02/2015 Editorial Streben nach Gerechtigkeit Seit 1. August 2015 ist sie als Studienleiterin beim eeb Nordrhein für unter anderem für Qualitätssicherung und Familienbildung zuständig. Carolin Ulbricht über volle Schreibtische und die Vielfalt des eeb Nordrhein. 50 Jahre Evangelisches Erwachsenenbildungswerk Nordrhein – wir hatten uns entschieden, bei der Geburtstagsfeier nicht zurück zu schauen, sondern nach vorn. Welche Themen brennen den Zweigstellen unter den Nägeln? Welche theologischen oder gesellschaftlichen Fragen stehen zur Debatte? Und welche Antworten können wir gemeinsam finden? Es gab Begegnungen mit interessanten Menschen, die führende Persönlichkeiten in ihren Fachdisziplinen sind oder politische Verantwortung übernommen haben. Dass die Zweigstellen des eeb in Aachen, Jülich, Moers, Essen und Düsseldorf den Nerv getroffen hatten, zeigte sich daran, dass alle fünf Veranstaltungen ausgebucht waren und bei den Vorträgen noch Stühle dazugestellt werden mussten – trotz Bahnstreik. Die Begegnung von alten und neuen Gesichtern und das Feiern kamen dabei nicht zu kurz. Wir haben nach 29 Jahren Tätigkeit beim eeb die Studienleiterin Doris Sandbrink verabschiedet und die neue Studienleiterin Carolin Ulbricht begrüßt. Die Bildungsarbeit ist eine der vornehmlichen Aufgaben der Kirche in Zeiten der Krise, denn: „Es kann kein Zweifel bestehen, dass der Lebensform des Lehrens und Lernens das größte Wohlgefallen Gottes gilt.“ (Melanchthon) Ihr Gerrit Heetderks Die Fragen stellte Claudia Eliass horizonte: Was liegt auf Ihrem Schreibtisch ganz oben? Carolin Ulbricht: Links an die Wand gelehnt steht ein dicker Ordner mit dem QM-Rahmenhandbuch. Rechts daneben meine Teetasse und der Entwurf des Flyers für die Weiterbildung zum PEKiP-Gruppenleiter. Daneben das Notizbuch, das mich zurzeit ständig begleitet, weil ich sehr viel mitschreiben muss und will. Daneben mehrere Veranstaltungsankündigungen. Die Broschüre über den DQR (Deutschen Qualitätsrahmen) in der Weiterbildung. Und der dicke Ordner „Fachbereichskonferenz Eltern- und Familienbildung“ mit der Planung für die kommende Konferenz. horizonte: Das hört sich nach viel Arbeit an. Was war das Spannendste in Ihrem ersten Monat beim eeb Nordrhein? Carolin Ulbricht: Mit dem neuen Team zusammenzuarbeiten und die Strukturen der Evangelischen Familien- und Erwachsenenbildung kennenzulernen. Ich habe mich gefreut, bereits die ersten HPMs zu besuchen. Die Arbeit ist sehr vielfältig: Vorstandssitzung, Einführung des neuen Berichtswesens, erster Fortbildungsteil QM-Beauftragte, Erstellung des PEKiPFlyers … horizonte: Bei Ihrer letzten Stelle beim Multikulturellen Forum e. V. in Lünen haben Sie langzeitarbeitslose Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund betreut. Was hat Sie an der Stelle beim eeb Nordrhein gereizt? Carolin Ulbricht: Der demographische Wandel und die Pluralität der Gesellschaft fordern Gesellschaft und Kirche. Gerade © privat Liebe Leserinnen und Leser, mit Blick auf soziale Ungleichheit bietet die Evangelische Erwachsenenbildung Möglichkeiten zur Inklusion und nachhaltigen gesellschaftlichen Teilhabe. Generationenprojekte, Projekte für alleinerziehende Mütter bis hin zu Sprachkursen für Flüchtlinge. Das finde ich spannend. horizonte: Sie haben Französisch und evangelische Theologie auf Lehramt fürs Gymnasium studiert und danach über die Sozialgeschichte der matthäischen Gemeinde geforscht. Was haben Theologie und Erwachsenenbildung miteinander zu tun? Carolin Ulbricht: Die Verbindung von Theologie und Bildung ermöglicht die Entwicklung eines positiven Selbstwertgefühls und einer positiven Wahrnehmung der anderen Menschen. Im Streben nach Gerechtigkeit bekommen Persönlichkeitsbildung und Gemeinwesenorientierung einen besonderen Charakter. 02/2015 Horizonte erweitern … 50 Jahre eeb Nordrhein Impressionen der Festwoche Oberkirchenrat Klaus Eberl Die Musikgruppe „Zeynep Karatag“ in Aachen Ministerin Sylvia Löhrmann Ausstellungsaufbau in Moers „Familie 2015“ – Veranstaltung am 7. Mai in Moers Klaus Rudolph auf dem Weg in den Gottesdienst 02/2015 50 Jahre Vom 4. bis 9. Mai 2015 hat das eeb Nordrhein seinen 50. Geburtstag gefeiert. Fünf Veranstaltungen in Aachen, Jülich, Düsseldorf, Moers und Essen mit vielen Gästen und Teilnehmenden haben das breite Themenspektrum Evangelischer Erwachsenenbildung deutlich gemacht. Abschluss der Woche war ein Festgottesdienst in der Johanneskirche in Düsseldorf. OKR Klaus Eberl, Doris Sandbrink und Ministerin Sylvia Löhrmann Regine Gittinger und Martina Wasserloos-Strunk Gert-René Loercken im Gespräch eeb Nordrhein Andrea Kröger Gerrit Heetderks und die Kolleginnen vom eeb Südrhein Irmtraut Pütter 02/2015 © Robert Poorten 29 Jahre Engagement für die Evangelische Erwachsenenbildung: Am 9. Mai wurde Doris Sandbrink in den Ruhestand verabschiedet. Tu Deinen Mund auf für die Schwachen! 29 Jahre Evangelische Erwachsenenbildung – Blick zurück und Blick nach vorn Von Doris Sandbrink Menschen, die in der Erwachsenenbildung arbeiten, haben das Problem zu erklären, was der Kern ihrer Arbeit ist. Beim Auf- und Ausräumens meines Büros ist mir die Fülle der Themen, mit denen ich in fast 29 Jahren Tätigkeit in der Erwachsenen- und Familienbildung konfrontiert war, noch einmal sehr deutlich geworden. Bildungsarbeit für Langzeitarbeitslose, Qualitätssicherung der Weiterbildungsangebote, das Handlungsfeld Eltern- und Familienbildung und Familienpolitik, Frauenbildungsarbeit, Entwicklung von Qualifizierungskonzepten und -projekten, Aktivitäten gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus, bildungspolitische Vertretung evangelischer Erwachsenenbildung – die Spannbreite konnte nicht größer und abwechslungsreicher sein. Der Blick über den Tellerrand Meine Wurzeln liegen in Konzepten emanzipativer Bildung Adornos und Mollenhauers, in der Befreiungspädagogik Freires und natürlich den Gedanken Ernst Langes. Das waren und sind meine Orientierungspunkte, die ich noch nach wie vor aktuell finde. Außerdem hat es mir Vergnügen bereitet, über den Tellerrand zu schauen und Erwachsenenbildung als Teil des Bildungssystems zu verstehen. Ohne Netzwerkarbeit und Kooperation mit anderen Akteuren im Bildungs- und Sozialraum geht m. E. nichts mehr. Mir war besonders wichtig, das unkoordinierte Nebeneinander der einzelnen Bildungsinstitutionen zu überwinden. Zündstoff für die Demokratie Die Selektivität des deutschen Bildungssystems hat mich wahnsinnig gemacht. Mein Herz schlägt für die, die am Rande stehen, die sich nicht selbst artikulieren können. „Tu Deinen Mund auf für die Stummen!“ war meine Maxime. Dazu gehört Achtung vor dem Subjekt, Achtung des Fremden, Achtung der Schwächeren. Oder politischer formuliert: Die Ungleichgewichte in der Bildungsteilhabe, auch in der Erwachsenen- und Familienbildung, widersprechen dem Postulat der Bildungsgerechtigkeit und bergen Zündstoff für eine Demokratie. Die Tradition von Erwachsenenbildung ist eng verbunden mit Demokratie, Emanzipation und Forderungen nach gesellschaftlicher Teilhabe für alle. Sich dieses „emanzipatorischen Kerns“ der Erwachsenenbildung zu vergewissern, die Weiterbildungsbeteiligung zu erhöhen und neue Konzepte und Formate insbesondere für benachteiligte Zielgruppen zu entwickeln, das halte ich für zentral. Angesichts der Unübersichtlichkeit gesellschaftlicher Verhältnisse sollte sich die Evangelische Erwachsenenbildung immer vergegenwärtigen: „Bei unzureichender Information und mangelnder Erkenntnis, in komplexen und unübersichtlichen Situationen handelt der Mensch nach seiner Wertorientierung.“ (Klages) Wenn das so ist, müssen alle Bildungsanstrengungen die Werteorientierung stärker als bisher in den Blick nehmen. Impressum Herausgeber Ev. Erwachsenenbildungswerk Nordrhein e. V. Graf-Recke-Str. 209 40237 Düsseldorf Fon (0211) 36 10-220 [email protected] www.eeb-nordrhein.de Redaktion Dr. Claudia Eliass (V.i.S.d.P.) Bildnachweis Titelseite: bosopics/aboutpixel.de Seite 2: Gerrit Heetderks, Robert Poorten, Neues Ev. Forum Moers Seite 3: Robert Poorten, Neues Ev. Forum Moers Druck Tiamatdruck GmbH, Düsseldorf Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers wieder, die nicht mit der des Herausgebers übereinstimmen muss. Nachdruck von Texten und Bildern ist nur mit Genehmigung des Herausgebers und Quellenhinweis gestattet.
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