10_15 Rundbrief

Miriam Wasserheß im Oktober 2015
Weitere Infos unter: www.miriam-wasserhess.de
Hülle und Fülle
•
•
•
•
•
Jakobs’ Erntedankfest
Ich darf es einfach aufheben
In Hülle und Fülle
Dankbarkeit
Blickwinkel
Jakobs’ Erntedankfest
„Mama, ich verstehe das einfach nicht? Warum haben die neben dem Podest so viel Zeug stehen?
Und warum singen die darüber auch noch Lieder? Wenn das nicht in den Kühlschrank kommt,
wird doch alles schlecht. Du hast gestern gesagt: Jakob, lege die Tomaten in den Kühlschrank,
sonst sind sie bald ungenießbar. Und jetzt ist da ein Tisch mit so viel Essen und keiner isst? Ich
verstehe das nicht. Oh Mann Mama, jetzt sag doch mal was.“
Wenn ich Jakobs’ Fragen höre, fange ich an zu schmunzeln. Es ist, als wäre ich noch mal 30 Jahre
zurückversetzt. Sonntags im Gottesdienst, vor mir das Podest der Kanzel und ein riesengroßer Tisch
voller Gaben. Wenn ich ehrlich bin verstand ich den Sinn vom Erntedankfest nicht. Ich sang brav
mit und schaute mir den Tisch während der Predigt immer genaustens an. Irgendwie langweilig.
Aber mehr vom farblichen Aspekt. Als Kind fehlten mir auf diesem Gabentisch eindeutig die Farben
rosa, blau und neon.
Natürlich wurde mir erzählt, dass wir genügend zu essen und zu trinken haben und es uns sehr
gut geht. Aber es war mir nie bewusst.
Wenn ich zurückblicke freue ich mich, dass ich so unbedarft an die Sache heran ging. Mein
Kindsein war nie davon geprägt zu hungern.
Ich konnte wann immer es mein Körper wünschte, mir die leckersten Speisen nehmen. Und Wasser
gab es sofort, überall im Überfluss.
Die Jahre vergingen und ich machte mir keine sonderlichen Gedanken mehr um Erntedank, bzw.
um das Wissen immer genügend Nahrung zu haben.
Ich darf es einfach aufheben
Seit Jahren nehme ich Fallobst wahr. Wer tut das nicht? Gegessen habe ich jedoch die Früchte, die
noch am Baum hingen.
Vor kurzem sprach ich mit einer Freundin, Ihre Augen leuchteten, als sie mir von dem reichhaltigen
Angebot Ihres Gartens erzählte. Dabei sprach sie nicht von den Früchten die noch im
Wachstumsstadium waren, sondern den Früchten, die kreuz und quer im Garten verteilt lagen. Ihre
Freude war groß, war doch all dies für sie.
Mir ging Ihr Enthusiasmus noch lange nach.
So sehr ich täglich mit meinen Pferden in der Natur bin und die Jahreszeiten an jeder Faser meines
Körpers spüre, so sehr lebte ich bis dato in einer Selbstverständlichkeit bzgl. unserer Nahrungsmittel.
Natürlich sammelte ich Wallnüsse, Kastanien und Haselnüsse und erfreute mich über die
Angebote, die unser Land zu bieten hat.
Doch eines fehlte: Dankbarkeit.
Miriam Wasserheß im Oktober 2015
Weitere Infos unter: www.miriam-wasserhess.de
Als Pächterin einer Pferdeweide darf ich nur das Fallobst für mich nutzen. Ich übersah es
beflissentlich. Dabei komme ich nicht umhin mich zu fragen, ob ich in einem solchen Überfluss
lebte, dass ich diesen Gabentisch tatsächlich übersehen habe? Meine Weide steht voll von diesen
Gaben: Pflaumen, Äpfel, Birnen, Wallnüsse und Kirschen. Es ist unglaublich. Alles für mich. Und: Ich
darf es einfach aufheben!
In Hülle und Fülle
Die Redewendung „In Hülle und Fülle“ gibt es schon sehr lange; sie stammt aus dem 16.
Jahrhundert. Damals war "Hülle" ein Wort für Kleidung. "Fülle" stand für die Füllung des Magens.
Waren im 16. Jahrhundert Hülle und Fülle vorhanden, konnten die Menschen überleben.
Kurze Zeit später hat sich die Bedeutung dieses Sprichwortes gewandelt: "Fülle" steht seit über 300
Jahren für Überfluss. Ist heutzutage etwas in "Hülle und Fülle" vorhanden, gibt es so viel von diesen
Dingen, dass man gar nicht alles verbrauchen oder benutzen kann.
Dankbarkeit
Pferde passen sich mit ihrer eigenen Hülle den Witterungsverhältnissen optimal an. Genauso der
Fülle. Auf jede Birne die runterfällt wird mit einer Engelsgeduld gewartet, um sie dann mit
Schmatzen und Sabbern sofort und unverzüglich aufzuessen. Was nicht gegessen wird holen sich
die Mäuse und Wespen. Diese kleine Koppel bietet so viele Möglichkeiten die Gezeiten besser
kennenzulernen und den Tieren näher zu sein. Dieser Ort lehrt mich unsagbar viel. Es ist, als
können wir, wenn wir unseren Blickwinkel erweitern, täglich ein neues Geheimnis, ja, eine neue
Schönheit entdecken, die die Natur und die Tiere für uns bereithalten.
Der Ernte-sei-Dank!
Blickwinkel
Blickwinkel
Ich möchte Euch ermuntern die Augen zu öffnen und der Dankbarkeit für diese Fülle freien Lauf zu
lassen. Vielleicht habt Ihr Lust Euch folgende Fragen zu beantworten. Denn für die Seele ist es ein
Leichtes in der Natur zur Ruhe zu kommen und aufzutanken.
•
•
•
•
•
•
Mit welchem Blickwinkel gehst Du durch die Natur?
Wie fühlst Du Dich inmitten aller Jahreszeiten?
Halte während des Spaziergangs inne, schließe Deine Augen und spüre in Dich hinein.
Wie fühlst Du Dich? Welche Naturgeräusche nimmst du wahr?
Wie fühlt sich Deine Haut an, wie schnell schlägt Dein Herz, wie geht es Deinen
Gedanken?
Gibt es Unterschiede zu Dir in Deiner häuslichen Umgebung, in einer großen
Menschenmenge oder im Freien?
Und – wie gehst Du inmitten der Natur mit Dir um?
um?
Mit diesen Worten möchte ich Euch ermutigen diese Kraft und Freude in Euch aufzunehmen.
Rennen wir sonst zu oft der Hektik und den Terminen hinterher, anstatt mit allen Sinnen die
Möglichkeiten auszuschöpfen am richtigen Ort, Kraft und Freude zu tanken.
Atme tief ein: Heute achte ich auf meine persönliche Hülle und Fülle. Eine Fülle, die mich satt,
zufrieden und dankbar werden lässt.
lässt. Ich suche mir meinen verträumten Lieblingsplatz unter freiem
Himmel. Wann immer mich ein Tief des Lebens berührt,
berührt, kann ich an diesen sicheren und treuen
treuen
Ort zurückgehen,
zurückgehen, Kraft tanken und den Jahreszeiten zuhören.