Gute Reise! Gedanken zum Heiligen Christophorus von Pfarrer

Gute Reise!
Gedanken zum Heiligen Christophorus von Pfarrer Ulrich Lindl
Legenden haben immer einen wahren Kern. Gerade dann, wenn es Heiligenlegenden
sind. Legenden zu Heiligen sind wie bunte Bilderbögen, die uns zeigen, wie es geht
zu leben, was wir als Christen glauben. Das gilt gerade auch für Christophorus. Der
Heilige hat seinen Namenstag am 24. Juli. Also gerade rechtzeitig zu Ferien und
Urlaubsbeginn.
Christophorus ist ebenso bekannt wie verehrt. Gesichert ist seine Existenz: er lebte zu
Beginn bis Mitte des 2. Jahrhunderts. Und sein Tod: als Blutzeuge, als Märtyrer für
Christus. Den hatte er nämlich auf wunderbare Weise gesucht und noch wunderbarer
gefunden. Hier beginnt auch schon die Legende und ihr wunderschöner, wahrer Kern:
Christophorus ist aller Wahrscheinlichkeit nach im Osten geboren und aufgewachsen.
Vermutlich in Lykien, das heute in der Türkei liegt.
Von seinen heidnischen Eltern wurde er Reprobus genannt und muss groß und
kraftvoll herangewachsen sein. Reprobus hatte den einen großen Wunsch: er wollte
dem mächtigsten Herrscher der Welt dienen; einem der größer ist als er selbst. So
machte er sich auf die Suche. „Wer suchet der findet…“ Sein Weg führte ihn ins
Militär. Er diente dem König. Als er den König begleitet und der dem Teufel
begegnete, bekreuzigte sich der König aus Furcht vor dem Bösen. War der Böse also
mächtiger als der König? Reprobus beschloss, sich dem Teufel anzudienen doch
schon bald sollte der sehen, dass es offenbar noch einen Größeren gibt. Denn als der
Teufel an einem Kreuz vorbeikam, erschrak der zutiefst und nahm reiß aus. War also
ein Gekreuzigter der Mächtigste? Aber worin sollte seine Macht?
Ein Eremit erklärte ihm, dass das Christus sei und seine Macht, die Macht der Liebe
sei. Der Eremit führte den Reprobus an einen reißenden Fluss, darin beim
Überqueren viele den Tod gefunden hatten. Aus Nächstenliebe sollte nun der starke
Riese Reisende sicher ans andere Ufer bringen. Eines Tages bat ein Kind darum, über
den Fluss gebracht zu werden. Die Last wurde immer schwerer. Reprobus ächzte:
„Mir ist als läge die ganze Welt auf mir.“ Worauf ihm das Kind zur Antwort gab:
„Mehr als die Welt, denn du trägst den, der die Welt erschaffen hat.“ In seiner
Nächstenliebe war Reprobus Christus begegnet. Er ließ sich taufen auf den
wunderschönen Namen: Christophorus – Christusträger. Später, so weiß es die
Überlieferung, ist Christophorus als Missionar in Kleinasien tätig, wo er auch den
Märtyrertod findet.
Schon früh beginnt die Verehrung des frommen und tatkräftigen Beschützers. Bereits
im Jahre 452 wird ihm zu Ehren in Chalcedon eine Kirche geweiht. Byzantinische
Pilger brachten die Legende des Heiligen Christophorus und seine Verehrung in den
Westen. Durch die Jahrhunderte entstanden allein im europäischen Raum mehr als
3000 Kirchen. Darüber hinaus hat es Christophorus sogar in den kleinen und feinen
Kreis der 14 Nothelfer geschafft.
Schon im Mittelalter wurde Christophorus als Wegbegleiter von vielen Reisenden
angerufen. Ritter zogen mit ihm hinaus, Schiffer, Flößer und Fuhrleute vertrauten auf
seinen Begleitschutz. Auch heute finden sich auf dem Armaturenbrett vieler Autos
Plaketten des Heiligen Christophorus. Nicht dass der Heilige Christophorus dann
selbst am Steuer sitzt. Aber der Blick auf ihn lässt doch etwas mehr Vorsicht im
Straßenverkehr walten.
Aber nicht nur für die vielen Aufbrüche, Wegstrecken und Reisen, die wir in dieser
Welt tun. Auch für die letzte Reise, die eigentliche Weltreise, die jeder Mensch
einmal antritt, die Reise aus dieser Zeit hinein in die Ewigkeit, wurde Christophorus
zum Patron erklärt. Früher war den Menschen die Tragweite dieses letzten Aufbruchs
deutlicher bewusst als vielen aufgeklärten Zeitgenossen heute. Man wusste noch
eindrücklicher, wie sehr es gerade bei dieser letzten Reise darauf ankommt, dass wir
sie gut vorbereitet antreten. Man wollte die letzte Reise gut vorbereiten, um auch
sicher und wohlbehalten anzukommen – heimzukommen. Darum hat man schon bald
an vielen Kirchen, Spitälern und an belebten Plätzen überdimensionale Darstellungen
des Heiligen Christophorus anbringen lassen. Immer als Riese, mit dem Christuskind
auf seinen Schultern und einem Stab in der Hand. Im Augsburger Dom etwa von
Lucas Cranach oder an der alten Pfarrkirche in Tutzing. Wer am Morgen ein
Christophorus-Bild betrachtet, wusste sich den ganzen Tag beschützt. Ganz einfach
sollte der Anblick des Christophorus den Menschen daran erinnern, bewusst zu leben
und vor einem unvorbereiteten, plötzlichen Tod bewahren. Ein wichtiger Gedanke,
den wir auch immer wieder bedenken sollten: wie wir denn einmal sterben wollen,
und worauf es uns am Ende ankommt. Wohin die Reise geht, was wir einpacken und
was wir nicht mitnehmen. Das Gebet um eine gute Sterbestunde sollten wir nicht
vergessen.
Und da ist noch eines, was uns der Heilige Christophorus schenkt: seinen Namen:
Christophorus – das heißt Christusträger. Sind wir nicht alle irgendwie
„Christophorus“. Wir heißen nicht nur Kinder Gottes, wir sind es. Seit unserer Taufe
tragen wir Christus in uns - und er trägt und prägt uns. Alles kommt darauf an, dass
Christus in uns groß werden kann. Dass wir, die wir Christus in uns tragen, am Ende
sicher getragen werden von ihm.
Mit Christus unterwegs sein heißt, bewusster leben, ein Ziel vor Augen haben, wie
Christophorus. Ein Ziel, dem unser Leben gilt. Menschen, denen unser Leben dient.
Christusträger zu sein bedeutet zugleich auch, verantwortungsvoll zu leben. Auch
und gerade dann, wenn wir unterwegs sind. Aber nicht nur im Blick auf die anderen,
auch im Blick auf unseren eigenen Lebensweg. Wie bin ich eigentlich unterwegs im
Leben? Stimmt das Tempo, stimmt das Ziel? Bin ich auf Kurs? Es passt gut an den
Beginn der Ferien, als Reisepatron, der Heilige Christophorus.