LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10924 28.01.2016 Kleine Anfrage 4350 des Abgeordneten Henning Höne FDP Warum zwingt Innenminister Jäger die Stadt Ennepetal zu Steuererhöhungen? Die verfehlte Gemeindefinanzierung der rot-grünen Landesregierung bringt viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen an die Grenze ihrer Handlungsfähigkeit. Die enormen Schuldenberge der Städte und Gemeinden unseres Landes türmen sich im bundesweiten Vergleich zu traurigen Rekordhöhen. Aufgrund stetig steigender Aufgabenlasten und einer strukturellen Unterfinanzierung durch das Land, sehen sich immer mehr Kommunen dazu genötigt, ihre Grund- und Gewerbesteuerhebesätze in ebenfalls bundesweit einzigartige Größenordnungen anzuheben. Die – von der rot-grünen Landesregierung billigend in Kauf genommene – Betätigung dieses Notventils führt zu erheblichen finanziellen Belastungen bei den Bürgerinnen und Bürgern sowie den vor Ort ansässigen Unternehmen. Als Wirtschafts- und Wohnstandort verliert Nordrhein-Westfalen dadurch immer mehr an Attraktivität. Einige Städte und Gemeinden wollen diesem Abwärtstrend nicht tatenlos zusehen. So sendete die finanziell stark angeschlagene Stadt Bergneustadt zusammen mit dem Bund der Steuerzahler NRW am 26.01.2016 mittels einer Pressekonferenz im Landtag von NordrheinWestfalen einen Hilferuf an die rot-grüne Landesregierung. Da sie nicht dazu gezwungen werden wollte, ihre Bürgerinnen und Bürger im kommenden Jahr mit einem Grundsteuerhebesatz von weit über 1.000 Prozentpunkten belasten zu müssen, regte sie eine Grundsteuer-Bremse an. Sie nahm damit eine Forderung auf, die bereits im Jahr 2015 von der FDP-Landtagsfraktion in einem Antrag (Drs. 16/7777) formuliert und in das Parlament eingebracht wurde. Leider stieß dieser Antrag bei den Mehrheitsfraktionen auf genauso taube Ohren wie der Hilferuf Bergneustadts bei der rot-grünen Landesregierung. SPD-Innenminister Jäger quittierte den Besuch des Bergneustädter Bürgermeisters im Landtag durch eine rüde Pressemittteilung mit dem Titel „Stärkungspaktkommunen müssen besondere Anstrengungen unternehmen - Kommunalminister Jäger: Hilfe ist kein Freibrief“. So sieht kommunalfreundliche Politik sicherlich nicht aus. Ähnlich erschütternd ist der Fall der Stadt Ennepetal. Diese wäre zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Haushalts eigentlich dazu gezwungen, ihren Gewerbesteuerhebesatz um 50 Prozentpunkte zu erhöhen. Um dies zu umgehen, wollen Stadt und lokale Wirtschaft eine innovative Form der Zusammenarbeit erproben. Als Alternative zur Steuererhöhung bieten Datum des Originals: 28.01.2016/Ausgegeben: 29.01.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10924 heimische Unternehmen der Stadt Spendengelder an, die in eine gemeinnützige GmbH fließen und der Daseinsvorsorge vor Ort dienen sollen. 3,5 Millionen Euro sollen durch diesen „Standortsicherungspakt“ jährlich zusammenkommen. Nach Angaben der WR wurde dieses interessante Modell vom Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Wolfgang Schäuble, ausdrücklich gelobt und als „mögliche Blaupause für die ganze Republik geadelt“ (WR, 28.01.2016). Ganz anders sieht das offensichtlich der sogenannte „Kommunalminister“ von NordrheinWestfalen, Ralf Jäger, der das Vorhaben für rechtswidrig hält. Ebenfalls nach Angaben der WR soll er die Stadt Ennepetal schriftlich dazu angewiesen haben, die vom Bundesfinanzminister für gut befundene Kooperation zu unterbinden. Im Wortlaut hieß es hier: „In einem Schreiben an die Stadt Ennepetal, das am Montag im Rathaus einging, erklärt Ralf Jäger, dass die Vereinbarung seiner Auffassung nach gegen kommunales Haushaltsrecht verstoße. Nach Mitteilung von Kämmerer Dieter Kaltenbach, der am Dienstag den Hauptausschuss des Stadtrats informierte, habe der Minister gleichzeitig angedeutet, dass er aktiv würde, wenn die Stadt den Vertrag abschließe. Demzufolge würde er dann die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde anweisen, einzuschreiten“ (WR, 28.01.2016). In Konsequenz dieser Weisung wird die Stadt Ennepetal dazu gezwungen sein, ihren Gewerbesteuerhebesatz um 50 Prozentpunkte aufzustocken und den Standort NordrheinWestfalen um ein weiteres Stück Wettbewerbsfähigkeit zu bringen. Ich frage daher die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung den geschilderten Fall der Stadt Ennepetal? 2. Wie lautet der genaue Wortlaut des Schreibens von Innenminister Jäger an die Stadt Ennepetal, in welchem er den geplanten „Standortsicherungspakt“ untersagt? 3. Warum will die rot-grüne Landesregierung die Stadt Ennepetal indirekt zu Steuererhöhungen zwingen, indem sie die Spendenbereitschaft der heimischen Wirtschaft für gesetzwidrig erklärt? 4. Warum bewertet die rot-grüne Landesregierung den oben geschilderten Fall der Stadt Ennepetal diametral anders, als der Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Wolfgang Schäuble? 5. Wie könnte das Vorhaben aus Sicht der Landesregierung rechtskonform ausgestaltet werden? Henning Höne 2
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