 - Landtag Baden Württemberg

Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7647
15. Wahlperiode
04. 11. 2015
Antrag
der Abg. Jochen Haußmann u. a. FDP/DVP
und
Stellungnahme
des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Zulassungsverfahren zum Medizinstudium
Antrag
Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen
zu berichten,
1.welche Veränderungen sie am Zulassungsverfahren zum Medizinstudium sowie an der Anzahl der Studienplätze aufgrund der Äußerungen von Frau Sozialministerin, wonach der Numerus clausus abgesenkt werden solle und sie davor
gewarnt habe, man solle nicht selbst einen Mangel produzieren, anstrebt;
2.aus welchen Gründen die Wissenschaftsministerin in der Presse so zu vernehmen war, dass es derzeit keinen Anlass gebe, Änderungen in den Auswahlkriterien herbeizuführen;
3.wie aus ihrer Sicht das Auswahlverfahren sachgerecht gestaltet sein müsste, um
insbesondere die flächendeckende hausärztliche Versorgung in Zukunft sicherstellen zu können;
4.wie sich der aktuelle Stand der Stärkung des Fachs Allgemeinmedizin an den
Hochschulen in Baden-Württemberg seit der Stellungnahme zum Antrag „Qualifizierung ärztlichen Nachwuchses zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Baden-Württemberg“ (Landtagsdrucksache 15/4569) gestaltet;
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Eingegangen: 04. 11. 2015 / Ausgegeben: 08. 12. 2015
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.
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Drucksache 15 / 7647
5.welche weiteren Schritte sie zur Sicherstellung der flächendeckenden hausärztlichen Versorgung einleiten wird und wie sie vor diesem Hintergrund die verschiedenen Ansätze anderer Bundesländer, beispielsweise Stipendienprogramme, Bonus für spätere Niederlassung im ländlichen Raum und Unterstützung
von Auslandsstudien, bewertet.
04. 11. 2015
Haußmann, Dr. Bullinger, Dr. Rülke, Reith,
Dr. Timm Kern FDP/DVP
Begründung
Die Steuerung des Zugangs zum Medizinstudium sowie die Anzahl der Studienplätze sind wesentliche Steuerungsgrößen für die Sicherstellung einer flächendeckenden hausärztlichen Versorgung. Medienberichten zufolge hat die Sozialministerin des Landes öffentlich Überlegungen zur Neugestaltung des Zugangs zum
Medizinstudium geäußert. Die Wissenschaftsministerin hat diesen widersprochen.
Nunmehr ist zu klären, was die konsentierte Meinung der Landesregierung ist und
in welcher Weise sie tätig werden möchte.
Stellungnahme*)
Mit Schreiben vom 1. Dezember 2015 Nr. 22-7613.77/31/1 nimmt das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Abstimmung mit dem Ministerium
für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren zu dem Antrag wie
folgt Stellung:
Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen
zu berichten,
1.welche Veränderungen sie am Zulassungsverfahren zum Medizinstudium sowie
an der Anzahl der Studienplätze aufgrund der Äußerungen von Frau Sozialministerin, wonach der Numerus clausus abgesenkt werden solle und sie davor
gewarnt habe, man solle nicht selbst einen Mangel produzieren, anstrebt;
Die Landesregierung plant in Bezug auf die Sicherstellung der hausärztlichen
Versorgung derzeit keine Änderungen des Zulassungsverfahrens für das Medizinstudium, sondern wird im Zuge der auf Bundesebene derzeit diskutierten Maßnahmen im Rahmen des „Masterplan Medizinstudium 2020“, bei dem es unter
anderem auch um eine zielgerichtetere Auswahl der Studienplatzbewerberinnen und
-bewerber zum Medizinstudium geht, abschließend entscheiden.
Davon unabhängig zu betrachten ist die Zahl der Studienplätze. Oftmals wird
angenommen, dass mit dem Numerus Clausus eine Note festgesetzt werde, jenseits derer das gewünschte Fach nicht mehr studiert werden darf. Der sogenannte
Numerus Clausus besagt lediglich, dass in einem Studiengang nur eine begrenzte
Anzahl an Plätzen zur Verfügung steht. Die Berechnung der Zahl der Studienplätze erfolgt anhand bestimmter Kriterien auf der Grundlage des Lehrangebots,
des Ausbildungsaufwands und weiterer kapazitätsbestimmender Kriterien, insbesondere auch der patientenbezogenen Kapazität. Die Entscheidung, Mittel für
die Schaffung neuer Studienplätze aufzuwenden, liegt im Verantwortungsbereich
*) Nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist eingegangen.
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des Haushaltsgesetzgebers unter Berücksichtigung aller Gemeinschaftsanliegen.
Baden-Württemberg stellte im Übrigen 14,37 % der bundesweiten Studienplätze in Humanmedizin im Studienjahr 2014/2015 bereit. (Im Vergleich dazu ergab
der Königsteiner Schlüssel für Baden-Württemberg im Jahr 2014 einen Anteil von
12,97 % und im Jahr 2015 einen Anteil von 12,86 %.)
Hiervon zu unterscheiden sind die sich in jedem Zulassungsverfahren aufgrund
der Zahl der Bewerberinnen und Bewerber sowie deren Verfahrenswerten ergebenden Auswahlgrenzen. Diese Auswahlgrenzen geben Auskunft darüber, mit
welcher Verfahrensnote oder Anzahl an Wartesemestern in einem bestimmten Zulassungsverfahren und in einer bestimmten Quote noch eine Zulassung möglich
war. Die Auswahlgrenzen sind daher nicht von vornherein bestimmbar und können
sich von Zulassungsverfahren zu Zulassungsverfahren unterscheiden. Aufgrund
der Vielzahl der im Zulassungsverfahren verwendeten Kriterien, ist nur noch in
der Abiturbestenquote, in der 20 % der nach Abzug der Vorabquoten verfügbaren
Studienplätze nach der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung vergeben werden, die Auswahlgrenze eine Durchschnittsnote. In den anderen Quoten
ist die Auswahlgrenze eine Verfahrensnote, die sich aus mehreren Kriterien zusammensetzt, oder eine Anzahl an Wartesemestern, ggf. in Verbindung mit anderen
Kriterien.
2.aus welchen Gründen die Wissenschaftsministerin in der Presse so zu vernehmen war, dass es derzeit keinen Anlass gebe, Änderungen in den Auswahlkriterien herbeizuführen;
Aus Sicht des Wissenschaftsministeriums sind die Auswahlkriterien, wie sie derzeit im Land Anwendung finden, bereits sehr ausgewogen. Zur Sicherstellung der
ärztlichen Versorgung setzt die Landesregierung – wie unter Ziffer 4 und 5 ausgeführt wird – vorrangig auf Anreize im Arbeitsmarkt und die Stärkung der Allgemeinmedizin in der Lehre. Die Ergebnisse des unter dem Stichwort „Masterplan
Medizinstudium 2020“ derzeit stattfindenden Arbeitsprozesses bleiben abzuwarten.
3.wie aus ihrer Sicht das Auswahlverfahren sachgerecht gestaltet sein müsste, um
insbesondere die flächendeckende hausärztliche Versorgung in Zukunft sicherstellen zu können;
Das Auswahlverfahren für die Zulassung zum Medizinstudium ist nicht der richtige Ansatz, um die hausärztliche Versorgung flächendeckend sicherzustellen. Allerdings sollte die Einführung alternativer Auswahlverfahren ergebnisoffen geprüft
werden. In Anbetracht der sich abzeichnenden schwierigen Situation bei der Hausarztversorgung im ländlichen Raum muss über jede Maßnahme zur Reduzierung
des Ärztemangels offen diskutiert werden.
Der Studiengang Medizin ist aufgrund der großen Nachfrage bundesweit zulassungsbeschränkt und daher in das zentrale Vergabeverfahren der Stiftung für
Hochschulzulassung eingebunden. Beispielsweise kamen zum Wintersemester
2015/2016 auf die 9.086 bundesweit zur Verfügung stehenden Medizinstudienplätze 43.226 Bewerberinnen und Bewerber. Angesichts eines Bewerber-Studienplatz-Verhältnisses von nahezu 5 : 1 ist es nicht möglich, allen geeigneten und
motivierten Bewerberinnen und Bewerbern zum gewünschten Zeitpunkt einen
Medizinstudienplatz zur Verfügung zu stellen.
Wie bereits in LT-Drs. 15/5501 ausgeführt, ist es Aufgabe der Studienplatzvergabe,
im Rahmen der engen verfassungsrechtlichen Grenzen, die Artikel 12 GG an Zulassungsbeschränkungen stellt, eine chancengerechte und chancenoffene Auswahl
sicherzustellen. Dies bedeutet, die Studienplatzvergabe nach sachgerechten Kriterien auszurichten, die für jede Bewerberin und jeden Bewerber gleichermaßen
gelten. Die Studienplätze im Studiengang Medizin werden daher in verschiedenen
Quoten und nach verschiedenen Auswahlkriterien vergeben, die über Eignung und
Motivation für den gewählten Studiengang und den angestrebten Beruf Auskunft
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geben sollen. Etwa 15 % der verfügbaren Studienplätze werden vorab an besondere Bewerbergruppen vergeben, darunter die Quoten für Fälle außergewöhnlicher
Härte und für Sanitätsoffiziersanwärterinnen und -anwärter der Bundeswehr. Von
den verbleibenden Studienplätzen vergibt die Stiftung für Hochschulzulassung
20 % an die Abiturbesten nach der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung und 20 % nach der Wartezeit.
60 % und damit ein Großteil der Studienplätze werden durch die Hochschulen
nach dem Ergebnis des Auswahlverfahrens der Hochschulen (AdH) vergeben. Im
AdH müssen die baden-württembergischen Universitäten auch außerschulische
Kriterien berücksichtigen, etwa das Ergebnis eines fachspezifischen Studierfähigkeitstests, eines Auswahlgesprächs oder berufspraktische Erfahrungen. Die badenwürttembergischen Universitäten berücksichtigen im AdH zum einen den Test für
Medizinische Studiengänge (TMS), weil er gegenüber dem Abitur unterschiedliche kognitive Kompetenzen misst und eine ähnlich hohe Prognosekraft für den
Studienerfolg wie das Abitur hat. Zum anderen fließen besondere Vorbildungen
und praktische Tätigkeiten wie einschlägige Berufsausbildungen, einschlägige Jugendfreiwilligendienste sowie Preise bei einschlägigen Jugendwettbewerben in die
Auswahlentscheidung ein. Diese Auswahlverfahren führen dazu, dass nicht mehr
nur die Abiturnote zählt und Bewerberinnen und Bewerber auch ohne Spitzennoten im Abitur Studienplätze erhalten können. Dies entspricht, wie bereits in LTDrs. 15/5782 ausgeführt, dem Ziel des AdH, Bewerberinnen und Bewerbern die
Möglichkeit zu eröffnen, ihre Befähigung zum Medizinstudium durch die Kombination unterschiedlicher Kriterien nachzuweisen.
Wie bereits in LT-Drs. 15/5501 ausgeführt, kommt es auf die Frage, welche Facharztrichtung die künftigen Medizinerinnen und Mediziner später ausüben werden,
bei der Zulassung zum Medizinstudium nicht an. Abgesehen davon, dass sich die
spätere Bereitschaft zur Übernahme einer Hausarztpraxis nicht durch sach- und
chancengerechte Kriterien valide prognostizieren lässt, bestehen nach Ansicht des
Wissenschaftsministeriums auch rechtliche Bedenken gegen eine Steuerung über
die Hochschulzulassung. So ist zweifelhaft, ob die Hochschulzulassung überhaupt
geeignet ist, das Ziel einer flächendeckenden Hausarztversorgung sicherzustellen.
Das Medizinstudium und die allgemeinmedizinische Weiterbildung dauern zusammen mindestens elf Jahre. Innerhalb dieser Zeit können und dürfen sich die
fachlichen, persönlichen und familiären Voraussetzungen und Vorstellungen der
Studierenden erheblich ändern und entwickeln. Durch eine Bindung an eine Facharztausrichtung noch vor Studienbeginn wäre, wie in LT-Drs. 15/5501 dargelegt,
die Freiheit der Berufswahl des Artikel 12 GG nachhaltig eingeschränkt.
Schließlich müsste wie in LT-Drs. 15/5501 ausgeführt, zunächst sichergestellt sein,
dass sich ein in bestimmten Gegenden prognostizierter Bedarf an Landärzten –
ggf. mithilfe entsprechender Anreizsysteme – nicht auch über den Arbeitsmarkt
decken lässt. Um andere Bewerberinnen und Bewerber bei der Studienplatzvergabe nicht zu benachteiligen, sind aus verfassungsrechtlichen Gründen vorrangig diese Mittel auszuschöpfen. Daher setzt die Landesregierung, worauf unter Ziffer 4
und 5 ausführlich eingegangen wird, zum einen auf die Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium und zum anderen vorrangig auf Anreize im Arbeitsmarkt.
Die Studienabbruchquote im Studiengang Medizin liegt übrigens bundesweit bei
8 %. In Baden-Württemberg absolvieren jährlich um die 1.500 Studierende das
Medizinstudium, bundesweit sind es nahezu 10.000. Kaum ein Studiengang hat
höhere Erfolgsquoten und niedrigere Abbruchquoten.
4.wie sich der aktuelle Stand der Stärkung des Fachs Allgemeinmedizin an den
Hochschulen in Baden-Württemberg seit der Stellungnahme zum Antrag „Qualifizierung ärztlichen Nachwuchses zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Baden-Württemberg“ (Landtagsdrucksache 15/4569) gestaltet;
Die Stärkung der Allgemeinmedizin an den Hochschulen in Baden-Württemberg
zeichnet sich dadurch aus, dass neben den Medizinischen Fakultäten in Heidelberg
und Ulm auch in Tübingen eine Professur (W 3) für Allgemeinmedizin etabliert
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wird und ein Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung gegründet wurden. Die Medizinischen Fakultäten in Freiburg und Mannheim streben
ebenfalls die Besetzung ordentlicher Professuren mit der Fachrichtung Allgemeinmedizin an.
Nicht nur Professuren und Institute bzw. Abteilungen tragen dazu bei, die Sichtbarkeit und somit Stärkung der Allgemeinmedizin zu verbessern, auch ein qualitativ
hochwertiges Lehrangebot und eine Curriculumsentwicklung, die speziell auf das
Fach Allgemeinmedizin ausgerichtet ist, tragen dazu bei. Um hier einer Verbesserung und Weiterentwicklung Rechnung zu tragen, werden diese Bereiche durch
Mittel aus der Sonderlinie Medizin des Hochschulfinanzierungsvertrags speziell
gefördert.
5.welche weiteren Schritte sie zur Sicherstellung der flächendeckenden hausärztlichen Versorgung einleiten wird und wie sie vor diesem Hintergrund die verschiedenen Ansätze anderer Bundesländer, beispielsweise Stipendienprogramme, Bonus für spätere Niederlassung im ländlichen Raum und Unterstützung
von Auslandsstudien, bewertet.
Das Sozialministerium hat auf Landesebene im Rahmen des „Aktionsprogramms
Landärzte – Sicherung der flächendeckenden ambulanten ärztlichen Versorgung
in Baden-Württemberg“ im Sommer 2012 ein überarbeitetes Förderprogramm für
Landärzte auf den Weg gebracht. Ziel des Förderprogramms „Landärzte“ ist die Sicherstellung der ambulanten hausärztlichen Versorgung im ländlichen Raum auch
in Zukunft. Dazu wurde das Programm mit Landesmitteln in Höhe von zwei Mio.
Euro ausgestattet. Dieser Mittelansatz umfasst auch die vom Landtag für die Jahre
2015 und 2016 bereitgestellten Mittel.
Das Förderprogramm richtet sich an Fachärztinnen und -ärzte für Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte sowie hausärztlich tätige Internisten.
Eine Hausärztin oder ein Hausarzt kann bis zu 30.000 Euro Landesförderung erhalten, wenn sie oder er sich in Baden-Württemberg in einer ländlichen Gemeinde
niederlässt, die als Fördergebiet ausgewiesen ist.
Seit der Neuausrichtung wird das Programm gut angenommen. Bis Ende Oktober
2015 wurden 48 Förderanträge mit einer Gesamtfördersumme von 1.034.000 Euro
bewilligt. Es zeigt sich, dass die Förderung zielgenau ankommt. Durch die Förderkriterien werden genau die Gemeinden erreicht, die im ländlichen Raum liegen
und akut oder perspektivisch eine schlechte Versorgungslage aufweisen. Darüber
hinaus zeigt sich, dass die Förderung durch das Land nur ein Baustein sein kann,
um mehr Ärztinnen und Ärzte für eine Tätigkeit im ländlichen Raum zu gewinnen. Auch alle anderen Beteiligten im Land und vor Ort müssen im Rahmen ihrer
Möglichkeiten alles tun, um die Rahmenbedingungen für die Niederlassung junger
Ärztinnen und Ärzte in ländlichen Gebieten zu verbessern.
Im Jahr 2016 wird die Landesregierung über eine Verlängerung des Programms
entscheiden und in diesem Zusammenhang auch eine inhaltliche Neuausrichtung
von Fördermaßnahmen zur Sicherstellung der flächendeckenden hausärztlichen
Versorgung prüfen. Dabei sollen auch die Erfahrungen anderer Länder mit den
dort aufgelegten Förderprogrammen berücksichtigt werden.
Die Gewährung von Stipendien an Medizinstudenten unter der Voraussetzung,
dass diese sich verpflichten, nach Abschluss des Studiums eine Facharztausbildung
zum Allgemeinmediziner zu absolvieren und sich in einer hausärztlich unterversorgten Region niederzulassen, wird von der Landesregierung geprüft, wenngleich
sich die Umsetzung als schwierig erweisen dürfte. Unter anderem ist es für angehende Medizinerinnen und Mediziner schwer, sich schon in einer frühen Phase des
Medizinstudiums auf einen Facharztbereich festzulegen.
Seit 2014 finanziert zwar beispielsweise die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen
20 Studentinnen und Studenten das komplette Medizinstudium in Ungarn, wenn
sie sich bereit erklären, anschließend hausärztlich im ländlichen Bereich Sachsens
tätig zu werden, allerding ist auch hier unklar, ob die angehenden Ärztinnen oder
Ärzte wirklich allgemeinärztlich tätig werden und sich im ländlichen Raum niederlassen. Die Ergebnisse dieser Initiative bleiben abzuwarten.
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Drucksache 15 / 7647
Die Landesregierung strebt an, etwaige Fördermaßnahmen des Landes mit den
Maßnahmen der Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen in Baden-Württemberg abzustimmen.
Der Gesetzgeber hat den Kassenärztlichen Vereinigungen (und den Krankenkassen) zahlreiche Möglichkeiten eingeräumt, die Niederlassung von Ärztinnen und
Ärzten zu fördern und die Versorgung sicherzustellen:
•Niederlassungszuschüsse, Zuschüsse zur Gründung von Zweigpraxen und Förderung von Anstellungen.
• Gründung von KV-Praxen und Anstellung von Ärztinnen und Ärzten.
• Gewährung von Umsatzgarantien, Darlehen und pauschalen Fallzuschlägen.
• Einrichtung von Notfallpraxen zur Entlastung der Ärzte im Notdienst.
•Förderung der Aus- und Weiterbildung durch finanzielle Zuschüsse, Stipendien
oder Koordinationsmaßnahmen.
• Unterstützung von Lehrstühlen für Allgemeinmedizin.
• Einrichtung von Niederlassungs- und Kooperationsbörsen.
Ein Teil dieser Fördermaßnahmen ist jedoch nur bei einer Unterversorgung, die in
Baden-Württemberg vom Landesausschuss für Bedarfsplanung bis dato noch nicht
festgestellt wurde, durchführbar. Dies hat die Kassenärztliche Vereinigung BadenWürttemberg dazu veranlasst, mit ihrem neuen Programm „Ziel und Zukunft“ ab
dem 1. Oktober 2015 die Niederlassung in „Regionen der existenten oder drohenden Minderversorgung“ (Fördergebiete) zu unterstützen:
•Die Neugründung oder Übernahme einer Praxis wird mit bis zu 60.000 Euro je
Praxis gefördert.
•Für Haus- und fachärztliche Nebenbetriebsstätten gibt es bis zu 40.000 Euro
Förderung.
•Die Anstellung von Ärztinnen und Ärzten wird mit 1.000 Euro je Monat und
Angestelltem unterstützt.
•Praxen, die bei „Ziel und Zukunft“ gefördert werden, bekommen zudem eine
zusätzliche Vergütung pro Behandlungsfall („Fallwertzuschlag“).
Bauer
Ministerin für Wissenschaft,
Forschung und Kunst
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