Das „perfekte“ Schulungsmaterial – Sicht der Behörde

Das „perfekte“ Schulungsmaterial
– Sicht der Behörde
Dr. Walburga Lütkehermölle, MBA
Dr. Walburga Lütkehermölle| Das „perfekte“ Schulungsmaterial – Sicht der Behörde | 26.02.2016| 1
Inhaltsverzeichnis
Das „perfekte“ Schulungsmaterial – aus Sicht der Behörde
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Definition für Schulungsmaterialien
Arten von Schulungsmaterialien
Regulatorische/inhaltliche Sicht
Grafische/Gestalterische Sicht
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Was sind Schulungsmaterialien?
Schulungsmaterialien sind eine im RMP oder als Auflage der Zulassung vorgeschriebene
Maßnahme zur Risikominimierung bestimmter Sicherheitsbedenken („important risks“)
bei der Anwendung eines Arzneimittels, mit dem Ziel über die Produktinformation hinaus:
spezifische Risiken näher zu beschreiben und bestenfalls zu vermeiden
Empfehlungen zur Anwendung (z.B. Home-Infusion) zu geben
Therapieüberwachung zu optimieren
Hinweise zur Auswahl geeigneter Patienten zu geben (aRMM)
damit idR essentiell für positives B/R und dementsprechend Bedingung für die
Zulassung
Grenzt sich damit von freiwilligen Schulungsmaßnahmen/-unterlagen durch
pharmazeutische Unternehmer ab, die nicht der behördlichen Genehmigung unterliegen.
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Vielfältige Arten von Schulungsmaterialien
Informationsbroschüre für Ärzte u/o andere Angehörige der Heilberufe
(Apotheker, Pflegende etc.)
Informationsbroschüre für Patienten
Notfallkarte für Patienten („Patient alert card“)
Checklisten für Ärzte u/o Apotheker und Patienten
u.a. zur Dokumentation aller zu berücksichtigender Aspekte
Poster (z.B. mit Darstellung korrekte Art der Applikation bzw. Algorithmen)
Elektronische Schulungsmaterialien in Form von Videos, Lernmodulen etc.
Verpflichtende Teilnahme an Vor-Ort-Schulungen/Online-Seminaren, damit
verschreibender Arzt das AM vom pU erhalten darf bzw. anwenden darf
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Der Weg zum „perfekten“ EduMat - Regulatorisches
Falls AM mit schwarzem Dreieck gekennzeichnet, dann muss auch Educational
Material gekennzeichnet sein (gem. GVP X)
Änderungen erfolgen je nach Art und Umfang mittels Variation bzw. als Anzeige
Effektivität wird mittels PASS oder ggf. mittels Routine PV überwacht/evaluiert
und im RMP beschrieben
Weitere Informationen
Beachtung der Bekanntmachung des BfArM zur Einreichung von beauflagtem
Educational Material - speziell der dort angegebenen Timelines
Beachtung der jew. aktuellen FAQs auf BfArM-Webseite
Beachtung der jew. aktuellen GVP-Module XVI (RMM und Addendum I Educational Material) und XV (Safety Communication)
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Der Weg zum „perfekten“ EduMat - Inhalt
Vollständige Berücksichtigung aller Kernelemente (aus Annex IID bzw. Annex 10 RMP)
Vorhandensein einleitender Text (gemäß Bekanntmachung), dass es sich bei dem EduMat um
eine verpflichtende Auflage zur Zulassung des Arzneimittels handelt, an das sich die
„Zielgruppe“ im Interesse der Patientensicherheit halten muss. Eine deutliche Abgrenzung von
sonstigem Werbematerial ist geboten – Einleitende Sätze wie z.B.: „Wir freuen uns Ihnen
nachfolgende Informationen zu Ihrer Behandlung zur Verfügung zu stellen“ sind zu unterlassen.
Ausschluss von Inkongruenzen: Beispiel:
inhaltliche Angaben der dt. Version des EduMat widersprechen engl. Mock-ups oder
Widerspruch z.B. zu den Angaben der Häufigkeit von UAW in PI
Nennung des Handelsnamens in der Broschüre ist auf notwendiges Minimum zu begrenzen sonst V.a. Suggestion/Beeinflussung (z.B. 234-mal/36 S. bzw. 93-mal/13 S. Benennung des
Handelsnamens in Ärztebroschüre)
Bei Print-Materialien sind Mock-ups, einschließlich der Angaben zur Größe und Darstellung der
Art der Faltung, i.R. der Genehmigung des EduMat vorzulegen
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Der Weg zum „perfekten“ EduMat - Inhalt
Exemplarische Musterbeispiele im Annex 11 des RMPs sind NICHT verbindlich für das dt.
EduMat
EduMat muss in Deutschland in deutscher Sprache zur Verfügung gestellt werden
EduMat ist auf bestimmte Risiken beschränkt und soll PI ergänzen - sprachliche 1:1
Wiederholungen aus FI/GI sind zu vermeiden. Anwendung eines aktiven Sprachgebrauches
wird empfohlen
Jegliche Angaben mit werbendem Charakter und Angaben zur potenziellen Überlegenheit zu
anderen Therapieoptionen sind unzulässig
Firmenlogos sind zu vermeiden
Wenn möglich parallele Einreichung von editierbaren Dokumenten (unter Beachtung von
Reihenfolge, adäquate Schriftgröße und Lesbarkeit) und pdf-Dokument zur Ermöglichung der
Bearbeitung im Änderungsmodus
Win-win-Strategie
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Evolution eines nicht-optimalen EduMats (1)
Entsprechende Umsetzung im Mock-up
geplant gewesen
Eingereichte Word-Version BfArM
Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine
schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von
Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu
melden. Hinweise zur Meldung von Nebenwirkungen, siehe Abschnitt 4.8 der
Fachinformation.
Diese Informationsbroschüre zur Anwendung von Produkt X wurde als Teil der
Zulassungsauflagen erstellt. Im Rahmen des Risikomanagement-Plans wurden über die
Routinemaßnahmen hinaus, zusätzliche risikominimierende Maßnahmen mit der Zulassung
des Arzneimittels beauflagt, um das Risiko des Auftretens von schwerwiegenden
Nebenwirkungen zu reduzieren und das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Produkt X zu
erhöhen.
1 Produkt X ® Fachinformation, Stand Mai 2014.
Produkt X ® (Wirkstoff)
Therapiemanagement
Leitfaden für Ärzte
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Evolution eines nicht-optimalen EduMats (1)
Deckblatt Ärztebroschüre vor und nach Kommentierung BfArM
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Evolution eines nicht-optimalen EduMat (2)
Deckblatt Patientenbroschüre vor und nach Kommentierung BfArM
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Kommentar zu den Beispielen (1u. 2)
Grafische Elemente wie z.B. Einrahmungen, Abbildungen oder Tabellen sind
möglich, wenn dadurch die Strukturierung und Verständlichkeit verbessert
wird
Grafische Elemente sind abzulehnen, wenn sie werbende Botschaften direkt
oder verschleiert beinhalten
o Abbildungen die nicht im direkten Zusammenhang mit den zu
minimierenden Risiken stehen: VERMEIDEN
o Inhaltsbezogene bzw. -leere Bilder (z.B. fröhliche Kinder/Menschen,
Sporttreibende) unzulässig
o Auf Verwendung von durch Marken- oder Patentrechte geschützte
Bestandteile soll gemäß GVP Module XVI verzichtet werden
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Gelungenes „perfektes“ Element aus EduMat (3)
Übersichtlicher Algorithmus
für Überwachung zu
Therapiebeginn mit einer
Substanz X
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Gelungenes „perfektes“ Element aus EduMat (4)
Übersichtlicher Algorithmus
für abzuklärende Themenkomplexe
vor Therapiebeginn mit einer
Substanz X
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Gelungenes „perfektes“ EduMat (5)
Beauflagte Kernelemente für ein neuartiges Radiodiagnostikum (PET):
1. Erstellung eines Vor-Ort-Schulungsprogramms mit Abschlussprüfung
2. Erstellung eines elektronische Schulungsprogramms
ZIEL:
Schulungsprogramm für Anwender hinsichtlich korrekte Anwendung, Einstellungen und
Interpretation
Protokollierung einer erfolgreichen Lernkontrolle am Ende jedes Moduls und am Ende der Schulung,
wobei für Erfolg 14 von 15 Testbilder richtig klassifiziert werden müssen
Bezug Radiodiagnostikum erst möglich, wenn erfolgreiche Schulung und Registrierung vorliegen
ERGEBNIS:
Elektronisches Schulungsmaterial war didaktisch und qualitativ so hochwertig, dass Verständnis und
Problemfelder bei Anwendung und Bildinterpretation nachvollziehbar dargestellt wurden
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Beachtenswerte Punkte für das „perfekte“
Schulungsmaterial – aus Sicht der Behörde
Wo immer möglich, ist Harmonisierung über Verbände von EduMat
verschiedener Hersteller mit gleichem Wirkstoff empfehlenswert
Grundsätzlich Angaben zum national geplanten Verteilerkreis angeben 
Kommunikationsplan
Angaben zur Wirksamkeit gehören nicht in EduMat, wenn nicht (sehr selten)
ausdrücklich in Kernelementen vorgesehen
Klare, übersichtliche Darstellung in Form von Algorithmen erleichtern
Informationsfluss
Keine 1:1-Übernahme der vorgegebenen Kernelemente und Textpassagen aus
der PI
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Einbindung unterschiedlicher Expertise in das
Review – aus Sicht der Behörde
Pharmakovigilanzexperten (Verantwortlichkeit QPPV)
Informationsbeauftragte / Kommunikationsexperten
User-Testing sehr wertvoll und wünschenswert
Ziel muss sein:
Größtmögliches Verständnis und Sensibilisierung für die zu minimierenden
Risiken!
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Fazit
Kernelemente und regulatorische Vorgaben (Auflagen der Zulassung, GVPModule und nationale Festlegungen, z.B. BfArM-Bekanntmachung, FAQs)
geben den Rahmen vor
 nationale Ergänzungen zulässig und ggf. notwendig (z.B. Diagnostik,
Therapiegewohnheiten, Adressaten)
 Format / Design / Layout
 Art der Zurverfügungstellung / Distribution
ABER!
Möglichst harmonisiertes Material und einheitlicher Distributionsweg
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Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
Kontakt
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
Abteilung Pharmakovigilanz
Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3
53175 Bonn
Ansprechpartner
Risikomanagement I: Dr. Walburga Lütkehermölle, MBA; [email protected]
Risikomangement II: Dr. Thomas Grüger; [email protected]
www.bfarm.de
Tel. +49 (0)228 99 307 3216 bzw. 5944
Fax +49 (0)228 99 307 xxxx
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