News und Politik «Hier lernt man das Können und das Wissen» An der PH Zürich treffen sich vier Personen aus dem Schulfeld und diskutieren, wie präsent Kompetenzorientierung und Lehrplan 21 im Alltag der Lehrpersonen sind. Wird jemand das mehr als 450-seitige Dokument zur Hand nehmen und Aufgaben konzipieren, die zu den Detailangaben des Lehrplans 21 passen? Wie werden Kompetenzen beurteilt und wie entwickeln sich Schulen weiter? Heinz Blassnig, Schulleiter, verortet den alten Lehrplan in der Versenkung und den neuen als (noch) nicht präsent. Cornelia Möhlen, Beraterin im Schulbereich, begegnete in den Einführungskursen ins kompetenzorientierte Unterrichten interessierten Lehrpersonen und Schulleitungen, die dankbar waren, Hintergrundinformationen zu hören und Unterrichtsbeispiele zu sehen. Einige Schulen leisten Pionierarbeit, andere warten vorerst auf Lehrmittel. Solche sind in Entwicklung, einige gibt es bereits, etwa das Mathematiklehrmittel. Ueli Hirt, Dozent und Lehrplan 21-Schaffender, meint, die neuen, kompetenzorientierten Lehrmittel seien für einen Unterricht geeignet, in dem Handeln und Verstehen der Schülerinnen und Schüler im Vordergrund stehe. Diese Lehrmittel enthalten z.B. Aufgaben zum Erkunden und Begründen. Rolf Nussbaum, Schulleiter, konstatiert, dass manche Lehrpersonen offen gegenüber Kompetenzorientierung und Lehrplan 21 sind, andere dagegen skeptisch. Skeptische und Optimistische möchten wissen, was konkret mit dem Lehrplan 21 eingeführt wird. Einen Grund für negative Gefühle sieht Heinz Blassnig in der enormen Arbeitsbelastung: «Die Ängste in meinem Team vor der Einführung der Kompetenzorientierung beziehen sich nicht auf inhaltliche Aspekte, sondern auf die wahrscheinlich damit verbundene zusätzliche Arbeitsbelastung.» Manche Lehrpersonen sind der Ansicht, die volle Verantwortung für Lernwege ZLV-Magazin 6/14 und -inhalte müsse bei der Lehrperson Stimmt es, dass man in kompetenzorienund nicht bei den Schülerinnen und Schü- tiertem Unterricht keine Prüfungen mehr lern liegen, erwähnt Heinz Blassnig. Es ist machen kann, weil es zu komplex ist, für diese Lehrpersonen schwierig zu ak- Kompetenzen zu beurteilen? Ueli Hirt wizeptieren, dass im kompetenzorientierten derspricht: «Es gibt weiterhin Prüfungen. Unterricht die LerJedoch sind sie zu nenden mehr Ver- «Es gibt weiterhin Prüfungen. ergänzen mit Beurantwortung für ihr Jedoch sind sie zu ergänzen mit teilungsanlässen, Lernen überneh- Beurteilungsanlässen, bei denen bei denen die Schümen; Lehrpersonen die Schülerinnen und Schüler lerinnen und Schüihrerseits schaffen reichhaltige Aufgaben bearbeiten. ler reichhaltige Situationen, die Dabei werden die Leistungen Aufgaben bearbeiKompetenzaufbau nach Kriterien beurteilt. ten. Dabei werden fördern. Cornelia Kompetenzorientiert beurteilen die Leistungen Möhlen meint da- bedeutet, nicht nur Wissen, nach Kriterien bezu: «Für Lehrper- sondern auch Fähigkeiten und urteilt. Kompetenzsomit das Können zu beurteilen. sonen, die schon orientiert beurteiaufgrund der Eine kompetenzorientierte len bedeutet, nicht Merkmale von gu- Beurteilung ist eine umfassende nur Wissen, sontem Unterricht Beurteilung.» dern auch Fähignach Andreas Helmke oder Hilbert Meyer unterrichtet haben, ändert sich wenig. Zu diesen Merkmalen gehören unter anderem Aufgaben, die zum aktiven sowie kooperativen Lernen anregen und die Integration von Reflexion und Metakognition als wichtiger Teil im Unterricht.» Beurteilung im kompetenzorientierten Unterricht Beurteilung scheint bei der Umsetzung kompetenzorientierten Unterrichts ein Knackpunkt zu sein. Wie beurteilt eine Lehrperson Kompetenzen der Lernenden? Vor allem, so Rolf Nussbaum, muss das Vertrauen ineinander gegeben sein, von Eltern und Lernenden zur Lehrperson. Vertrauen aufzubauen ist anspruchsvoll. Gemäss Heinz Blassnig tun sich manche Lehrpersonen schwer damit, offenzulegen, wie sie beurteilen. Transparenz baut jedoch Vertrauen auf: Damit die Beurteilung nachvollziehbar wird, erklären Lehrpersonen den Lernenden und ihren Eltern, wie und was sie genau bewerten. Um dies umzusetzen, braucht ein Team Schulung, Unterlagen, Videofilme und anderes Material, das es in kriterienbasierter Beurteilung fit macht. keiten und somit das Können zu beurteilen. Eine kompetenzorientierte Beurteilung ist eine umfassende Beurteilung.» Lernprozesse zeigen sich in Lerntagebüchern, bei Selbsteinschätzungen von Lernenden in entsprechenden Kriterien, die das Handeln der Lernenden erfassen. Cornelia Möhlen sieht diese Form der Beurteilung bereits bei Lehrpersonen, aber es braucht noch Entwicklungsarbeit. «Lehrerinnen und Lehrer wollen soliden Unterricht erteilen, ohne zu experimentieren» Was bleibt vom Zauber der Kompetenzorientierung, sollte der Lehrplan 21 nicht eingeführt werden? Ueli Hirt ist überzeugt, dass Schulen seit Längerem schon in einem kontinuierlichen Schul- und Unterrichtsentwicklungsprozess sind. Darum gehe die Entwicklung zur Kompetenzorientierung auch ohne Lehrplan 21 weiter. Heinz Blassnig teilt zwar grundsätzlich die Vision der fortwährenden Schulentwicklung, konstatiert aber, dass aktuell zahlreiche Lehrpersonen durch alltäglichen Schul- und Unterrichtsbetrieb stark ausgelastet sind. In solchen Phasen wollen sie soliden Unterricht ohne zu ex- 18 News und Politik Wie können Schulteams gemeinsam Unterricht entwickeln? Rolf Nussbaum erachtet es als zentral, dass Schulteams sich austauschen. Ueli Hirt stimmt zu: Nach ihm sollte es pro Schuljahr mehrere moderierte Austauschtreffen geben, und zwar zum «ultimativen Kern von Unterricht: dem Lernen der Schülerinnen und Schüler». Die Diskussionsteilnehmer/-innen von links nach rechts: Heinz Blassnig, Rolf Nussbaum, Ueli Hirt und Cornelia Möhlen. perimentieren erteilen. Er befürchtet, dass der Entwicklungsrummel um den Lehrplan 21 eher Widerstand als positive Entwicklung auslösen könnte. Rolf Nussbaum berichtet, wie in seinem Team die Zusammenarbeit mit Heilpädagogen mehr in den Vordergrund rückt. Nicht nur Fachwissen, ebenso überfachliche Kompetenzen, Zusammenarbeit im Team und das Bewusstsein, zusammen etwas zu bewirken, stehen im Fokus der Entwicklung. Entwicklung braucht Zeit. Cornelia Möhlen unterstreicht, dass nachhaltige Schulentwicklungsprozesse über mehrere Jahre angelegt sein sollten. Sie steht dem Entwicklungsprozess in Schulteams positiv Text und Foto: Kay Janina Hefti, Kommunikationsverantwortliche im Projekt KoLeP 21 (Kompetenzorientiertes Lernen – Lehrplan 21) der PH Zürich gegenüber, da die Zeit reif ist für pädagogische Diskussionen. Das gesamte Team, inklusive Eltern – nicht nur einzelne Mitglied-scha(f)ft Vorteile Vergünstigungen für ZLV-Mitglieder Lehrpersonen – in Entwicklungsprozesse miteinzubeEinkaufsermässigungen in diversen Geschäften ziehen, fordert die Schulleitungen speziell. Rolf NussVergünstigungen bei Versicherungen baum betont: «Man und Banken muss zuerst die Inbegriffen: Versicherung bei Grobfahrlässigkeit Lehrpersonen ins Boot holen, dann Regelmässige Informationen ZLV und LCH die Eltern.» Kompetenzorientierter Unterricht Kompetenzorientierung ist eine wichtige Voraussetzung zur Umsetzung des Lehrplans 21. Während der letzten drei Jahre trafen sich Vertretungen von Verbänden des Schulfeldes, Bildungsverwaltung und die beiden Hochschulen PHZH und HfH an einer jährlichen Tagung zum Thema Kompetenzorientierung. Während dieses Austausches entstand die Idee, dass das Projekt KoLeP 21 (Kompetenzorientiertes Lernen – Lehrplan 21) der PH Zürich eine Artikelserie in loser Folge im «ZLV-Magazin» veröffentlicht. ZLV-Magazin 6/14 CEO wären manche geworden Die vier Gesprächsteilnehmenden sind nicht mit kompetenzorientiertem Unterricht gross geworden. Was wäre, wenn schon? Sie scherzen: vielleicht Apple CEO? Oder gar Bundesräte? Kompetenzorientierter Unterricht ist aber keine Neuerfindung. Die Anwesenden sind sich einig: Sie haben so etwas wie kompetenzorientierten Unterricht in bestimmten Fächern und Stufen bereits als Kinder erlebt. Genau in diesen Fächern haben sie am meisten profitiert. Beratung - Bis 10 Stunden Gratisberatung Diese und weitere Informationen finden Sie unter www.zlv.ch 19
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